soie oue Ben

Nr. 41

Illustriertes Unterhaltungsblatt

1918

Die Gerechtigkeit der Marianne Denier

6rzählung von Ernst Zahn

oft Denier fuhr fort: Unser Wald ift nicht grün wie der da drüben. Schwarz ist er, sieht immer aus mte zornig, während er über den Hütten steht. Bielleicht, weil ihm alle Jahre die Lawinen Löcher reißen.". So warf er alle paar Schritte die Worte hin. Marianne aber

ging die fremde Belt

boch auf, als ob sie mit Augen fäbe. Und es schien ihr etwas baran, was fie anzog, etwas Dunkles und Herbes. Ste empfand plöglich ein Berian gen, diefes Band ein­mal in Wirklichkeit zu fehen.

Ihre Schweigiam­felt fiel dem Urner auf. Unwillkürlich be­trachtete er sie von hinten, wunderte sich über ihre fräftige Ge­stalt, die starken Hüf ten und über das weißblonde, frauje Haar, auch über den Flaum, der auf Stirn und Bangen ihres ge­funden Gesichtes lag und in der Sonne schimmerte.

Ste famen aus den Wiesen an einen Wald. rand, wo der Pfad faum mehr erkennbar war und in scharfem Abfallen sich gegen eine Tallandschaft tentte. ,, Da müßt Ihr hinab. Dortunten liegt der Bahnhof," sagte Marianne. Denier gab

ren, schütternden Schritten den Hang hin. unter. Aber einmal wande er sich um und fah das Mädchen, das ihm nachschaute, noch oben stehen. Unwillkürlich wurde sein Blic scharf und gespannt. Die da oben schien thm etn ungewöhnlicher Mensch. Seine Gedanken beschäftigten sich mit ihr. Aber

Heimkehr

Eichen, dunkle Eichen, Stehen um ein Haus, Grünen und verwelten In der Jahre Braus.

Rauschen, hoch und mächtig, Lieder, ewig jung, Stehn mir alle Tage In Erinnerung.

Sonn' und dunkle Schatten Spielen um das Haus, Heute wie vor Zeiten, Da's mich trieb hinaus.

Heut wie damals Nebel, Wogen und Vergehn, Nur die Menschen gingen, Gag' wohin fie gehn?

ihr ruhig und mit der Ungezwungenheit des älteren Mannes die Hand. Dabei siel ihm auf, wie fest die ihre war und wie kräftig der Drud, mit dem sie die seine faßte.

Auf Wiedersehen auf dem Rückweg, fagte er. Dann schritt er mit seinen schme­

( Fortsegung)

nen das Weggehen vergaß. Es schien ihr auf einmal etwas Seltsames darin zu lie. gen, daß fie einen aus einem Märchen ere wartet hatte und daß dieser Urner gefom­men war. Er erschien ihr im Grunde nüch tern und war ihr gleichgültig, aber ein sons derbares Zusammentreffen war es doch!

Rauschen mir die Eichen, Heut, nach langer Zeit, Steht die ferne Jugend Auf mit Freud und Leid,

Bliden warme Augen, Längst begraben, auf, Fallen Todesschatten Nebelgrau darauf,

Jauchzen Nachtigallen, Die der Garten barg, Streu ich seine Blüten Ueber manchen Sarg.

Doch die alten Toten Ded' ich leise zu, Gag' zu meinem Herzen: Halte still, half' Ruh!

Denn zwei liebe Sonnen Scheinen warm und hehr Neben mir und feine Wärmte je mich mehr.

er grüßte nicht mehr; unnötige Freundlichkeit war bei ihm daheim nicht Art. Rasch stieg er meiter.

Marianne stand lange an derselben Stelle, nicht weil sie den Urner noch immer erbliden tonnte, sondern weil sie vor Sin­

W. Reimes

Bon seinem Lande halte dieser Denter gut zu erzählen gewußti Ste machte sich auf den Heimweg und sah das Land, das er ge schildert hatte, vor sich: den See, der scharf in das schroffe Land schnitt, die leuchtenden Berge und den nacht­haften Bannwald. Sie sah das so deutlich, daß es beinahe war, als schritte sie auf die fremde Gegend zu. Am Abend, als in der Boßhardschen Stube die Stehlampe auf dem sauber abgeräum ten Tische brannte, tam die Rede auf den Gaft aus Uri zurüd. Frau Anna, die strik­fend am Tisch faß, hob von ihm an. Wie da in Uri ein ganz an derer Schlag von Leu­ten wohne als hier im Often! Der Bauer legte ble Zeitung, in der er gelesen, auf den Tisch und schob die Brille an die freundliche Stirn.

Er hat ein An­sehen daheim, der De­nier," jagte er. Er

trägt allerlei Aemter und ist vermöglich." Er scheint freilich ein rechter Mann," meinte die Frau

,, Klug sieht er aus," fügte die nähende Marianne hinzu. Es fiel ihr ein, welch eine starke, weiße Stirn der Urner hatte,