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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

zahlreiche giftige Mitglieder in ihrer Familie haben, so giebt es auch unter den Blüthenpflanzen ganze Gruppen, die besonders viel Giftpflanzen aufweisen. Dahin gehört vor Allem die Familie der Nacht schattengewächse". Alle ihre Mitglieder: Nacht schatten, Tollkirsche, Bilsenkraut, Stechapfel und Startoffel sind starte Giftpflanzen, die recht häufig zu unabsichtlichen Vergiftungen Anlaß geben. Daß wir sogar die Kartoffel mit anführen, wird manchen Leser überraschen, aber sie ist nicht besser als ihre Verwandtschaft. Allerdings sind nur ihre oberirdischen Theile: Kraut, Blüthen und Früchte giftig, während die Knollen, unser tägliches Nahrungsmittel, völlig ungiftig sind, wenn sie gekocht und ohne Schale genoffen werden. Die Schale der Kartoffelfnollen ist nicht immer ungiftig, namentlich bei neuen Kar­toffeln, sie sollte deshalb nie mitgenossen werden; es ist in ihr dasselbe Gift enthalten wie im Kraut und den Beeren der Pflanze. Solanin, ein Gift, das schon in sehr geringen Mengen genossen Brech durchfälle erzeugt. Es ist ganz zweifellos, daß ein Theil der häufigen Sommerdiarrhöen nicht so sehr auf den Genuß von frischem Obst zurückzuführen ist, als vielmehr auf den schlechten Brauch, aus Bequem­lichkeit Kartoffeln mit der Schale zu verspeisen.

Daß die Beeren der Kartoffel giftig sind, mußten diejenigen Persönlichkeiten zuerst erfahren, welche als Erste die Kartoffel in Europa einführten und aßen. Am englischen Hofe wurde das erste Gericht ,, Kar­toffeln" gezüchtet und zubereitet. Aber man glaubte, die Beeren seien das gepriesene Gemüse, mußte aber diesen Irrthum bitter büßen; und die Herren und Damen bei Hofe mußten alle kostbare Speis' wieder von sich geben", wie es in einer alten Chronik heißt.

Kinder verfallen nicht selten noch heute in den Irrthum, die Beeren der Kartoffel für eßbar zu halten, weil doch einmal die Kartoffel im Garten gebaut wird. Auch machen sich ältere Kinder den ,, Scherz", ihre jüngeren Spielgenossen anzuführen", indem sie ihnen die Kartoffelbeeren als eßbar be­zeichnen; ein Scherz, vor dem nicht dringend genug gewarnt werden kann. Wenn auch meistens der schlechte Geschmack der Beeren die Kinder veranlassen wird, das in den Mund Genommene schleunigst auszuspucken, so wird doch manchmal so viel ver= schluckt, um schwere Erkrankungen, bestehend in Kopf­schmerzen, Angstgefühl, Brechreiz und Bewußtlosigkeit, hervorzurufen.

des Nachtschatten ist die Tollkirsche, eine der schlimmsten Giftpflanzen, die in Deutschland heimisch sind. Die Beeren derselben werden wegen ihrer Aehnlichkeit mit Kirschen hin und wieder von Kindern gegessen. Schon der Genuß einer Beere führt schwere Erkrankung herbei, nach mehreren ist der Tod fast sicher, wenn nicht schleunigst ärztliche Hülfe erreicht werden kann. Der Arzt kann in solchen Fällen werden kann. Der Arzt kann in solchen Fällen Morphium anwenden, welches ein direktes Gegen­Morphium anwenden, welches ein direktes Gegen­gift des Atropin, des Giftes der Tollkirsche, ist und seine Wirkung aufhebt. Bis zur Ankunft des Arztes suche man Erbrechen zu erregen und gebe starken Kaffee und Thee ein. Wie schon der Name Toll­firsche andeutet, bestehen die Vergiftungserscheinungen in schlimmeren Fällen in einer Art Tobsucht. Die Vergifteten geberden sich wie rasend, schlagen um sich und schreien, Schaum tritt aus dem Munde, bis endlich eine völlige Erschlaffung eintritt, ein tiefer Schlaf, aus dem es häufig fein Erwachen mehr giebt. In leichteren Vergiftungsfällen zeigt sich eine auffallende Störung des Sehvermögens. fich eine auffallende Störung des Sehvermögens. Die Kranken sehen Alles wie durch einen Schleier und verzerrt, ja manchmal erfolgt zeitweilige völlige Blindheit. Die Ursache dieser Erscheinungen liegt Die Ursache dieser Erscheinungen liegt in der sehr starken Erweiterung der Pupillen, welche durch das Tollkirschengift erzeugt wird. Die Pupillen werden so groß, daß manchmal die Regenbogenhaut des Auges( der farbstoffhaltige Ring um die Pupille) völlig verschwindet. Diese Pupillenvergrößerung ist häufig das beste Erkennungszeichen für eine Toll­kirschenvergiftung. Daneben besteht starkes Schwindel­gefühl, Trockenheit im Halse, Sausen in den Ohren.

