ten Großzahns" Fa milie und die anderen rückständiger Gesinnten im Borort, obwohl fie auch Angehörige der gleichen Horde waren. Es war eine verhält nismäßig turze Entfernung, von seinem Nestbaume bis hierher
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aber, während er auf direktem Wege die Entfernung hätte in einer Stunde durchwandern können, war er über eine Woche unterwegs gewesen.
Von seinem Standort aus fonnte er jetzt gut die Höhlen in den Klippen, den ganzen Platz und die Trinkwege überschauen. Auf dem offenen Blaze sah er eine Menge Slammesgenossen. Sein Kin derherz schlug freudig bei ihrem Anblid; denn feit einer Woche hatte
Die Neue Welt. Jllufiriertes Unterhaltungsblatt.
er niemand seinesgleichen gesehen, einsam
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die den Georgstag in fulturgeschichtlicher Hins ficht überaus interessant machen. Das gilt nicht nur für die germanischen Siedlungsgebiete, sondern für ganz Eus ropa. Denn die Bedeu tung dieses Tages fußt nicht nur auf mannigfaltigen Wettervorauss fagungen, sondern auf der gesamten bäuerlichen Tätigkeit. Der Kampf der Jahres. zeiten fann nun endgültig als zugunsten des Frühlings ents schieden werden. Das gesamte landwirtschaft. liche Arbeitsleben erhält jomit einen neuen, mehr sommerlichen Charafter.
Vor allem macht sich das in der Viehhaltung bemerkbar. Die Ställe werden leer, brauchen nicht mehr so intensiv gereinigt zu werden, ihre Infassen, die hinaus aufs freie Weideland getrieben worden
und allein war er den Schrednissen der Die Zeit des Herdenaustriebs.find, find nicht mehr zu versorgen. Im
Einöde ausgesetzt gewesen. In seiner Freude rannte er auf das Volk los.
Der Empfang war seltsam. Einer von der Menge sah den Jungen und stieß einen Warnungsschrei aus. Im selben Augenblic flüchtete alles in Furcht und Schrecken und mit lautem Gezeter. Sie sprangen und kletterten die Felsen hinauf und verschwanden eiligst in den Höhlengängen. Ein ganz fleines Kind war bei dieser tollen Flucht am Fuße der Felsen hingefallen und blieb da unter fläglichem Geschrei liegen. Sofort stürzte die Mutter heraus; das Kind sprang auf sie zu, fich fest an sie antlam. mernd. Hinauf gings, und beide waren bald in einem Höhlengang verschwunden.
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" Großzahn" war allein; verlassen lag der weite Blah. Das ging über seine Be griffe. Traurig fehte er sich hin und fing an zu winseln. Warum denn war alles vor ihm ausgerissen? Später, als er erst die Lebensweise der Volksgenossen genauer fennen gelernt hatte, wurde ihm auch das verständlich.
( Fortsegung foigt.)
Der Frühling ist nun mitten im Gange. Teilweise haben sich die Knospen schon au Blüten umgebildet. Die Saat ist bestellt, hier und da deckt bereits ein grüner Flaum das braune Schollenland. Der Nestbau der Bögel ist beendet; die kleinen Sänger find eifrig beim Brutgeschäft. Auch die Bierfüßler find fast vollzählig vom Winterschlaf erwacht. Die Insekten tummeln sich auf jungen Halmen, auf sprießendem Blattwert und ersten Blumen. Da duldet es auch die Haustiere nicht länger in den winterdump fen Ställen. Die Zeit ihres Austriebes ist gefommen.
Uraltem Brauche nach ist der St. Georgstag, den unser Kalender am 23. April verzeichnet, der offizielle Tag des Herdenaus triebs. Die Wiesen stehen, besonders in südlicheren Gegenden, im jungen Grün. Die Hirten sind geworben und treten an diesem Termin ihren Dienst an. Da haben fich zahlreiche, noch aus heidnischer Zeit stammende Sitten und Gebräuche erhalten,
bäuerlichen Betrieb find alfo Arbeitsfräste freigeworden, die in den nächsten Monaten anderweitig Berwendung finden können.
Und wie alles in der frühlingsjungen, erwachenden Natur als gesund und heilfräftig angesehen wird, so vor allem auch das, was der Georgstag beschert. Im Osten Europas tritt das vielleicht noch ursprüng licher und träftiger in Erscheinung, als in Mittel- und Westeuropa . So wälzen fich in Rußland die Ledigen am Georgstage auf den taufeuchten, mit erstem Grün bedeckten Fluren. Der Georgstau gilt überhaupt als heilfräftig und segenbringend. Man sam melt ihn forgfältig und bewahrt ihn das ganze Jahr hindurch auf. Befruchtet man mit ihm frante Augen oder andere frante Körperteile, so tritt baldige Besserung ein. Man besprengt damit das Bich, um es fruchtbar zu machen. Fressen die Haustiere Gras, das noch vom Georgstau be negt ist, so werden sie fett und start. In ftrenggläubigen Gegenden Rußlands weihle die Bäuerin am Georgstage dem Heiligen eine Kerze, damit er die Kälber und Schaf lämmer behüte. Man nimmt Wolle in die Hände, damit der Wolf die Schafe in Frice
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Das Rathaus voa Compiegne.