Nr. 172. Berlin  , Mittwoch den 18. Ottober 18«S. Socml-Dcmollmt. Diese Zeitung ersiieint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Organ des Allgemeinen deutschen   Arbciter-Bereins. Redigin von I. 8. v. Hofstetten und Z. B. v. Schweitzer. Redactivn und Expedition: Berlin  , Dresdnerstraße Nr. 85. Abonnements-Preis slir Berlin   incl. Bringerlohn: vierteljährlich 18 Sgr., mv- natlich 6 Sgr., einzelne Nummern 1 Sgr.; dei den Kilnizl. prenßilchen Post- ämtern Sgr., tei den preußischen Postämtern im nichtpreußischeu Deutlch- lanb IU/< Sgr., im übrigen Deutschland   I Thlr.(st. I. ib. südd., st. 1. 50. österr. Währ.) pro Quartal. Bestellungen werden auswärt  « auf allen Postämtern, in Berlin   am der Expedition, von jedem soliden Spediteur, von der Expreß-Eompagnie, Scharrenfir. 1, sowii auch unenlgelilich von jedemrothen Dienftmann" entgegen gcnominen. Inserate< in der Expedition anszngeben) werden pro dreigespaltene Peiit-Zeile be> Arbeiter-Annoncen mit l Sgr., bei sonstigen Annoncen mit 8 Sgr.>>,rrchuet. Agentnr für England, die Eolonieen und die überseeischen Länder: blr. Bender, 8. Little New-Port-Street, Leicester-Square W. C.   London  . Agentur für Frankreich  : G. Ä. Alexandre, Strassbourg  , 5. Rue Brulee; Paris  , 2. Coor du Commerce Saint-Andrii-des-Ärts. Bestellungen für das vierte Ouartal wer- den fortwährend(answärts auf den Post- ämtern) angenommen. Erklärung« In der neuestenKölner Zeitung" liest man unter Berlin  , 15. Oct.: Der Wiener  Presse" wird geschrieben:Neulich er- zählte dieElbers. Ztg.," daß eine feudale Subscription sUr zwei hiesige Social-Demokraten im Gange sei. Enl- rüstet sprangen die Herren v. Schweitzer und v. Hosstel- te», Redacteure de«Social-Dcinokrat", i» die Höhe und erklärten etwas voreilig, daß dies pure Verleumduiig sei. Tie Elberfelderin rectificirte, so gut es ging, und wurde dafür nochmals der Verleumdung beschuldigt. Nu» de- richte» Berliner   Eorrespondenzen in Provinzblättern, daß in einem hiesigen Redaction«« Bureau eine solche Sub- scriptionsliste vorgelegt wurde. Sie circulirte unter den höheren Beamten mit der Weisung, daß eine maßgebende Person in der Regierung die beiden Herren Prolegire und die Verbesserung ihrer sociale» Stellung wünsche. So charakteristisch diese Thatlache für unsere Zustände iind Personen ist, so darf doch nicht»»erwähnt bleiben, daß ein feudales Mitglied des AbgeordnelenhanjeS die Subscriptionsliste mit Entrüstung zurückwies und sich gegen die Bermifchung der conservaliven mit der social- demokratischen Partei verwahrte." Wkan hätte eS in der Tbat nicht für möglich ballen sollen, daß die Redactione» zweier großen Blätter, von denen nian glauben sollte, daß sie einigermaßen auf ihren Ruf dedacht seien, den« traurigen Beispiel derRhein  . Ztg." folgend, eine Berleumdung wiederholen würden, die sich de- reit? durch das ausdrückliche Zngcständniß des ur- sprünglichen Erfinders der Berläumdung als solche erwiesen hat. Jndrssen ist unglaublicher Weise gesche- den und die Sache muß jetzt bis auf's A e n ß c r st e z u ni öffentlichen und privaten Ausirag gebracht werden. Wir Unterzeichneten erklären hiermit auf Ehren- wvrt, daß wir verläumdct worden sind, und wir fordern vor der ganzen Ocffentlichkeit die elenden Berlänrnder auf, sich zu nennen, damit wir sie zur Rechenschaft ziehen könne». Es wäre eine uner- hörte, eine beispiellose Feigheit, wen» die anonyme» Berläumdcr dieser anStrücklichen öffentlichen Pro- Lokation zweier Männer gegenüber nicht aus ihrem Berstccke hervortreten würden. Tie gefammtc Presie aber, die conservalive wie die liberale, ersuchen wir, mil äußerstem Nachdruck auf Klarstellung des Sachverhalts dringen zu wol- len, da es im allgemeinen Interesse liegt, einem feigen Lügensabrikationssystem ent- g e g e n z u t r e t c n. Insbesondere möge sofort diejenige Redaction sich nennen oder nanrhaft geniacht werden, bei wel­cher die fragliche' Snbscriplionslrstevorgelegt" worden fein soll. I. B. r. Hofstetten. I. B. v. Schweitzer. Vortrag vor dcr allgrmriiirit Ärbritrr-Vrrsammliing in der Berliner  Alhambra  ", am 15. October l. I. (Mit einiger AuSseilung nach stenograph. Aufzeichnung.) Meine Herren! Als ich am vorigen Sonntag den Borlrag, welcher den Zweck verfolgte, die hauptsächlichsten Unrichtigkeiten in dem vorangegangenen Bor­trage des Herrn Schulze- Delitzsch   als solche nachzuweisen, beendet hatte, da stellten Sie an mich eine Reihe von Fragen und Interpellationen, aus welchen ich entnahm, daß Sie von mir zweierlei zu wifsen wünschten: Erstens: Was denn eigentlich der Socialismus wolle, wie er sich die Gesellschaft und den Staat der Zukunft denke. Zweitens: Auf welche Weise man auf