Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
die heftige Bewegung auf, er war nun wirklich im Himmel und befand sich vor einer Thür, an die er Klopfte. Heraus tam Nagnhilds Großmutter mit einer Ruthe in der Hand.
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Mach', daß Du fortkommst, Du gottloser Bengel, rief sie ,,, Du hast meine einzige Brille zerbrochen!" Die Ruthe wuchs in ihrer Haud- sie verdunkelte die Sonne aber als sie auf ihn herabfiel, hatte sie sich in einen nassen Schwamm verwandelt, mit dem die Großmutter sein Gesicht wusch. Er Er schlug die Augen auf. Ueber ihm stand ein Kalb und leckte sein Gesicht.
" Jeßt mußt Du kommen Agestin," rief die Mutter, wir ziehen jetzt weiter."
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Er erhob sich mit Mühe, er war wie zerschlagen in allen Gliedern. Der neue Knecht hob ihn auf die schwarze Stute, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Gegen Abend kamen sie zur BjörnefidSennhütte. Beret nahm ihren kleinen schlafenden Sohn vom Pferderücken, hernieder, trug ihn in die Hütte und legte ihn auf ihr Bett, wo er bis zum nächsten Morgen ruhig weiter schlief.
Hier oben war es für Agestin wie eine neue Welt. Während der ersten Zeit gab es ja nicht wenig Arbeit. Das Vieh war noch nicht an die Freiheit gewöhnt und war schwer zu regieren; das besserte sich aber mit jedem Tage. Auf den täg lichen Touren mit der Mutter und der Heerde schoß er mit Pfeil und Bogen, oder er angelte in einem Bache, der die Hochebene durchfloß. Manchmal, be= sonders gegen Abend, konnte er stundenlang auf dem Rücken liegen und in die Gletschermassen hineinschauen. Die Mutter hatte ihm erzählt, daß es der Gletscher Riesenheim wäre, der aus lauter Schnee und Gis bestand, und daß die Strecke, die für sein Auge nicht viel weiter als ein Kazensprung erschien, viele Meilen weit wäre. Da lag er nun und wunderte sich und wunderte sich. Bis jetzt hatte er geglaubt, daß mit dem Björneberg und der Sennhütte auch die Welt so ziemlich zu Ende wäre, jetzt hatte sich ihm eine fremde, eine schöne ungeahnte Welt offen bart. Er wurde von Sehnsucht nach jenem Märchenland ergriffen, er mochte doch zu gern wissen, wer das wohl sein könnte, der Abends beim Sonnenuntergang die blauschwarzen Berggipfel mit solch Schönem Roth übermalte und in den Eismassen Lichter anzündete, die mit einer Straft blizten und funfelten, daß er sie kaum ansehen konnte.
Eines Tages hatte sich eine Ruh verlaufen. Beret und der Knabe gingen sie suchen. Nachdem sie einen halben Tag über sumpfige Strecken und fahle Felsen geirrt waren, fanden sie den Flüchtling auf einem vorgeschobenen Plateau, auf dem wundervolles weiches Gras wuchs. Von hier aus konnten sie in ihr eigenes Thal hinabblicken. Sie waren Beide müde und setzten sich auf einen Stein.
,, Dort unten liegt Solhaug," sagte Beret und zeigte mit dem Finger auf den in der Abendsonne leuchtenden Hof, dessen rothe Dächer klar hervortraten. Aber Mutter, warum ist das Alles so klein?" Weil es so weit weg ist."
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haug haben sie den Roggen schon gemäht. Möchten wir nur noch ein paar trockene Tage zum Einfahren bekommen."
Agestin beschattete auch seine Augen mit der Hand, weil er sah, daß die Mutter es that. Ist das der Kuhstall, den ich da sehe, er sieht aus wie ein Mistkäfer!"
„ Ja, das ist unser Heim," erwiderte Beret mit plößlicher Bitterkeit. Die lebhaften Fragen des begabten Knaben hatten sie mit fortgerissen, sie hatte sich einen Augenblick als Mutter glücklich gefühlt. Als sie aber durch die letzte Frage an den Kuhstall erinnert wurde, füllte Bitterkeit ihr Herz. Sie drehte rasch den Kopf nach links und hob wieder die Hand: " Agestin, siehst Du den großen Hof mit den vielen Häusern dort im Schatten des Berges, jenseits des Tannenwaldes? Das ist Bakken."
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,, Und wer wohnt da?" Dein Vater." " Ich denke, unser Vater ist im Himmel."
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Nein, er wohnt dort," versetzte Beret. „ Warum hast Du mir das nicht früher erzählt?" " D, ich denke, es ist früh genug."
