Nr. 158. Berlin  , Sonntag den t. October 1865. Social-Dtmokrnl. Di.s- Z�ng er-�cm. tZglich Organ M Allgemeinen deutschen   Arbeiter-Vereins. R-d-ttio�und Etp-diti-n: Trcsdncrstraße Nr. 85. Ausnahme der San»- und Festtage. Redigirt von I. v. v. Hosstetten und I. B. v. Schweitzer. Abonnements-Preis sstr Berlin   incl. Bringerlohn: vierteljährlich 18 Sgr., mo< natlich 6 Sgr., einzelne Nummern 1 Sgr.: bei den Königl. preußischen Post- ämlern 22'/» Sgr., bei den preußischen Postämlcrn im mchlpreujjilchen Deutsch­ land   18�/« Sgr., im übrigen Deutschland   I Thlr.<fl. 1. 45. slldd., st. I. 5t). österr. Währ.) pro Quartal. Bestellungen werden auswärt  « auf allen Postämtern, in Berlin   auf der Expedition, von jedem soliden Spediteur, von der Expreß-Compagnie, Scharrenstr. 1, sowie auch unentgeltlich von jedemrothen Dienstmann" entgegen genommen. Inserate<in der Expedition auszugeben) werden pro dreigespalleue Petil-Zeile bei Arbeiter-Annoncen mit 1 Sgr., bei sonstigen Annoncen mit 3 Sgr.«»-rechnet. Agentur siir England, die Colonieen und die überseeischen Länder: blr. Bender, 8. Little New-Port-Street, Leicester-Square W. C.   London  . Agentur für Frankreich  : G. A. Alexandre, Strassbourg  , 5. Rae Brulee; Paris  , 2. Cour du Commerce Saint-Andre-des-Arts. Bestellungen für das vierte Quartal wer- den fortwährend(auswärts auf den Post- ämtern) angenommen. politischer Cheil. Berlin  , 30. Sept. Die Unfähigkeit der Bourgeoisie zur Lösung der deutschen   Frage tritt, wie wir schon mehrfach bemerkt haben, immer dentlicher hervor. Wir haben in dieser Beziehung heute mitzutheilen, daß auf einer Zusammenkunft der braun schweigt scheu Abgeordneten zu Wol- fenbüttel, bei welcher nian über den Besuch des Abgeordnetentages berieth, folgende Resolution gesaßt wurde:Ohne die Mittel Preußens zur Er- reichung seiner Zwecke billigen zu wolle», finden die unterzeichneten Abgeordneten doch keinen Grund, gegen die Stellung, welche Preußen in den Her- zogthümern im Interesse Deutschlands  (?) einnimmt, Protest zu erheben." Redensarten! Habt doch wenigstens den Muth, ohne Berclausulirung zu er- klären, daß Ihr nicht zur deutschen, sondern zur preußischen Partei gehört. Es wurde beschlossen, daß diejenigen Mitglieder, welche den Abgeordneten- tag besuchen werden, dort eine Erklärung in diesem Sinne abgeben sollen. Der preußische Abgeordnete Twesten hat ein großes, überaus langweiliges Schreiben an Herrn' l)r. Müller, Borsiyenden der SechSunddreißiger, gerichtet. In diesem Schreiben wird erklärt:Wir ziehen jede Alternative einer Niederlage des preußischen Staates vor." Mehr brauchen wir nicht zu wissen. Aber wie, Herr Twesten, können Sie Sich unterstehen, Sich irgendwie noch in die deutsche   Sache einzumischen. Wirken Sie mit dem Grafen v. Bismarck   für Preußens Größe. Da ist Ihr Platz. Die deutsche Frage aber behandeln Sie nächstens weder in Reden noch in Briefen. Sie sind ein Preuße, kein Deutscher. Aber mit demselben Recht, wie Sic Preuße sein wollen, will der Oesterreicher Oesterreicher, der Bayer Bayer, der Nassauer Nassauer sein.Ich ziehe jede Alternative einer Niederlage Oesterreichs  vor" kann der Oesterreicher mit demselben Rechte sagen, wie Sie Ihren Ausspruch gethan. Und unser