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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
macht über den Kampf zwischen Maschine und Hand- ich habe heute fast noch nichts gegessen. Ich bin
arbeit..."
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Derlei hat mich nie interessirt," rief Gräßer dazwischen. Wieder das kluge, doch traurige Lächeln. ,, Du hast es eben nie nöthig gehabt, Dich um derlei zu kümmern. Du hattest etwas Zuschuß vom Hause, hast rechtzeitig Deinen Beruf verfehlt," nahmst Dich um nichts an, was Dich nicht anging, und es ist Dir dabei immer gut gegangen. Anders ich. Und so sag' ich Dir: jetzt, seitdem er mir auf die Nägel brennt, versteh' ich den Kampf. Denn ich selber führe ihn. Die Zeitung ist eine Maschine, die Korrespondenzen sind Maschinen. Da arbeiten bei Euch Viele, Alle für dasselbe: Neuigkeiten wollen sie bringen. Und dann hat jede Korrespondenz ihre Reporter und Jeder findet was und Jeder nimmt mir was weg. Verdien' ich und erfahr' ich in gewöhnlichen Zeiten überhaupt was, dann ist es Zufall und reines Wunder. Das aber ist selten und wird. immer seltener; und so läuft man denn Gaß auf und Gaß ab; so hat man keine Nuhe, nicht eine Minute lang, nicht zu Hause oder sonst wo, denn gerade in dem Augenblicke kann etwas geschehen, was sonst Niemand weiß und was also viel trägt, und dann hat man nichts davon, als Kummer und Kränfung." Seine Stimme brach; er schlug heftig an sein Glas:„ Ich lasse mir noch einen Punsch bringen?" sagte er fragend.
Wie Du willst," gab Gräßer großmüthig zurück. Sie mußten warten. Eine neue Gesellschaft fam. Eine brach auf. So war ein ziemliches Lärmen vom Schließen der Thüren, von den Zu= rufen der Kellner, die Alle um die Ankömmlinge oder um die Scheidenden bemüht waren. Endlich wurde der Punsch gebracht, und Bernhofer trank hastig davon. Du mußt mich für keinen Lumpen oder Trinter halten," sprach er entschuldigend, aber
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Herbstlied.
n dumpfer Qual Ein jedes Mal Mein Herz vergeßet, Wenn rauh und kalt Des Herbsts Gewalt Mich schrill umweßet.
Die Stirne heiß
And feucht von Schweiß Sör' ich die Stunde, And, kaum geheilt, Fließt neu zertheilt Der Seele Wunde.
So irr' ich bang
Den Weg entlang Vom Sturm gefragen,
Den Blättern gleich, Die welk und bleich Am Boden klagen.
Liebesgeschichten. Ist doch ein toller Bursch, der Giovanni! Von all' den Burschen im Orte steht er bei den Schönen am meisten in Gunst, nicht nur um seines hübschen Gesichtes willen, das sich mit seinen blizenden Augen und demt vollen, pechschwarzen Haarbusch auch wohl anschauen läßt er weiß, wie man die Mädel zu fassen hat. Zur Arbeit freilich, da läßt er sich gern nöthigen und drückt sich, wo er nur kann. Aber gegen Abend, wenn auch der Mädel Arbeit gethan ist und sie zum Plauderſtündchen zusammenkommen, dann ist er da. Und er ist jederzeit willkommen. Schnell rücken sie mit ihren Stühlen zum Halbkreise zusammen, und der Giovanni nimmt auf der Bank gerade vor ihnen Plaz. Ein Trunk aus der Weinkanne, und die Erzählung beginnt. Wo er die vielen Geschichten, eine immer schöner als die andere, nur her hat! Das wimmelt von Abenteuern und großen Helden, die die Welt durchzogen, um bedrängte Frauen zu befreien, und dann wieder von schlichten Musikanten
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früh fort vom Hause und mir war immer, als jagte mich etwas. Jezt aber das thut besser!" " Fast noch ni hts gegessen?" rief Gräger, zum ersten Male wir.lich bewegt. Aber das ist ja schrecklich! Und ist da nicht auch Deine unbedachte Ehe daran schuld, wenn es Dir, einem Menschen, der doch Manches kann, so schlecht geht?"
