Die Neue Welt. Illustrirte Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

für die Behandlung der Schlaflosigkeit, bei der es, wie überall, zuerst auf die Erforschung und Beseiti­gung der ursächlichen Schädlichkeit ankommt. Wer mit seiner Hände Arbeit sein Leben fristet, wird, vorausgesetzt, daß er geeignete und genügende Nah­rung hat und von Schmerz oder Kummer frei ist, gewöhnlich sich guten Schlafes erfreuen. Wer haupt­sächlich Verstand und Gemüth anstrengen muß und der Muskelthätigkeit entbehrt, der wird seine Thätigkeit durch Bewegung in freier Luft, also körperliche Uebungen mannigfachster Art, wie Spazierengehen, Turnen, Radfahren ergänzen müssen. Es wäre dem Arzte oft ein Leichtes, Schlaflosigkeit zu behandeln, wenn er etwa einem bei übermäßig langer Anstrengung schlecht genährten Arbeiter die Kost eines nicht Noth leidenden Agrariers oder einem überbürdeten Buch halter ein Fahrrad oder Neitpferd mit der dazu gehörigen Muße und der Garantie verschreiben könnte, daß seine Verordnungen ausgeführt werden müssen. Das ist für den einzelnen Arzt leider meist nicht so einfach, und deshalb muß man sich anders zu helfen suchen, und zwar in erster Linie mit sogenannten physikalischen Heilmitteln.

Von großer Wichtigkeit ist hier eine regelmäßige Lebensweise; also nicht zu spät, nicht zu früh und immer um die gleiche Zeit zu Bett! Ein laues Boll­bad von längerer Dauer, ein fürzeres fühles Sitz­bad vor dem Schlafengehen, ein Priesnißscher Leib­umschlag kann das Einschlafen befördern. Leute, die zu schwach oder zu träge sind, sich selbst Be= wegung zu machen, kann man abends massiren, ihren

ofort als ich das Hotelzimmer in Krähwinkel betrat, sah ich, daß höchstens noch drei Zoll Licht in den Leuchtern auf dem Nachttisch übrig waren.

Fünf solche Lichte kosten fünfzig Pfennige, die beiden auf dem Nachttisch also zwanzig Pfennige. Krähwinkel ist kein Plaz für die moderne Schlaf­losigkeit, für zerrüttete Nerven oder für Genie's, die Nachts dichten; man kann also annehmen, daß jeder Reisende, der die Lichter angezündet, davon nicht mehr als höchstens einen Zoll von jedem Licht vers brannt und dann, 50 Pf. für Licht" bezahlt hat, so daß diese zwei Lichte dem Hotelwirth bereits zwei Mark funfzig Pfennige eingebracht hatten. Ich meinte, damit könnte es genug sein und klingelte nach dem Mädchen, um neue Lichte zu verlangen. Aber da das Mädchen wohl wußte, daß sowohl Trink als auch Waschwasser und Handtücher auf dem Zimmer waren und ich nicht so aussah, als wenn man mit mir kokettiren könnte, beschloß sie, mich nicht zu verwöhnen und hörte mein Klingeln nicht".

Obwohl ich daheim von der Steuereinschätzungs­fommission feine Prellereien dulde, bin ich persönlich doch der anspruchsloseste und gemüthlichste Kerl, den man sich denken kann. Ich ließ das Mädchen also, wo sie war, kroch geduldig in mein Bett und schlief sogleich den tiefen, friedlichen Schlaf des guten Gewissens.

Aber nach einer Weile rückte und stieß es an meinen Gliedern, und schließlich erwachte ich darüber, daß mein Kopf hart gegen die Thürschwelle des Zimmers schlug. Ich lag im Nachthemde am Boden, mit dem Kopf bei der Thüre.

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Was Teufel ist das?" schrie ich.

, Das sind die Wanzen," antwortete eine Stimme vom Bett her.

Ich sprang dorthin, sah aber nichts. Da lachte es beim Nachttisch, und ich sah, wie das eine Licht sich schüttelte.

" Sie sind wahrscheinlich nicht daran gewöhnt, sich mit Lichten zu unterhalten?" sagte das Licht. Ne- ehm, sehen Sie, ich bin aus Werio," erwiderte ich.

Das Licht nickte, als wenn es verstände und erwiderte: Es sind die Wanzen, wie ich Ihnen shon sagte, die die Reisenden stören."

