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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

die Erdare ihre Richtung im Raume ändert. Diese Thatsache muß sich doch aus dem allgemeinen An­ziehungsgesetze der Massen ableiten lassen, wenn dieses überhaupt einen Erklärungsgrund für die Himmelsbewegungen zu liefern im Stande sein soll. In der That ist dies möglich gewesen. Freilich gehört die genaue Durchführung zu den schwierigsten Arbeiten der rechnenden Wissenschaften; doch will ich versuchen, eine Vorstellung wenigstens von den allgemeinſten Grundlagen dieser Rechnung zu geben.

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so macht sich die Wirkung des Mondes durchaus bei der geschilderten Bewegung geltend. Man erkennt ohne Weiteres, daß die Berechnung der Bewegung hierdurch sehr komplizirt werden muß. Aber auch die Bewegung selbst wird durch diesen Einfluß eine weniger einfache, wozu noch hinzukommt, daß die Bahnebene selbst durch den Einfluß der anderen Planeten in geringer Weise geändert wird. Der Planeten in geringer Weise geändert wird. Himmelspol beschreibt daher keinen einfachen Kreis am Himmel, sondern weicht abwechselnd nach der einen und anderen Seite vom Kreise ein wenig ab, so daß seine Bahn in Wirklichkeit das Aussehen einer wellenförmigen Linie hat. Diese kleinen Ab­weichungen, die im Ganzen noch nicht eine Bogen­sekunde betragen, sind an eine mit der Mondbe­wegung zusammenhängende Periode von 18/2 Jahren gebunden; sie zeigen ein Schwanken der Erdare um ihre mittlere Lage in diesem Zeitraum an, weshalb man sie mit dem Namen der Nutation belegt hat.

Die Erde ist bekanntlich keine vollkommene Kugel, sondern der Durchmesser ihres Aequators ist etwas größer, als ihre Are; man kann sie gewissermaßen als eine Kugel auffassen, an deren Aequator ein Wulst angesetzt ist. Diese Kugel dreht sich nun auf der Bahn, die sie alljährlich um die Sonne beschreibt, beständig wie ein Kreisel mit rasender Geschwindigkeit um. Würde die Drehungsare auf der Bahnebene senkrecht stehen, so würde diese Lage auch andauernd erhalten bleiben; das ist aber, wie wir ja wissen, nicht der Fall; die Are ist vielmehr gegen die Bahnebene die ja nichts Anderes ist als die Ekliptik etwas geneigt. Bei einer voll­kommenen Kugel würde das nichts an dem Um stande ändern, daß die Drehungsare ihre Richtung im Raum unverändert beibehält. Anders aber verhält es sich mit dem wulstförmigen Ansatz oder Ring am Aequator der Erde. Auf diejenigen seiner Theile, die der Sonne näher liegen, übt sie eine etwas stärkere Anziehungskraft aus, als auf die ihr abgewandten ferner liegenden Theile. Eine Folge dieser ungleichen Kraftwirkung ist das Uebrig­bleiben einer Kraft, welche den Wulst in die Bahn­ebene der Erde rücken, den Aequator also zum Zusammenfallen mit der Ekliptik bringen oder die Drehare senkrecht auf die Ekliptik stellen will. Würde die Erdare dieser Kraft folgen und sich auf der Bahnebene aufrichten, so wären die Folgen für die Erde sehr erhebliche. Auf den Aequator würde die Sonne andauernd senkrecht herniederscheinen, im Uebrigen würde ihr Stand um so tiefer sein, je weiter man sich nach Norden oder Süden entfernt. In diesem Stande würde aber niemals ein Wechsel eintreten, sondern sie würde während des ganzen Jahres den Plaz behaupten, den sie gegenwärtig zur Zeit der Tag- und Nachtgleichen hat. Natürlich wäre dann auf der ganzen Erde beständig die Dauer von Tag und Nacht vollkommen gleich, und ebenso würde der Wechsel der Jahreszeiten fortfallen; man würde die lange Polarnacht nicht kennen, aber ebensowenig das Schauspiel der Mitternachtsonne, in der Nähe des Pols würde die Sonne vielmehr gerade noch über den Horizont heraufkommen, um in regelmäßigem Wechsel nach 12 Stunden wieder hinabzusinken.

dem gegenwärtigen Zustande auf. An eine solche Möglichkeit ist mehrfach gedacht worden, um die sogenannte Eiszeit zu erklären; bekanntlich hat es Zeiten gegeben, in denen das ganze nördliche Europa vollständig unter Eis begraben lag, wie es gegen wärtig mit dem Inneren Grönlands der Fall ist. Auch für Nordamerika ist eine solche Eiszeit nach­gewiesen, während man in Sibirien und anderen heute vereisten Gegenden Reste von Thieren gefunden hat, die zu ihrem Gedeihen einer großen Wärme bedürfen. Rückt man den Nordpol auf der Erd­kugel südwestlich nach Grönland hinein bis zum 65. oder gar 60. Breitengrade, so würde sowohl Europa als Nordamerika ein so nordisches Land sein, daß ihre Vereisung und Vergletscherung durch­aus verständlich wäre.

