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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
Josef Bernhofer stand immer noch auf demselben Flecke und starrte in's Leere. Er war so gänzlich niedergedonnert, daß der Spaß, den die Anderen Anfangs mit der Geschichte gehabt, bald einem tiefen und ehrlichen Mitleiden wich. Der Nachtredakteur nahm das also schlecht gemachte Blatt, in das Dr. Wortmann's Feder die nöthigen Aenderungen gemalt, an sich und gab es in recht nach drücklicher Weise einem Sezerjungen mit dem Ballbericht, der endlich doch fertig geworden war. Sein , Gute Nacht" flang warm und fast tröstend; bis zur Thüre ging er mit Bernhofer und drückte ihm dort noch einmal die Hand. Der Berichterstatter Der Berichterstatter aber nahm rasch seinen Winterrock um und eilte dem Mißhandelten nach. Er hat's heute auch gar zu arg mit ihm getrieben," fliisierte er. Es geht aber auch wirklich zu schlecht mit dem Bernhofer. Er ist ein guter Mensch, er schreibt ein anständiges Deutsch und er hat früher oft ganz schöne Sachen gehabt, so daß man sehen konnte, wieviel Mühe er sich giebt. Aber er vergißt jezt immer irgend etwas." " Ich weiß nicht, was das mit ihm geworden ist," wurde ihm zur Antwort.
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„ Ich will ihm nach. Ich habe mich heute beinahe vor dem Wortmann gefürchtet. Wie erst er? Und wir wohnen nicht gar weit von einander; ich will also mit ihm gehen." Der Nachtredakteur nickte und nahm nachdenklicher als sonst seine gewohnte Beschäftigung wieder auf.
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Wenige Schritte vom Hause noch warf das elektrische Licht seinen ungewissen Schein bis dahin holte Friz Gräßer seinen alten Schulbekannten
eint. Er legte ihm die Hand auf die Schulter, und Bernhofer sah sich verstört und mit ängstlichem Mißtranen um. Gräzer aber schob halb herablassend und halb gönnerhaft seinen Arm unter den des Anderen:„ Ich gehe noch in's Kaffeehaus; Du kommst doch mit?" Bernho er schüttelte verneinend den Kopf und hatte doch nicht die Kraft, ihm entschieden zu widersprechen; ärgerte sich über seine Schwäche und hatte hinwieder eine geheime Freude über die Einladung. So famen sie zum Ring, der ganz ausgestorben dalag; nur ein legter Pferdebahuwagen rollte heimwärts. Das Geklingel seiner Schellen läutete tröstlich durch die Stille, und die blaue Laterne leuchtete hell und freundlich, ehe sie langsam davonzog und verblich. Es roch nach dumpfem Rauch in der Welt und die Brust war beklemmt davon. So wallend zogen die Schwaden, daß man die gegenüberliegende Häuserreihe kaum mehr sah. Die Gasflammen brannten traurig, summend und mit röthlichem Lichte. Man füllte sich unsicher und ängstlich selbst für die wenigen Schritte. Gespenstig tauchte ab und zu ein rascher Fiater auf; und so waren sie froh, als sie endlich das Lokal erreicht hatten. Die Helle und die Wärme thaten wohl, und Gräßer freute sich seiner Klugheit, daß er den Verstörten nicht allein und nicht unmittelbar hatte heimgehen lassen.
Die gaftlichen Räume waren ziemlich gefüllt, aber nicht so stark besucht, daß es unangenehm geworden wäre. Der schwarze Frack und das Ballkleid überwogen; man sah so den Fasching und die Nähe eines beliebten Ballsaales. Es wurde viel
und hell gelacht, viel und laut gesprochen. Die Beiden nahmen an einem Tischchen in einer Fensternische Plaz; Gräßer nicht, ohne zuvor einen priifenden Bliz in einen der Spiegel geworfen zu haben. Er war mit sich zufrieden und er konnte es sein: ein stattlicher Mann, mehr als mittelgroß, mit so furz gehaltenem Bart, daß die rosige Haut der Wangen durch das tiefe Schwarz leuchtete, wohl genährt und tadellos gekleidet. Es ging ihm offenbar gut, so gut, daß er beinahe das Recht hatte, es fiir eine Beleidigung zu halten, wenn Jemand die übliche Frage nach seinem Befinden an ihn stellte. Darüber mußte doch schon der Blick Aufschluß geben! Ihm schlug Alles an; ihm gedieh's. Er durfte sich sogar schon den Lurus gönnen, irgend einen armen Teufel zu bemitleiden. Das war sein Einziger, und den leistete er sich gerne und häufig und auch Dem gegenüber, der vor ihm saß und im vollen Lichte erst in seiner ganzen Diirftigkeit erschien. Vor ihm stand ein Glas Punsch; er umschloß es niit beiden Händen, um sie zu wärmen, und man sah so das mannichfache Nezwerk von Adern, die sich darauf verzweigten und so auf höhere Jahre hindeuteten, als Bernhofer eigentlich zählen konnte. Und seufzend rührte er dann mit einem Löffelchen das röthliche, stark und kräftig duftende Getränk um, seufzend hob er's an seine Lippen und that einen schwachen Schluck. Es ist eine unbillig große Ausgabe," sprach er leise.„ Ich gönne mir sie auch nicht oft. Heute sollt' ich's schon garnicht. Aber, ich weiß nicht: ich hatte so sehr das Bedürfniß nach etwas Starlem, ich war so miide..."
