Die Reue Meli. Illustriertes Unterhaltungsblatt. III sen Augen. Er stieg auf einem Pfade nack) dem Trinkplatz hinab und kam nach einer Weile auf einem anderen Pfade wieder die Böschung herauf. Wieder stand er still und spähte lange Zeit umher. Dann wandte er sich um und hinkte in den Urwald zurück. Das Volk blickte fragend hinter ihm her und suchte sich in klagenden Lauten zu ver- ständigen. iFortsetzung iolgt.) & Erziehung durch Anschauung. Ein wichtiges erziehliches Moment ist die Blumen- und Pflcwzenpslege. Sie erfordert Achtsamkeit, Geduld, Ausdauer und weckt in den Kindern die Freude an der Natur. Gerade die Kinder, welche besonders leb- Haft und dabei unbedacht, ja„wild" sind, können bei richtiger Anleitung dazu gebracht werden, dah sie sich sorgsam und liebevoll niit ihren Pflanzen beschäftigen. Wie leitet man nun die Kinder zur Pflanzenpflege an? Wer iin Besitze eines Stückchens Garten- land ist— etwa in der Laubenkolonie—, ist hier natürlich am besten dran. Er wird feinem Kinde ein kleines Beet überlassen. Das Kind wird dann alles, was es die Eltern auf ihrem Boden tun sieht, nach deren Rat, auf seinem eigenen Beet nach- ahmen. Und es ist wichtig, dah es von An- fang an, soweit es irgend geht, alles selbst tut, daß es. umgräbt, den Dünger eingräbt und seinen Kräften entsprechend wirtliche Mühe dabei hat. Der erziehliche Wert würde ein weit geringerer sein, wollte man dem Kinde das fertige Beet, womöglich schon niit den Pflanzen darauf, zuweisen. Daß „Segen der Mühe Preis" ist, diese Ersah- rung zu machen ist ja gerade eines der Deutsche U-Voote an der amerikanischen Küste: Der Hafen von Rew-Z)ork. Mohrrüben, Petersilie und sonstige Küchen- kräuter werden dem Kinde Freud ? machen. Auch ein paar Erdbeerpflanzen oder eine Tomate, wenn das Land dazu geeignet ist, sind angebracht. Vom bunten Blumen- samen wird Mohn und vor allem die Sonnenblume dankbar sein. Gibt man gleich zu Ansang eine Stiefmütterchen- ->der Tausendschönpslanze, so wird man dem Kinde, das am liebsten gleich etwas sehen möchte, viel Freude machen. Um das Kind lklußer Kampf gefetzte englische Tanks. Ziele bei der Beschäftigung der Kleinen im Garten. Nun beginnt das Säen und Pflanzen. Das Kind möchte am liebsten von allem auf feinem Be.k haben. Da heißt es eindämmen, damit nichts durch ein Zu- viel osrdoiben wird, und doch dem Verlan- gen des Kindes entgegenkommen.?e nach der Größe des Beetes wird man ihm den 'Samen lowohl für einige Blumen als auch für praktische Pflanzen geben. Die Geduld des Kini.es zunächst auf eine nicht allzu große Probe zu stellen, gibt man ihm u. a. etwas Kressesamen(Gartenkresse), der sehr bald aufgeht. Diese Kresie kann man sehr HLbsrfst dazu verwenden, den Namen reip. Anfangsbuchstaben des Kindes in das Beet zu säen. Radieschen, dazu Salat, evtl. anzuspornen, kann die. Mutter ihm feine kleinen Erzeugnisse in der Gemüsezucht. Petersilie usw., für die Küche„abkaufen". Das so verdiente Geld wird gespart und ev wieder zu einem neuen Ankauf für da.' Beet verwendet. Lernt das Kind zugleich über feine kleinen Einnahmen und Aus- gaben Buch führen, so ist ihm dieses sehr von Wert. Daß das Kind fein Beet selbst b-gießt, �as Unkraut usw. ausjätet, ist selbstverständlich.— Wertvoll ist auch das Samenzishen für das nächste Jahr, das man besonders leicht bei der Sonnenblume tun kann. Dem Stadtkind, das keinen Gar- tsn und. kein Fleckchen Erde fein eigen nennen kann, muß der Balkonkasten Ersatz sein, und wenn es auch diesen nicht hat, muß ihm ein Blumentopf auf dem Küchen- breit oder auf dem Fensterbrett doch we- mgstens die Möglichkeit geben, ein klein wenig in der Pflanzenpflege tätig zu lein. Man hat in den letzten Jahren den Schul» lindern wiederholt Pflanzenstecklinge in Blumentöpfen zur häuslichen Pflege über- geben und dabei zum Teil überraschende Erfolge erzielt. Auch die Pflanzen pflege, die in pädagogischen Anstalten selbst, in Schulen und Kindergärten'geübt wird, hat ihren Wert bewiesen. Die Pädagogen Pestalozzi und Fröbel weisen in ihren Schriften immer wieder aus den er- zieherischen Wert der Pflanzenpslege bin. Und wenn �größere Schulgemeinden ihren Kindern„Schulgärten" zur Bearbeitung zuweisen, wie es zum Beispiel Charlotten- bürg(die Nachbarstadt Berlins ) getan hat, so fußen sie dabei auf den Grundsätzen der Volkserzieher. Was kann nun das Stadtkind ohne Garten tun? Es kann auf dem Balkon im cholzkasten Petersilie, Dill, ja Tomaten ziehen. Es kann bunte Feuerbohnen und Erbsen pflanzen oder bunte Kapuzinerkresse und wohlriechende Wicken. Legt es den Bohnen- oder Erbfensamen vor der Aus- faat ein vaar Tage in Wasser, so steht es die Entwicklung des Keims und tut e'nen kleinen Einblick in das Wunder hes Wer- denS. Man begnüge sich nicht dafstit. diesem Stadtkind einen beim Gärtner erstan» denen Blumentopf zur Pflege zu geben. Man laste es selbst' etwas säen und Zeuge sein des Ksimsns und allmählichen Wachsens. Die Erfahrungen, die es dabei sammelt,'sind ihm ebenso wichtig wie der Einfluß, den die Pflanzenpslege auf lein Gemüt ausübt. Daß die Gärtnerei, wenn es sich um ein Beet im Freien handelt, auch auf den Körper des Kindes durchaus günstig einwirkt, ist ohne weitere? klar. Gesunde körperliche Bewegung im Freien kann, wenn sie in den richtigen Grenzen bleibt, nicht hoch genug bewertet werden. Im Großstadikinds schlummert, wie in den meisten Großstädtern, die Liebe zur Natur. S'Z muß nur geweckt werden und Nahrung finden. Aus den Briefen der aufs Land ge- schickten Schulkinder tönt z. B. immer wieder die Freuds am Erleben der Natur. Dieses Glück, das den"Landkindern als etwas Selbstverstän'ickies zuiö'l! sollten alle El- tun in der Stadt ihren Kindern mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln zu schaffen suchen.' �-sr.
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35 (14.7.1918) 28
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