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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
der Gundorfer Mühle, die der Stadt Leipzig gehört. Die Mahlaulage liefert täglich 200 Zentner Mehl. Die Bäckerei ist mit den neuesten und besien Einrichtungen versehen. Das Bäckereigebäude hat eine Das Bäckereigebäude hat eine Länge von 48 und eine Tiefe von 12 Metern. Die Anlage bestest aus dem Backofenraum im Kellergeschoß, der Backstube im Parterre und dem Mehlboden. Sämmtliche Näume sind durch eine Ventilationsanlage gut gelüftet. Dieselbe arbeitet zum Dieselbe arbeitet zum Theil durch einfachen Abzug der warmen Luft. Bei großer Wärme fann aber auch mechanisch durch zwei Exhaustoren ventilirt werden. Um die größtmög= lichste Sauberkeit durchzuführen, ist die Garderobe der Bäcker von den Backräumen getrennt und stelt in direkter Verbindung mit dem Brausebad. Dieses wird von den Bäckern täglich benugt. Die Bäcker arbeiten nicht in ihrer eigenen Kleidung, sondern erhalten wöchentlich einen sauber gewaschenen Arbeitsmantel geliefert.
Das ankommende Mehl wird mittels Fahrstuhl nach dem Mehlboden befördert. Gekauftes Mehl wird bei seiner Ankunft durch Wasser oder Backprobe begutachtet, während das selbstproduzirte Mehl durch die Prüfung des Getreides und dessen Mischungen in der Mühle schon eine gewisse Garantie für die Backfähigkeit ergiebt. Soll das Mel verbacken werden, so wird dasselbe nach Bedarf von den zur Mischung geeigneten Posten genommen und in einen bequem am Fußboden des Mehlbodens an gebrachten Behälter geschüttet. Eine Schnecke treibt das Mehl nach einem Elevator, welcher dasselbe in die Mehlsichtmaschine bringt. Hier wird das Mehl von den anhaftenden Sackfasern und sonstigem anhaftenden Schmutz gereinigt und vorhandene Knollen zerrieben. Von der Sichtmaschine geht das Mehl mittelst Elevator nach der Mischmaschine, welche den med hat, die verschiedenen Posten Mehl stets zit einem gleichmäßig backfähigen und in Farbe einheit lichen Mehle zu vermischen. Nach dieser Prozedur kommt das Mehl wieder durch den Elevator nach den Vorrathskammern. Diese enden nach unten in zirei Schlote, die sich in der Backstube direkt iiber den beiden Knetmaschinen befinden. Soll nun Teig oder Sauerteig gemacht werden, so brauchen die Bäcker, welche die Knetmaschine bedienen, nur die an den Schloten befindlichen Schieber zu öffnen, und das vollständig vorbereitete Mehl gelangt selbstthätig in die Knetmaschine. Das nothwendige Wasser kommt aus dem höher stehenden mit einer Dampfschlange versehenen Reservoir und fließt in die Bassins, welche direkt über den Knetmaschinen angebracht sind. Hier wird das warme Wasser durch Mischen mit faltem auf die nöthige Temperatur gebracht, die ein Thermometer angiebt, und nach der Literskala in die Knetmaschine eingelassen.
Die Knetmaschinen liefern in 4 Minuten je 5 bis 6 Zentner, zusammen also 10 bis 12 Zentner Teig. Der fertige Teig fonimit durch Umkippen der Knetmaschine in fahrbare Backtröge, wird dann an den Arbeitstischen ausgewogen, gewirkt und in die Backschüsseln gethan, welche sich wieder auf fahrbaren Brotständern befinden. Die Ständer mit dem gewirkten Brot kommen mittelst Fahrstuhl nach dem Ofen. Die neuen doppelherdigen Auszugsdampfbacköfen fassen auf jeden Herd 50 Stück Brot von 41/2 Pfund Größe. Ter Backprozeß, welcher mittelst Wasserheizungsröhren sicher und äußerst sauber vor sich geht, danert ungefähr eine Stunde.