großes, gemeinsames Vaterland, unser Deutschland   wo bleibt unser Deutschland  bei diesem Particulargcist? Ein traurig erbärmliches Bild in der That, das in diesem Augenblicke die deutsche   Bourgeoisie ge- währt! Jahre lang haben sie sich alsdeutsche  Männer" in tausend Versammlungen breit ge-, macht und jetzt erweisen sie sich in kläglichster Weise als Preußen, Oesterrcichcr, Bayern   u. s. w Die deutsche   Bourgeoisie, das sollte jetzt selbst für den blindesten Politiker feststehen, kann für die deutsche  Einheit zwar große Worte machen; nicht aber vermag- sie Angesichts einer ernsten Lage über den preußi- scheu, österreichischen, bayerischen u. s. w. Particu- lariSmus hinauszukommen. Mit Einem Wort: ! sie ist schlechterdings unfähig zur Lösung der deutschen   Frage und sollte wenigstens so viel Ehr- gefühl haben, die große nationale Sache nicht durch elendes dynastisch-partikula- ristisches Gezänke vor ganz Europa   lächcr- lich zu machen. DasKob. Tageblatt" schreibt in diesem Betreff und dieRhein  . Ztg." druckt es ab: Zu dem am 1. October statlfiubenden Abgeorbneten- lag in Frankfurt   werden, wie wir schon berichtet haben, dieliberalen" Preußen nicht kommen(die reactionären kommen so nicht), worüber selbst Prof. Biedermann, ein ; anerkannter Freund der immer beliebter werdendenpreu- ßi scheu Führung," einen herben Tadel in derDeutschen Allg. Zeitung" ausspricht. Daß die Oesterreicker nicht kommen, ist begreiflich. E« sind nuractive," nicht auch gewesene, Abgeordnete znläsfig(eine Bestimmung, die man Angesichts der Lage sofort ausheben sollte)*) und die österreichischen Abgeordneten sind durch den neuesten Staatsstreich, milsammt ihrer Verfassung, außer Dienst gesetzt. Aber auch in anderen deutschen   Staaten, wie z. B. in Kurheffen, rüstet sich der sogenannteliberale" Theil der Abgeordneten zum nicht Kommen. ES ist der natürliche Widerwille dieser Herren gegen alle« was mehr ist, als Redensart und dann die Doctrin vomallein selig machenden Preußenlhum," wodurch schon einmal die nationale Bewegung in Deutschland   zu Grunde gerichtet worden ist. Alles schon dagewesen, sagt'Ben Akiba. Wir erleben bei dem Abgeordnetentage in Frankfurt   jetzt nur eine anderwcite Auflage der Parlaments- und Fahnenflucht von 1849. Da ist der Nagel auf den Kopf getroffen; die- selben eitlen Prahler und widerlichen Schwätzer, die im Jahre 1849 nach Gotha   ausrissen, um die Sache der Nation an das preußische Königsthum zu verrathen, das ihnen bekanntlich den berühmten Fußtritt gab diese selben Leute verrathen wie- derum Deutschlands   Sache um ihrer fixen Idee von derpreußischen Spitze" willen. Aber für immer und ewig ist ihre Rolle aus- gespielt. Sie mögen für das reaclionärc Großpreußen- thum wirken, so lange sie wollen was aber nicht mehr gelingen wird ist dies: das Groß- preußenlhum mit der nationalen Sache zu verwechseln. Ein einiges Deutschland  ! nicht:Ein großes Preußen,"Ein großes Oesterreich,"Ein großes Bayern  " u. s. w. ist der Ruf des deutschen  Patrioten hier in Berlin   so gut wie in Wien  , in München   so gut wie im kleinsten Dorf. Man lasse den preußischen General   v. Man- teuffel ruhig die deutsche Fahnein den Koth treten." Das trägt zur Klärung der Ge- gensäye bei. *) Ist gar nicht nöthig! Dieser Formelntram ist lächer-. lich. Wer sollte sich unterstehen, einen biöheri- g� n österreichischen Abgeordneten in Frank furt zurückzustoßen? Deutschland  . * Berlin  , 30. Sept.