Beide Parteien sahen das Gefährlicke wohl ein.wenn sich eine Arbeiterpartei bildete. Man slhwieqim Anfang die Sache todt; als aber trotzdem diePartei entstand und wuchs, suchte man theils dieArbeiter hinüber zu locken, theils die neue Parteizu verdächtigen. Beide große Parteien befitzenKapital und sämmtliihe Blätter stehen in ihremSolde. Die wenigsten Blätter sind, wie die„Kreuz-Zeitung", derartig gestellt, daß sie rücksichtslos dieAnsichten einer Partei vertreten können, nirbeküm-Merl darum, ob dieselben einem Theil ihrer Leserzusagen oder nicht. Die meisten sind reine Ge-schäfte und abhängig von ihren Aktionären oderAbonnenten; sie müssen die politischen und socialenFragen so zugestutzt bringen, daß sie denselben zu-sagen, sonst werden die Waaren für ungenießbarerklärt und das Blatt geht aus Mangel an Ab-nehmern zu Grunde. Alle liberalen Blätter stehenim Solde der Bourgeoisie, die Redacteure sind ge-nöthigt, vor dem goldenen Kalbe zu knieen. Wennnun auch der Philister eine große Ehrfurcht vorGedrucktem hat, und sich gern von dem Blatte,welches er zu lesen gewohnt ist, die politischenFragen zurechtlegen und vortauen läßt, weil ihmdie Bildung fehlt, sich selbst ein Urlheil zu bilden,so hat er doch in socialen Fragen ein sehr feinesGefühl, er merkt schon von weitem, wenn etwasgegen seinen Geldbeutel gerichtet ist und wehe demBlatte, welches eine politische oder sociale Frage sozu lösen versuchte, daß der Geldbeutel des Bonr-geois mehr als bisher in Anspruch genommenwürde. Ist der Redacteur anderer Ansicht, sohilft er sich dadurch aus dem Dilemma, daß erschweigt. DaS Sckweigen, welches die ganze reac-tionäre und liberale Presse gegenüber der Arbeiter-agilation Anfangs beoba-hteie, wurde zuerst vonder conservativen und reactionären Presse gebrochen,die in richtiger Taktik einsahen, daß die sich bil-dende Partei einen Keil in die der Gegner bildete;zugleich begann dieselbe eine Agitation, um die Ar-beiler, in den veralteten Zunftgenossenschaflen, ihrerPartei dienstbar zu machen. Die liberale Parteibrach das Schweigen, als sich die Sache nichtmehr todtschweigen ließ, als ihre Reden als Phrasengebrandmarkt waren, dadurch, daß sie verläumdcteund Thatsachen entstellte. Zugleich pries sie dieEinrichtungen, welche aus ihrem Schooße zumBesten der Arbeiter gestiftet waren, als das Etdo-rado und die einzige Hülse an; jedem Worte,welches ein Schulze redete, standen sämmilicheBlätter zur Verfügung, und bis auf die heutigeStunde mühen sich sämmtliche Blätter und Btätt-chen ab, den Arbeitern zu beweisen, daß ihre In-teressen und die der Bourgeoisie dieselben seien.Von der Partei der Gegner aber wird nicht ein-mal das abgedruckt, was die Bestrebungen z. B.eines Schulze anerkennt. Der Nachsatz der Auer-kennung ist allerdings der, daß diese Hülfe unzu-reichend sei. Woher kommt es nun, daß ein Theilder Arbeiter sich noch immer von de» Phrasen ver-leiten läßt und im Schlepptau der Partei ist, derenInteressen den seinigen in gewissen Punkten schnür-stracks entgegen laufen? Es ist dies nur möglich1) durch die Urtheilslosigkeit, mangelnde Bildungder Arbeiter, die Ehrfurcht vor höherer Bildungund Gedrucktem; 2) dadurch, daß die politischenInteressen mit der Fortschrittspartei in einigenPunkten übereinstimmen, da beide Front gegen denreactionären Feudalstaat machen; 3) dadurch, daßder Arbeiter seine Kraft nicht kennt, sein politisches,staatliches Leben noch zu jung ist. Wenn man ihmheute die Waffe des allgemeinen Stimmrechtes indie Hand gäbe, würde er sie wohl gebrauchen?Wir glauben: ja!— �Ausland.