In der Kaffeerösterei kommt der Nohkaffee zunächst in eine Reinigungsmaschine, auf welcher er mittelst Neibung von dem anhaftenden Schmuß, Staub, Sackfajern und tieinem Bruche gereinigt wird. Der gereinigte Kaffee gelangt dann in die Nöstapparate. Beide Apparate fassen je 50 Pfund Rohlaffee und rösten denselben in zwanzig Minuten. Die Röstfrommel ist hermetisch gegen die Feuerungsgase abgeschlossen; diejenigen Gase, welche sich durch das Rösten des Kaffees entwickeln, sowie die Hiilsen, Häutchen, die sich hierbei vom Kaffee loslösen, werden durch eine einfache, sicher wirkende Ventilation des Röstapparates nach der Esse geführt. Sobald der Staffee fertig geröstet ist, geniigt ein Hebeldruck, denselben in den unterhalb der Röstmaschine befindlichen Kühlapparat fallen zu lassen. Hier wird der Kaffee
in 1/2 bis 2 Minuten durch einen Erhaustor abgekühlt. Diese rasche Abkühlung ist von sehr großem Einfluß auf den Geschmack des Kaffees; es wird dadurch der brenzliche Geschmack, der bei langsamem dadurch der brenzliche Geschmack, der bei langsamem Kühlen entsteht, vollständig vermieden. Bei dem Röst- und Kühlverfahren ist jede lästige Rauchentwickelung ausgeschlossen. Der geröstete Kaffee gelangt nach dem Packsaal, wo er zunächst auf Lesemaschinen verlesen wird. Es werden hier alle unreifen und fehlerhaften Bohnen, die das gleichmäßige Aussehen des Kaffees beeinträchtigen, auss gelesen.
Nachdem der Kaffee in dieser Weise vollständig fertiggestellt ist, wird derselbe mechanisch abgewogen und in Beutel von 1/4 und 1/2 Pfund Inhalt abgepackt. Die Pacete werden in Transportkisten, welche genau 25 Pfund fassen, nach den verschiedenen welche genau 25 Pfund fassen, nach den verschiedenen Verkaufsstellen versandt.
Andere bemerkenswerthe neue Einrichtungen sind noch für das Formen der Stückchen Butter und das Abfüllen des Flaschenbieres getroffen worden. das Abfüllen des Flaschenbieres getroffen worden. Die Tafelbutter wird bei der Ankunft bezüglich des Gewichts kontrolirt und die Qualität einer sorgfältigen Prüfung unterzogen. Alsdann kommt die Butter auf die Knetmaschine, auf der sie zum Formen der Stückchen vorbereitet wird. Das Auswiegen der Butter erfolgt auf Waagen mit Marmorschalen. Die Eisentheile der Waagen sind verzinnt. Die geformiten Stückchen werden mit einer Unterlage von Pergament papier auf Bretter gelegt, welche sowohl in die Eisschränke der Butterformerei, wie auch in die Transportschränke und in die Eisschränke in den Verkaufsstellen passen. In der Butterformerei wird die peinlichste Reinlichkeit beobachtet. Die Wände dieses lichste Reinlichkeit beobachtet. Die Wände dieses Raumes sind aus glasirten Steinen hergestellt, welche jederzeit leicht gereinigt werden können. Die Arbeiterinnen tragen eine vom Geschäft gelieferte Schürze, welche ihre Kleidung vollständig umschließt.
Das Abfüllen des Flaschenbieres geschieht mittelst selbstthätiger Füllapparate. Sie sind neuester mittelst selbstthätiger Füllapparate. Sie sind neuester Konstruktion und derartig gebaut, daß beim Abfiillen Konstruktion und derartig gebaut, daß beim Abfüllen feine Kohlensäure verloren geht. Das Bier, welches mit diesen Apparaten abgefüllt wird, ist sofort und stets flaschenreif. Das Reinigen der Flaschen geschieht durch Maschinen, bei welchem die Flaschen schieht durch Maschinen, bei welchem die Flaschen stets direkt mit frischem Wasserleitungswasser gespült werden. Je drei Personen fönnen an beiden vorhandenen Maschinen stiindlich 400 Flaschen spiilen.
Die Arbeitsräume des Leipziger Konsum- Vereins sind hell, geräumig und in durchaus gutem Zustande erhalten, so daß dieselben bei jedem Besucher und Fachmann einen äußerst angenehmen Eindruck hinter lassen.
Die Bildungs- und Verjüngungskraft der Krystalle.
Von Heinrich Vogel.
begegnet auch uns gebildeten Europäern nicht selten. Auch wir staunen über Erscheinungen und Verände rungen der Natur, an die wir nicht gewöhnt sind, und bleiben unberührt von ganz ähnlichen Vorgängen, wenn sie uns täglich und von Jugend auf umgeben. Und doch ist ein Vorgang in der Natur ebenso oder ebensowenig wunderbar wie der andere: das Failen eines Steines aus meiner Hand, wie das Leuchten der Röntgenstrahlen durch dicke Bretter. Wenn wir die Ursache vieler Erscheinungen besser erkennen, als die unkultivirten Menschen, so haben wir das dadurch erreicht, daß wir unsere Sinne durch Hülfsmittel unterstützen. Ein Indianer fann beim besten Willen das Gras nicht wachsen sehen; wir können es aber Die Verlängerung unter dem Mikroskop sehr gut. eines Eisenstabes, wenn man ihn bei gewöhnlicher Temperatur in die Hand nimmt, kann man mit den Sinnen nicht wahrnehmen; aber mit unseren physikalischen Hülfsmitteln kann man auch diese geringe Verlängerung, wenn sie auch nur den zwanzigtausendsten Theil eines Millimeters beträgt, noch sicher nachweisen.
