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fräftigsten, wenn sie ungebrochen auf dem weißen Kreidegrund steht. Gewiß vermag der Maler durch vielfaches Ueberarbeiten, durch Lasuren eine reiche Fülle von Zwischenstufen in der Farbenreihe hervorzubringen, aber eben dadurch vernichtet er die ursprüngliche Frische und Klarheit der Delfarbe. Helle Lichter im Bilde sind überhaupt nur durch unvermischt nebeneinander gesetzte und start, pastos aufgetragene Töne zu erzielen.
Als die vollkommene Technik erscheint daher die à la prima Malerei. Jedes ängstliche Ineinanderarbeiten der Farbe wird bei dieser Technik vermieden. Je breiter der Pinsel, je schwungvoller die Pinselführung, um so besser. Allerdings setzt diese Malweise eine ungemeine Sicherheit des Künstlers voraus. Beim ersten Ansetzen muß er den richtigen Ton treffen, er muß einen scharfen Blick und eine fichere Hand haben und von vorn herein ganz genau wissen, was er will. Es giebt heute Maler, die eine erstaunliche Fertigkeit darin haben. In der Nähe gesehen bieten ihre Bilder freilich nur Farbenflere; es ist daher begreiflich, daß der künstlerisch nicht Geschulte es mehr mit den glatt gemalten Bildern hält und über diese„ Schmierereien" entsetzt ist. Er sollte aber die Wirkung unbefangen aus einiger Entfernung prüfen, und er würde erstaunen, wenn er das Ungewohnte überwunden hat, wie lebensvoll das Bild vor ihm steht. Der geübte Blick erkennt in diesen Bildern den Meister, der sicher über die Technik gebietet.
Die Tiefe und Sättigung, der feuchte Glanz, der schimmernde Schmelz sind die der Delfarbe eigenthümlichen Vorzüge. Es giebt keine vielgestaltigere Technit. Daß sie einen solchen Reichthum an Zwischentönen entwickeln läßt, macht sie zum geeignetsten Mittel, die Natur mit ihrem unter dem Einfluß der Luft unendlich feinen und wandelbaren Farbenspiel nachzubilden. Und vor Allem fann mit feiner anderen Technik das Bild einer festen Masse, etwa eines Baunistammes, einer Hauswand, einer Wiese, der Stoffcharakter der Dinge, besser gegeben werden.
Die Delmalerei wurde von den Niederländern, den Brüdern van Eyck im Anfange des fünfzehnten Jahrhunderts ausgebildet. Vorher waren Temperafarben( temperare, lat., mischen) in Gebrauch, deren Bindemittel verschieden, besonders Eigelb, Giweiß oder Honig war. Diese Farben waren undurchsichtig und deckten vollständig, konnten also nicht wie die Delfarbe lasirt werden. Eine stärkere Abwandlung der Farbe, eine größere Fülle von einzelnen Tönen war nur durch mühevolle Strichelei zu erreichen. Sehr bald, nachdem die Delmalerei tekannt wurde, gab man sie daher allgemein auf. Es wäre nicht nöthig, sie hier zu erwähnen, wenn nicht Arnold Böcklin sie in vielen seiner Werke in etwas veränderter Form wieder aufgenommen hätte. Böcklin hat, wie es die alten Meister gethan, selbst viel mit Farben erperimentirt, um seinen fiihnen Farbenträumen die genügende Technik zu finden. Er kniipfte direkt an die alten Niederländer au, brauchte wie sie Holztafeln mit dickem Kreidegrund und bereitete sich selbst die Farben. Ihm kam es vor allen Dingen darauf an, ein so dünnflüssiges Material zu finden, daß der weiße Grund stark durchscheint und die Wirkung mitbestimmt. Seine eigenartig zubereiteten Temperafarben entsprechen diesen Anforderungen, sie sind durchsichtig, sie leuchten krystallflar, sie erinnern an die Farbenpracht alter Glasmalereien. Böcklin versuchte auch einen neuen Malgrund. Sein berühmtes Bild, die" Todteninsel", ist auf Kupfer gemalt. Nach Böcklin's Vorgang haben andere Maler ähnliche Malweisen angewendet, und auch sonst wurde die Temperatechnik hier und da wieder aufgenommen.
Ueber die Aquarell und die Bastellmalerei können wir uns kurz fassen. Das Verfahren ist bei beiden weniger komplizirt und die Wirkung begrenzter.
Mit Wasserfarben ist in gewissen Formen schon seit langer Zeit gemalt worden. Die Aquarellmalerei in unserem Sinne ist aber erst in neuerer Zeit im Gebrauch. Namentlich in England ist diese Technik in unserem Jahrhundert zu hoher Blüthe gelangt. Das thörichte Vorurtheil, als sei die Aquarellmalerei
Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
Bein Feuer, keine ole ko
Als heimliche Liebe, von de
Nach dem Mittelbilde des Triptychons ,, Das deu
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