(Zu den preußischen Preßzuständcnj erklärt dieRhein  . Ztg.", nach zwei ConfiScationen hintereinander, a» der Spitze des Blattes wie folgt: Auch die Nr 271 der Rhein  . Ztg., erste« Blatt, ist heute Na-bmittag von der hiesigen Polizei mit Beschlag j belegt. Die Ursache ist uns wieder nicht mitgetheilt. Daß diese Methode, dem Beschuldigten die Ausfindnng seiner Miffethaten zu überlassen, selbst mit den geringen Ansprüchen, welche man in Preußen noch an die ver- sassungSmäßige Prcßfreiheit macht, nicht wohl vereinbar ist, liegt wohl auf der Hand. Die Redaktion ist nicht einmal im Stande, nach Entfernung de« der Polizei an- stößigen TheileS eine neue Ausgabe zu veranstalten. So nähern wir nn« immer mehr den franzöflscheu Preßzn- ständen,*) die freilich nach Versicherung der Kölnischen Zei- lung noch keineswegs die schlimmsten sind. Selbstverständlich gehen auch an andern Orten die ConfiScationen fortwährend ihren Gang. (DaS feudale Prcußenthum gegen das nationaleStrebenDeutschlandS. j Die neuestenMilitärischen Blätter" enthalten folgenden Artikel: Verschiedenen Zeitungen zufolge soll der General- ' Lieutenant von Manteuffel in einer Ansprache au öfter- reichische O'fiziere in Kiel   geäußert haben:Aus Schwarz- weiß und Schwarzgelb entsteht eine Trikolore, welche die einzig wahre, in den Hcrzoglhümcru allein berechtigte ist- I Für sie stirbt jeder brave österreichische und preußische Soldat sehr gern. Eine andere Trikolore zieht e« freilich, die aus dem Koth des Jahres 1848 hervorgegangen ist, aber diese, das Symbol des Ausruhrs und Vcrraths, verdient, daß sie wieder in den Koth getreten werde." Wir wissen nicht, ob Seine Excellenz sich so geäußert bat, wir hegen sogar entschiedene Zweifel, daß die Worte des Generals von den Journalen korrekt wiedergegeben worden sind; wenn aber dieBollszeitung" daran die Frage knüpft:Wir fragen Herrn v. Manteuffel, was denn die Trikolore von 1848 bedeutete, als er selber sie am Helme trug?" so hätte sie sich die Antwort hierauf bereit« im Voraus nach dem 18. März 1851, als da« Ablegen der bunten Kokarde besohlen worden war, von jedem Soldaten auf der Straße holen können. E« wurde dies in der Armee ganz allgemein kurz und ein- fach bezeichnet:Die Helme sind wieder propper ge- worden." Die schwarz-roth, goldene Trikolore von Ber- lin, Dresden   und Frankfurt  , sie hat uns in der Pfalz  und in Baden   entgegen geweht; sie hat früher mit Deutschland   niemals etwas zu thun gehabt und ist auch gegenwärtig thatsächlich nur das Symbol der revo­lutionären Parteien in Deutschland  . Ein ehrenhafter Soldat wird sich nun und nimmermehr zu diesen von Hause aus entweihten Farben bekennen. (Der Ausschuß des Nationalvereinsj, welcher seit dem 28. d. in Frankfurt   a. M. ver- sammelt ist, hat am 29. beschlvssen, die diesjährig« Generalversammlung Sonntag den 29. und Mon- tag den 30. Oktober bier in Frankfurt   abzuhalten Dies wird unter alle» jämmerlichen Schauspiele" wohl das jämmerlichste werden. Diedeutscht *) Warum denn auch nicht? (Anm. d. Red. de«Soc.-Dem-)|