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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

( Fortsetzung.)

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Jakob.

Roman von Alexander L. Kielland. Autorisirte Uebersetzung aus dem Norwegischen von Leo Bloch.

nzwischen aber fam es Frau Jessen zu Ohren, daß man über ihren Anton und sein Treiben unter den Ladenfräulein sprach, und sie bekam die tödtlichste Angst. Nur mit vorsichtigen Andeutungen wagte sie ihn auszufragen oder zu warnen, und Anton, welcher das gut verstand, fühlte sich sehr geschmeichelt. Nach und nach wurde es so, daß er ein wenig prahlte und seiner Mutter zu verstehen gab, daß er ein wirk­licher Durchgänger wäre. Er that ungeheuer ge­heimnißvoll, wenn er spazieren ging, fragte mit strenger Miene, ob nicht Briefe für ihn gekommen wären; und war dies der Fall, so schloß er sich ein zu lesen, und war dann gedankenvoll und seufzte, so daß das Mutterherz bebte.

Im Ganzen war es ihm Bedürfniß, seiner Mutter Alles zu erzählen, was ihm im Laufe des Tages passirte, freilich auf seine Weise, so daß Frau Jessen zuweilen einigen Widerspruch zwischen der Wirklich­feit und den Schilderungen des lieben Anton fand. So sagte sie einige Tage, nachdem Törres Wall sich im Laden in neuen Kleidern gezeigt hatte:

,, Nein, Anton! was war das für ein hübscher junger Mensch, den ich heute im Laden bei Dir sah?" Hübsch? Scheint er Dir wirklich so?"

"

"

Aber Gott ! Das war doch wohl nicht er, der

Bauernjunge?"

" Ja gewiß, Mutter!"

"

Der! arme rothhaarige Bursche, dessen Du

-

Dich angenommen haft?"

Was Torres anlangt, so machte er ihr in Wirk­lichkeit halb zerstreut die Cour, denn er war von Hause aus gewohnt, zu Mädchen liebenswürdig zu sein. Uebrigens hatte er aber auch das stumme Spiel zwischen ihr und Herrn Jessen bemerkt und darum zwischen ihr und Herrn Jessen bemerkt und darum dachte er, es wäre ein altes Verhältniß zwischen ihnen, so daß es ihm nichts mehr nüßen könnte. Und außerdem war er schon nach einer anderen Seite hin versagt.

In der ersten Zeit, als er so über alle Maßen arbeitete, sowohl förperlich, als nicht minder geistig, um Alles aufzunehmen, war er am Abend so müde, daß er zu Bett ging, sobald er sein Geld gezählt hatte, und dann schlief er wie ein Stein.

ich sehe, was Sie sagen wollen; dann müßten wir ja auch in anderer Hinsicht uns zusammen thun? Nicht wahr? Was wollten Sie gerade sagen?"

Aber seit Törres in das Geschäft gekommen, fing Krüger beständig von ihm an:

" Daß Sie nicht sehen mögen, daß er ein aus­gesuchter Schuft ist!"

,, Nein, wissen Sie, Krüger! er ist die Offen­herzigkeit selbst; er sagt Alles, was ihm einfällt." Er gefällt Ihnen?"

"

Er ist ungeheuer anstellig und zuverlässig " Zuverlässig? Der?"

"

Aber sagen Sie mir, wissen Sie etwas?!"

Nicht das Mindeste," antwortete Krüger offens herzig; aber das ist auch nicht nöthig; ich kann das Alles seinen Zähnen ansehen."

" Ja, die sind ausgezeichnet," sagte Frau Knudsen und lachte.

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Aber nach ein paar Monaten passirte es eines Samstag Mittags, daß die große Bertha, welche ihm jeden Tag sein gutes Essen auf der Küchenbank servirte, ihm etwas nachrief, als er wieder in den Laden hinunter gehen wollte. Gerade das! Er fann fleine Steine beißen, Er blieb mitten in der Thür stehen und fragte: der Abschaum; er ist im Stande, uns Alle zusammen aufzufressen." " Sagtest Du etwas?" Frau Knudsen lachte und machte pst" Ladens wegen.

,, Ach nein! Es ist ja auch eins," antwortete

Bertha.

" Was hast Du gesagt?"