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Bernhofer schiittelte den Kopf:„ Meine Ehe war feine unbedachte. Und meine Frau," ein stilles, friedliches Licht lag in seinen Augen,„ mein liebes Web ist brav und gut und auch zufrieden. Freilich, jetzt nicht mehr so, wie sie's einmal war. Mir fömmt manchmal vor, sie hat sich gegen früher verändert. Aber, das wäre kein Wunder, gar kein Wunder. Nun ja, wenn Alles anders wird, wie es war, wenn's immer und immer schlechter wird, warum soll sie allein bleiben, wie sie war? Das wäre zu viel verlangt, und man muß nur gerecht sein gerecht gegen das Leben und gerecht gegen sich." ,, Und wenn Du's schon bist was kömmt dabei heraus?"
,, Mehr als Du glaubst, Gräzer. Vor Allem: Du trägst leichter, was Dir zustößt, wenn Du Dir sagst: addiren und subtrahiren; Böses und Gutes und immer Eines vom Anderen, darauf fömmt's an. Thu's nur gehörig, und die Rechnung wird stimmen."
Friz Gräßer fühlte das Bedürfniß, einen Scherz zu machen:„ Aber besser ist es doch, man muß sich nicht auf Rechenkiinste einlassen," sagte er und lachte gehörig darüber.
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Bernhofer lachte mit, aus Höflichkeit.„ Es giebt solche, die es nicht missen. Ich aber hab's lernen gemußt, und ob zwar ich vom Anderen auch weiß, ich fann Dir sagen: ich bin jetzt dreiunddreißig Jahre ich kann Dir sagen: ich bin jetzt dreiunddreißig Jahre und es geht bei mir auf. Vielleicht bleibt noch ein bischen Gutes für mich übrig, ich weiß es so genau
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Feuilleton.
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und Reimeschmieden, die sich durch ihre Künste in das Herz einer reichen und schönen Dame ach, wie schön! und wie reich! hineinzauberten, aber das ist und bleibt der Grundton in all' den Variationen: wie Zweie, die sich lich hatten, einander gekriegt" haben. Und wie das erzählt wird! Wie fern die Geschichten auch liegen, wie graufig und garnicht natürlich" es in ihnen zugeht, es fühlt eine Jede in dem Geschick der Heldin ihr eigenes Leid, ihre eigene Seligkeit. Wie gebannt hangen ihre Augen an den Lippen des Erzählers; Jede nimmt die Geschichte in ihrer Weise auf, die Eine sentimental, der Anderen blizzen die Augen vor Lust an den Heldenthaten. Aber schön hat sie der Maler Alle gemalt, die blühenden Töchter des Südens, deren Ruhm durch die Lande geht.-
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Die Stecknadel im Volksglauben. Die Stecknadel spielt im Volksglauben eine große Rolle. Unter gewissen Bedingungen gilt sie ebenso als unheilverkündend wie etwa das Zerbrechen eines Spiegels oder das Verschütten von Salz. In einigen Gegenden Englands heißt es, wie wir der Zeitschrift des Vereins für Volkskunde" entnehmen, man müsse jede Stecknadel aufheben, die man auf dem Boden liegen sieht; unterläßt man dies, so stößt Einem bestimmt ein Unglück zu. In allen Ländern verbreitet ist der Aberglaube, daß es auch Unglück bringt, eine Stecknadel zu verschenken:„ Das zersticht die Freundschaft und die Liebe." Ist man trozdem genöthigt, einer befreundeten Person eine Stecknadel zu geben, so müssen beide Theile dabei lachen, dadurch wird der Zauber ge= brochen. An manchen Orten in England muß die Braut sofort nach der Trauung jede Stecknadel, die sie an sich hatte, entfernen, sonst widerfährt ihr ein Mißgeschick. Ebenso müssen die Brautjungfern sich hüten, auch nur eine einzige von der Braut benuzte Stecknadel an sich zu nehmen, ihre Verheirathung wäre dadurch in Frage gestellt, und feinesfalls dürften sie hoffen, vor dem nächsten Pfingstfest zu heirathen.
Die Nadeln werden indessen auch zur Heilung mancher Kranth iten verwendet. In Missouri sticht man Stecknadeln durch Warzen und wirft sie darnach fort; der Finder soll dann die Warze bekommen. Gerade für die Behandlung der Warzen findet die Stecknadel auch in Amerika und England vielfach Verwendung. In Leicestershire in England führt man den an Warzen Leidenden zu einer Esche, dort wird eine Stecknadel zuerst in die Ninde des Baumes gestochen, hierauf in die Warze und zulegt in den Baum gesteckt; in furzer Zeit, heißt es, vergeht jede so behandelte Warze. Noch vor einigen Jahren soll dort
nicht. Aber, ich kann Dir's gestehen: ich habe viel Glück im Leben gehabt; viel Glick..
Es zuckte um die Mundwinkel des Anderen; aber er hielt an sich.„ Und trotz em geht es Dir so schlecht?"
