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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.
bisher heiteres Gesicht kam ein Zug von Verstim mung: Dentst Du denn noch immer an das Ding?" „ Ja, natürlich tent' ich daran." Sie stand auf und trat zu ihm, und die vollen weißen Arme um seinen Hals schlingend, sah sie mit schmeicheln dem Blick zu ihm empor:„ Und nicht wahr, ich bekomme ihn doch auch? Siehst Du, ich habe noch einmal mit Ehrlich gesprochen; wenn Du ihm jetzt dreihundert Mark giebst und die anderen zweihundert 31 Neujahr, schickt er den Teppich schon morgen, Du brauchst nur eine Karte zu schreiben. Mach' doch nicht einfach solch' ein Gesicht, alter Brummbär! Er ist doch einfach wundervoll, dent' nur, bald an zweihundert Jahre alt! Ich bekomme ihn doch, nicht wahr, ich bekomme ihn? Bist auch mein lieber, einziger Männe, mein...
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,, Und Du bist eine liebe, einzige Schmeichelkaze, aber auch meine gute vernünftige Frau, nicht wahr?" Er schlang den Arm um ihre Taille.„ Ueberlege doch mal: fiinfhundert Mark fiir einen Teppich das wär' ja geradezu heller Wahnsinn!"
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Du brauchst sie ja nicht mit einem Mal zu bezahlen."
Also neue Schulden!... Wir haben, dächt' ich, noch gerade genug an den alten."
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Und wenn ich nun recht schön bitte?" Sie lehnte ihren Kopf an seine Wangen und füßte ihn. Aber Liebste, Beste," er zog sie an sich. Du mußt doch vernünftig sein. Jezt hab' ich Dir den
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Gefallen gethan und bin nach Steglitz gezogen, trotz dem hier Alles un so viel theurer ist. Die Bilder sind noch nicht einmal bezahlt, auf dem Büiffet stehen auch noch zweihundert Mark, und nun wieder diese Riesensumme für den Teppich Riesensumme für den Teppich wir richten uns ja zu Grunde, und rein um Lappalien."
,, Natürlich, meine Wünsche sind für Dich ja immer Lappalien." immer Bappalien." Sie wand sich aus seinen Armen und warf sich in einen Sessel.
„ Kläre?!"
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Sie antwortete nicht. Mit der Miene eines troßigen Kindes drehte sie ihm den Rücken und stützte das Gesicht in die Hand.
,, Kläre, das... ist schlecht von Dir. Wo ich Alles thue, was ich Dir von den Augen absehen fann! Und was ist das Ganze? Du hast da im Gabazek gelesen...."
,, Starabacek, bi.te."
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Meinetwegen fann er Senatschef heißen aber weil er ein Buch über altpersische Teppiche geschrieben hat, brauchen wir doch noch keinen zu kaufen! So hoch ist mein Einkommen nicht. Wenn Du absolut ' n neuen Teppich haben willst, nimm Dir meinetwegen einen billigeren. Sechzig Mark kann ich wohl noch abstoßen und.
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Nein, ich danke für solchen Schund." Nanana, es giebt sehr schöne Sachen
dafiir."
" Das magst Du ja finden. Dir ist es natür
lich gleich, ob Du Kraut und Rüben da zu liegen hast, oder etwas Gediegenes."
Mindestens dank' ich für gediegene Sorgen!... Was denn? Regenwetter?" Er sah sie einen Moment fassungslos an, dann zog er sie wieder in seine Arme: „ Aber Kläre! Schaß! So beruhige Dich doch! Wie mich das nun betrübt! Wenn Dein Herz so sehr an den altem Lappen hängt..."
Bekomme ich ihn auch, nicht wahr? Siehst Du, ich wußt' es ja, daß mein Männe mir den kleinen Wunsch nicht abschlagen fann! Hast mich ja viel zu lieb dazu? Sag' einmal, hast Du mich lieb?" Sie schmiegte sich an ihn und legte von Neuem die Arme um seinen Hals. Ihre Thränen waren versiegt, mit strahlendem Lächeln suchten ihre Augen die seinen. Angen die seinen. Statt aller Antwort zog er sie fester an sich, seine Lippen preßten sich auf die ihren, auf ihre Stirne, ihren Nacken, ihr Haar. Es war, als sei ein Rausch über ihn gekommen. Sie ließ es geschehen, dann aber machte sie sich los und zog ihn sanft nach dem Tisch:" Und nun schreibst Du auch die Karte, ja? Schau, ich hab' Dir schon Alles so schön zurecht gelegt. Da..."
Die Karte?... Ach ja, die Karte." Er nahm den Halter aus ihrer Hand und setzte ihn zögernd. zum Schreiben an, warf ihn jedoch schon im nächstent Augenblick mit heftiger Bewegung auf den Tisch: Ne'n!... Schlag' Dir die Sache aus dem Kopf! Ein für allemal: Es geht nicht."( Forts. folgt.)
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Feuilleton.