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Muskeln also, ohne daß sie sich selbst anstrengen, Bewegung zuführen und dadurch den Blutkreislauf befördern. Auch schwache elektrische Ströme werden mit Erfolg angewendet. Daß auch die Hypnose beim mit Erfolg angewendet. Daß auch die Hypnose beim Schlafmachen Triumphe feiert, liegt in ihrem Namen, doch werden sie theuer erkauft, weil das Hypnotisiren die geringe Energie der ohnehin meist willenschwachen Patienten schließlich noch mehr schwächt.

Manchem ist unter Umständen ein Glas schweren Bieres als Schlafmittel zu empfehlen. Doch ist immer wieder dringend davor zu warnen, den Alkohol in irgend welcher Form als Sorgenbrecher und Schmerzentilger gewohnheitsmäßig zu benußen; der Alkohol ist unter solchen Umständen ein Gift, das früher oder später, aber sicher Unheil im Gefolge hat. Ein noch viel stärkeres Gift ist, gewohnheits­hat. Ein noch viel stärkeres Gift ist, gewohnheits­mäßig genommen, das Morphium; glücklicher Weise ist es als solches allgemein bekannt und auch ge­fürchtet. So fegensreich es in der Hand des Arztes bei heftigen, aber schnell vorübergehenden Schmerzen oder bei einem unrettbar einer schweren Krankheit oder bei einem unrettbar einer schweren Krankheit Verfallenen wirken kann, so schrecklich sind die Folgen des chronischen Genusses: die Zerrüttung der förper­lichen Kräfte, verbunden mit dem Zusammenbrechen der Energie, des Pflichtbewußtseins gegen Familie und Gesellschaft, die quälende innere Unruhe lassen sich nur durch immer wiederholten Morphiumgenuß vorübergehend in den Hintergrund drängen. Die Ent­ziehung ist, wenn sie überhaupt gelingt, unendlich qualvoll und schwächend. Der Versuch, diese Qualen durch Cocaïn - Einspritzungen zu mildern, ist zu ver­

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werfen, denn das heißt den Teufel mit Beelzebub austreiben; das Cocain beschleunigt den physischen und moralischen Bankerott, und die Entziehung beider Nervengifte gelingt mehr als doppelt so schwer, man fann wohl sagen, meist überhaupt nicht.

Etwas harmloser, aber noch gefährlich genug, sind die viel gebrauchten und für den Arzt zur Be­handlung nervöser Verstimmungen unentbehrlichen Brompräparate. Leider sind sie ohne ärztliche Ver­ordnung erhältlich, so daß viel Mißbrauch vom Publi­fum und von den Apothekern damit getrieben wird. Auch sie sollen meist nur vorübergehend angewendet werden, weil längerer Gebrauch den Magen schädigt, das Gedächtniß beeinträchtigt und die Sinne bis zur Verblödung schwächen kann. Das weibliche Geschlecht läuft weniger Gefahr, ein Opfer des Bromismus zu werden, weil die früh eintretende Verschlechterung des Teints ihm eine heilsame Furcht vor dem Brom beibringt.

Was das Hotel- Licht erzählte.

Humoreske von Alfred Hedenstjerna.

Ach, das ist ja unmöglich! Wie sollten die kleinen Thierchen 142 Kilo quer durch das Zimmer tragen können."

" Ja, sehen Sie, hier sind nicht weniger als sieben und eine halbe Million in diesem kleinen Raume, und Einigkeit macht bekanntlich stark. Vorige Woche hatte ein Schlächter aus Malmö vergessen, die Thüre abzuschließen. Er erwachte unten auf dem Billardtisch."

Selbstverständlich schlafe ich niemals gut, wenn einige Tausend Wanzen auf meinem Körper arbeiten. Mit sieben und einer halben Million im Bett beschloß ich zu wachen und sagte artig zu dem Licht: Schließen wir ein Kompromiß. Ich schone Ihr Leben und unterlasse es, Sie zu verbrennen und Sie verkürzen mir die langen Nachtstunden. Es ist ganz amüsant, einmal einen Lichtstumpf reden zu hören."

Das Licht nickte und sagte:" Wünschen Sie vom Buchhalter aus Wildstein zu hören, der sich hier den Hals abschnitt oder von dem Liebesabenteuer des Zimmermädchens oder von dem Brautpaar, das vorige Woche hier wohnte?"

