d« peinliche Situation, in der wir uns befinden, welcheeine Ungewißheit hervorruft, die nach allen Seiten hinlähmend wirkt. Positiv ist bis jetzt nur die Ernennungde« Grafen Belcredi zum Minister de« Innern und dasVerbleiben de« Grafen Mensdorff. Erstercr wird sichvon FranzenSbad nicht hieher zurück, sondern»ach Pragbegeben, um vorerst die Geschäfte als Statthalter vonBöhmen weiter zu führen. Sein Portefeuille übernimmter in etwa drei Wochen.Wie sehr wir Recht hatten, als wir wiederholtdie Ansicht aussprachen, man wisse vermuthlichin den leitenden Kreisen zu Wien selbst nicht recht,was man wolle, beweist ein Correspondent der!„Allg. Ztg.", der sehr naiver Weise von hier ausdiesem Blatte schreibt:„Auster wenigen Menschen,welche die intimsten Rathgeber des Kaisers sind,weiß hier Niemand etwas Sicheres und Genaues,und selbst in dem bezeichneten Mittelpunkt allerReichsangelegenheiten scheint sich noch nicht Allesauch nur dem Gedanken nach fest gestaltet zu haben."Der„Kikeriki", ein acht wienerisches Witzblatt,bringt in der neuesten Nummer eine treffende• Illustration zur gegenwärtigen KrisiS. Das Bildi trägt die Ueberschrift:„Einige fürchten, daß auchso ein Fall eintreten könnte" und zeigt den Sit-zungssaal des Abgeordnetenhauses, auf dessen imGanzen leeren Bänken bloß Ungarn mit spitz ge-s drehten Schnurrbärten im Nationalcostüm sitzen.Als Erklärung zum Bilde ist eine Ansprache desPräsidenten an das hohe Haus und die Erwiede-rung dieses letzteren beigefügt. Präsident desAbgeordnetenhauses:„Und so wollen wirdenn hoffen, daß auch die Völker diesseits der Leithaunsere guten Absichten baldigst erkennen, und daßdie bis dato noch leercn Plätze in diesem Hausein kurzer Zeit von den Deutschen eingenommenwerden." Alle Deputirten:„Elsen!" � Esist in der That kaum möglich, den unheilbaren; Zwiespalt, an dem Oesterreich krankt, treffender zu! bezeichnen.—— sZahlungseinstellung.s Großes Aufsehenmacht die Zahlungseinstellung einer der bedeutendsten� Firmen Wiens, des Bankhauses Schuller u. Co.| Dem Vernehme» nach hat ein einziges Geschäft,: die Pesth-Losonczer Eisenbahn, die Katastrophe zu! Wege gebracht. Die Firma bestand seit 170 Iah-ren und ihre Papiere galten als so gut, daß sie,! während der Slaat 80/0 zahlte, jederzeit mit 5%< zu begeben waren.Kiel, 12. Juli. sZur schleswig-holstein-scheu Angelegenheit.s Wie die„Kieler Ztg."hört, hat Konsul Schloßbauer die DüstcrbrockerBadeanstalt definitiv an die preußische Regierungfür 104,000 Thaler zu Marinezwccken verkauft.Wiesbaden,. 12. Juli. sDie Mahlens sindfast sämmtlich zu Gunsten der Fortschrittsparteiausgefallen.Ausland.H. Paris, 11. Juli.[Streben der Arbeiternach Centralisation. Geschichte derGreves.Industrie- Ausstellung von 1867. Euro-päischer Congreß. Dupin.�s Den Produc-'iv- und Consumvereinen wird in ihrem Or-gane„Association" von einem Arbeiter aus der jProvinz der Vorschlag gemacht, ein Centralgeschäfts-Haus zu gründen, welches im Großen sich mit demAnkauf aller Rohstoffe und Materialien für sämmt-lichc Productivassociationen, sowie aller Lebens-mittel und Cvnsumartikel für sämmtliche Consum- 1vereine befasse. Auf diesen Borschlag geht derGerant der ArbeitScreditgesellschaft im neuestenHefte deS erwähnten OrganeS ein, verspricht so-fort die