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Fortfehung.)

Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

NO.

Jakob. W

Roman von Alexander L. Kielland. Autorisirte Uebersetzung aus dem Norwegischen von Leo Bloch .

m Abend kam der Oberlehrer auf Besuch zu Krüger; er pflegte ein paar Mal wöchentlich zu kommen; und wenn sie Schach gespielt und ein paar Glas getrunken hatten, setzten sie sich gern hin, um die Nacht über tiefsinnig zu plaudern.

Gleich wie Gustav Kriiger, obschon Inhaber des großen Geschäftes, nie ganz heimisch in der Stadt wurde, so war auch Oberlehrer Hammer ein ein­samer Mensch. Es nahm gegen Beide ein, daß sie fich für flüger hielten als Andere. In der Schule lauerte man dem Oberlehrer auf, ob er etwas Ge­fährliches lehren würde, und im kommunalen Leben hütete man sich wohl, Krüger eindringen zu lassen.

Da die ganze Stadt so in aller Stille ihre Stacheln gegen sie kehrte, befanden sie sich gegen­seitig in ihrer Gesellschaft wohl; und während sie zu Anfang in Lektüre und Unterhaltung sich wirklich bor den Anderen weit voraus hielten, merften sie selbst nicht, daß die fleine Stadt im Laufe der Jahre das sich gleichfalls aneignete, und begannen sich in immer fleineren Streisen um dieselben Gedanken und dieselben Toddygläser zu drehen.

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Krüger sagte zu Hammer: Wie weit bist Du gekommen?" und dann erzählte der Lehrer von dem Buche für die Volksschule, das er schreiben wollte.

Es sollte so anfangen:" Wenn Du auf die Straße heraustrittst, so trittst Du auf ein festes Steinpflaster; wer hat es gelegt? Und wer hat die Arbeit bezahlt?"

Von diesem Anfange aus sollte dann das ganze Gesellschaftsleben den Kindern erklärt werden, so daß fie von unten bis oben den Zusammenhang und Ur­sprung aller Einrichtungen und Autoritäten in dem Gemeinwesen lernen konnten, so daß das Volk schon in der Schule sich seiner Souveränität bewußt würde und nicht länger unter den Vorurtheilen verfümmere, daß Polizei, Rechtswesen, Steuern und Priester recht­mäßige Machtmittel in den Händen der Großen gegen die Kleinen seien.

Aber mit diesem ganzen großen Mittelstücke des Buches fam er nicht recht zu Stande, wogegen er den Schluß hatte, auf den er selbst große Stücke hielt: 3u oberst steht der König als ein unverant­wortlicher goldener Knopf."

Oder Hammer sagte zu Krüger: Hast Du noch feinen Platz gewählt?" Und dann sprachen Sie von der Suppenfüche, fiir welche Striiger seit vielen Jahren Geld angelegt hatte.

Er hatte einen ganzen Plan mit blankpolirten Stupferkesseln, in welchen die Suppe fochend warm um halbzwölf Uhr zu den Schulen gefahren werden follte; alle Schulfinder sollten eine große Portion essen, mit einem Brote dazu, daß sie in den Winter­monaten warm und satt aus der Schule kommen

fonnten, ohne über das ärmliche Mahl zu Hause herzufallen; so hatte die Mutter Geld zu besserer Ernährung und Extra- Sonntagsessen, und so öffneten sich unendliche Perspektiven für die Beiden, die das saßen und nachtiiber ihre Pläne weitläufig darlegten.

Und wenn sie schließlich Gutenacht sagten, drückten sie einander mit Wärme die Hand; sie hatten Muth und die Gewißheit, daß sie und ihre Ideen zum Schlusse über die Stacheligen siegen würden, und gingen in glücklichen Träumen zu Bett.

Aber Tags darauf liebten sie es nicht, einander zu begegnen.

VIII.

Jeden Morgen, wenn er fam, hatte Fräulein Thorsen ihn mit einem Blicke geprüft, welcher- wie wenig auch Herr Jessen manches Mal darauf geachtet hatte immerhin die stille Gewißheit gab, daß er auch hier im Geschäft ebenso wie zu Hause bei der Mutter der verzärtelte Liebling war.

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Aber am Tage, nachdem Törres sie besucht, sagte Fräulein Thorsen, als Jessen in den Laden tam: Guten Morgen," ohne aufzusehen.

