கு

Nur ein Sandkorn.

Von Carl Overbed.

roß und Klein sind höchst relative Begriffe, verschieden je nach den Verhältnissen, unter denen man sie betrachtet. Während z. B. unser Erdball einem Reisenden, besonders bei einer Um­freifung der Erde, als etwas unfaßbar Gigantisches erscheint, schrumpft dieser Riese fast in ein Nichts zusammen bei einem bergleichenden Blicke auf die gewaltigen Bälle unserer Sonne und anderer Fir­sterne, sowie der unendlichen Näume des Alls, des unbegrenzten Weltraumes. Was ist aber wieder gegen die Masse des Erd­förpers einer jener winzigen, abgeriebenen Felstrümmer, deren Anhäufungen man mit dem Namen Sand, ein einziges Par­tifelchen mit Sandkorn bezeichnet? Und dennoch bildet ein Sandkorn, fast das Unbedeutendste, was die Erde in den Augen der meisten Menschen aufzuweisen hat, noch einen gewaltigen Felsblock im Gegensatz zu einer reichen aber winzigen Welt dem unbewaffneten Auge unsichtbarer Lebewesen.

Auch das winzige Sandkörnchen, das unter unseren Füßen knirscht, dieses ver­achtete Stäubchen mit felsenharter Stirn, braucht sich seines Daseins vor dem ihm gegenüber gewaltig großen Menschen nicht zu schämen. Es füllt, genau gleich dem Menschen, den ihm angewiesenen Plaz im All aus, hat dazu noch eine schier endlose Dauer vor ersterem voraus und fann zudem auf eine Vergangenheit zurück­blicken, gegen die nicht nur die des einzelnen Menschen, sondern sogar die des ganzen Menschengeschlechts, ja oftmals die der ge­sammten organischen Welt zu einer nichtigen Größe zusammenschrumpft.

Allerdings ist aller Stoff ewig und un­bergänglich, also auch der, welcher zur Zeit den Körper eines Menschen bildet; aber während die einzelnen Atome des Sand­forns seit Millionen und Abermillionen bon Jahren dieselben, zu einem durch Abreibung einzelner Partikelchen freilich langsam fleiner werdenden Etwas vergesell­schaftet sind, hat der organische Stoff in­zwischen schon unzählige Male Form und Wesen geändert, ist also in seiner Zu­sammensetzung nicht eine Einheit geblieben, wie das Sandkorn, der winzige Felsblock, über dessen Scheitel endlose Zeiten dahin­

rauschten.

Sönnte ein solches, im Sonnenlicht glitzerndes Ding, seine Geschichte erzählen, niedergeschrieben würde sie starke Bände

füllen.

Aber was dem Sandkorn unmöglich ist, der Wissenschaft unserer Tage ist es in gewissem Sinne möglich. Mag auch jedes Körnchen seine eigene Geschichte haben, welche, soweit es Einzelheiten be= trifft, nie eines Menschen Geist entschleiern wird, das eine älter, das andere jünger sein, dennoch haben alle diese winzigen Brocken gewisse Momente in ihrer Ent­wickelung gemein und zahllose Einzel­erlebnisse desselben lassen sich sicherstellen.

Unendlich fern liegt die Geburtsstunde

Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

massen stellenweise durchdrang. Da erzittert konvulsivisch der Erdboden, ein krachender Donner, wie ihn in solcher Gewaltdie Erde heute nicht mehr fennt, erdröhnt, der Erdboden zerreißt, einen viele Meilen langen und

Rand des Abgrundes überfluthend. Allmälig er­faltend und erstarrend, bildet die emporgestiegene oder richtiger gesagt, durch die erkaltende und sich

eines solchen Felsproletariers. Von undurchdringlichem, meilenbreiten Spalt bildend, aus dessen Tiefe ein Meer düsterem Wolfenmantel umhiillt, der jedem blizenden glühender, geschmolzener Gesteine empor steigt, den Sonnenstrahl den Durchgang verwehrte, lag die Erd­oberfläche da, eine wilde, wüste Felslandschaft, ohne irgend welche lebenden Bewohner. In den tieferen Lagen wälzten sich dunkle, schlammige Wogen eines zusammenziehende Erdrinde emporgepreßte, Gluth des noch siedendheißen Meeres, welche die glühendrothen Fenergarben und Lavaströme zahlloser Inselvulfane erleuchteten, deren Licht gedämpft die dichten Dunst­

Erdinnern über dem Niesenspalt ein langgestrecktes, mächtiges Stettengebirge, dessen allerorten gleiche Felsmassen im Wesentlichen aus drei Gesteinen:

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Quarz, Feldspat und Glimmer, zusammengesetzt er­scheinen. Sämmtliche Urgebirge unserer Erde ent­halten einen solchen gewaltigen Granitfern, denn die frystallinische Vermengung der erwähnten drei Gesteins­

Freie Kosaken verhöhnen ein Altimatum des Sultans.

Nach dem Gemälde von Ilja Repin.

arten ist eben der Granit. Die Erkaltung und Er­starrung des neuen Gebirges ist jedoch verbunden mit einer allgemeinen Verkleinerung des Volumens und der Entstehung zahlloser Spalten und Klüfte der ursprünglich massiven Felsen.

Bald bahnt das aus der noch in's Riesenhafte ausgedehnten Luft- und Dampfhiille in täglich zu= nehmender Menge, vorzugsweise in dem Gebirge sich niederschlagende Wasser sich hier neue Wege, in