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Bernhofer wintte ab:„ Ich habe mich ja nicht beklagt. Auch ist das eine lange Geschichte." „ Wir haben ja noch Zeit. Erzähle!" Der Reporter hob sein Glas. Hinter ihnen war ein Zutrinken und ein Jubeln; und im gleichen Augenblicke, in dem die Anderen miteinander an klangen, leerte er seine Neige. Dann fuhr er fort: Es ist eine lange und eine ganz gewöhnliche Geschichte. Ich will sie kuapp abthun und so ehr lich, wie man's nur kann. Ich habe zuviel Glück gehabt. Ich habe meine Eltern lange behalten, so lange, daß ich ihr Stolz war und bleiben konnte, denn ich war immer ein stiller Mensch und habe für mich viel gearbeitet. Ich bin nie auf den Kneipen gelegen, immer nur auf der Bibliothek und habe gelesen, was mir dort unterfam. Und so haben sich meine Eltern über mich gefreut; und wenn einmal wo ein Gedicht von mir erschienen ist, so waren sie stolz und glücklich und haben geträumt, ich werde einmal mein Denkmal haben. Jedes haben sie aus geschnitten und sauber auf ein blankes Blatt Papier in ein Büchlein geklebt; so hab' ich's dann gefunden. Was aber sonst mit mir werden will, darum fragten sie nicht. Ich studirte ja immer und das mußte doch zu etwas führen. Ich glaube auch, sie haben immer etwas mystische Begriffe von meinem fünftigen Beruf gehabt. Etwas hab' ich auch immer verdient; ich gab Stunden und hatte so mein Taschengeld. Endlich geld. Endlich ein kleines Vermögen war da; und so hätt' ich denn, meinten sie, mein Leben wohl behiitet fortspinnen können, so lange es mir gefiel und mir bestimmt war.
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( Fortsetzung folgt.)
mancher Baum mit Stecknadeln geradezu gespickt gewesen sein. Gegen Zahnschmerzen hilft nach dem Voltsglauben ein in eine Eiche getriebener Nagel. In Japan findet sich eine ähnliche Anschauung, auch in Oberösterreich werden Zahnschmerzen vernagelt. Das Nageln ist über haupt ein uraltes und zur Beseitigung von Krankheiten viel verwandtes Mittel.
Auch für Zwecke der„ Zauberei" muß die Stecknadel herhalten. In der Oberpfalz rächt sich ein verlassenes Mädchen an dem ungetreuen Schab, indem es um Mitter nacht in eine unter Zauberformeln angezündete Kerze einige Nadeln sticht und dazu sagt:„ Ich stich das Licht, slich das Licht, ich stich das Herz, das ich liebe." Der Untreue muß dann sterben. Eine Art von Zauberei bestand darin, daß eine Gestalt aus Lehm oder Wachs geformt wurde, der man die Namen Desjenigen gab, der geschädigt werden sollte, und die man entweder mit Stecknadeln durchstach oder verbrannte; in gleicher Weise, wie diese Figur, mußte die verzauberte Person zu Grunde gehen. Noch im Jahre 1869 wurde in der Grafschaft Inverneß ein solcher" Criardt" in einem Flusse auf gefunden. Der Körper war aus Lehm, in dem mensch liche Nägel, Vogelkrallen und Stecknadeln steckten. Gr stellte eine bestimmte Person dar, deren Feind ihren Tod wünschte; die Lehmgestalt war in ein fließendes Wasser gelegt worden, damit das Leben aus dem menschlichell Körper entweichen sollte, sobald das Wasser die Gestalt auflöfte.
Wenn in Italien eine Frau entdeckt, daß das Herz ihres Geliebten oder ihres Gatten sich einer Anderen zugewandt hat, begiebt sie sich zu einer Wahrsagerin, nachdem sie sich einen kleinen Theil irgend eines Kleidungs stückes ihrer Nebenbuhlerin verschafft hat. Die Wahr sagerin befestigt den Lappen mittelst eines Nagels und mehrerer Stecknadeln an einer frischen Zitrone. Diese wird dann von der Hülfe suchenden Frau in den Brunnen des Hauses ihrer Nebenbuhlerin geworfen. Jede Steck nadel bringt Jener einen Summer und der Nagel einen nagenden Schmerz im Herzen, der sie nie wieder verläßt.
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Nachdruck des Juhalts verboten!
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Berantwortlicher Bebatteur: Oscar Kühl in Charlottenburg . Berlag: Hamburger Buchbruceret und Berlagsanstalt Auer& Co. in Hamburg . Druck: Mar Bading in Berlin ,
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