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Rauhreif. Der Winter ist im Anzug. Immer matter fallen die Strahlen der tief am Himmel stehenden Sonne und in der Nacht geht ein eisiger Hauch über das Land. Noch kündet sich der Winter nicht direkt an, in tiefer Ruhe liegt der Wald, auch in der Nacht rührt sich kein Lüftchen. Naß und kalt ist der Boden, sind die Bäume und Hölzer. Tas ist die Zeit, da in den stillen, kalten Nächten der Neif sich auf den rauhen Flächen niederschlägt, die Ninde der Baumstämme, die zarten Verästelungen der Zweige weiß überzieht, und wenn dann der Morgen kommt, da steht der Wald in seinem Winterfleide, in schimmerndem Weiß. Schöner noch als das Wintergewand, das sich dick über die Aeste legt und alle Formen verhüllt, ist dieser leichte Neif, der die zierlichen Zweige nachzeichnet und nur noch stärker hervorhebt. Und wenn die matte Sonne kommt, dann glisert und blinkt es von allen Zweigen, dann steigt aber auch dampfend der Nebel und umhüllt die ferneren Bäume so dicht, daß sie den Blicken entzogen sind, während die Bäume des Mittelgrundes nur als zusammenhängende graue Massen mit ihren zarten Silhouetten sich von dem Hintergrund abheben.
Gräco- indische Plastik. Die bildende Kunst tritt in der Geschichte Indiens bemerkenswerth spät hervor. Erst der Buddhismus , der im 6. Jahrhundert vor Christo entsteht, wirkte auf die bildende Kunst anregend durch die Fülle der Fabeln und Legenden, mit denen besonders der Lebenswandel Buddha's selbst ausgestattet wurde. Die erhaltenen Monumente beginnen erst etwa mit der Zeit des Königs Asoka( um 200 v. Chr.). Von vornherein zeigen sich Spuren fremder, und zwar persischer Anregung. Eine stärkere Einwirkung einer fremden Kunst zeigte sich aber erst, als Alerander in das Land eindrang und nach seinem Tode Jahrhunderte lang griechische Könige an den Grenzen Indiens , ja lange Zeit über weite Gebiete des nordwestlichen Indien selbst herrschten. Hermann Oldenberg führt in seinem neuen Buche Aus Indien und Fran"( Berlin , Wilhelm Hertz ) über diese Verhältnisse Folgendes aus: Während die literarischen Formen Indiens in festen, alten, geheiligten Typen entwickelt und eingewurzelt waren, stand den architektonischen und plastischen Werken des klassischen Alterthums in Indien nichts gegenüber, was auch die befangenste nationale Voreingenommenheit jenen für ebenbürtig hätte halten können. Freilich scheinen diese Einwirkungen sich faum vor Beginn unserer Zeitrechnung bemerkbar gemacht zu haben; damals durchzogen griechische Künstler die ganze Welt, und sie wußten mit geschickter Hand die Typen ihrer Kunst den Bedürfnissen, dem Ideenkreise der fremden Zivilisationen, auf deren Boden sie sich bewegten, anzupassen. In der Architektur hat zwar der griechische Tempel als Ganzes feinen Eingang gefunden, aber die Formen der griechischen Säule haben in Indien Bürgerrecht besessen.
Die Plastik dieser Zeit bewegt sich ganz überwiegend im Ideenkreis des Buddhismus . Mit besonderer Vorliebe, mit voller, durch die Berührung griechischen Geistes
geweckter Freiheit wendet sie sich der Person Buddha's selbst zu, von der die ältere indische Kunst sich scheu zurückgehalten hatte. Das Berliner Museum besiẞt eine ganze Reihe folcher gräco- indischer Buddha's in den Originalen. Die Statuen sind etwa einen halben Meter hoch, gewöhnlich aus Chloritschiefer hergestellt. Buddha thront in orientalischer Weise mit untergeschlagenen Beinen auf dem mit Löwenföpfen geschmückten Sitz. Die jugendliche Gesichtsbildung scheint einen Anklang an den Apollotypus zu zeigen, doch haben die weichen, vollen Formen einen fast weiblichen Charakter. Entgegen der Tradition, die mönchisch geschorenes Haar verlangt hätte, ist das Haar reich und elegant geordnet, oben zu einem mächtigen Lockenbund zusammengefaßt. Der Gesichtsausdruck zeigt den tiefen Frieden eines Ueberwinders, für den alles Ningen und Streben in wesenlose Form entschwunden ist. Ein großer Nimbus ein Zeichen griechischen Einflusses- umgiebt das Haupt. Der schöne, reiche Faltenwurf des Gewandes ist durchaus griechisch behandelt.
