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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

gefunden hatte. Im sogenannten Sonderbundskriege erlagen die sieben katholisch- reaktionären Kantone, die allgemeine europäische   Revolution vom folgenden Jahre( 1848) machte es glücklicherweise unmöglich, daß die Einmischungsabsichten Oesterreichs  , Frank­ reichs   und Preußens, die Fortschritte im demokra­tischen Sinne lahm zu legen, von Erfolg begleitet

ivaren.

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In Frankreich   haufte seit 1830 das System Louis Philipps, das sogenannte Bürgerfönigthum, das nach Lafayettes Wort den Thron, umgeben von republikanischen Einrichtungen", darstellen sollte. Gerade so dachte unter Karl X.  , dem Vorgänger Louis Philipps, der biedere Premierminister Polignac, dem man das Glaubensbekenntniß in den Mund gelegt hat: Ich liebe Papa, den lieben Gott, ich liebe

forderung wurde von Denen, an die sie gerichtet war, auch ausgiebigst Folge geleistet und damit folgerichtig der Gegensatz zwischen Bourgeoisie und Proletariat immer mehr verschärft.

Auf der einen Seite erwuchs aus diesen Zu­ständen eine sozialistische Theorie, eine sozialistische Schule in Frankreich  , deren Häupter St. Simon, Proudhon  , Cabet, Enfantin u. A. allerdings Uto­pisten waren und glaubten, es sei zur Herstellung eines Staates auf Grundlage sozialer Gerechtigkeit nur nöthig, den guten Willen der Besigenden zu gewinnen, ihr Gewissen zu wecken durch Mahnungen des Evangeliums vom sozialen Christenthum.

Gleichwohl ist die von diesen Utopisten geübte Kritik des Bestehenden grundlegend geworden fiir für den späteren wissenschaftlichen Sozialismus.

der wirthschaftlichen Umwälzung zu entziehen und gegen die Monarchie abzulenken suchten.

Fortwährend gährte es in allen Ecken und Enden Frankreichs  . Der König wechselte die Minister wie andere Leute die Hemden, war aber nie ernstlich gewillt, die ihm von der Konstitution auferlegten Schranken ehrlich einzuhalten.

Das Attentat Fieschi's gegen den König am 28. Juli 1835 gab den willkommenen Anlaß zu einer rücksichtslosen Preßgesetzgebung und zu ver­schärfenden Reformen" der Justiz. Die Folge davon war eine ganze Reihe weiterer Mordanfälle auf den König, denen er indeß allen mit wahrhaft wunderbarem Glück entging.

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Indessen geht der Krug doch nur so lange zu Wasser, bis er zerbricht. Demokraten und Sozialisten

Der Thronsaal in den Tuilerien am 24. Februar 1848.

auch Mama, die Revolution!" Dieses farblose Ne­gime, nicht Fisch, nicht Fleisch, welches nun von dem erfolgreichen Nänkespinner Louis Philipp I. achtzehn Jahre lang gehalten wurde, fand natürlich schnell bei den auswärtigen Regierungen Anerkennung.

Das Bestreben des Bürgerfönigs", der ein echter, rechter König der Bourgeoisie war, ging offensichtlich darauf aus, alle demokratischen Schranken seiner Macht zu beseitigen und sich lieb' Kind zu machen bei den Großmächten. Daneben suchte sich Louis Philipp durch lächerlich- spießbürgerliche Aeußerlich­feiten beim Publikum beliebt zu machen.

In der That blühten auch unter dieser Bourgeoisie­Protektion der bürgerliche Kapitalismus   und die Aus­beutung der neuen Klasse, der proletarischen Arbeiter, lustig empor., Enrichissez vous!"( spr. angrischisseh wuh, d. i. Bereichert Euch!") rief der wiederholt an der Spize der Regierung stehende Minister Guizot  ( spr. Gisoh, geb. 1787, gest. 1874), der klassische Vertreter der kapitalistischen   Ausbeutungsgier der Bourgeoisie, dieser zu. Dieser freundlichen Auf­

Andererseits entstanden eine Menge geheimer Revolutionsgesellschaften, für die ganz vorzüglich Louis August Blanqui sein Leben lang( 1805-1881, wovon er 37 Jahre in Gefängnissen zubrachte), un­ermüdlich gewirkt hat.

Im November 1831 brach in Lyon   ein ge= waltiger Weberaufstand aus, der brutal nieder­geschlagen wurde, ebenso wie der Putsch in Paris  geschlagen wurde, ebenso wie der Putsch in Paris  vom Mai 1839, bei dem sich die Empörer, an= geführt von Armand Barbès  ( spr. Armang Barbäh, geb. 1809, gest. 1870) des Stadthauses bemächtigten,

Aber auch die honneten" Bürgerlichen   hatten ihre Umsturzpläne. 1838 suchte der kleine Neffe des großen Napoleon eine Militärrevolte in Straß­ burg   anzuzetteln, wurde aber bei seiner Landung in Boulogne   am 6. August 1840 gefangen und in eine Festung gesperrt. Die bürgerliche Reform" schrieben diejenigen Bürgerlichen auf ihr Banner, welche wohl mit dem Königthum ebenso unzufrieden waren, wie mit einem erneuerten Napoleonischen Gäsarismus, noch mehr aber die revolutionäre Kraft der Arbeiter

waren einig in der Entrüstung über die Art, wie die Kammerwahlen vor sich gingen, und über eine Reihe anderer offenkundiger Mißstände und Ungerech= tigkeiten.

Zu Gunsten der gewünschten Reformen demon­strirte man damals in Paris   durch Bankette, bei denen lebhafte Neden gehalten und allerlei Resolu­tionen gefaßt wurden. Diese Reformbankette, wie man sie nannte, waren natürlich der Regierung des Bürgerfönigs sehr unbequem. Als ein solches füir den 22. Februar 1848 geplant war, traf man Vor­bereitungen, es zu verhindern, und da die Opposition es auf einen Zusammenstoß zwischen Volt und Truppen nicht ankommen lassen wollte, unterblieb das Bankett. Der Ort des beabsichtigten Demon­strationsfestes war von der Regierung mit Linien­truppen und Munizipalgarden besetzt worden; mit letzteren, dem Volke feindlicher und verhaßter als die ersteren, kam es zu Reibereien und Auseinander­treibungen der Masse, die ihrerseits mit Steinwirfen antwortete.