Die Neue Welt

Nr. 25

Illustriertes Unterhaltungsblatt

1918

Vor Adam.

Ein vorgeschichtlicher Roman von Fad London

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on ihrem Gewicht befreit, wurden| magen. Besonders unangenehm empfanden die Stämme wieder von dem Wirbel erfaßt und stromabwärts getragen. Die Jungen sahen sich verdugt an. Zum Lachen fühlten fie feine rechte Luft. Sie befanden sich in einem fremden Lande, und es tam ihnen nicht in den Sinn, daß sie auf dieselbe Weise nach Hause kommen fönnten, wie sie her. gekommen waren.

Sie hatten einen Fluß zu überschreiten gelernt, waren sich aber der Tragweite dieses Ereignisses gar nicht bewußt. Kein anderes Mitglied ihrer Horde hatte ihres Wissens je so etwas erlebt. Und soviel sie später merkten, blieben sie auch die einzigen Mit­glieder der Horde, die je einen Fuß auf das diesseitige Flußufer gesezt hatten. In der Folgezeit wären sicherlich auch andere Wage hälse auf diese Erfahrung verfallen. Doch die Wanderung des Feuervolkes und die dadurch verursachte Flucht der überlebenden Höhlenbewohner unterbrach und verhinderte deren Weiterentwicklung Jahrhunderte lang. In Ermangelung jeder Aufzeichnung fann natürlich niemand sagen, welche unheil vollen Folgen die Wanderung des Feuer­volfes in betreff der ferneren Entwicklung auf den Höhlenstamm hatte. Nach Groß­zahns" Erinnerung scheint die Horde fast gänzlich aufgerieben worden zu sein. Nur ganz vereinzelte Individuen scheinen die Katastrophe überlebt zu haben, um sich in anderen Gegenden wieder anzusiedeln.

Lange irrten hängohr und Groß­zahn" in der Gegend auf dem Nordufer des Flusses umher, wie schiffbrüchige Seefahrer auf einer verlassenen Insel. Wenn sie an ihre Heimat und an die Möglichkeit ihrer Rückkehr dachten, tamen sie sich vor wie lebenslänglich Berbannte. Doch die Wan­derlust hatte sie plötzlich erfaßt. Sie wandten sich vom Flusse ab und wagten sich in die Wildnis, wo sie wochen- und monatelang umherstreiften, ohne ihresgleichen zu tref= fen. Großzahns" spätere Erinnerung an diese Irrfahrten war in vielen Bunkten sehr unbestimmt, aber manche Szenen blieben frisch und klar.

Auf ihren Entdeckungsreisen litten sie natürlich manchmal Hunger, wie das allen Forschern geht, die sich in fremde Gegenden

das die Freunde auf der langen Wanderung über eine zwischen zwei Seen gelegene öde Bergfette, bis sie eines Tages ein junges Ralb im Unterholz im Schlafe überraschten. Viel Spaß bereitete ihnen ihre kurze Be­tanntschaft mit dem Baumvolt, das sie in dem Urwalde zwischen dem größeren der beiden Seen und dem dürren Bergland fan­den. Auf der Flucht vor diesem Bolte wur

Das Rathaus zu Fismes ( Westen).

den sie über den rauhen Bergzug nach dem anderen See zu getrieben.

Bald nachdem sie sich von ihrem Fluffe abgewandt hatten, schlugen sie eine west­liche Richtung ein, bis sie an einen fleinen Fluß tamen, der durch moraftige Wiesen floß. Hier wandten sie sich nach Norden zu, immer dicht am Rande des Marschlandes Entlang, bis sie wieder den ersten See er. reicht hatten. Einige angenehme Tage ver. brachten sie am oberen Ende dieses Sees, wo sie reichliche Nahrung fanden. Bei

( Fortlegung.) einem Streifzug in ben nahen Urwald ge­rieten sie in das Gebiet des Baumvolkes. Diese Geschöpfe waren nichts anderes als wilde Affen. Doch waren sie äußerlich nicht sehr verschieben von Großzahns" Höhlen. volt. Allerdings waren sie außerordentlich start behaart. Ihre Beine waren gekrümm. ter und von anderem Musfelbau, ihre

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Augen etwas fleiner, ihr Nacken dicker und fürzer, ihre Nasenlöcher mehr wie Löcher in einer eingefuntenen Fläche. Ihr Gesicht war aber unbehaart, ebenso die Handflächen und Fußsohlen. Ihre Lautsprache ähnelte derjenigen Großzahns". Im großen gan­zen war also sehr viel Aehnlichkeit mit dem Höhlenvolk vorhanden.

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Großzahn" erspähte einen sehr alten Burschen, der unter einem Baume saz. Er war flein , vertrocknet, weit und wacklig, mit Runzeln im Gesicht und Triesaugen. Oben auf den Aesten zu seinen Häupten erblickten die Jungen ein zerfetztes Nest, das ficherlich seine Behausung vorstellte. Sein Anblick erweckte weder Sympathie noch Mit­leid bei den beiden Abenteurern. Weichere Regungen tamen ja selbst innerhalb dessel­ben Volkes nur selten zur Geltung. Zwi­schen verschiedenen Völkern herrschte erst recht teine Sympathie. Dieser Alte kam ihnen gerade recht zum Foppen, sie betrach teten ihn als rechtmäßige Beute.

" Großzahn" wechselte einen Blick des Einverständnisses mit Hängohr", und beide Er versuchte stürzten sich auf den Alten.

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auf den Baum zu flettern, war aber viel zu langfam. Großzahn" padte ihn am Bein und zerrte ihn wieder herab. Dann ging der Spaß los. Sie zwickten ihn, zupf­ten ihn am Haar, fniffen ihn in die Ohren und stupften ihn mit Zweigen. Dabei lach­ten sie, bis ihnen die Augen tränten. Der Zorn des hilflosen Alten war zu komisch. Er bot einen drolligen Anblick, als er ver­suchte, die talte Asche seiner Jugendkraft wieder anzusachen, und noch einmal der furchtbare Gegner zu sein, der er in seinen Was ein besten Jahren gewesen war. furchterregendes Gesicht sein sollte, wurde nur eine flägliche Frazze. Er knirschte mit seinen abgenutzten Zähnen und trommelte mit fraftlofen Fäusten auf seiner eingefal lenen Brust herum.