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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

nicht zu entscheiden, ob im gegebenen Falle Stern , Himmel oder Gott zu lesen sei, andererseits waren babylonische Worte, denen im Sumerischen fein Zeichen entsprach, nicht wiederzugeben, z. B. Für wörter, Ableitungen von Zeitwörtern usw. Da schlugen die Babylonier einen Weg ein, der zu den größten Konsequenzen führen sollte. Hatten sie bisher die sumerischen Begriffszeichen ohne Rücksicht auf ihren sumerischen Lautwerth übernommen, so eigneten sie sich jetzt die sumerischen Lautzeichen an ohne Rücksicht auf ihre sumerischen Begriffe.

dessen man sich in Babylon bediente: die Backsteine, bezw. Steintafeln und den drei.antigen Griffel, bezw. den Me ßel. So tam es, daß man lange die That­sache, daß die Zeichen dieser Inschriften aus lauter Keilen zusammengesetzt waren, fiir wesentlich halten konnte, während diese Form in Wirklichkeit etwas rein Aeußerliches ist.

Für das Abendland ist die Einwirkung des babylonischen Systems auf Westasien bedeutsam ge worden. Im zweiten Jahrtausend vor Christo war die babylonische Sprache die Weltsprache des Orients, die nebst ihren Keilschriftzeichen zu allen inter nationalen Korrespondenzzwecken benutzt wurde. Wie sehr dies der Fall war, erhellt aus der vor zehn Jahren am Nil aufgefundenen diplomatischen Korre spondenz ägyptischer Pharaonen des zweiten Jahr tausends. Hier sind nicht nur Korrespondenzen mit babylonischen und assyrischen Königen in babylonischer Sprache und Keilschrift abgefaßt, sondern die Pharaonen schreiben sogar an ihre Vasallen in Syrien in der semitischen Sprache und Schrift, in solchem Maße überwog die babylonische Kultur die ägyptische. Auf syrischem Boden wurde gegen 2000 vor Christo die phönizische Alphabetschrift entwickelt und zwar wesentlich auf babylonischer Grundlage

Eine qualitative Aenderung hat die Keilschrift bei den Babyloniern nicht mehr erfahren. Eine solche wäre es gewesen, wenn man Ideogramme und komplere Silbenzeichen ganz hätte fallen lassen und sich nur der einfachen Silbenzeichen bedient hätte. Dann wäre die Schrift eine reine Silbenschrift ge­worden, von der dann weiter die Entwickelung zur Buchstabenschrift hätte erfolgen können. Beides ist bei den Babyloniern nicht geschehen. Wohl läßt Wohl läßt sich beobachten, daß in den Inschriften des neu­babylonischen Reiches( Nebukadnezar's und seiner babylonischen Reiches( Nebukadnezar's und seiner Nachfolger) und der persischen Achämenidenkönige die Silbenzeichen mit großer Vorliebe gebraucht werden, die übrigen Schriftelemente zuriicktreten; ja, es finden sich sogar Ansäge einer Entwickelung zum Alphabet. Aber grundsäßlich blieb doch Alles beim Alten.

Um ein Beispiel zu geben: das Zeichen Stern" wurde von den semitischen Babyloniern ideographisch ( als Begriffzeichen) ausgesprochen kakkabu, ilu oder schami. Gleichzeitig aber benugten sie es als Laut zeichen für die Silbe an; man erinnert sich, daß an sumerisch Himmel heißt. Oder: der Vater hatte sumerisch atta geheißen. Ideographisch gebraucht, wurde dies Zeichen von den Babyloniern abu( Vater) gesprochen; gleichzeitig gebrauchten sie es als Laut zeichen mit dem Werthe at: hier ist nur die erste Silbe von atta übernommen. Pil hatte sumerisch das Ohr geheißen. Das gleiche Zeichen wurde babylonisch, ideographisch gebraucht, usnu gesprochen, als Silbenzeichen pi. Das Zeichen Fisch" wurde sumerisch cha gesprochen, babylonisch, ideographisch gebraucht, nunu( Fisch), gleichzeitig aber mit dem Silbenwerthe cha. Diese Beispiele ließen sich ver= vielfältigen, werden aber genügen, um den Vorgang flar zu machen.

Die Weiterentwickelung zur Silbenschrift und nun gar der enorme Fortschritt, der in der Trennung des Konsonanten von seiner natürlichen Stüße, dem Vokal, liegt, also das Grundmerkmal der alpha­betischen Schrift, diese Fortschritte blieben den zahl= reichen Völkern vorbehalten, die ihre Schrift auf der babylonischen Keilschrift aufbauten. Für uns ist von Interesse nur die Entwickelung nach Osten und die nach Westen. Die nach Osten, weil hier der ganze Prozeß anschaulich vor sich geht, die nach Westen, weil auf sie die Entstehung unserer Buchstabenschrift zurückgeht, obwohl hier die Zwischenglieder noch nicht ganz klar find.

