Nr. 32.Berlin, Donnerstag den 8. Februar 1866.Zweiter Jahrgang.Ncinolirat.Diese Zeitung erscheint täglichmit Ausnahmeder Sonn- und Festtage.Organ der social-demolratischen Partei.Redigirt von Z. V. v. Hofstetten und Z. B. V. Schweitzer.Redaction und Expedition:Berlin,Dresdnerstraße Nr. 85.UbonnementS�- Preis sür Berlin incl. Bringerlohn: vierteljährlich 18 Sgr., mo-natlich 6 Sgr.� einzelne Nummern 1 Sgr.; bei den Königl. preußischen Post-ämrern 22'/» Sgr., bei den preußischen Postämtern im nichtpreußischen Deutsch-!and 18� Sgr., im übrigen Deutschland 1 Thlr.(fl. 1. 45. südd., st. 1. 50. österr.Währ.) pro Quartal.Bestellungen werden auswärt» auf allen Postämtern, in B e r l i n auf der Expedition,von jedem soliden Spediteur, von der Expreß-Eompagnie, Spandauerbrücke 3, sowitauch unentgeltlich von jedem„rolhen Dienstmann" entgegen genommen.Inserate(in der Expedition auszugeben) werden pro dreigespaltcne Petit-Zeile beiArbeiter-Annoncen mit 1 Sgr., bei sonstigen Annoncen mit 3 Sgr. berechnet.Agentur sür England, die Tolonieen und die überseeischen Länder: blr. kenäer, 8. Mittle dle«-?ort-8treet, L�iceater-Lcjuars W. C. London.Agentur für Frankreich: G. Ä. Alexandre, Strassbonrg, 5. Rue Brulee; Paris, 2. Cour du Commerce Saint-Andre-des-Arts.Der todte Schulze gegen den lebenden Lassalle.vi.Bevor wir nun an das Ergebnis, bei welchemwir am Schlüsse des vorigen Artikels stehen ge-blieben sind, wieder anknüpfen, wollen wir dieSache von einem andern Gesichtspunkte aus be-trachten.In den amtlichen Berichten über die Lage desVolkswohlstandes innerhalb der großen industriellenStaaten, in Blau-, Gelb- und sonstigeu Büchern,in Ministerrcden und Gutachten u. s. w. hören wirbeständig die Versicherung, daß der„National-reichthum" im Steigen begriffen sei.Und allerdings— der Nationalreichthum in denindustriellen Kuliurländeru ist in beständigem Stei-gen begriffen— er steigt jährlich um Millionenund Aber-Millionen.Sic begreifen, daß wir Angesichts dieser er-freulichen Thatsache allen Grund haben, uns darüberaufzuklären, was man unter Nationalreichthumversteht.Wir sehen im modernen ProductionSzustandedie Gcsammtheit der Unternehmer gegenüberstehender Gesammiheit der Lohnarbeiter; es tritt unsentgegen die Unternehmerklasse im Gegensatzezur Arbeiterklasse.Was nun zunächst diese letztere betrifft, so ken-nen Tie ja, Herr Schulze, das„eherne Gesetz,"wornach der Arbeitslohn dem Arbeiter nur so vielgewährt, als er zum Leben unumgänglich nöthig hat.Und beachten Sie wohl, Herr Schulze, hierkönnen Sie Sich nicht dadurch helfen, daß Sie aufdie englische Oekonomie und ihre Meister räsonni-ren; denn dieses Gesetz ist ausnahmslos von derpolitischen Oekonomie aller Länder anerkannt, sosehr, daß selbst Ihr Meister Bastiat(Unrni. oecon.)und Ihr zweiter Meister Carey(Essa� on thewages) dasselbe anerkannt haben.Die Lage der Arbeiterklasse ist demnach, kurzgesagt, diese: beständige angestrengte Arbeitohne allen Lebensgenuß und ohne irgendwelchen Vermögenserwerb.Betrachten wir nunmehr die Unternehmerklasse ISie wissen, Herr Schulze, daß der„National-reichthum" in fortwährendem Steigen begriffen ist;Sie sehen ein, ferner, daß dieses„Steigen desNationalreichthums" aus der Thätigkeit der In-dustrie hervorgeht; Sie wissen ferner, daß inner-halb dieser Industrie zwei Klassen einander gegen-überstehen, die der Arbeiter und die der Untcrneh-iner; Sie wissen endlich, daß die eine dieser beidenKlassen, die Arbeiterklaffe, nicht reicher wirb.Es wird Ihnen wieder schwül zu Muthe, HerrSchulze, aber wollen Sie beachten, daß nicht bös-willige Menschenkinder sprechen, sondern die Logikselbst, die unerbittliche Logik.Wenn nämlich der Nationalreichthum immer ImSteigen begriffen ist, die Lage der arbeitendenKlasse aber, nach jenem„ehernen Gesetz," jahraus,jahrein dieselbe bleibt, dennoch diejenige Werthmassc,die das Gestiegensein des Nationalreichthumß aus-macht, nicht auf Seiten der arbeitenden Klasse liegt,— wo also liegt sie dann?Lassen wir die Logik antworten! Die Logiksagt: Auf Seiten der Unternehmerklasse.Dieses Ergebniß setzt uns also nunmehr in dieLage, vorerst noch nicht völlig zwar, aber zumTheile doch, die Begriffsbestimmung vom„Steigendes Nationalreichthums" zu geben.