Wie heißt er, Du Mutter?"
Beret erhob sich. Das werde ich Dir ein ander Mal erzählen, mein Junge. Jeßt müssen wir machen, daß wir nach Hause kommen. Wir haben noch weit zu laufen." ( Fortsegung folgt.)
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drängte dieses sogenannte Ptolemäische Weltſyſtem alle anderen Betrachtungsweisen, vor Allem die Lehre Aristarch's, und erlangte eine unbeschränkte Geltung, die um so vollkommener ward, je älter das System wurde. wurde. Waren im ersten und zweiten Jahrhundert nach Christi Geburt noch von diesen Anschauungen unabhängige Gedanken ausgesprochen und vertreten worden, so war dies 1000 Jahre später ganz unmöglich. In der Naturerkenntniß machte das ganze Mittelalter keine wesentlichen Fortschritte, und die astronomischen Kenntnisse wurden zwar durch einzelne genauere Beobachtungen bereichert, an der Grundlage des großartigen Baues, den die griechische Welt hinterlassen hatte, wurde jedoch in keiner Weise gerüttelt.
Mit dem Beginn der neuen Zeit wurde das anders. Der wirthschaftliche Umschwung, dessen Anfänge sich im 14. Jahrhundert und früher noch zeigten, und der sich im 15. und 16. Jahrhundert, begleitet und gestützt von technischen und wissenschaftlichen Errungenschaften, vollzog, revolutionirte auch die Geister, so daß sie auf den verschiedensten Gebieten dazu geneigt wurden, die Fesseln der Autorität abzustreifen und eigene Gedanken unabhängig von überkommenen Vorurtheilen konsequent weiterzudenken. Besonders die Naturerkenntniß machte sich frei von der seit Alters her gelehrten Wissenschaft, und es erstand eine Reihe hervorragender Forscher, welche die Geseze des Geschehens in der Welt aus den beobachteten Erscheinungen mit Scharfsinn und
Wie die Drehung und Bewegung Klarheit ableiteten. der Erde erkannt wurde.
( Schluß.)
Von Karl Wernker.
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uf diesen Grundlagen stellte 300 Jahre nach Hipparch Ptolemaeus, der ebenfalls in Alerandria wirkte( 150 n. Chr.), das umfassende Weltsystem auf, das unter dem Namen der großen Zusammenstellung", in arabischer Uebersetzung Almageft", auf uns gekommen ist und im ganzen Mittelgest", auf uns gekommen ist und im ganzen Mittelalter als die reinste Quelle astronomischer Wahrheit angesehen wurde. Die Kugelgestalt der Erde wird hier in überzeugender Weise nachgewiesen, und gegenüber dem Einwand, daß eine Kugel doch nicht frei im Naume schweben könne, sondern nach unten fallen müsse, weist Ptolemaeus darauf hin, daß es im Weltenraume kein oben und unten gäbe, daß die Richtung nach unten vielmehr stets und überall auf der Erdkugel die Richtung nach ihrem Mittelpunkte sei, in welcher Richtung alle Körper auf der Erde auch fallen. Aber auch mit der Ansicht Aristarch's , die zu seiner Zeit noch Anhänger zählte, mußte er sich auseinandersetzen. Er gesteht unumwunden zu, daß die Lehre von der Drehung der Erde den überaus daß die Lehre von der Drehung der Erde den überaus großen Vorzug der Einfachheit für sich habe; aber die Luft als leichterer Körper misse zurückgelassen werden, und wenn man selbst annehmen wollte, daß die Luft beim Umschwung der Erde mitgeführt werde, so könne dies doch für die in der Luft fliegenden Körper, Vögel, sowie geworfene Steine, keineswegs
„ Und das schmale weiße Band, was ist das?" zutreffen, und hieraus ergebe sich die Unmöglichkeit, Das ist der Fluß."
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Und die Schlange, die wie Feuer aussieht?" Das ist auch der Fluß."
Aber warum sieht er da aus wie eine Feuerschlange, wenn er hier ganz weiß ist?"
" Hier oben bei Solhaug ist er weiß, weil das Land so bergig ist; drüben spiegelt sich der Abendhimmel im Fluß, weil er ganz ruhig fließt. Dort ist das Land so flach wie meine Hand. Sie haben nicht so viel Arbeit mit dem Pflügen, wie wir auf Solhaug."-
" Und da, Du Mutter, sieh doch! Da ist die Kirche, ganz furchtbar weit weg!"
„ Ja, das ist die Kirche."
Der Knabe flatschte vergnügt in die Hände. Und das große Feuer ist wohl der See?" Er war aufgesprungen, jezt legte er seinen Arm um den Hals der Mutter und schien in den Anblick ganz versunken zu sein.