friedlichem Wege den jetzigen Zustand in den beabsichtigten hinüber zu führen für möglich erachte. Deni entsprechend wird sich mein heutiger Vor- trag, welcher de» Zweck hat, diese beiden Fragen zu beantworten, i» zwei �ilften theilen: in der ersten werde ich Ihnen auseinandersetzen, was wir überhaupt wollen und bezwecken; im zweiten Tbeile werde ich die Mittel zum Zwecke behandeln. Insbesondere werde ich Ihnen in diesem zweiten Tbeile den meisterhaften Borschlag �assalle's, wie der jetzige Staat auf friedliche Weise in den social-dcmckratischcn binüberzuführen sei, entwickeln. -Ich gehe zum erste» Theile meines Bortrages über. Gestatten Sie mir eine Borbemerkung: Sie haben mir für diesen ersten Theil meines Vortrages eine schwere Aufgabe gestellt, eine Auf- gäbe, die weit schwieriger ist, als es den Anschein bat; denn ich muß, um diese Aufgabe zu lösen, eine ganze Reihe von Erkennlnisien, welche selbst die Ergebnisse langer Gedankenketten sind, ich muß die Leistungen großer Denker auf dem Gebiete der BolkSwirlblchast und endlich auch die Früchte eigenen Nachdenkens ich muß dies Alles in dem kurzen Zcitrauni einer halben Stunde in wenige Sätze zusammenpressen. Und doch muß ich Vieles, was in engem Zusammenhange mit Gesagtem steht, zu- rückdrängen, damit der Zuhörer nicht gewissermaßen überfluthet werde; ich muß mit einem Wort, was der Gegenstaub einer langen Reihe von Borträgen sein sollte, in einem einzigen einfach und faßlich vor Sie stellen. Ob die Ausgabe mir gelinge» werde, ich weiß es nicht das aber verspreche ich Ihnen, daß ich mein Möglichstes thun und daß ich insbe- sondere mir jener wissenschaftlichen Ruhe vorgehen werde, die Sie aus meiuem vorigen Bortragc kennen. Zur Sache selbst übergehend, in»ß ich damit beginnen, vor einem Mißverständnisse zu warnen. Man hört fortwährend die Ausdrücke s Schulzeanismus" und Lassalleanismus". Schulzeancr" undLassalleaner" u. vgl. M. H> ich habe nichts dagegen, wenn man unter SchulzeanisniuS" verstehen will diejenige große volkswirthschaftliche Richtung, welcher Schulze an- gehört, und unterLassalleaniSmus" diejenige große volkswirthschaftliche Richtung, welcher Lassalle an- gehörte. Allein, in. H., bei Manchem könnte durch diese Ausdrücke die irrige Meinung entstehen, alS hätten gewissermaßen diese beiden Männer eCoas völlig Neues erfunden, während doch dies weder der Fall ist, noch derartiges der Fall sein kau»- Wir stehen bestimmten volkswirthschaftliche» Ber- hällnissen gegenüber; die Gefammtheit dieser volks- ivirthschaftlichen Verhältnisse erfährt seit lange zwei von einander grundverschiedene BeurtheilungSweisen BeurtheilungSweisen, welche von den Verhält« nissen mit innerer Nolhwendigkeit bestimmt werden. Auf beiden Seiten haben gestanden und stehen große ! Denker und praktisch wirkende Männer. In jeder der beiden Richtungen kann dieser oder jener sich auszeichnen. Aber nicht nach einzelnen Personen, und seien ihre Leistungen noch so groß und beben« lend, kann man, wenigstens in der streng wissen« schaftlichen Sprache, jene Richtungen bezeichnen. Diejenige Richtung, welcher Schulze angehört, die jetzt herrschende volkswirthschaftliche Schule, pstejss man die Bourgeoiöökonomie zu nennen; diejenige Richtung, welche Lassalle verlrat, kann Arbeiter« oder Socialökonomie genannt werden. Nicht uw SchulzeanisniuS und LassalleaniSmus handelt es si� also in der Wissenschaft, sondern um Bourgeois' Oekonoinie und Arbeiter-Oekonomic. Betrachten wir zunächst die Dinge im Sinne jener ersteren, im Sinne der Bourgeois-Oets« nomie, um hierauf, auf Grundlage des Voran« gegangen, die Verhältnisse im Geiste der Arbei« ter-Oekononiie zu beleuchten. M. H.! Die Volkswirthfchaft hat es mit ren Werlhen zu thun, und es tritt also zunächst die Frage an uns heran: Was ist ein Werth? entsteht der Werth? M. H.! Der Mensch hat Bedürfnisse verschie« den er Art: er will essen, trinken, wohnen, bekleidet sein, Bücher lesen u. s. f. Jeder Gegenstaud der dazu geeignet ill, ihm ein bestimmtes Bedllrfniß befriedigen, ist für ihn ein Werthgegenstant. ist der Gebranchswcrth, der uns hier entgegen« tritt. Aber, m. H., wenn ich nun in einer bcstimai- len Entwicklungsstufe der Gesellschaft einen solwe» Gebrauchswerlh in dcr Hand habe, will aber»»cht den Gebrauch davon machen, zu dem er für niiät geeignet wäre, sondern möchte irgend ein anderes Bedürfniß befriedigen, so trete i» zu Einem, wel­cher im Besitze desjenigen Gegenstandes ist, des ich gerade haben will, um jenes Bedürfniß i" befriedigen, und sag- zu ihm: Gieb mir diese" Gegenstand, ich gebe dir dafür den mcinige"- Paßt es nun auch diesem Anderen, den Gegenslaut- welchen ich habe, für sich zu erlangen, so werde"