„Steigen des Nationalreichthums" ist nämlich,wie wir gesunde» haben, die Thatsache, daß dieUntcrnehmerklasse immer reicher wird.Wir wissen, Herr Schulze, daß diese Begriffs-bestimmung noch nicht erschöpfend ist— aber beruhigen Sie Sich, dieselbe wird sich in erschrecken-der Weise noch vervollständigen.Wir sind noch immer bei der Unternehmer-klaffe.Wir haben bei der Arbeiterklasse gesehen, daßdieselbe nur des Lebens Nothdurft finden kann;die Unternehmer aber— finden auch sie nur desLebens Nothdurft?O nein! Die Herren Unternehmer fahren inEquipagen, trinken Champagner, essen Austern, gehenin's Theater, wohnen in Villen, reisen nach Paris,kaufen ihren Frauen theuere seidene Kleider, ihrenMailressen Diamanten u. s. w.Die Herren Unternehmer geben also sehr vieljährlich aus—„unproductiv!"Trotz dieser ungeheueren unproductiven Aus-gaben nimmit der„Nationalreichthum" jährlich zu!Wir müssen also unsere Begriffsbestimmung wiefolgt ergänzen:Das„Steigen des Nationalreichthums" bestehtdarin, daß trotz der ungeheueren Werthbeträge,welche die Unternehmerklasse für ihr Vergnügenvorausgabt, dieselbe doch immer reicher wird.Wir wissen, Herr Schulze, daß auch diese Be-griffsbcstimmung noch nicht erschöpfend ist— aberberuhigen Sie sich, es kommt noch Verschiede-nes nach.Wie steht es denn nun aber— so müssen wirinzwischen fragen— mit dem Risico der HerrenUnternehmer?Sje begreifen auf den ersten Blick, Herr Schulze,daß wir uns hier nur insoweit mit dem„Risico"zu befassen haben, als wir einstweilen Folgendesfestzustellen haben:Mag das Risico noch so groß sein bei demUnternehmer A. und dem Unternehmer B., wir, diewir die Unternehmerklasse der Arbeiterklassegegenübergestellt haben, vermögen beim bestenWillen von den Wirkungen jenes Risicos nichtszu entdecken.Der„Nationalreichthum" ist ja in bestän-digem Steigen, die Unternehmer kl a ss e wird fort-während reicher. Mag sein, daß der UnternehmerA. in diesem Jahre 20,000 Thaler verloren hatund ebenso der Unternehmer B., aber der Unternehmer C. hat 50,000 Thaler gewonnen und dieUnternehmerklasse ist um 10,000 Thaler reicher,der„Nationalreichthum" ist gestiegen. UndSie begreifen, Herr Schulze, daß es der Arbeiter-klassc ganz gleichgültig sein kann, in welcher Weisesich der„steigende Nationalreichthum" unter dieHerren Unternehmer verthcilt; was für sie vonInteresse ist, ist vielmehr lediglich die Thatsache,daß jenes„Steigen" nicht ihr, sondern— einerleiin welcher Weise und unter welchen Modalitäten!— nur der Unternehmerklasse zu Gutekomm t.Und hier ist auch die Stelle, wo wir ein Wort-chen vom KapitalzinS reden wollen.Sie könnten nämlich sagen: Ihre Behauptungist nicht richtig; denn die Unternehmerklasse muß jaeinen Theil des Gewonnenen als Zins an die Ka-pitalistenklasse überhaupt abgeben; nur insoweiteiner mit eigenem Kapital arbeitet, fällt ihm auchder Zins zu.Allein, Herr Schulze, Sie begreifen, daß dieseganze Zwischenfrage wiederum für die Arbeiterklasseabermals von sehr wenig Interesse ist. Denn derGesammt- Kapitalzins wird ja aus dein Ertkageder Gesammt-Unternehmungen bestritten; inmittender bürgerlichen Gesellschaft(es war allerdingsnicht immer so) gründet sich der ZinS des Kapitalsdarauf, daß dasselbe in industriellen oder Handels-Unternehmungen nutzbar gemacht werden kann. Nachwelchen Gesetzen die Zinshöhe sich regelt, interessirtunö hier wenig; es genügt festzustellen: daß vondem Ertrage einer Unternehmung insoweit dieselbemit fremdem Kapital geführt wird, ein bestimmterZins an den Kapitalisten abgegeben werden kannund muß.Allein nicht wahr, Herr Schulze, auch das bleibt„in der Freundschaft"; auch damit haben die Ar-beitcr nichts zu thun. Nur insofern haben Siedurch Ihre Einwendung einen Sieg über uns errungen, als wir allerdings nun genöthigt sind,nicht mehr nur von demjenigen Theile der kapital-besitzenden Klasse zu sprechen, wclcber eigene Et«--blissements unterhält, sondern, die Sache verallge-meinernd, sagen müssen:Unter„Steigen des Nationalreichthums" ver-steht man die Thatsache, daß die Kapitalisten-klasse jährlich reicher wird.Auch diese Begriffsbstimmung ist noch nicht er-schöpfend— Geduld!Nach Erledigung dieser Zinszwischenfragc fahrenwir in der Hauptsache fort.Wir waren stehen geblieben bei deni Umstände,daß die Untcrnehmerklasse, oder vielmehr, nach dervon Ihnen veranlassten Erweiterung, die Kapit«'listenklasse, nichts thuend und Austern essend, immerreicher wird und daß die Arbeiterklasse, sich abar-beilend und Kartoffeln essend, nicht vom Platzekommt..Sie könnten protestiren gegen den Ausdruck