Küstenland selber würde kräftiger, weil es ein grosses Hinterland härte. Gelänge es aber nickt und würde Belgien eines Tages französisch, so Wäre Deutschlands Lage gegenüber Frankreich wesentlich oersckUminerl und auch Holland würde sick der französischen Umarmung auf die Länge nicht entziehen können. Alle Macktverhältnisse wären verrückt zu unserm schwersten Nachiheile. Damit es nun nicht dahin komme, ist es durch- auS nölhig, daß Preußen seinen Pflichten stets treu bleibe. Denn Oesterreich ist ja nicht der Nackbar Belgiens und kann erst an zweiter Stelle für Bel- gien etwas stiachdrückliches thun. So lange Preußen Belgien aufrechthalten will, wird es ausrecht blei- ben. Beginge Preußen, aus kurzsichtig selbstischer Politik einen Berrath an Deutschland und Belgien zugleich(denn Belgien preisgeben, hieße deutsche Interessen schädigen), so wäre Belgien verloren. Das wäre ein verhängnißvoller Schritt, der sick schwer rächen müßte, und darum sind wir sicher, daß er ntchl geschehen wird. Konjektural-Politik haben wir in diesen Betrach- tungen getrieben, was eigentlich eine müßige Sache ist. Der Gegenstand, um ben es sich handelt, ist jedoch von der höchsten Wichtigkeu und darum dünkte eS uns durchaus nicht überflüssig, vor dem Betreten von schädlichen und verderblichen Wegen bei Zeiten zu warnen und die allgemeine Aufmerk- sanikeit aus alles, was nach dieser Seite hin vor- geht, zu schärfen.___ Deutschland . * Berlin , 21. Decembcr.[Die neueste „Provin ziai-Corresponden z"j hält in einem „Heer und Volk" überschricbenen Artikel der Armeereorganisation eine ebenso überschwängliche als sonderbar motivirte Lobrede. Die„Provinzial- Correspondenz" meint nämlich, indem sie einen Vergleich zwischen 1850 einerseits und 1864 und 1865 andererseits anstellt, der Verlrag von Olmütz , „durch welchen Preußen auf die Durchführung seiner Politik verzichtete", sei nur eine Folge des Mangels an eigenem Vertrauen zu Preußens Kraft gewesen, indem sowohl Preußen als auch seine Gegner über« zeugt gewesen seien,„daß die Mobilmachung des preußischen HeereS, bei den damaligen Einrichtun- gen, nicht rasch genug gefördert werden könnte, um den Gegnern zur rechten Zeit die Spitze zu bieten." Dagegen habe die Regierung den Krieg mit Däne- Mark,„die Befreiung Schleswig-Holsteins "„mit unvergleichlicher Zuversicht" in's Werk setzen können, weil sie gewußt habe,„daß Preußens Heer jetzt in eben so viel Tagen kriegsbereit an den Grenzen Preußens und in Feindes Land stehen könne, als früher Wochen dazu erforderlich gewesen seien", und so sei„der jüngste Krieg eine glänzende Reckt« fertigung der neuen Heereseinricktungen" geworden. Die Regierung habe aber, fährt die„Prov.-Corr." fort,„diese Einrichtung von vornherein nickt bloS im Hinblick auf den Krieg, sondern eben so sehr in ihrer Bedeutung für die Wahrung eines ehrenvollen Friedens, für die erfolgreiche Durchführung der Aufgaben Preußens auf dem Wege der Verband- Inng" aufgefaßt. Alles Reden, das Land könne die Opfer der Reorganisation nicht tragen, müsse vor der Gewalt der Tbatsacken immer mehr verstunimen. Die Ehre uud daS Wohl des Landes, so schließt der Artikel, erforderten daher unabweis- lich, daß das Werk des Königs nicht niehr er- schüttelt oder in Frage gestellt werde. —[Die Raihlosigkeit der Fortschritts- Partei,[ lautet die llcberschrift eines weiteren Ar- tikels der„Prov.-Corr.", in welchem diese sich gegen die„Rat.-Ztg." wendet, indem sie ihr In- consequcnz nachzuweisen sucht und behauptet, daß es„ui der Sache ziemlich gleichgültig sei, in welcher Form das Haus seine Mitwirkung zum Zustandekommen des Staatshaushaltes versage," und daß die Regierung sich nicht„an die Form," sondern„an die Sache" halten und danach allein und„nach der Rücksicht auf das wahre Landes- wohl" ihr Verhalten einrichten werde. —[Zum Handelsvertrag des Zollvcr- eins mit Italien , j sagt die„Prov.