nöthigen Vorstudien zu machen und dieOrganisation einer solchen Centralgesellschaft zubetreiben, welche, wie er hofft, in> nächsten Jahreins Leben treten kann. Dagegen meint er, daßein anderer Vorschlag desselben Arbeiters, nämlicheine Cenlral-Kaufhalle für alle Producte zu er-richten, in welcher zunächst die Productivassocia-tionen ihre Waaren(Producte) gegen BonS ver-werthen könnten, viel zu weitgehend sei, um scbonjetzt an die Ausführung desselben zu denken. Solange in der That die heulige Productionsweisemit ihrem individuellen Austausch noch vorHerr-sckiend ist, sind partielle Eentralisationsbestrebungendeshalb unausführbar, weil der individuelle Austauschsich schon seinen allgemeinen Werthmesser in derForm des Geldes geschaffen hat. So lange derindividuelle Austausch vorwiegend ist— und erwird eö sein, bis die ganze Gesellschaft oder derStaat mit dem ganzen Gesellschaftscapital die Ar-beiterassociationen organisirt— so lange wird nurfür Geld Alles zu haben sein, und so lange ebendafür Alles acquirirl werden kann, werden keineBons das existirende allgemeine Tauschmittcl er-setzen können. Indessen sind jene Vorschläge einesArbeiters, obgleich nicht neu, grade deshalb, weilsie sich so oft und hartnäckig wiederholten, ein Zei-chen von der nicht mehr zu unterdrückenden Ten-denz des Arbeiters nach einer radikalen Umgestal-tung unsrer ganzen ProductionSweisc. Auch sinddie partiellen Centralisationsversuche, selbst wennsie scheitern an der noch bestehenden Macht des in-dividuellen Producirens und Productenaustausches,doch schon eine Vorschule und eine Vorübungfür die zukünftige Arbeiterassociation. Bevor derMensch sich auf seine Füße stellen und gehen lernt,muß er sich eben der Gefahr aussetzen, häufig zufallen, oder um ein andres Bild zu gebrauchen:man kann nicht schwimmen lernen ohne ins Wasserzu gehen. Uebrigens sind es nicht die Associations-versuche allein, welche von der Tendenz unsrer Zeitnach einer Umgestaltung der Produktionsweise Zeug-niß ablegen; alle gemeinsamen Schrille der Arbei-ter, selbst jene zur Erlangung einer Lohnverbesse-rung, sind zugleich ein Vorzeichen und eine Vor-schule:für die bevorstehende sociale Umgestaltung.— In Lyon bestehen gegenwärtig 21 Consumver.eine und 6 Productivassociationen sind in der Stadtselbst noch in der Bildung begriffen; dagegen funk-ticniren in der Umgegend schon längst mehreregroße Productivassociationen; besonders hervorzu-heben ist die Gesellschaft von Beauregard; sie be-sitzt eine Tuchfabrik, eine Bäckerei mit Mühlen, einKohlenmagazin, ein Magazin von Lebensmitteln,ein Krankenhaus und ein Ackergut. Ihr Kapitalbeläuft sich jetzt auf 350,000 Franken.— Der„Siecle" bringt heute, nach einem stenographischenBerichte, eine Vorlesung Andiganne's über die Ar-beitseinstellungen seil 1830 bis zum vorigen Jahre,wo das frühere Verbot der Egalitionei, aufgehobenwurde. Troy des Verbots der Coalitionen habenoft sehr lange dauernde Arbeitseinstellungen statt-gefunden, wobei stets Verhaftungen und Verurthei-lungen erfolgten, die jedoch nicht verhinderten, daßdie Arbeiter ebenso oft, wie heute, ihre Forderun-gen durchsetzten; stets war in der That, wie derVerfasser dieser Geschichte bekennt, das Recht aufSeite der allzuschlecht gestellten Arbeiter.