Die Neue Welt
Nr. 45
( Fortsetzung.)
Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
ndlich seid Ihr auch da!" rief Bergljot und
strich ihr durch den Luftzug gelockertes Haar Novon der weißen Stirn zurück. Sie bot mit den frischen, rosigen Wangen und dem trozigen kleinen Mund, aus dent die blendend weißen Zähne lachend hervorschimmerten, einen köstlichen Anblick der Kraft und Gesundheit. Jezt glitt sie dicht an die Mauer heran und fügte nedisch hinzu:„ Ist das eine Art, sich so exklusiv zu verhalten? Man könnte glauben, Sie hätten sich gestern erst verlobt."
Da tam Arne Bing auch heruntergesaust. Er wollte Bergljot den kühnen Schwung nachmachen, verlor aber dabei das Gleichgewicht. Zweimal drehte er sich um seine Are, dann rollte er in den Schnee. Bergljot lachte und überschüttete den Gefallenen noch zum Ueberfluß mit Schnee. Darauf wandte sie sich wieder an Agestin und Ragnhild.„ Nun, was haben Sie zu Ihrer Entschuldigung anzuführen?"
,, Wir haben sehr ernste Dinge zu verhandeln gehabt."
" Jawohl, solche Dinge müßten eigentlich immer ernst genommen werden. Nicht wahr, Herr Bing?" Er hört nicht, der Unglückliche, er hat beide Ohren voll Schnee bekommen.„ Hören Sie nicht? Sie nehmen solche Dinge wohl nie so ernst, oder wie?"
Arne Bing, der bis jetzt eifrig bemüht war, seine Knochen zusammen zu raffen, kam jetzt, nachdem ihm dies einigermaßen gelungen war, näher.
Von was fiir Dingen reden Się da, die ernst genommen werden müssen?"
" Von den ernstesten aller Dinge von der Liebe!"
„ Ach, gehen Sie, wie fönnen Sie mir mit der Liebe kommen in einem Augenblick, wo durch die heftigste Rotation die Zentrifugalkraft all mein Blut aus dem Herzen in die äußerste Peripherie getrieben hat! Warten Sie, bis wir in der warmen Stube da oben bei einem Glas Wein zusammen ſizen. Da wollen wir wieder von der Liebe reden."
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,, Wie einst im Mai... Nicht wahr?... Nein, wenn Sie jetzt wollen, nachher will ich nicht!" Mit übermüthigen Schlägen flog sie an ihm vorüber, die Anhöhe empor, und nach wenigen Minuten schloß sie wieder wie ein Pfeil an den Anderen vorbei.
Jegt wurde eine tiefe Schelle unten im Walde hörbar, eine hellere mischte ihren Klang hinein, und bald tauchte hinter dem schneebedeckten Bergrücken ein nickender Pferdekopf hervor. Ihm folgte ein dampfen dann noch ein der Rumpf und ein Schlitten nidender Kopf und noch ein Schlitten. Schließlich erschien auch die kleine gelbe Mähre mit dem Ehepaar Dewre...
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" Ah!- Ist das schön, in eine warme Stube zu kommen!" Babbi hauchte in ihre faltgefrorenen
Zwei Menschen. W
Noman von H. Fries- Schwenzen.
Hände und stampfte mit den Füßen. Nein, war das eine Thierquälerei, so lange im Schlitten zu sizzen und sich von einem armen Miethsgaul den Berg empor ziehen zu lassen, gerade als ob man nicht selbst Beine hätte! Das thäte sie auch nie wieder, sie hatte während der ganzen Zeit die Anderen beneidet, und dazu kam noch, daß ihr Adolph in seinem Wolfspelz so dick war, daß sie ganz platt gequetscht wurde.... Jetzt sollte das Essen aber schmecken!... Zwei Zimmer find für sie reservirt. Frau Babbi geht in das Eßzimmer, um die Anrichtung zu mustern. Das Menu wird untersucht und findet ihren Beifall. Die Weine? Rauenthaler sehr gut! Margeaur? Hm! Geht wohl an. Die Hauptsache ist der Champagner. Da kommt der Kellner mit einem Eisfiibel. Sie hebt die Flasche vorsichtig empor und untersucht mit Kennerblick die Marke. Ueber ihr Gesicht geht ein befriedigtes Lächeln.
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" Ist das Essen nun auch fertig?"
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Alles ist fertig, gnädige Frau."