Was für Kräfte aber sollten es sein, welche die Erdare in der Erde selbst verschieben? Ein solcher Vorgang ist doch nur denkbar, wenn ganz ungeheure Verschiebungen von Massen im Innern der Erde vor sich gehen. Vorläufig fehlt jeber Anhalt für eine solche Annahme. Aber wenn wir auch die Gründe für solche Wanderungen der Pole vorläufig noch in keiner Weise angeben können, so hat sich in den letzten 10 Jahren doch gezeigt, daß sie thatsächlich stattfinden.

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Die von der inter nationalen Erdmessung veranlaßten Beobachtungen erwiesen mit völliger Sicherheit, daß die geo graphischen Breiten auf der Erde nicht absolut fest stehende Größen seien, sondern geringen Verände rungen unterworfen sind. Daraus folgt eben, daß sich der Pol von seiner Stelle bewegt. Wenn das jährlich auch nur um eine halbe Bogensekunde ge schieht, was einer Strecke von etwa 15 Meteri entsprechen würde, so wiirde bei fortgesetzter Be wegung in derselben Richtung ein voller Grad in 7200 Jahren zurückgelegt sein; die Wanderung nach Grönland um 20 bis 30 Grad würde also nur 150 bis 200 Tausend Jahre beanspruchen. Freilich ist dies eine ungeheure Zeit, aber in Hinsicht auf die geologischen Veränderungen auf der Erde und der hierzu nöthigen Zeiträume ist diese Zeit sogar kurz zu nennen.

Die Nutation, welche seit 150 Jahren bekannt ist, betrifft ebenso, wie die Bewegung, durch welche das regelmäßige Vorrücken der Tag- und Nacht gleichenpunkte veranlaßt wird, die gesammte Erde; ändert sich die Are ein wenig in ihrer Nichtung, so hat das keinen Einfluß auf die Lage der einzelnen Punkte der Erde in ihrer Beziehung zur Are und zum irdischen Pol. Die gesammte Erde macht eben die Bewegung der Are genau so mit, wie etwa ein Kreisel die Kegel­bewegung seiner Are mitmacht. Ganz etwas Anderes würde dagegen eine Bewegung der Are in der Erde selbst sein, mit anderen Worten, eine Verschiebung der Drehungsare ohne gleichzeitige entsprechende Drehung der ganzen Erdfugel. Würde etwas Der artiges stattfinden können, so müßten sich bei einiger maßen starker Bewegung die klimatischen Ver­hältnisse vollständig umgestalten. Wir brauchen uns z. B. nur vorzustellen, daß die Are in die Bahnebene hineinfiele, um uns die vollständig anderen Verhältnisse klar zu machen. Ist jetzt gerade der Nordpol der Sonne zugekehrt, so brennt die Sonne senkrecht auf ihn hernieder, während sie für den Aequator gerade im Horizont steht. Die ganze südliche Halbkugel hat andauernd eine 24 stündige und länger währende Nacht, während die nördliche Halbkugel einen ebenso lange währenden Tag hat. Dabei wiirde für jeden Punkt auf der nördlichen Halbfugel die Sonne einen vollen Kreis am Himmel beschreiben, der überall dieselbe Höhe über dem Horizont behielte. Allmälig, wie die Erde auf ihrer Bahn weiter rollt denn es würde sich hier um ein Rollen handeln, nicht um ein freiſelartiges Drehen dringt das Sonnenlicht auch zu den dem Aequator am nächsten gelegenen Theilen der süd­lichen Halbfugel, während in den entsprechenden Theilen der nördlichen Halbfugel während des Tages Hellig­feit mit Dunkelfeit abwechseln. Für die weiter nörd­lich gelegenen Theile sinkt die Sonne tiefer und tiefer, wobei sie stets während eines Tages die gleiche Höhe am Himmel bewahrt. Nach einem Vierteljahre steht sie senkrecht über dem Aequator und bewirkt auf der ganzen Erde Gleichheit von Tag und Nacht, während sie für den Nordpol bis an den Horizont herabgesunken ist. Jetzt entschwindet sie ihm für ein volles Halbjahr, während sie dem Südpol erscheint, um im Laufe eines Vierteljahres bis zu senkrechter Höhe über den Südpol anzusteigen.