Mit Hülfe derartiger Beobachtungen hat man bemerkt, daß auch in der sogenannten todten Natur eine Reihe von Vorgängen stattfindet, die wir als eine Art Leben ansehen können. Dahin gehört die Schon wenn wir zum Entstehung der Krystalle.
ersten Male in einer mineralogischen Sammlung die große Mannigfaltigkeit und wunderbare Pracht der vielen schönen Krystalldrusen sehen, finden wohl auch wir, was Göthe in Bezug auf die Pflanzenwelt sagte:
Alle Gestalten sind ähnlich und keine gleichet der andern; Und so deutet der Chor auf ein geheimes Gesetz", und wir suchen nach dem ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht."
Während manche Stoffe, wenn sie beim Abfühlen aus dem flüssigen oder gasförmigen Zustande in den festen übergehen, dabei feine bestimmte Gestalt annehmen, erhärten andere in bestimmten, von geraden Flächen umgrenzten Formen. Erstere nennt man amorph( gestaltlos), letztere krystallinisch. Die Krystallbildung zeigt sich dadurch als eine besondere Art der Anziehungskraft der fleinsten Theilchen. Denn bei den krystallinischen Körpern ordnen sich die kleinsten Theilchen in einer Weise an einander, daß sich an die ersten erstarrten Theilchen neue Theilchen schichtenweise anlagern. Hierin besteht die dem organischen Leben vergleichbare Thätigkeit der kleinsten Theilchen oder Molefiile. So bilden sich geradlinig begrenzte regelmäßige Ebenen oder Krystallflächen, deren Richtung zu einander von der Natur der Moleküle abhängt; und nur nach der Richtung dieser Flächen können Krystalle gespalten werden. Bei chemisch verschiedenen Krystallen sind daher auch die Richtungen dieser Ebenen zu einander verschieden. Diese Richtung der einzelnen Krystallflächen zu einander bildet die Krystallform, und so unendlich verschieden die in der Natur vorkommenden, sowie die künstlich hergestellten Krystalle sind( ,, künstlich" fann man eigentlich nicht sagen, denn auch die sogenannten tiinstlichen Krystalle haben sich nach denselben Gesezen gebildet, wie die sogenannten natürlichen), so hat man doch durch außerordentlich feine Messungen mit Hilfe eines Winkelmessers oder Goniometers erfannt, daß alle Krystalle sich nach bestimmten geometrischen Systemen bilden, sowohl die meterlangen, wie die mikroskopisch kleinen. Letztere eignen sich zur Bestimmung der Flächenrichtung und Winkel am besten. Man unterscheidet nach den Symmetrieverhältnissen sechs solcher Krystallsysteme: 1. das reguläre, 2. das hexagonale, 3. das quadratische, 4. das rhombische, 5. das monoklinische, 6. das triflinische. Es ist in dem Naume dieses Auffazes nicht möglich, diese verschiedenen Krystallsysteme zu erklären. Sie unterscheiden sich von einander durch die Zahl und die Gleichartigkeit oder Ungleichartigkeit und die Stellung ihrer Achsen von einander. Die Mannigfaltigkeit der Krystallformen wird namentlich dadurch so groß, daß die einfachen Formen desselben Systems sich mit einander kombiniren. So bilden die einfachsten Formen des regulären Krystallsystems, der Würfel oder das Heraeder und der Achtflächner oder das Octaëder Was hier dem Südseeinsulaner begegnete, das durch Kombination eine große Reihe von Krystall
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eorg Forster erzählt in der noch heute in vieler Beziehung sehr lesenswerthen Beschreibung seiner Reise um die Welt mit Kapitain Cook( 1772-1775), daß ein junger Tahitier beim Verlassen dieser Insel seitens der Seefahrer freiwillig auf dem Schiffe geblieben war. Als dann das Schiff auf der Weiterfahrt nach Neu- Seeland in die höheren südlichen Breitegrade fam, Treibeis begegnete und von Schnee- und Hagelschauern überschüttet wurde, die in der Heimath des jungen Tahitiers niemals vorkommen, zeigte dieser hierüber die größte Verwunderung. Er nannte die Eisschollen„ weißes Land" und konnte es nicht begreifen, daß die weißen Steine" und der weiße Regen" in seiner Hand zu siißem Wasser schmolzen, und daß sie nur durch die Kälte entstanden seien. Er hielt den weißen Regen und das weiße Land für das bei Weitem Merkwürdigste, was er auf dieser weiten Reise beobachtet hatte, und meinte, daß, wenn er bei seiner Nückkehr nach Tahiti dies seinen Landsleuten erzähle, es ihm keiner glauben würde. Letzteres traf auch ein.