— Einbekannter Naturforscher, dessen geniale Anwendun-gen der neuesten wissenschaftlichen Resultate aufBervollkommung mancher Arbeitsbranchen im Kreiseder Fachmänner, auch in Deutschland, bekannt sind,Herr Silbermann vom College de France, hatin der gestrigen Sitzung der Akademie der Wissen-schaffen einen höchst originellen Vorschlag in Betreffder großen Pariser Industrieausstellung von 1867gemacht. Statt dieselbe an einem Orte in einemeinzigen großen Gebäude aufzustellen, sei es un-endlich nützlicher, meinte er, sie nach den verschie-denen Jndustriebranchen in Pavillons zu verlheilen,welche die ganze Länge der neuen Boulevards ein«nchnicn könnten.— Die Börse war heutesehr animirt. Die Rente ging sehr in dieHöhe. Man versicherte, daß endlich dochder so sehr von hier aus befllrwotete europäischeCongreß zu Stande kommen werde. Die Nach-richt ist von einem englischen Journal der„Pall-Mall-Gazetle" hierher gelangt, und findet hier,wie Sie sehen, ein williges Ohr. Sie wird übrigensFeuilleton.Die Rede des General-proknrators Diipinüber den Lurns.In letzter Zeit wurde viel von einer Rede des Gene-ral-Prekurolors Dupin gesprochen, welche derselbe ineiner geheimen Sitzung des französischen Senate« bei Gele-genheil einer Petition gegen die Prostitution hielt.[Herr Dupin, der die verderbliche» Folgen des Luxus[ vor der Oeffentlichkeit besprochen haben wollte, liest seinei Rede drucken und in einer gewissen Anzahl von Exem-Iplaren vertheilen. Sie lautet:„Meine Herren Senato-s ren! Der Römische Senat hatte auch seine geheimen! üomite's. Jeder erinnert sich der Aufregung, welche- unter den Römischen Damen ein gewisse« geheimes Lo-mite hervorrief, über welches man Cato befragte. Erzog sich nur dadurch aus der Verlegenheit, daß er ihnensagte-„Der Senat hat über die Frage berathen, ob dieMänner mehrere Franen, oder die Frauen mehrereMänner haben sollen." Es war ein Scherz, der in derStadt nicht die mindeste Konsequenz hatte. Ich glaubenicht, daß man durch da« Geheimniß, welche» man fürbie Prostitulionsfrage angeordnet hat, in große Aufre-gung versetzt werden würde; indessen wird sich vielleicht!Jeder sagen, daß, wenn der Senat, der schon seineröffentlichen Tribunen beraubt ist, ein geheimes Comitäin dieser Affaire angeordnet bat, es ohne Zweifel ge-schehen ist, weil ganz außerordentliche Dinge vorgefallensind. Handelt es sich um eine Prostitutions-Gesellschaft,bereit Mitglieder man nicht namhaft machen will, weilin hochstehende Personen in dieselbe verwickelt sind?----Sollen dort Dinge enthüllt werden, welche das Publi-mm nicht kennt? Man wird sich diese Fragen stellen"nuen.... Darin liegt die� Gefahr der geheimen Co-mitö's. Im Grunde genommen, bin ich der Ansicht desHerrn de Boissy. Was der Herr Berichterstatter gesagt,bietet nicht allein keine Gefahr außerhalb des Saalesdar, sondern die Oeffentlichkeit würde sogar von Vor-theil gewesen sein. Es giebt keine» Prediger, dernicht eben so viel sagen würde, aber in wenigerstudirten, weniger gelehrten, jedoch in lebhafteren undbeißenderen Ausdrücken, invem er sich an ein Auditoriumwendet, in welchen er zuweilen diejenigen mehr oder we-niger zn bezeichnen sucht, welche die'Hestigkeit, den heiligen Zorn der Kanzel provozirt haben. Es ist alsdanndie Oeffentlichkeit