-Eorr." eö sei vor einigen Tagen ein Rundschreiben der preu- ßifchen und der bayrischen Regierung an alle Staa- ten des Zollvereins abgegangen, durch welches den- � selben bereits der Entwurf des abzuschließenden Vertrages mitgetheilt werde. Derselbe entspreche durchaus den früher mit England und Belgien ab- geschlossenen Verträgen, so daß Italien und der Zollverein sich(ohne besondere Tariferörternngen) gegenseitig die Vortheile der meistbegünstigten Na- tionen zugestehen würden. DaS Rundschreiben lege den Regierungen daS bedeutende Interesse des deut- scken Handels an der schleunigen Erledigung der Angelegenheit dringend ans Herz. Der Vertrag solle außer von Preußen und Bayern zunächst auch von Baden und vermulhlich von Sachsen mitunter- zeichnet werden. Die preußische Regierung glaube der baltigen Zustimmung der Zollvcreinsregierungen entgegensehen zu dürfen. —[Herr C. W. Tölcke und dieLeipziger Polizei.] Durch die Blätter läuft nachstehende Notiz: Leipzig , l7. Dec. Die Anerkennung de« Herrn Tölcke in Iserlohn als Präsidenten des Altgemei« neu denschen Arbeiterverein« ist dem hiesigen Zweigverein von»eilen unserer Polizei nicht gestaltet worden, da derselbe, als mehrfach bestraft, nicht als im Vollgenuffe der bürgerlichen Ehrenrechte betrachtet wer- den könne. Zum so und so dielten Male sei beiläufig be- merkt, daß es keinen„Leipziger Zweigverein," son- dern nur einen„Allgemeinen deutschen Arbeiter- verein" für ganz Deutschland giebt, der seine» Sitz in Leipzig hat. Was aber Herrn Tölcke und die Leipziger Polizei betrifft, so sei darauf hingewiesen, daß sich Herr Tölcke erst in Nr. 222 unseres Blattes gegen eine ähnliche Behauptung der„Zeitung für Norddeutschland" verwahrt hat, und daß er ohne Zweifel ein Gleiches auch gegen- über der Leipziger Polizei thun wird. UebrigenS ist nickt zu begreifen, was, die Thatsache einer preußischen Bestrafung, lediglich fallsctzungsweise zugegeben, mit den sächsischen Gesetzen zu thun hätte. * Wien , 18. Dez.[Die kaiserliche An- Wesenheit in Pesth . Kaiserliches Hand- schreiben. Ungarische Landtags-Deputa- tion. Pesther Juden-Deputation. Schmer- ling im böhmischen Landtag.] Der Aufent- halt des Kaisers in Pesth wird noch um einige Tage verlängert werden. Der Kaiser reist am 20. Decbr. Abends 10 Uhr ab und trifft am 21. Dez. früh 4 Uhr in Wien ein.— Ein kaiserliches Handschreiben an die Bevölkerung von Ofen und Pesth spricht die Gefühle der Anerkennung„für die Be« weise treuer Anhänglichkeit und musterhafter Ord- nung aus." Der Kaiser scheidet„mit erhöhtem Ver- trauen und Hoffnung baldiger Wiederkehr, von dem festen Glauben beseelt, daß diese frohen Tage den Beginn einer segensreichen Zukunft bezeichnen werden."— Eine ungarische Landtags-Deputa- tion wird sich nach Wien begeben, um die Kai- serin zum Besuche der ungarischen Hauptstadt einzuladen.— Zu der Pesther Juden-Dcputa- tion äußerte der Kaiser, er hoffe die Besserung der Verhältnisse der Inden in Ungarn sei nahe. — 20. Dec. Telegraphisch wird von hier gemeldet: In der heutigen Sitzung des böhmischen Landtages legte Schmerling sei» Mandat nieder und moti- virte diesen Schritt durch die Erklärung, daß die von dem Vertreter der Regierung bei der Adreßdebaltc über den Reichsrath gemach- ten Bemerkungen ihm als Mitglied des Abgeordnetenhauses nicht gestatteten, fer- ner seinen Landtags sitz einzunehmen. * Hannover.[Neue Ordensstiflung] Um einem schreienden Bedürfniß abzuhelfen, wurde „zur Erinnerung an den denkwürdigen Tag(Jubi- läumSfest in OstfrieSland ) und an die Erbverbrü- dernng zwischen dem Eirksena'schen und rem Wel- senhause von 1691" vom Könige»die Gründung eines besonderen Ordens, der Ernst-August-Orden benannt, in Aussicht gestellt. * Elbhcrzogthümer.[Heerwesen. Herr v. Nk ante» fiel und die verbotenen Zeitungen. Eine Annonce. Berkauf von Sckan- zenländereien.] Den„Altonaer Nachrichten" zufolge hat die holsteinische Landesregierung die Versetzung der Ente 1863 dänischerseils ausgehe- benen holsteinischen Dienstmannschaften, welche ununterbrochen ihrer Einberufung geharrt hatten, in die Reserveklasse verfügt.