Ach ja," seufzte Beret, wir müssen wohl an den Heimweg denken." Sie beschattete die Augen mit der Hand und sah hinab in's Thal.„ Auf Sol
die Erde als bewegt anzunehmen.
Damit baute er denn die Theorie der Epicykeln des Hipparch weiter aus, und da die Beobachtungen der Planeten sich durch einfache Epicykeln nicht ganz genau darstellen ließen, so griff er zu doppelten und dreifachen, d. h. er ließ in dem ersten Epicykel noch nicht den wirklichen Planeten, sondern wiederum einen gedachten um den im Hauptkreise gedachten herumgedachten um den im Hauptkreise gedachten herum gehen, um diesen wieder einen weiteren und dann erst in einem ferneren Epicykel den wirklichen Planeten. erst in einem ferneren Epicykel den wirklichen Planeten. Hierbei ließ er sich durch keine Verwickelung und Schwierigkeit der Rechnung abschrecken, sondern sagte mit Recht:„ Warum sollen wir uns über die Verwickelung der himmlischen Körper so sehr verwundern, da uns doch die Natur dieser Körper noch so gänzlich unbekannt ist?"
Thatsächlich gelang es, auf Grund des von Ptolemaeus im Zusammenhang dargestellten Systems, jede Erscheinung am Himmel mit einer Genauigkeit, wie sie den Beobachtungs- und Meßinstrumenten seiner Zeit und der folgenden Jahrhunderte entsprach, zur Darstellung zu bringen; deshalb ver
Als daher das Lebenswerk des Nicolaus Coper nicus ( 1473-1543), an dessen Ausbau der große und stille Forscher mehr als 30 Jahre gearbeitet hatte, kurz vor seinem Tode erschien, traf es auf einen gut vorbereiteten Boden. Namentlich Galileo Galilei ( 1564-1642), der die Bewegungsgesetze zuerst in völliger Klarheit erforscht und dargestellt hat, wies die alten Einwände des Ptolemaeus und die neuen seiner Zeitgenossen zurück und trug außerordentlich viel zur Verbreitung der neuen Lehre bei.
Die Komplizirtheit der alten Lehre war es gewesen, die den Copernicus zuerst zum Nachdenken über die Bewegungen der Himmelsförper veranlaßt hat; indem er die Sonne, die glänzende Weltleuchte, in den Mittelpunkt des Universums seßte und die Erde mitsammt den übrigen Planeten um sie herum führte, gelang ihm eine überraschend einfache Darstellung von den scheinbar so komplizirten Bewegungen der Planeten, von den merkwürdigen Schleifen in ihren Bahnen. Es ist ja ganz klar und einleuchtend, daß unsere eigene Bewegung, falls wir sie nicht wahrnehmen, uns in einer scheinbaren Bewegung der außer uns befindlichen Körper erscheinen muß. Gehen wir in einem Kreise um die Sonne herum, so werden Gestirne, die in derselben Ebene sich befinden, hin und her zu gehen scheinen; dagegen werden sie in sich selbst zurücklaufende krumme Bahnen beschreiben, wenn sie oberhalb oder unterhalb der Bahnebene stehen, in welcher wir selbst uns bewegen. Schreiten diese Gestirne dabei noch selbstständig fort, so muß die in sich selbst zurücklaufende krumme Bahn, das scheinbare Abbild unserer eigenen Bewegung, als eine Schleife an ihrer wirklichen Bahn erscheinen. Die Schleife wird um so kleiner sein, je weiter das betreffende Gestirn von uns entfernt ist, und die Firsterne sind so ungeheuer weit entfernt, daß an ihnen das außerordentlich kleine Abbild unserer Bewegung erst mit den feinen Instrumenten unseres Jahrhunderts erkannt werden konnte. Für die Planeten dagegen sind die Schleifen deutlich wahrnehmbar, und da ihre Größe in einem bestimmten Zusammenhange mit ihrer Entfernung steht, so gelang es bereits Copernicus, ihre Entfernungen mit ziemlicher Sicherheit zu berechnen.
Hatte Copernicus so ein neues Prinzip aufgestellt, mit dessen Hülfe die Bewegungen der Himmelskörper weit einfacher dargestellt werden konnten, als früher, so war er doch weit davon entfernt, eine Erklärung der Bewegungen selbst zu finden, einen Grund dafür anzugeben, warum sie sich so und nicht anders bewegen müßten. Dies war eine Aufgabe, welche die Wissenschaft sich erst stellen konnte, nachdem die Bewegungen selbst genau bekannt waren und dargestellt