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So viel ist sicher, daß die alte Meinung, bie phönizische Schrift habe von den in der ägyptischen Schrift neben Wort- und Silbenzeichen vorhandenen Alphabetzeichen ihren Ursprung genommen, irrig ist. Sie widerlegt sich aus dem zu Grunde liegenden Lautbestande, abgesehen davon, daß die ältesten phönizischen Zeichen mit den hieroglyphischen Buch stabenzeichen nicht die geringste Aehnlichkeit haben. Nur Eins ist möglicherweise von den Aegyptern zogen, nämlich der sogenannte Grundsatz der Afro phonie, d. h. daß für einen Laut ein Bild gewählt wird, dessen Name mit dem betreffenden Laut a fängt. Dies ist bei den ägyptischen Hieroglyphen der Fall und ebenso auch bei den phönizischen Buch staben, geht hier also vielleicht auf jene zuriid Dagegen sind die zu Grunde liegenden Bilder bis auf wenige schon jetzt als babylonisch in ihrem sprung nachgewiesen. So wird der Hauchlaut, ber im phönizischen Alphabet den Namen aleph führt und der erste Buchstabe des Alphabets ist, durd einen Stierkopf dargestellt; der Stier heißt phönizis aleph; das Zeichen findet sich als Ideogramm in Babylonischen . So ist es auch mit beth, Haus( b) gimel, Rameelsriiden( g), daleth, Thiirfliigel( d) nun, Fisch( n) usw.; lauter aus dem Babylonischen übernommene, aber jetzt als Buchstaben verwand Zeichen. Es ist also festzuhalten: Das phönizische Alphabet geht in der Hauptsache auf die babylonis Keilschrift zurück und ist in der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends in Kanaan in Gebrauch ge kommen. Von dem urphönizischen Alphabet leite sich einmal das älteste arabische ab; dann aber was wichtiger ist, übermittelten es gegen Ende des zweiten Jahrtausends phönizische Koloniſten Griechen, von wo aus es dann die Grundlage sämmt licher in Europa existirenden Schriftſyſteme wurde. Es wird aus dem Bilde von der Geschichte einer Schriftfamilie, das hier gegeben wurde, hoffentli flar geworden sein, daß es sich dabei nicht plößlich und unvermittelt auftretende Erfindunge sondern um eine organisch wachsende, langsamt sid entwickelnde Erscheinung handelt. Und das Gleich zeigt sich überall sonst, wo wir die Schrift in frihere Stadien beobachten können. Um von der ägyptische Schrift abzusehen, hat z. B. die chinesische Schrift fich nachweislich aus einer reinen Bilderschrift ent wickelt, es bei den Chinesen aber nie über da Stadium einer Wortschrift hinausgebracht. Dagegen in di haben die Japaner, welche die chinesische Schrif frühzeitig übernahmen, sie weiterentwickelt zur schrift.

Die beiden Schriftarten im Osten, um die es sich hier handelt, sind uns erhalten in den sogenannten Achämeniden- Inschriften, welche die Grundlage für die Entzifferung der Keilschrift geworden sind. Es ist dies eine größere Anzahl von Inschriften, die herstammen von den Perserkönigen seit Cyrus und in den drei Hauptsprachen des Reiches abgefaßt sind, nämlich der uns schon bekannten babylonischen, der medischen und der indogermanischen Sprache der Perser. Diesen drei Sprachen entsprechen hier drei Schriftarten: an erster Stelle steht auf diesen In­schriften die persische Schrift, es folgt die medische und endlich die babylonisch- assyrische, die uns hier nicht mehr weiter angeht. Betrachten wir zunächst die medische Schrift, so erscheint sie als eine Silben­schrift von etwas mehr als 100 Zeichen, durchweg einfache Silben darstellend; jedoch finden sich auch noch einige komplere Silbenzeichen, vereinzelte Ideo­gramme und ein paar Determinative; alle Zeichen sind eindeutig. Trotz der gedachten Ausnahmen ist diese Schrift durchaus Silbenschrift, ihre direkte Entwickelung aus der babylonischen nachweisbar.