Die Erdare kann aber der auf sie einwirkenden Kraft der Sonne nicht folgen, und zwar deswegen nicht, weil die Erde in schneller Drehung be­griffen ist. Die Verhältnisse liegen hier durchaus ebenso, wie bei einem auf einer Tischplatte in rascher Drehung begriffenen Kreisel. Stellt man ihn schräg auf den Tisch, so folgt er der Anziehungskraft der Erde und stürzt nieder; ist er aber in Drehung versetzt, so bewahrt er seine Arenrichtung, und die Wirkung der Schwere äußert sich nur so, daß die Are der Kraft in lothrechter Richtung ausweicht und daher bei gleichbleibender Neigung gegen die Tischplatte langsam einen Regel beschreibt. Genau dasselbe thut auch die Erdare; während sie immer gleiche Neigung gegen die Bahnebene behält, be­schreibt sie langsam einen Regel, so daß sie sich be­ständig nach anderen Gegenden des Raumes hin­wendet. Als Folge davon muß der Himmelspol einen Kreis beschreiben, zu dessen völligem Durch­laufen, wie gesagt, fast 26 000 Jahre gehören.

War die Ursache der Bewegung des Himmels­pols in der Anziehung der Sonne auf die Erde erkannt, so mußte sofort die Frage auftauchen, ob nicht die anderen Himmelskörper, vor Allem der Mond, in ähnlicher Weise einwirken. Freilich ist der Mond von bedeutend geringerer Masse, als die Sonne; da er aber der Erde viel näher steht und es im Wesentlichen auf den Unterschied der Wirkungen auf der zugekehrten und abgewandten Seite ankommt,

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Was freilich sehr gegen die Erklärung von Eis zeitenes hat deren mehrere gegeben solche Polwanderungen spricht, ist der Umstand, daß die wirklich beobachteten Poländerungen durchaus nicht immer in demselben Sinne geschehen. Als man diese Aenderungen zuerst beobachtete, glaubte man feststellen zu können, daß der Pol sich ganz regel mäßig in 420-430 Tagen auf einem kleinen Streise von etwa 8 Metern Halbmesser bewege. In den letzten 5 Jahren zeigte sich jedoch, daß die Bewegung komplizirter ist, und daß eine Regelmäßigkeit nur schwer wahrgenommen werden kann. Es scheint, als ob vers schiedene Ursachen zusammen wirken, die sich zum Theil in ihrer Wirkung durchkreuzen, so daß der Pol in einer regelmäßigen Kurve herumläuft, die mehrfache Krüm mungen und Schleifen zeigt. Es handelt sich dabei Die übrigens um außerordentlich kleine Bewegungen, bei ihrem unregelmäßen Verlauf starke Aenderungen in einer bestimmten Richtung nicht zulassen. Nach den bisherigen Beobachtungen wandert der Pol in einem fleinen Naume umher, der von einem Quadrat umschlossen werden kann, dessen Seite nur 18 Meter beträgt. Freilich würde dieser Raum genügen, um ein stattliches Beobachtungshaus zu bauen, in dessen Innerem der Pol jederzeit noch läge. Doch dürfte es gewisse Schwierigkeiten haben, Baumaterialien und Menschen in die eisige Region des Nordpols zu schaffen; deshalb ist unter milderen Himmels strichen ein Ueberwachungsdienst der Erdare" ein gerichtet, und seit einigen Jahren werden auf vier Ueberwachungsstationen andauernd die Bewegungen unserer Drehungsare verfolgt. Wenn aus den uns regelmäßigen fleinen Schwankungen, um die es sich handelt, erst die Regel, das allgemeine Gesetz, abs geleitet ist, das sie befolgen, dann werden sich schließ lich auch ihre Ursachen den Blicken der unermüdlichen Forscher offenbaren.

Man erkennt, daß solche Verhältnisse mit den gegenwärtigen kaum noch eine Aehnlichkeit aufweisen; die Sonne scheint zwar auch jetzt den Polen ein halbes Jahr lang, doch erlangt sie nur die geringe Höhe von 231/2 Grad über dem Horizont. Daher reicht ihre Straft nicht aus, die Eismassen des Winters zu schmelzen, was bei einem Ansteigen bis zu senkrechter Höhe unzweifelhaft der Fall wäre.

Um aber auf der Erde gewaltige klimatische Veränderungen hervorzurufen, braucht die Are nicht so ungeheure Verschiebungen zu erleiden, daß sie ganz in die Bahnebene fällt. Denken wir sie uns nur ein wenig in der Erde verschoben, wobei ihre Neigung gegen die Ekliptik sich gar nicht ändern braucht, so bleiben zwar die allgemeinen klimatischen Verhältnisse durchaus dieselben; aber für die einzelnen Orte auf der Erde treten erhebliche Unterschiede gegenüber

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