"

, Ach, ich wollte nur fragen, ob es nicht Brauch

ist in Deiner Gegend, daß die Jungen Samstag Abends zu den Mädchen gehen?"

" Ja," antwortete Törres und sah sie an. " Ja, ja da!" antwortete Bertha und wandte

" Den ich auch ausgefeint habe," sagte Anton sich von ihm und scheuerte auf einen Topf los, daß und lachte kurz.

"

Nein! Jezt bin ich doch ganz enttäuscht!" rief die Mutter; es ist ja ein schöner junger Mensch." Aber Mutter! Er sieht doch grob aus."

"

Natürlich," räumte die Mutter ein, und schlug eilends eine andere Richtung ein; er war ja nicht wie ihr Anton; man sah ja gleich den Unterschied.

In dem täglichen Ladenleben that Herr Jessen lange, als merkte er nicht, wie Törres wuchs. Er behandelte ihn beständig als den ganz Untergeord­neten. Wenn zum Beispiel Herr Jessen, der aner­kannt war als Meister, Damenpuz auszustellen, das große Schaufenster nach der Hauptstraße arrangirte, ließ er Törres im Laden auf- und niederlaufen, um den Stoff oder die Farbe zu finden, welche Herr Jessen gerade brauchte; und während Törres un­verdrossen sein Bestes that und selbst mit aufmerf­samen Augen jedes Ding verfolgte und sich jede Feinheit merkte, stand Herr Jessen zurückgelehnt und blinzelte mit den Augen, um den Effekt auf der großen schrägen Ausstellungsplatte im Fenster zu prüfen.

Aber in Fräulein Thorsen's Herz war es so wunderlich. Es war fast zu sehen, daß es sich in zwei Hälften theilen würde.

Wohl liebte und bewunderte sie Herrn Jessen über alle Maßen und ewig. Aber da war zuerst das, daß er so wunderlich und so ungleich war. Den einen Tag konnte er so warm blicken und ihr so weich über die Schultern streichen, wenn er vor­bei ging; den nächsten Tag sagte er:" Fräulein Thorsen" so talt wie Eis und schien sich mit Willen zurückzuziehen.

-

Und dann war es so eine Sache mit diesem Herrn Wall. Den ganzen Tag das große Manns­bild um sich zu haben noch dazu eine Art Lehr­ling, den sie zurecht weisen konnte. Jeden Augen­blick mußten sie die Köpfe zusammenstecken über einer Schublade, oder sie mußte ihm einen Preis in's Ohr flüstern, wenn der Laden voll und viel zit thun war.

Außerdem war es nicht zu leugnen, daß Törres Annäherungsversuche machte, und zwar ziemlich un­zweideutige. Er drückte ihre Hand, wenn er sie zu fassen bekam, und es kam vor, daß er ganz ohne

es nur so rasselte.

VI.

Jedesmal, wenn Gustav Krüger in Frau Knud sen's Comptoir fam und er fam ziemlich oft, entweder nur zum Zeitvertreib, oder wenn Wechsel zu unterschreiben waren aber jedesmal sagte er zu ihr:

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Nehmen Sie sich vor dem jungen Kerl da in Acht! Ein gefährlicher Mensch!"

Das konnte gerade Krüger gleichen, gegen einen Menschen Widerwillen zu bewahren, welchem er selbst ein Unrecht zugefügt hatte; und er räumte selbst ein, daß er gut den Bauerujungen hätte mit in's Boot nehmen können.

Indessen war das eine solche Kleinigkeit, daß er das Ganze wohl schnell würde vergessen haben, wenn nicht dieser selbe verwünschte rothhaarige Junge ihm am nächsten Tag in seinem eigenen Comptoir fast in die Arme gelaufen wäre.

Aber von diesem Augenblicke an war Gustav Krüger sicher, daß der Bursche ihn nicht ausstehen konnte; er war ohne Zweifel eine tückische und sehr gefährliche Person.

Es war gemüthlich in Cornelius Knudsen's altem Comptoir, wo die schmucke Wittwe an ihrem niedrigen Pult am Fenster saß, während Krüger auf den hohen Bock zu steigen pflegte, der vordem des alten Knud­sen's Plaz gewesen und jetzt Herrn Jessen's Play war.

"

Und trotzdem," sagte Krüger und stieg vom Bock herunter, trotzdem endet es damit, daß Sie sich verheirathen."