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( Fortsetzung folgt.)
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Herbst.
Sn Herbsfestagen bricht mit parkem Flügel Der Reiher durch den Webelduft.
Wie fill es ist! kaum hör' ich um den Hügel Noch einen Taut in weiter Luft.
Auf eines Birkensfämmchens schwanker Krone Ruht sich ein Wanderfalke aus.
Doch schläft er nicht, von seinem leichten Throne Reugt er durchdringend scharf hinaus.
Der alte Bauer mit verhalf'nem Schrikke Schleicht neben seinem Wagen Torf. Und holpernd, Polpernd schleppt mit lahmem Triffe Der alte Schimmel ihn in's Dorf.
Auf stein'gem Pfad. Die Großmutter ist mit ihrent Enfeltinde im Bergwalde gewesen, um dürres Klaubholz, Tannen- und Föhrenzapfen und grünes Reisig zu holen, damit man daheim wieder etwas zu brennen hat, und die Ziege wieder einmal frisches Einstreu bekommen kann. Es hat stundenlang gedauert, bis die Alte ihre Last beisammen hatte. Von den vielen Bücken war ihr der Rücken ganz steif geworden, die Arme erschienen ihr wie abgestorben. Es ist für ein altes Leut" so gar viel schwer, von dem lebenden Baume die verkrümmten, zähen Aeste mit dem„ Neißer" auf einen Ruck herabzubekommen. Und dann hatte sich der Hunger und der Durst eingestellt, und das Enkelkind hatte aus dem halbrunden Handkorb den in ein rothgewürfeltes Schnupftuch gepackten Eßtopf herausgeholt. Jezt ist man auf dem Heimwege. Dort, wo der harte, splitterige Thonschiefer zu Tage tritt, die Tännlinge bis an den Steig sich drängen, ein Geschränke vor dem steilen Absturz warnt, hat man Halt gemacht, um Kräfte für den letzten Abstieg zu sammeln. Die Alte hat ihren Buckelforb auf einen Baumstumpf gesetzt und hält die Füße gegen den Erdboden gestemmt, damit die Last der Föhrenäste sie nicht vornüber drücke. Müde Entsagung spricht aus ihrem Angesicht. An ihr lehnt die Kleine, den Steig hinab blickt sie, nach der Siedelung im Thale , der Heimath. Die Großmutter hält in ihrer Linfen eine dünne Stange, an deren Ende sich ein fichelartiges Eisenstück befindet: es ist der Reißer". Und dieser Reißer" sagt uns Manches. Er erzählt uns, daß es in der Gegend außer „ Herrenwald", der gegen jeden Fremden verrammelt ist, auch noch Bauernwald, Gemeindewaldungen geben muß, legte, spärliche Zeugen der Thatsache, daß einmal aller Wald Gemeinbesitz gewesen; er berichtet von dem färglichen Leben der kleinen Leute" in den Waldgegenden
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der deutschen Mittelgebirge ; er deutet aber auch auf manche Wald erwüstung, begangen aus Unverstand.
Adolf Männchen , der Schöpfer unseres heutigen Vildes, stammt aus Thüringen . Durch eine harte Jugend hat er sich gerungen, heute ist er der Hauptvertreter der deutschen Tempera- Materei. Er gehört zu den wenigen deutschen Künstlern, die die Stoffe zu ihren Bildern aus dem Leben des arbeitenden Volkes wählen. Diejenigen unserer Leser, welche die Berliner Kunstausstellung vom Jahre 1897 gesehen, werden sich des kleinen Saales erinnern, den der Künstler damals allein mit seinen Bildern füllte, von denen außer unserem heutigen Vilde eins be= sonders auffiel, das Steine klopfende Frauen an der Landstraße zeigte.
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Die Dauer der Dämmerung. Es ist eine bekannte Erfahrung, daß die Dämmerung, die bei uns noch be= trächtliche Zeit nach Sonnenuntergang vorhanden ist, in den tropischen Gegenden nur eine ganz kurze Zeit währt. Rechnet man die Dämmerung bis zu der Zeit, zu welcher man im Freien aus Mangel an Helligkeit die Arbeiten einstellen muß( bürgerliche Dämmerung), so dauert sie bei uns etwa eine Stunde lang; rechnet man sie aber bis zu dem Zeitpunft, an dem am westlichen Hinimel der lezte Helligkeitsschein verschwindet( astronomische Dämmerung), worauf erst völlige Nacht eintritt, so ist ihre Dauer nicht viel geringer als drei Stunden. Aber, wie gesagt, in Egypten ist die Dämmerung viel fürzer, und noch fürzer ist ihre Dauer am Aequator .