" Ach, geben Sie mir eine Darstellung der be­zaubernden Szenen des Brautgemachs. Lassen Sie mich etwas von den berauschenden Worten der siegenden Liebe hören! Entsinnen Sie sich, was sie sagten?"

Ja, zuerst, als sie herein kamen, sagte er: Du kannst mir glauben, Zuckerschnutchen, der ver­dammte Hummer kneift mich im Magen, daß man verrückt werden könnte!'

Mein armer Schaß! Daß Du dann troßdem so viel von dem Vieh gegessen hast! Hör' Du, Hänschen!'

, Ja, was denn wieder?"

, Nun mußt Du schön brav sein und' n Biss't nach der Wand gucken, während ich mir die Kleider auszieh'. Ich bin, wie Du Dir denken kannst, nicht gewöhnt, mich vor Mannsleuten so zu zeigen.

Als sie im Bett waren, schwiegen sie eine Weile ganz still, dann sagte sie: Hänschen!' , Ja, mein Zuckerschnutchen!' , Weißt Du, mir ist gerade, als wenn mich etwas in's Bein beißt.'

, Ach, Unsinn, mein Zuckerschnutchen, das ist nur die Aufregung von dem bedeutungsvollen Tage.'

, Nein, mein Schaz, sind das nicht Wanzen?

Im Allgemeinen kann man wohl behaupten, daß der Arzt durch rationelle Gestaltung der Lebensweise der Nervösen, ihrer Ernährung und ihrer Beschäf­tigung, durch verständnißvolles Eingehen auf ihre seelischen Zustände vielen Nugen stiften fann. Die physikalisch- diätetischen Mittel werden ihn dabei er­heblich unterstützen, so daß er zu den zweischneidigen Droguen mur zeitweise Zuflucht zu nehmen braucht. Freilich giebt es, wie oben angedeutet, allgemeine Mißstände sozialer und wirthschaftlicher Natur, zu deren Beseitigung der einzelne Arzt nur wenig bei­tragen kann.

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, Ach, du Allmächtiger, Kind! Das sind die schlimmsten Biester, die ich kenne."

, Ja, sie sind gräßlich! Ach, und dann ist es auch schrecklich, wenn Jemand im Zimmer schnarcht.' , Schnarchst Du nicht, Kindchen?"

, Ne, mein Schaß, außer, wenn ich zu viel ge­gessen habe.'

, Ich schnarch' manchmal, wenn ich recht müd' bin. Aber, siehst Du, Zuckerschnutchen, wenn ich das thu', brauchst Du mich blos anzustoßen!

, Ih Jesses, bist Du ein lieber Mensch, Häns­chen!"

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Nein, hören Sie nur um Gotteswillen auf," rief ich, darin ist ja weder Poesie noch Erotik." " Na, nehmen wir denn den Goodtempler, der vorige Woche hier war. Zu ihm tam spät am Abend ein Nüchternheitsapostel und sollte mit ihm eine Vortragsreise in dieser Gegend verabreden. Sie saßen die gauze Nacht beisammen und schrieben und machten Reisepläne. Als sie eine Stunde so gesessen hatten, sagte der Goodtempler: hm hm, mir ist so trocken im Halse, und es ist so schwer, sich wach zu halten..." , Ja hm

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Kaffee in allen Ehren, aber wenn man so seine sechzehn, siebzehn Tassen bekommen hat, dann ist das wohl genug.'

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, Hm- ja ich habe allerdings in meinem Roffer etwas etwas Anderes zu trinken; aber es wäre so peinlich, wenn- hm- wenn Du miß­verstehen wirdest, lieber Bruder."

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,, keineswegs, in der Stunde der Noth und ich möchte nicht das ganze Hotel wegen eines Glases Zuckerwasser aufwecken.

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, Jaso, so hm ich hätte hier ein wenig Profit!

, Danke, ein guter Rognak."

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still! Ja, um der Gesundheit willen muß man wenigstens auf Reisen bisweilen Ja, dann haben wir da diese Böttcherarbeiter in Tannenberg, die Goodtempler sind, aber doch ruhig für Lichtenberg weiter arbeiten, obwohl sie wissen, daß er Tonnen an Dinnbierbrauer verkauft.'

, Schrecklich, schrecklich, daß der Trinkteufel solche Macht auf Erden hat! Aber ich werde dort in meinem Vortrag die Arbeiter Moral lehren!'

, Ja, das ist recht, aber nimm noch ein Schlück­chen, lieber Bruder, ich habe noch mehr solche kleine