auch
Hervorzuheben ist ferner ein Relief voll tiefer Empfindung, das den Tod des Buddha darstellt, oder vielmehr, um der buddhistischen Ausdrucksweise treu zu bleiben, sein Eingehen in das Nirwana. Es ist nicht, wie die früheren indischen, ein wirres und überladenes Landschaftsbild mit menschlicher Staffage, sondern es zeigt den einfachen und klaren Aufbau antiker Reliefkomposition. In der Mitte ruht der Hingegangene auf erhöhtem Lager wie ein Schlafender, die Rechte zu dem auf dem Kissen liegenden Haupt erhoben. Der Kopf ist fast jugendlich, die Haartracht dieselbe wie bei der eben beschriebenen Buddhafigur. Vor dem Ruhebett ist ein Mönch, wie es scheint, im Uebermaß der Trauer zu Boden gesunken; ein zweiter Mönch sucht ihn aufzurichten. Weitere kahlhäuptige Mönche und einige andere mensch= liche und göttliche Wesen umgeben andachtsvoll das Sterbelager: inmitten der Trauernden aber sieht man eine bärtige Gestalt mit höhnischem Ausdruck, wahrscheinlich Mara, den Satan des Buddhismus , der den Hingang seines Ueberwinders mit spöttischem Triumph betrachtet.
Die Wirkung der griechischen Anregungen auf dem Gebiet der indischen Kunst waren nicht von langem Bestande, so wenig wie die Wirkung des griechischen Einflusses in Indien überhaupt. In der legten Tiefe hat dieser Einfluß den Geist des indischen Volkes nicht erfassen können. Wie die hellenischen Reiche Indiens von den Stürmen asiatischer Böllerwanderungen weggeweht wurden, so ist bald auch, was die Griechen an geistigen Besigthümern mitgebracht hatten, von dem übermächtigen Gewicht des Hinduthums erdrückt worden und fast spurlos verschwunden.
Hamburger Schiffer- und Fischerhäuser. In einem neuen Buche, das unter dem Titel„ Palastfenster und Flügelthür" bei Bruno und Paul Cassirer ( Berlin ) erschienen ist, widmet Alfred Lichtwarf den Schifferund Fischerhäusern im Hamburger Gebiet ein besonderes Kapitel: Für das kleinere Wohnhaus der wohlhabenden
Der eine
Schiffer und Fischer giebt es zwei Typen. schließt sich an die städtische Architektur des vergangenen Jahrhunderts. Einfache Backsteinwände mit dem zarten, hellen Netz der Fugen, ein hohes rothes Ziegeldach darüber. Nirgend Säule, Ornament oder Gebält. Nur die Fensterrahmen stehen weiß in dem rothen oder rothvioletten Mauerwerk, und die Hausthür ist dunkelgrün gestrichen. Nirgend Formsteine. Schmuckformen finden sich nur an der Thür. Der Wohlhabendere hält auf eine schöngetheilte, vielleicht mit geschnigten Rosetten, auch wohl mit Laubgängen geschmückte Thür, beren Griff und Schloßblech aus blank gepustem Messing sehr freundlich auf dem grünen Grunde stehen. Das Oberlicht darüber pflegt ebenfalls geschnitt oft in sehr zierlichen und liebenswürdigen Formen und in seinen Holztheilen im Gegensatz zur grünen Thür meist weiß bemalt zu sein. Soll noch ein Uebriges geschehen, so erhält die Thür eine Sandsteinumrahmung mit beschei denem, zierlichem Gebälf. Bis auf den Giebel und die hohe Treppe, die hier fehlen, sind das dieselben Kunstmittel, die im vergangenen Jahrhundert bei uns( Hamburg ) für das städtische Haus galten, das in der hohen rothen Wand mit weißen Fenstern keinen anderen Schmuck kannte, als das Portal und den Giebel.
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Das bescheidenere Fischerhaus pflegt noch einfacher, aber koloristisch noch stärker zu sein. Unter dem Stroh oder Ziegeldach eine gepuzte Wand, deren Kallanstrich alle Jahre vom Bewohner selbst aufgefrischt wird. Diese Wand ist in der Regel weiß, doch kommen auch grünliche und gelbliche Tömungen vor. Der Sockel, soweit der Regen ausprigen kann, ist schwarz getheert, damit die Hausfrau ihn abwaschen kann. In der weißen Wand figen die Fensterrahmen, natürlich nicht weiß, sondern dunkelgrün, dunkelblau, ochsenblutroth, und die Fensterläden und die Thüren sind dann in derselben Farbe gestrichen. Die Wirkung der einfachen, satten Farben im Schatten der geschorenen Bäume, die das Haus um geben, ist so stark und so lieblich, daß alle moderne Architektur, die auf Farbe verzichtet, dagegen nicht aufkommt.
Was diese beiden hauptsächlichen Häusertypen unserer Gegend noch in ein besonders gemüthliches Licht rückt, ist, daß der Bewohner sie selber pflegen kann. Schiffer und Fischer sind von ihren Fahrzeugen her mit der Farbe vertraut. Der Kapitän oder Lootse streicht alljährlich zu Pfingsten seine Fensterrahmen und seine Thürbank weiß und seine Thür und die Fensterläden grün, der Fischer giebt seinem Hause einen frischen weißen Kalt anstrich und theert den Sockel. Mit wenig Kosten sind diese Häuser beständig frisch zu halten.
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Verantwortlicher Redakteur: Oscar Kühl in Charlottenburg. -Verlag: Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer& Co. in Hamburg . Druck: Max Bading in Berlin .
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