,, So, so, da sollen wir nun wieder davon reden," sagte Frau Knudsen; es geht gut so, wie es geht. Das Geschäft geht gut genug; das ist alt;

"

aber Sie sind jung!"

Das giebt sich mit den Jahren."

" Da muß schon der Teufel helfen," sagte Krüger, fich den Kopf fragend; wenn dieser Jessen nur nicht solche Nadelbüchse wäre

-"

,, Nein, nein! Nun lassen Sie mich in Frieden, bat sie und wurde ganz roth.

Ja, versprechen Sie mir jedenfalls, daß Sie sich zuerst mit mir berathen?"

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" Das thue ich ja immer," sagte sie lächend. Ja, versprechen Sie mir das," wiederholte Krüger, indem er grüßte und heimging Gedanken.

ganz Aber auch Törres Wall hatte seinerseits einen Widerwillen bekommen gegen den dicken Mann im Boot, einen Widerwillen, der bei ihm weit tiefer in's Blut ging. Jedesmal, wenn Gustav Krüger den Laden passirte, loderte es in Törres auf: Ob er nicht einmal zu seiner Rache kommen fönnte?

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anders­

Aber er fühlte sofort, daß das eine artige Kluft war, welche ihn von diesem Manne trennte, als der jetzt bald überwundene Abstand zwischen ihm und Fräulein Thorsen oder selbst Herr Jessen.

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Ebenso wie es Unterschiede gab zwischen fo adligen Bauerngeschlechtern und simplen Käthnern, gab es auch unter den Stadtleuten Abstände, welche er erst nach und nach verstand

-

nicht blos Ver schiedenheit des Neichthums. Nein, auch das Un­bekannte, was Herr Jessen Bildung nannte. Dens Es war ein für alle Mal das Verhältniß zwischen noch ging es Törres auf, daß, wenn Herr Jeffen sie gekommen, daß Alles halb Spaß war. Darum von Bildung sprach, das etwas wäre, worin Herr fonnte er sagen, was ihm gerade einfiel, und sich Jessen selbst nicht ganz Meister war; es war wohl zumeist all' die große Büchergelehrsamkeit. Auf der Schule und beim Pastor war Törres Er konnte ziemlich schnell

damit amiisiren, ihre Verlegenheit zu beobachten, wenn die Nöthe zu ihrem eigenen Verdrusse- ihr in's Gesicht stieg. Und sie, welche feinen Anderen zu

baren Ergebenheit für diesen Mann, da ja Alles im Spaß ging.

mittelmäßig gewesen.

ihrer Stüße hatte, fühlte sich sicherer in ihrer dank- lernen, wenn er wollte. Aber das Meiste von dem, was er zu lernen bekam, interessirte ihn nur halb, weil er nie gewiß sein konnte, ob es wahr wäre Es gehörte mit zu diesen kleinen Vormittags- oder nicht. Und war es nicht wahr, so sollte ihn

gesprächen im Comptoir, daß er oft auf eine Ver­schmelzung der beiden Nachbargeschäfte anspielte.

So konnte, er mit seinem ernsthaftesten Gesicht

sagen:

fein Teufel damit zum Besten haben, daß er ihm Ivon Schlangen erzählte, welche sprechen konnten, oder von Kühen, welche einander auffraßen. Nur einen einzigen Abschnitt der biblischen Tüpferl auf dem i; und das war die Geschichte

Ge

" Ist es nicht so, Frau Knudsen? Vorläufig schichte kannte er; aber den kannte er auch bis zum

find" wir einig dariiber, daß wir zum Frühjahr ein

bon

Noth seine Hand über sie gleiten ließ, wenn sie Loch in die Wand schlagen zwischen den Läden, dann Jakob, der sich durch's Leben schwindelte und als

aneinander vorbei gingen. Er hatte wahrhaftig ganz anderen Muth als Herr Jessen, aber lange nicht so viel Bildung.

bauen wir ein hohes Thor mit Pfeilern und Por­tieren und so haben wir einen Laden, der in der Hauptstadt nicht seinesgleichen hat? Natürlich ja-

Erzvater im Himmel endete.

Der christliche Schulunterricht hatte Törres Schnurzwall's Kindheit und Jugend gegen jedes

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