— Wie sehr sich Herr v. Mauteuffel für die drei unlängst ver- botenen Zeitungen inleressirt, geht ans nachstehen- der Erzählung dervor, die ans zuverlässiger Quelle stammen soll. Als er vor einigen Tagen Herrn v. Gablenz in Kiel besuchte, soll er sich nämlich im Hotel sofort die„Kieler Ztg.", die„Schlesw.- Holst. Ztg." und die„Zyehöcr Nackr." ausgebeten haben. Letztere, so versichert die Erzählung, waren nicht vorhanden, die andern beiden Blätter wurden ihm sofort gebracht. Die„Schlew.-Holst. Ztg." schien den Herrn Gouverneur besonders zu in- teressiren, denn er äußerte zum Kellner:„Die Zeitung muß ich behalten; hier haben Sie zehn Silbergroschen. Gouverneur und Kellner waren von dem Handel gleich befriedigt.„Wer ein Exemplar einer der drei verbotenen Zeitungen über die Eider mitnimmt, ist der Mitwirkung zur Lerbrei- tung derselben schuldig— sagt Hr. Tiedemann!" — Folgende Annonce ist dem Husumer Wochen- blatt durch den Polizeimeister Stuhr gestrichen worden, unter Androhung der Eonfiscation der be- treffenden Nummer:„Durch Auflösung des hiesigen Kampfgenossenvereins, und durch die mit derselben in Verbindung stehenden polizeilichen Verbote ist den hüifSbedürftigen Soldaten der früheren schlcswig- holsteinschen Armee die vom Vereine gewährte Unter- stützung entzogen worden. Der Unterzeichnete er-' klärt sich nun bereit, etwaige freiwillige Gaben zu diesem Zwecke eatgegenzuuehmcn und zu vertheilen. Emanuel Gurliti."—„So etwas haben wir selbst zur Dänenzeit nicht erlebt!" bemerkt die in Schleswig verbotene„SchleSw.-Holst. Ztg," hierzu. — Aus Schleswig wird berichtet: Der Verkauf von Schanzcnländereien wird fortgesetzt. Jetzt beginnt die Licitation derselben bei Hollingstedt , Dörpstedt und Groß-Rhcide. Die Gebote, die darauf gethan werden, sollen eine bedeutende Höhe erreichen und dem Staate eine nicht geringe Summe einbringen. Ausland. � Paris , 19. Dec.[Tagesbericht.] Die Blätter ergehen sich rührig»i Ergüssen über John- son's Botschaft. Da wir wissen, daß sie sämmtlich nach Instructionen reden, so haben diese Bemer- kungen allen wahren Werth, ben nur eine freie Meinungs-Acußerung hat, verloren. Die„France " aber ist keck genug, dem Präsidenten inS Gesicht zu lachen uud zu äußern: Wenn man die etwas con- fuse Phraseologie dem Dinge abstreife, so ergebe sich,„daß darin, wie gewöhnlich bei amerikanischen Botschaften, nur eine geschickt vorbereitete Jnscene- setzung, um gewissen Parteien zu schmeicheln, ent- halten, daß der Inhalt aber gar nicht so ernst ge- meint sei".— Der Fenierchef Stephens ist auf dem besten Wege, hier der Löwe de« Tages zu werden.— Man behauptet hier, daß sich die Unter- Handlungen wegen der Heirath des Prinzen Hum- beri von Italien mit der Prinzessin von Leuchten- berg zerschlagen haben.— Die„Presse" ergreift heute Partei zu Gunsten des Verstümmelungs- werkes des Luxembourg-GartenS. Dies ist natür- lick, denn Emil Girartin soll sich in der Gesell- schaff befinden, welche die Terrains ankaufen will. — Die wegen der Theilnahme am Studenlencongreß relegirten Studenten briugen ihre Sache vor den Stäatörath, und man ist sehr gespannt auf die Entscheidung dieser Körperschaft. Höchst wahr- scheinlich wird sie die Maßregel ganz orbnungs- mäßig finden, denn ein anderer Entschluß würde der auf ihre Stärke sich so viel zu Gute thuenden Regierung jetzt noch härter ankommen, als das forlgesetzte Scharmüyiren mir deni Quartier Latin und der gesammten öffentlichen Meinung. Gestern wurde Herr Tardieu aus dem Auditorium getrie- ben, heute gab es ähnliche Scenen in der Rechts- schule und später einen Stndenten-Auflauf auf dem Place de l'Ecole de Mcdecine.— Die„Presse" hat wegen der Aufnahme der Studenien-Adresie eben- falls eine Verwarnung erhalten, die jedoch zu spät anlangte, um diesen Abend noch gedruckt werden zu können.— Im auswärtigen Amte ist man schon jetzt mit der Zusammenstellung des gelben Buches, das die diplomatische Correspondenz enthält, und des blauen Buches, das eine llebersicht über die Situation des Reiches und seine Verhältnisse nach
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1 (22.12.1865) 228
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