168

Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Ach, wo Lucie nur blieb! In ihrem Kopf Hämmerte das Blut, als wolle er zerspringen; in ihren Chren tönte ein dumpfes Brausen. Oder war es nur ein Geräusch an der Thür, das zu ihr herüberklang? Sie wollte den Kopf drehen, aber sie fonnte es nicht. Blane Lichter tanzten vor ihren Augen.

,, Ach, Lucie, Lucie!"

Mutter, Mutter!" Zwei weiche Arme schlingen sich um ihren Hals: Mutter, Mutter, kennst Du mich, Mutter?"

Ein verklärendes Lächeln gleitet über das runz­lige Gesicht der alten Frau: Meine... Meine... meine

Tochter... meine. dank... ich..." Ihr Kopf fällt zurück, ein Zittern läuft durch ihren Körper, er streckt sich lang, immer länger, dann noch ein Röcheln, dann Alles still.

Nur Lucie's Schluchzen klingt durch das Sterbe

zimmer.

Komm' her und lah Dich küssen.

ie Luft ist wie voll Geigen. Von allen Blüthenzweigen Das weiße Bunder schneit; Der Frühling fobt im Blute, Bu allem lebermuthe Ift jeht die allerbeste Beit.

Komm' ber und lah Dich küssen! Du wirst es dulden müssen, Daß Dich mein Arm umschlingt. Es geht durch alles Seben Ein Vochen und ein Beben: Das rothe Blut, es fingt, es singt. Otto Julius Bierbaum  .

C

Feuilleton.

nun gerade so im Gleichgewicht, als wenn er aufgehängt wäre. Stößt man z. B. ein Federmesser ziemlich am unteren Ende in den Bleistift und biegt es so, daß sich die größte Masse desselben unter der Spize befindet, so wird man den Bleistift mit dem Finger ganz bequem auf der Spizze halten können, ja, wenn man ihn umbiegt, wird er sich sogar von selbst wieder aufrichten.

ein baumstarker Mann in den Fünfzigern, ein gedienter Soldat, hatte die Kriege als Reitersmann mitgemacht, vermuthlich bei den badischen Husaren, die später in Dragoner umgewandelt wurden, und konnte lesen, schreiben und die vier Spezies rechnen. Deshalb wurde er wahr­scheinlich zum Schullehrer für gut befunden. Wir waren nur wenige Kinder in der Schule, und es ist mir nichts anderes daraus geblieben, als ein wenig biblische Geschichte vom König David und seinen Heldenthaten wider den Riesen Goliath, die Philister und Amalekiter. Dazu erzählte der Alte uns begeistert, daß auch er beim Kriegs­handwerk gewesen und wie er es in Feindesland gehalten habe. Ich sag' Euch, Ihr Buben," rief er uns grimmig zu, es geht halt nichts in der Welt über einen recht­schaffenen Reitersmann im Krieg. Der steigt, wenn kommandirt wird, auf's Noß, reißt den Pallasch aus der Scheide, setzt die Sporen ein, und die ganze Schwadron reitet dem Bauern in den Klee oder die Frucht, wie es gerade kommt. Da schreit der Bauer und die Bäuerin jammert, aber es hilft nichts und muß Alles ruinirt werden. Und wenn sich der Bauer widerseßt, so fliegt ihm der rothe Hahn auf's Dach, daß die Flammen aus allen Ecken aus der elenden Strohhütte' rausschlagen! So ist es recht und so muß es im Kriege zugehen!" Als ich meinem Vater erzählte, wie uns der Schulmeister biblische Geschichte lehrte, schüttelte er den Kopf und nahm mich aus der Schule. Dieser Musterpädagog endete, wie mitgetheilt wird, wegen Todschlags eines Bauern im Zuchthaus.