Die noch erwähnten Nachtschattengewächse: Bilsen­fraut und Stechapfel führen selten zu Vergiftungen, weil sie ein wenig verlockendes Aeußeres haben. Im Mittelalter dienten sie vielfach zur Bereitung von Gifttränken, mit deren Hilfe edle" Ritter unliebsame Nebenbuhler oder gefährliche Gegner in's bessere Jenseits beförderten. Solche absichtliche Ver­giftungen sind heutigen Tages erfreulicher Weise sehr selten geworden, theils weil man heute zu anderen Mitteln greift, um unbequeme Leute unschäd­lich zu machen, theils auch, weil Vergiftungen mit Hülfe der Chemie selbst oft längere Zeit nach dem Tode des Vergifteten mit Sicherheit nachzuweisen sind.

Eine Pflanzenfamilie, die neben zahlreichen Nutz­pflanzen, z. B.: Petersilie, gelbe Wurzel, Anis, pflanzen, z. B.: Petersilie, gelbe Wurzel, Anis, Fenchel u. A. auch einige gefährliche Giftpflanzen aufzuweisen hat, ist die der Doldenblüther. Für das Auge des Laien sind alle Mitglieder dieser Familie einander sehr ähnlich, namentlich zur Blüthe­zeit. Deshalb thut man als Unfundiger besser, die weißen, hübschen Dolden nicht zu pflücken, damit man nicht den giftigen Schierling oder auch die gefährliche Hundspetersilie in die Hand bekommt. Die gefährlichste Verwandte der Kartoffel und Vergiftungen mit Schierling sind dadurch besonders Vergiftungen mit Schierling sind dadurch besonders

Die gleichen schlimmen Folgen hat der Genuß der durch ihre Farben lockenden Beeren des Nacht schatten. Die Beeren des rothen Nachtschatten oder Bittersüß haben viel Aehnlichkeit mit den eßbaren des Weißdorns , in dessen höchste Spizen hinein der Nachtschatten zuweilen rankt und dadurch doppelt gefährlich wird.

r stammte aus einer Lehrerfamilie. Sein Ur­großvater war Lehrer gewesen, sein Groß­vater und sein Vater gleichfalls, was war natürlicher, als daß auch er wieder unter die Schul­meister ging?

Viel Neigung zu diesem Beruf hatte er aller­dings nicht, er hätte lieber studirt und sich der frei forschenden Wissenschaft zugewandt, aber er war aus einem Hause, wo des Vaters Wille allein herrschte. Von Jugend her an sflavischen Gehorsam gewöhnt, hatte er es nicht einmal gewagt, seine Wünsche und Pläne laut zu äußern. Außerdem wußte er, daß die Mittel seiner Eltern beschränkt waren, und so war er denn ohne Murren auf das Seminar gegangen.

Seine natürliche Begabung erleichterte ihm die Arbeit. Er bestand die Schlußprüfung mit der ersten Nummer und bekam sofort eine Anstellung. Zuerst beschäftigte ihn die Behörde allerdings nur auf den Dörfern, aber schon nach wenigen Jahren erhielt er einen selbstständigen Posten an einer Mädchenschule, allerdings in einem weltverlassenen märkischen Land­städtchen.

Schuldige.

Novelle von Dorothee Goebeler.

Er war mit seinem Schicksal nicht gerade unzu frieden, aber es war doch im Laufe der Jahre etwas Stumpfes und Dumpfes über ihn gekommen, eine müde Resignation, die nicht mehr hofft und wünscht, die sich bei Dem, was ihr gewährt ist, bescheidet. Die Kleinstadt mit ihrer Enge und Beschränktheit tödtete das Leßte in ihm, was noch an alten Jugend­schwärmereien wach geblieben war.

Dann hatte er sich verheirathet, auf Wunsch seiner Verwandten. Sie war seine Kousine, und er wußte Verwandten. Sie war seine Kousine, und er wußte schon seit Jahren, daß es seines Vaters Plan war, ihn und sie für das Leben zu vereinen. Als er zum Geburtstag des Alten wieder einmal zu Hause weilte, traf er sie. Sie hatte vor Kurzem die Eltern verloren und war seitdem in das Haus des Oheims übergesiedelt. Der alte Seefeld tam noch einmal übergesiedelt. Der alte Seefeld kam noch einmal und wiederholt auf seinen Lieblingswunsch zurück, und Paul hatte nicht den Muth, ihm, dem Achtzig jährigen, die vielleicht letzte Bitte seines Lebens ab­zuschlagen. So wurde der Geburtstag zugleich ein Verlobungsfest, und schon wenige Monate später führte Paul sein junges Weib heim.