So stellt sich demnach das nunmehrige assyrisch­babylonische Schriftsystem dar als eine Kombination von Wort- und Silbenschrift. Diese Gattung der Keilschrift besaß, um es zusammenzufassen, folgende Arten von Schriftelementen: 1) Ideogramme oder Wortzeichen. 2) 98 Zeichen für einfache Silben, wie ab, ib, ub; ba, bi, bu; an, in, un; na, ni, nu usw. 3) Eine größere Anzahl von Zeichen für komplere Silben, d. h. solche Silben, die aus einem von zwei Konsonanten umschlossenen Vokal bestehen, wie chal, muk, gir, tar usw. Deren sind etwa 120. Im Ganzen beläuft sich die Zahl der Zeichen auf etwa ein halbes Tausend. Ein gewiß schon durch die Zahl seiner Zeichen komplizirtes Schriftsystem, dessen Schwierigkeiten aber noch erhöht werden durch einen aus dem ursprünglichen System der Sumerier herstammenden Umstand, nämlich die Mehrdeutigkeit des größeren Theils der Zeichen. Einmal konnte ein und dasselbe Zeichen als Wortzeichen verschiedene Begriffe darstellen, dann auch noch als Silbenzeichen verschiedene Werthe haben. Um ein besonders krasses Beispiel zu wählen, so konnte ein Zeichen einmal die einfache Silbe be darstellen, dann aber auch die komplexen Silben bat, mit, mut, til und ziz, endlich die Ideogramme belu Herr, labaru alt sein, labiru alt, mitu Todter, pagru Leichnam, nakbu unterirdischer Quell. Ein anderes Zeichen bedeutete Ein anderes Zeichen bedeutete als einfache Silbe entweder ut oder tu, als fomplere Silbe tam, par, pir, lach, lich, hisch, als Jdeo­gramm umu Tag, schamschu Sonne, pizu weiß. Eine Erleichterung der so geradezu unmöglich er­scheinenden Leftire eines babylonischen Tertes tritt durch verschiedene Umstände ein, einmal durch den Gebrauch von Determinativen, nichtgesprochenen Zeichen, die das betreffende Wort als zu einer bestimmten Kategorie von Dingen gehörig feststellen, dann dadurch, daß bei mehrteutigen Ideogrammen die letzte Silbe häufig in einem nichtgesprochenen Silbenzeichen wiederholt, Doppeldeutigkeit also aus­geschlossen wird, endlich dadurch, daß die babylonische Sprache als semitische eben nur das Zusammen­stoßen bestimmter Vokale bezw. Konsonanten erlaubt.

Demgegenüber stellt die dritte Keilschriftgattung, die persische, keine einfache Umbildung der älteren Schriftzeichen dar, sondern eine selbstständige und bewußte Weiterentwickelung der Keilschrift. Diese Gattung befißt 36 Zeichen, woraus von selbst er­hellt, daß sie keine Silbenschrift mehr sein kann. Nichtsdestoweniger ist sie auch noch feine reine Buch­stabenschrift. Der Mehrzahl der Konsonanten kann nämlich ein a angeschrieben nachlauten, oder es kann auch fehlen, ferner verlangt eine Anzahl von Kon sonanten unbedingt einen bestimmten Vokal, i oder u, nach sich. So giebt es für m drei Zeichen, dem ersten kann a nachlanten oder auch fehlen, dem zweiten muß i, dem dritten u nachlauten. Es ist flar, daß diese Schrift aus einer Silben zur Buchstabenschrift herabgesunken ist, richtiger gesagt, sich weiter entwickelt hat. Jedenfalls aber ist mit der persischen Schrift der Punkt erreicht, wo der einzelne Konsonant für sich dargestellt wird, das Wort in seine kleinsten Theile zerlegt ist. Die persische Keilschrift hat keinen weiteren Gebrauch und keine weitere Verbreitung gefunden. Die Achämeniden inschriften sind die einzigen Denkmäler dieser eigen­artigen Buchstabenschrift, deren Interesse darin liegt, daß der Prozeß der Buchstabenentstehung an ihr

Dies die Entwickelung der babylonischen Keil­schrift bis auf einen Punkt, über den sie im Wesent­lichen nicht hinausgelangt ist. Es erfolgte nur noch eine äußerliche Aenderung dadurch, daß an Stelle der durch Striche dargestellten bilderartigen Zeichen, wie sie sich auf den ältesten Inschriften finden, die durch Weglassung von Strichen und Zusammenziehung immer mehr vereinfacht wurden, schon sehr früh die feilförmige Gestalt der Zeichen trat, nach der das System benannt ist. Diese Gestalt der Striche entstand durch das eigenthümliche Schreibmaterial und den eigenthiimlichen Stift,

genau zu beobachten ist.

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In ein paar Worten zusammengefaßt, lautet ba allgemeine Ergebniß so: Das Ursprüngliche war bildliche Darstellung bestimmter Vorgänge, daratief ii folgt die Firirung bestimmter Bilder auf bestimmt Worte von ganz fonkreter Bedeutung. Dann gehe Zeichen über auf Zeitwörter und Eigenschaftswörter die dem betreffenden Hauptwort toordinirt find werden durch Begriffszerlegung und Zeichenzusammen stellung vermehrt, übertragen sich durch Symbolisirung ftiide auf abstraktere Dinge. Weiter verlieren die Bilde ihre klaren Formen, gehen in konventionelle Zeiche über. Dann erfolgt durch Bildung von Silbenzeichen der G der llebergang zur Lautschrift. Das legte Stadium ist schließlich die Auflösung der Silbe in ihr ekten Bestandtheile: die Buchstabenschrift.

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