Ein anderes einfaches und hübsches Erperiment dieser Art ist das Folgende: In einen dünnen, etwa 20 Zen­timeter langen und 1 bis 2 Zentimeter breiten Holzspahn mache man in der Mitte eine enge Deffnung und stede in dieselbe eine kleine Münze, z. B. einen Pfennig. Mit dem Rande dieses Pfennigs kann der Holzspahn sehr leicht auf der Spize ciner Nadel balanziren. Befestigt man nämlich an den Enden des Holzes zwei gleiche Gabeln, so rückt der Schwerpunkt des Ganzen ziemlich tief zwischen die Mitte der Gabeln, also erheblich unter den Rand der Münze. Stellt man den Rand der Münze auf den Finger, so bleibt das Ganze daher ruhig stehen; ebenso, wenn man ihn auf eine feine Spize stellt. Zu diesem Behufe kann man eine Nähnadel in einen Kork stecken, mit dem eine Flasche zugestopft ist; auf der heraus­ragenden Spize balanzirt das Holz mit den Nadeln ohne Weiteres. Giebt man dem Holz in horizontaler Richtung einen leichten Stoß, so versezt man es in Drehung, und die Rotation kann eine ziemlich rasche werden, da der Widerstand durch die Reibung nur sehr gering iſt.

-

Die schwimmenden Gärten in Mexiko  . In seinem von uns bereits erwähnten Buche Notizen über Merifo" giebt Harry Graf Kessler   nachstehende interessante Schil derung: Wir sind heute Morgen zum Blumenmarkt am Vigakanal hinausgefahren. Hier legen die Landleute an, die auf dem Wafferwege ihr Gemüse und ihre Blumen zur Stadt bringen; die schwimmenden Gärten, die Mezito mit Blumen versorgen, die Chinampas, liegen draußen im See, der zu Cortez Zeiten die Stadt zur Insel machte, jest aber zum größten Theil trockengelegt ist. Man fährt auf der Viga in flachen, mit Sonnendächern versehenen Gon­deln zu ihnen hinaus. Eine Weidenallee läuft am Kanal en lang; jenseits sind grüne Wiesen und die zerzackten 3 ge des Hochgebirges. Das Wasser steht bis an den Rand der Uferböschungen, von alten, niedrigen Steins brücken überspannt, an denen noch Neste von spanischen Wappen stehen; beim Durchfahren klappt man das Schub dach nieder und streckt sich lang hin, um nicht anzustoßen. Bananendickichte, die die Hütten der Eingeborenen ums geben, beschatten bei den Dörfern, die am Wege liegen, den Wasser piegel.

mit

Die Chinampas waren ursprünglich bewegliche, Erde bedeckte Flöße: der ganze Garten fuhr Morgens Markte; jetzt liegen sie auf dem Boden des Sees feft veranfert. Schmale, labyrinthartig fich freuzende Stanle trennen die kleinen Schlammparzellen. Auf jedem Stückchen wird in winzigen Beeten nebeneinander verschiedenes bun: es Kraut gebaut; und am Wasserrande wachsen wild

Märkische Bienenzucht. Die Beidelei" oder Bienen­zucht gehört zu den ältesten Erwerbszweigen der Märker. Im Mittelalter, als der Honig noch den Zucker ersetzen mußte und die Kirche einen ungeheuren Wachsbeda f hatte, war sie ziemlich einträglich, daher aber auch aus­schließlich Herrenrecht." Nur gegen eine Abgabe war es dem Bauern gestattet, Bienen zu halten. Im Karolin­gischen Landbuch von 1375 finden sich verschiedene Angaben über den Zeidelzins." So liest man bei Schmöckwitz  : " Die Dorfbewohner haben Honigbauten in der Leide Ses Markgrafen, wovon sie den Herren des Dorfes Honig entrichten; auch haben sie die Zeidelweide in der Mark­gräflichen Heide, wofür sie dem Markgrafen zum Schlosse Coepnick jährlich einen Krug Honig liefern müffen." Von Zeuthen   hört man:" Der Schulze hat Honigbauten in der Heide, von denen er den Herren des Dorfs jährlich einen halben Eimer Honig giebt." Nirdorf zahlte im Berühmte 15. Jahrhundert 30 Groschen Zeidelzins. Zeidelerdörfer waren ehedem Müllrose  , Berfenbruck, Kienbaum, Briefekow und Kriescht. Zu Briefekow gaben die Bauern, deren Zahl nicht mehr bekannt ist, jährlich 8 Gimer Honig, in Kriescht bei Landsberg   an der Warte gaben 18 Zeidler 6 Tonnen Honig als Zins. In Kienbaum, bei Nüdersdorf hielten die Zeidler aus der Umgegend im 17. Jahrhundert alljährlich einmal ihren Tag". Nach dem Erbregister des Klosters Zinna von 1471 mußten die Bienenzüchter von Kienbaum alljährlich am Sonntag vor Allerheiligen 12 Eimer Honig ,, in unserm ( des Klosters) Hause zu Straußberg  " abgeben. Im Grb­register von Rüdersdorf   liest man dafür 1574: Die Kienbaumsten Zeidler müssen alle Jahre jeder 1 Tonne Honig in das Amt geben und empfangen an demselben Tage, wenn sie ihr Gericht halten vom Amte 1 Hammel, 1 Tonne Bier und 1 Scheffel Brod." Der dreißigjährige Krieg machte der märkischen Bienenzucht ein jähes Ende, im 18. Jahrhundert blühte sie jedoch von neuem auf. In der Dorf- und Ackerordnung von 1702 wird befohlen, daß jeder Bauer wenigstens 4 Stöcke, der halbe Vauer 2 und der Kossäte 1 Stock, zu halten und derselben fleißig zu warten schuldig seyn." In der neuesten Zeit ist der märkische Honig wieder ein ziemlich einträglicher Artikel dg. geworden, der sogar nach dem Ausland geht.