Babbi holt aus der Tasche ein Packet kiinst lerisch ausgestatteter, bereits mit Namen versehener Tischkarten und steckt sie in die breiten Rothweingläser. Und nun zu Tisch! Sie öffnet die Thür und flatscht in die Hände. Darauf geht sie zu Peter Lie hin und sagt herablassend:" Sie dürfen mich zu Tisch führen. Agestin, Sie nehmen Ragnhild, Bing und Bang geben zusammen einen guten Klang, Dewre, der alte Schwerenöther, bekommt die Jiingste in der ganzen Gesellschaft, Fräulein Lange. Dafiir size ich Euch aber gerade gegenüber, um auf zupassen, daß Ihr keine Dummheiten macht. So... nun bitte!"
1898
" Gewiß, bis auf ein Loch, das ich mir in die Hose gebrannt." Allgemeine Heiterkeit.
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bemerkt
Der Weg ist nicht ungefährlich," Johnsen, wir kommen über hohe und steile Abhänge. Wer eine Fackel führen soll, muß ein sehr geübter Läufer sein."
Aber bin ich denn das nicht?" ruft Bing mit geheuchelter Entrüstung.
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Der Stiweg von Trosterad und hier herauf kann das beste Zeugniß dafür ablegen. Er kann so viele Abdrücke von Ihrer Nasenspiße aufweisen, wie es Telegraphenstangen längst der Fahrstraße giebt."
Wieder schallendes Gelächter, die Gläser flingen, Messer und Gabel lärmen, die Stimmung wird mit jeder Minute heiterer. Babbi ist scheinbar in der strahlendsten Laune; sie hat für Jeden eine Aufmerksamkeit oder eine lustige Bemerkung.
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Werden hier Reden gehalten?" fragt Peter Lie und erhebt sich halb vom Tisch.
,, Nein, Reden sind ein Unding, wenn man Austern ißt."
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" Aber wenn ich nun das Bedürfniß fiihle..."
, Sie fühlen ja nur das Bedürfniß, einen Toast
auf die liebenswürdige Wirthin auszubringen," sagt Babbi und zieht ihn an Aermel wieder auf den Stuhl zurück. Stuhl zurück. Ehe das geschehen darf, muß mein Mann einen auf die Gäste ausbringen."
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Muß ich?" flingt es kläglich hinter einem Wall von Austernschalen hervor. Beim Braten, liebes Kind...."
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Beim Braten hielt denn auch Großhändler Danielsen seine angekündigte Rede. Eine ganze
Sie klatscht wieder in die Hände.„ Nein, Agestin, Flasche Rauenthaler und verschiedene Gläser Sherry nicht da! Sie sißen neben mir...."
Die Suppe wird gebracht und man füllt die Sherrygläser. Herr Danielsen erhebt sich und spricht nach norwegischer Sitte das übliche„ Willkommen". Die warme Suppe und der feurige Wein thauen die Gemüther auf, und bald ist eine lebhafte Unterhaltung im Gange. Babbi erklärt noch einmal laut und vernehmlich, daß sie die Tour nach Sandaas mit Fackeln mitmachen will, eine Stunde Schlittenfahrt hielte sie aber nicht mehr aus.
hatten ihn in eine angeregte Stimmung gebracht. Er betonte, welche Ehre es für ihn, den prosaischen Kaufmann, wäre, eine Gesellschaft, wie die anwesende, bewirthen zu dürfen. Man zählte ja hier hervor ragende Repräsentanten der jungen siegreichen Liga des Geistes, die in einer glänzenden Weise den Beweis für den alten Saz zu führen gewußt hatte: ,, Heiter ist das Leben, ernst die Kunst...." ,, Umgekehrt, umgekehrt, lieber Danielsen!" Wieso umgekehrt? Ihr wollt doch nicht etwa Aber ich will nicht allein fahren," protestirt behaupten, daß Gure Kunst heiter sei? Sind Eheder Gatte.
Bergljot weiß Rath:" Nehmen Sie meinen Lyrifer in Ihren Schlitten, Herr Großhändler. Er ist zu einem Fackellauf doch nicht zu gebrauchen."
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Was? Wozu bin ich nicht zu gebrauchen?" Sind Sie schon einmal auf Sti mit einer Fackel gelaufen?" " Ja."
,, Und ist es gut gegangen?"
bruch und Selbstmord und alle die bogenlangen Neflexionen, die daran bimmeln und bammeln, heitere Dinge?... Oder ist etwa Euer Leben ernst zu nennen? Nein, wenn Jemand ein heiteres Leben führt, dann seid Ihr es. Von allen Pjolterkonsumenten im Grand" seid Ihr die leistungsfähigsten...."
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Sie sind zu bescheiden, Herr Wirth," erwiderte Peter Lie.... Uebrigens glaubte ich, Sie wollten einen Toast auf die Gäste ausbringen?"