Will man über den Grund dieser ungleichen Daner der Dämmerung klar werden, so muß man sich zunächst einmal den Grund der Dämmerung überhaupt in's Gedächtniß zurückrufen.
Wenn ein Ort auf der Erde bei ihrer Drehung nach Often aus dem Bereich der Sonnenstrahlen fommit, so follte für ihn eigentlich die Nacht anbrechen. Stellen wir uns die Erde unter dem Bilde eines Apfels oder einer Apfelsine vor, die wir mit einer Stricknadel durchbohren, und stecken wir diese auf ein Nadelkissen gegenüber einer Lampe fest, so können wir uns ein ungefihres Bild der Beleuchtungsverhältnisse machen. Die Grenze zwischen Licht und Schatten bildet ein Kreis, der vom Nordpol zum Südpol geht, aber d'e beiden Punkte verbindet, durch welche die Stricknadel geht; wenigstens ist dies zur Zeit der Ta- und Nachtgleichen so, und in solcher Weise wollen wir die Nadel gegen die Lampe halen. Drehen wir die Apfelsine um die hindurchgesteckte Achse, so tritt ein Punkt in den Lichtbereich ein, die Sonne gest ihm auf, sie steigt höher und höher und entschwindet im Westen, wenn der Punkt nach einer halben Umdrehung aus dem Lichtbereich heraustritt. Daß nun in diesem Augenblick, in welchem die Sonne unter den Horizont tritt, nicht alles Licht sofort entschwindet, danken wir demselben Umstande, der überhaupt den Gegensatz zwischen Licht und Schatten überall bei uns mildert, unserer Luft
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hülle. Wenn wir aus dem helen Sonnenschein in einen beschatteten Raum treten, so herrscht in ihm nicht Dunkel heit, sondern wir haben überall das sogenannte zerstreute Tageslicht, das uns rings umfluthet. In der Luft und den in ihr schwebenden Staub- und Nebeltheilchen wird das Licht tausendfach gebrochen und überallhin zerstreut, wodurch gerade das wohlthuende Gleichmaß des Tagesfichts hervorgebracht wird.
Ist nun ein Ort auf der Erde durch die Drehung der letzteren dem Bereiche der Sonnenstrahlen entrückt, so treffen diese doch noch die Luft über ihm und ver breiten in dieser das zerstreute Licht, das uns als Dämmerung erscheint. Wie weit dieses Dämmerlicht sichtbar ist, hängt von der Höhe der Atmosphäre ab. Diese beträgt überall etwa 10-12 Meilen, und daraus ergiebt sich, daß das Dämmerlicht in ihr noch in einem Abstande von etwa 270 Meilen sichtbar sein muß. 270 Meilen also muß sich ein Ort noch nach der nicht erleuchteten Seite hin bewegen, ehe der letzte Dämmerschein im Westen erlischt und völlige Nacht eintritt.
Auf unserer Apfelsine ziehen wir also zu dem Kreise, der uns die Schattengrenze darstellt, auf der von der Lampe abgefehrten Seite noch einen parallelen Kreis in einem Abstande, der 270 Meilen auf der Erde darstellen soll. Das Gebiet zwischen den beiden Kreisen können wir als Dämmerungszone bezeichnen. So lange ein Punkt bei der Drehung der Erde in diesem Gebiete liegt,
hat er noch Dämmerung.
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Wenn man die Apfelfine dreht, wird man leicht bemerken, daß am Aequator ,
Punkt die Dämmerungszone viel schneller durchschreitet,
als in höheren Breiten, und in der Nähe des Poles
wird
ein Punkt selbst bei einer völligen Umdrehung nicht aus der Dämmerungszone herausrüden. Vom Aequator find 270 Meilen der zwanzigste Theil, und im zwanzigften Theil von 24 Stunden ist dort daher die aftronomische Dämmerung beendet. Der Breitenfreis von 60 Grad dagegen ist nur halb so groß als der Aequator; um auf ihm dieselbe Länge von 270 Meilen zu durchschreiten, ist daher die doppelte Zeit erforderlich, und in der Nähe des Poles erreichen die Bre tenfreise überhaupt nicht mehr einen Umfang von 270 Meilen, liegen also ganz
innerhalb der Lämmerungszone.
den dritten Theil der astronomischen, auf dem Aequator Die bürgerliche Dämmerung beträgt nun nur etwa und demselben Orte verschieden, je nach dem Zustande also nur etwa 24 Minuten. Uebrigens ist sie an ein der Atmosphäre. Bei flarer, reiner Luft wird viel weniger Licht in ihr zurückgehalten und zerstreut, als wenn
Nebel
bläschen in den höheren Schichten schweben. In Chile zum Beispiel, wo gewöhnlich ein sehr klarer Himmel herrscht, dauert die Dämmerung meist nicht länger, eine Viertelstunde.
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1.
lieg
Nachdruck des Juhalts verboten!
Wi
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