Frohe Stunden. Zu Pfingsten muß der Berliner  zum Frühkonzert. Er gehört sonst gerade nicht zu den Frühaufstehern aus Passion, an diesem Morgen hält es ihn aber nicht in den Federn, den ärgsten Langschläfer am wenigsten. Bei Tagesgrauen geht es hinaus in den Wald. Es sind freilich nur Wenige, die abseits gehen und den Wald selbst suchen. Und für diese ist's heitte eigentlich nicht der rechte Tag. Sie werden in ihrem stillen Genuß empfindlich gestört durch die von allen Seiten herüberwehenden Klänge der Frühkonzerte, die in jedem der Gartenlokale am Rande des Walde obliga­torisch sind. Die Tuba hat auch heute die Führung, und mag sie auch sonst zur Bezeichnung des Tanzrhythmus ihre ausreichenden Dienste thun, für die gefühlvollen Kon­zer.stücke, die am Pfingstmorgen zum Vortrag kommen, langt sie nicht recht. Das hat aber noch keinen der Aus­flügler in seiner Freude gestört. Er feiert ein Familien­fest, bei dem ihn das Konzert wenig fümmert. Mit Kind und Regel ist er heute draußen. Dicht gedrängt sigen sie um den großen Tisch unter den jungen Bäumen, und je weiter es in den Tag hineingeht, um so vergnügter wird die Gesellschaft... Auf unserem Bilde ist die Stunde schon etwas weit vorgerückt. Die Meisten der Ausflügler, die hier Tisch bei Tisch saßen, sind schon fort, Andere im Hintergrunde brechen gerade auf. Nur die Familie an dem vorderen Tisch sizt noch fest. Jezt erst wird es behaglich warm, da die Vormittagssonne höher am Himmel steht und ihre wärmenden Strahlen in breiten Massen durch das Laubdach dringen. Selbstverständlich hatte man am alten Brauch" festgehal.en, die zahlreichen Kaffeetassen und die riesige Kaffeekanne bezeugen dies. Massen von Festkuchen waren mitgebracht worden, ein trauriger Rest nur ist von der ehemaligen Herrlichkeit geblieben, und die beiden Kinder, die da so eifriz den Korb durchwühlen, werden wenig mehr finden. Jezt ist Alles in heiterster Laune. Was der Kaffee wohl kaum vermocht hat, das brachte der Sommermorgen im Walde und die fröhliche Gesellschaft zu Wege. Mutter wird zu Vater fast so zärtlich, wie in den längst entschwundenen Tagen der Brautzeit. Und Vater lacht behaglich dazu, wenn seine Frau ihn zärtlich umfaßt. Muß wohl nicht immer so sein, denn es macht einen großen Eindruck auf die Versammelten. Alle möchten sich fast ausschütten vor Lachen über den ungewohnten Anblick die Kinder, der Onkel und der Schwiegersohn, die hinten am Tische noch fizen. Es ist die harmlos vergnügte Stimmung, in der Jedes Anlaß zum Lachen giebt. Und diese Stimmung steckt an; selbst die beiden Hagestolze, die an dem benach­barten Tische fizen, wenden sich der Gesellschaft zu und nehmen an der Freude Theil.-