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Und in derselben Sekunde schien es ihm, als fiihre es wie ein Funken des Einverständnisses von ihr zu Törres, ein flüchtiges Zucken in seinem Gesicht, während er unten in dem weniger feinen Theil des Ladens stand und mit einigen Leuten vom Lande handelte.

Und je weiter der Tag vorschritt, um so sicherer erhielt Herr Jessen den Eindruck, als sei hier etwas im Werke. Nie war er auch nur halb so liebens­wiirdig zu ihr gewesen wie heute. Aber während er sie sonst mit einem Blick oder einem Streicheln der Hand, wenn er dicht an ihr vorbeiging, hatte zum Leuchten und Strahlen bringen können, so schien sie ihn heute überhaupt nicht zu verstehen.

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Schließlich furz ehe sie das Gas am Nach mittag anziinden mußte- fast zur Verzweiflung getrieben durch ihre Stälte, wagte er sich weiter, als er je gegangen war, und versuchte sie von hinten auf die Stirn zu fiiffen.

Aber da wandte Fräulein Thorsen sich in all Aber, ihrer Jungfräulichkeit um und sagte laut: Aber, Herr Jessen! sind Sie toll geworden?"

Seine Knice zitterten, und er fühlte den kalten Schweiß unter den Augen. Gestern, vorgestern und alle Tage hatte er sie in der Hand gehabt und heute war sie ihm entschliipft. Aber gerade das, daß er sich tief im Innersten bewußt war, daß er weder gestern noch vorgestern noch sonst einen Tag den entschlossenen Muth gehabt hatte, sie zu nehmen, das gab seinem Schmerze eine unerträgliche Bitterkeit, unter welcher er ächzte, während der große, ver­

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schlagene Bauerntölpel herumging und triumphirte. Und Fräulein Thorsen, welche sich seine unge­wöhnliche Dreiftigkeit nicht erklären fonnte, war in peinlicher Verlegenheit. Wäre dies gestern passirt, so würde ihr Herz ganz und ungetheilt Herrn Jessen gehört haben, welcher bis dahin nur den raschen Griff nicht heraus hatte. Aber heut galt es, vor allem Herrn Törres Wall zu beweisen, daß sie wahr­gesprochen hatte, daß es zwischen ihr und Herrn Jessen nichts gäbe.

Als ihr Sohn am Abend heimkam, aufgeregt und nervös mit vielen Seufzern und halben An­deutungen, konnte Frau Jessen sich nicht länger halten. Du solltest Dich in Acht nehmen, Anton! es kann leicht zu viel werden, diese- diese Damen­gesellschaft."

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Wie meinst Du das, Mutter?" fragte er, um sie verlegen zu machen.

Sie wurde ganz verwirrt und brachte nichts Anderes heraus, als daß es ihm zu viel Zeit foſtete. Ach, fostete es doch nichts Anderes als meine Zeit," sagte der Sohn mit schwacher Stimme und faßte sich an den Hinterkopf.

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,, Hast Du jetzt wieder Kopfschmerz, Anton?" ,, Nur etwas abgespannt, Mutter, etwas abge­spannt."

Frau Jessen's Lippen bebten, indeß sie allen Muth zusammennahm.

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Du Du bist doch wohl vorsichtig, Anton?" " Pah, Mutter; Du weißt selbst: ein junger Mann in meiner Stellung-" er drehte seinen fleinen Knebelbart aufwärts und trällerte etwas, was äußerst frivol klingen sollte.

Es stärkte ihn garnicht wenig, nach der Demiithi­gung des Tages zu sehen, welchen Schrecken er seiner Mutter einjagte; und nach und nach, während er das gute Essen verzehrte und ein Glas feinen Kognat trank, welchen er, wie der Mutter schien, nöthig hatte, wurde er wieder so groß, daß Fräulein Thorsen im Grunde seiner garnicht würdig war.

Er ging in sein Zimmer und nahm mit strenger Miene ihr Bild aus dem Album, wo es ganz vorn gleich nach der Mutter stand, und steckte es weit hinter zwischen gekaufte Schauspielerinnen.

Aber in den leeren Plaz ſette er Frau Knudsen ein, und als er eine Weile ihr feines ernstes Gesicht unter dem dunklen Haare betrachtet hatte, schien es ihm nahezu uwiirdig, daß das kleine schnuckelige Fräulein Thorsen jemals Bedeutung für ihn gehabt

hätte.

Aber die Mutter lag lange wach und beunruhigte sich mit schweren Befürchtungen über Anton, welcher trop Allem der großen Gefahr verfallen war. Und wenn sie sich den fürchterlichen Lebenswandel vor­