gefährlich, daß kein eigentliches Gegengift für solche Fälle zu Gebote steht. Auch der Arzt muß hier zu allgemein gebräuchlichen Mitteln greifen, zur Gerb­säure, die auch in Nothwein, Thee und Kaffee ent­halten ist. Daneben muß mit allen verfügbaren Mitteln dem starken Verfall der Kräfte entgegen­gearbeitet werden. Herzthätigkeit und Athmung werden bei einer Schierlingvergiftung rasch matt, auch schwindet das Bewußtsein in einigen Stunden. Der Tod tritt manchmal schon zwei Stunden nach dem Genuß des Giftfrantes ein.

Noch mehr Giftpflanzen aufzuzählen, würde uns hier zu weit führen. Wir haben diejenigen heraus­gegriffen, welche am häufigsten zu Vergiftungen führen und deren Wirkungen besonders charakteristisch sind. Zum Schluß wollen wir noch einer Pflanze gedenken, durch welche auch viel Unheil angerichtet wird, weniger durch unabsichtliches In- den- Mund- nehmen der frischen Pflanze, als dadurch, daß Theile derselben als Haus­mittel vielfach angewendet werden. Wir meinen den Mohn, auch Schlafmohn oder Klatschrose genannt. Aus den getrockneten Samenkapseln wird in manchen Gegenden ein Trank bereitet, um unruhige Kinder zum Schlafen zu bringen. Der Erfolg bleibt nicht aus, aber der erzeugte Schlaf ist nichts als eine Betäubung, die dem Körper feinen Nugen bringt, im Gegentheil, bei wiederholter Anwendung das Gehirn in außerordentlich schwerem Grade schädigt. Das Gehirn des Kindes verliert durch Mohntränke an Empfindlichkeit gegen äußere Eindrücke: die Kinder werden dumm und bleiben es oft zeitlebens, denn der Schaden, der dem Körper in der Zeit des stärksten Wachsthums zugefügt wird, ist oft im ganzen späteren Leben nicht wieder gut zu machen. Es kann daher nicht eindringlich genug vor der Anwendung eines Schlaftränkchens aus Mohn gewarnt werden, ganz abgesehen davon, daß der Trant leicht zu stark werden und ohne Weiteres dem Leben des Kindes ein Ziel ſeßen kann.

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Vor unabsichtlichen Vergiftungen durch Pflanzen schüßt man die Kinder am besten, indem man strengstens darauf hält, daß sie niemals irgend welche Pflanzen­theile in den Mund stecken, auch nicht von den harm= losesten Pflanzen. Selbstverständlich muß der Erwachsene mit gutem Beispiel vorangehen und nicht selbst die schlechte Angewohnheit haben, an Blumen herum­zufauen eine Angewohnheit, die weder niißlich noch schön ist. Auf den Geschmack darf man sich bei Kindern nie verlassen; ein Kind ißt Mancherlei mit scheinbarem Wohlbehagen, was dem Erwachsenen in hohem Grade schlecht schmeckt. Ist. trotz aller Vorsicht einmal das Unglück geschehen, daß ein Kind giftige Pflanzentheile genossen hat, so halte man sich, wie schon erwähnt, nicht lange mit eigenen Heilungs­versuchen auf, sondern rufe einen Arzt zu Hülfe, der sachkundig und richtig zu helfen wissen wird.

Sie war ein stilles, verschüchtertes, Kleines Ding, blaß, blond und unbedeutend, wie die meisten Mädchen aus fleinen Städten; aber es ließ sich ganz gut leben mit ihr. Sie hatte eine so eigene Art, sein Heim sonnig und behaglich zu machen und für seine kleinsten Wünsche und Bedürfnisse zu sorgen.

Als dann das Kind erwartet wurde, tamen fie sich noch näher, gemeinsames Hoffen und Wünschen führte sie zusammen. Er lernte sie eigentlich jetzt erst fennen und er bemerkte mit Erstaunen, daß sie doch nicht ganz das einfache dumme Landpommeränzchen war, für das er sie gehalten. Sie besaß allerdings kein großes Wissen, und ihre angeborene Schüchtern­heit schloß ihr meist den Mund, aber sie hatte doch einen lebhaften, leicht erfassenden Geist und reges Interesse für das, was in der Welt vorging. Vor Allem aber lebte in ihr ein weiches, warmes Gemüth und, als sie ihm einmal in traulicher Stunde ge­stand, daß er eigentlich ihre erste und einzige Liebe gewesen, dünfte er sich mit einem Male selbst ein außerordentlich glücklicher Mensch.

Dann wurde das Kind geboren, und dann war