selbst, welche die Züchtigung, die Er«Mahnung oder das Beispiel ist. Die Religion, die Mo-ral, Jedermann verdammt die Prostitution; darüberherrscht nur Eine Stimme: aber der Staat, wenn erhandeln muß, kann sich nur an die greisbaren That-fachen, an daS, was öffentlich geschieht, an die halten,die Grund zur Bestrafung darbieten. Und dieses hat ergethan. Vor 46-5(1 Jahren— und alle diejenigen,welche alt genug sind, können sich dessen erinnern—promenirte die Prostitution öffentlich in den Straßenvon Paris; im Palais Royal war es nicht anszuhalten;dort war eine permanente Ausstellung; die ehrbarenFrauen wagten selbst nicht einmal, durch dasselbe zu gehen.Dieses alles ist verschwunden; die Prostitution ist in dieHäuser zurückgetreten. Wollen Sie, daß man dort dieProstitution aussucht und sie bis dahin verfolgt? Da«ist schwieriger, und ich werde in dieser Beziehung niirEin Wort sagen, nämlich: daß in den Ländern der In-quisition, wo man überall Zutritt hat, die Prostitutionvielleicht schlimmer ist, als in denen, wo die Toleranzherrscht, von welcher der Gesetzgeber Ludwig der Heiligesich genöthigt geglaubt hat das Beispiel zu geben. Wasliegt aber nun dieser Petition zu Grunde? Die Meinung,»aß unsere Gesetze nicht ausreichen, die Tribunale äugen»scheinlich nachlässig sind und die Polizei nicht ihre Pflicht■ thul. Aber dieses würde zum Uebel der Prostitutionnoch andere ebenfalls große Uebel hinzufügen. Schonjetzt haben die Gesetze Alles festgestellt, was sich in sol-chen Dingen feststellen läßt; die Tribunale haben inihren Interpretationen immer eine große Neigung dar-gethan, den Sinn der Gesetze eher auszudehnen als zubeschränken, nm möglichst viele Fälle zu erreichen, inwelchen die öffentliche Moral beleidigt worden ist unddenen man den Charakter von Bergehen geben kann. DiePolizei, ich glaube es, thul ihre Pflicht, und sie hat von obenbis unten viel zn thnn(Heiterkeit), den» man sprichtvon den unteren Klassen, aber nicht von den oberen, dieschwerer zu erreichen sind, die aber nicht die sind, welchezu erblicken am schwierigsten ist. Man spricht von Cour-tisanen, welche sich an öffentlichen Orten breit machen.Ja, diese würden im Stande sein, in einer glänzendenKarosse die Blicke auf sich zu ziehen. Was thul aberdie hohe Gesellschaft? Sie richtet ihre Blicke aufdieselben, sie nimmt sie zum Muster, und es sind dieseDämchen, welche selbst den Weltdamen die Moden an«geben; sie sind e«, welche man kopirt; dieses ist das Bei-spiel, welches die höchste Klasse der Gesellschaft giebt.Man hat Ihnen von einigen mehr oder weniger gut aus-geführten Phvtographieen zu 5 Sous da« Stück gesprochen. Gehe» Sie in Ihre Theater: es gibt Stücke,die nur eine lebende Schaustellung von Ansang bis zuEnde sind, und welche die Typen von 266 Phvtographieendarbieten, die Alles übersteigen, worüber Sie sich bekla-gen. Es giebt aber noch eine andere Ursache der Prosti-tution— und hier wende ich mich ebenfalls mehr andie hohen, als an die niederen Klaffen, weil das Bei-spiel von oben herab gegeben wird, und viel wenigervon unten nach oben. Ist»ich, eine augenscheinlicheUrsache zur Prostitution die U e b e r t r e i b u n g de« L u x u«,der Exceß der Toiletten, welche Jedermann au«seiner Bahn werfen? Die Allerwohlhabendsten wurden da-