"

-

Militärische Pädagogik. Man kennt die Thatsache, daß ehedem gewesene Unteroffiziere in verschiedenen Gauen Deutschlands   als Schulmeister funktionirt haben. Sind doch auch heute noch Leute zu finden, die den militärischen Stellvertretern Gottes auf Erden" ganz ausnehmend hohe pädagogische Befähigung zutrauen. Die gemachten Erfahrungen sprechen freilich nicht sehr dafür. Adolf Kußmaul   erzählt von einem solchen pädagogischen Genie in seinen Jugenderinnerungen eines alten Arztes" ( Stuttgart   1899) folgenden Zug:

" Der Schulmeister zu Borberg im Taubergrund war

-

Weiden  , Iris und rother Mohn.

schaften an.

zerstre

mit f steiger zwisch

T

einzig

zwijdy

Pferd Hoch

ichwei

gewiff

I

burich

gin,

Nordi

und e

Spize

röthete

Westst itreifen

ichien

blauen

Ur

Andere

et scho

entgege

Schillin

Un

richtige

bergolt

Die Blumenliebe ist in Meriko fast so groß wie in Japan  ; selbst die Armen schmücken ihre Kammern mit Blumen und streuen Blüthen ihren Schutzheiligen. Die Chinampas sind vielleicht zum Theil aus diesem Grunde das Ausflugsziel des niederen Volkes von Meriko ge worden. Am Dörfchen Santa Anita legen die Gesell­Der Ort besteht zum größten Theile aus Pulque- Wirthschaften und offenen Rasthütten aus Bambus unter Palmen und Nopalsträuchern. Hier wird tagsüber Ball gespielt und Pulque, das fade, seimige National getränk, gezecht. Des Abends aber, in der Dunkelheit, fahren die Boote zu Dußenden mit Lampions behängt den Kanal hinunter zur Stadt zurück. Männer lachen in den Gondeln oder singen mit weicher, tiefer Stimme schwermüthige Lieder, und Mädchen mit hellen Blumen fränzen im Haar lehnen sich über den Bootsrand hinaus und lassen die Hand in den lauen Wellen nachschleifen.

Wirkung der Schwere. Bekanntlich ist es nicht leicht, Körper auf schmaler Grundfläche im Gleichgewicht zu halten; der Schwerpunkt sucht stets, so tief wie möglich zu fallen, und wird er bei einer kleinen Erschütterung aus der senkrechten Lage über der Grundfläche entfernt, so stürzt der Körper sofort um. Will man z. B. einen Bleistift auf der Spize stehend im Gleichgewicht halten oder balanziren, so muß man mit dem Finger, auf dem er steht, beständig fleine hin- und hergehende Bewegungen machen, wodurch der Stüßpunkt immer wieder unter dem Schwerpunkt gebracht wird. Verbindet man aber den Gegenstand mit einem schweren Körper, den man unten an ihm befestigt, so rückt der Schwerpunkt weit nach unten, noch unter den Stüßpunkt hinab, und der Körper bleibt

Niemand kann mit Gerten Kindes Zucht behärten.

Den man zu Ehren bringen mag, Dem ist ein Wort als wie ein Schlag. Walther von der Vogelweide.

lich ba

Schilling

für den

TE

Dachta

borsicht big be

hatte

Wange

34 hör

An

Er wo

Fr

Muth

er, der

aber ni

und ni

M

am

gar

Straße

Druck: Mar Bading in Berlin  

Nachdruck des Juhalts verboten! Alle für die Redaktion der ,, Nenen Welt" bestimmten Sendungen sind nach Berlin  , SW 19, Beuthstraße 2, zu richten.

Verantwortlicher Rebatteur: Oscar Kühl in Charlottenburg.  - Verlag: Hamburger Buchdruckeret und Verlagsanstalt Auer& Co. in Hamburg  .

-