• Paris, 3. März. sTagesbericht: Dergesetzgebende Körper. Herr Tarrieu. DerHabsburg- Hohcnzollern'sche Conflict.Das„Memorial diplomatique." Graf v.d. Goltz. Der kaiserliche Prinz/j In derheutigen Sitzung des gesetzgebenden Körpers legtedie Adreßcommission folgenden Zusatzparagraphenzur Adresse vor:„Wir geben der vom Kaiser inBetreff Deutschlands defolgten Politik unsre Zu-stimmung. Diese Politik der Neutralität, welcheFrankreich den Ergebnissen nicht gleichgültig gegen-üb erstellt, entspricht unseren Interessen." JuleSFavre und Genossen brachten zu diesem Zusatz-Paragraphen ein Amendement ein, über welchesOllivier und Favre sich aussprachen. Der StaatS-minister Rouher gab darauf die Erklärung ab, dieRegierung nehme die von der Commission vorge-schlagenc Fassung an, welche die Politik der Regie-rung billige und zugleich die Freiheit des Handelnsfür die Zukunft dewahre.— Bei der Abstimmungwurde das Amendement Favre mit 218 gegen 21Stimmen verworfen. Ebenso fiel das andere Amen-dement, welches eine Befragung der Bevölkerung inden Herzogihümeru forderte, mit 215 gegen 30 Stimmen. Die von der Commission vorgeschlageneFassungwurde schließlich mit 238 gegen 14 Stimmen angenom-men.— In der gestrigen Sitzung des gesetzgebendenKörpers erging sich der Vice-Prasidenl des Staats-ratheS, Herr Tarrieu, über Deutschland in den wohl-wollendsten und freundschaftlichsten Ausdrücken. DieKatzenpfötchen blickten aber doch durch, und manmerkte es nur zu gut, aus welchen Gründen manofficiellerseitS Deutschland jetzt so zart streichelt.Die Lage der Dinge in Deutschland wurde vonallen Rednern als sehr ernst dargestellt. HerrTarrieu gab sogar zu verstehen/ daß der Kriegzwischen Oesterreich und Preußen fast zn den Wahr-scheinlichkeiten gehöre. Tarrieu war der zweite Re-gierungs-Conimissar, der seit den fünf Tagen, welchedie Acreffe-Debatten dauern, gesprochen hat. Beider allgemeinen Discussion, bei der römischen Fragehüllten sich dieselben in tiefes Schweigen, und alsgestern der Staats-Minister Rouher in dem mezi-kanischen Paragraphen das Wort ergriff, geschahes nur, um zu erklären, daß die Regierung keineMittheilungen zu mache» habe, daß die Kammerdem betreffenden Paragraphen aber doch ihre Zu-stimmung geben solle. DieOpposition murrte, aber dieMajorität war wieder ganz gefügig geworden, und eswurde so ermöglicht, daß diese kitzliche, schlimmeFrage, für welche Jeder seine Waffe geschärft hatte,ohne eine jede Debatte beseitigt wurde.— Nachden gestrigen Kammer- Reden ist der Habsburg-Hohenzollern'sche Conflict wieder ganz in den Bor-dergrund getreten. DaS heulige„Memorial Diplo-matique" stellt die Lage der Dinge auch als sehrernst dar. Es meint, die Beziehungen zwischenden beiden deutschen Großmächten seien äußerst ge-spannt, und meldet als sicher, daß Oesterreich demVerlangen Preußens, den Prinzen von Augusten-bürg aus Holstein zu entfernen, keineswegs ent-sprechen werde. Graf v. d. Goltz, der heute wiedervon Berlin abreisen sollte, ist, wie das„Memorial"ebenfalls meldet, nickt nach Berlin berufen worden,sondern er sei, nachdem Graf Dönhoff ihm De-peschen überbracht, um die Erlaubniß eingekommen,sich nach der preußischen Haupistabt begeben zndürfen.— Der Moniteur meldet, daß der taiser-liche Prinz die Röihcln hat, die Krankheit jedocheinen guten Verlauf nehme und keinerlei Beunruhi-gung, keine Besorgniß errege. Die Krankheit nehmeihren regelniäßigen Verlauf. Das Befinde» desPatienten sei befriedigend. Es werden täglich zweiärztliche Bulletins ausgegeben.Lvndvn, 3. März. jJm Unterhausej bean-tragte Herr Gregory eine Adresse an die Königin,uni sie zu bilten,„ihren Einfluß bei den auswar-tigen Mächten zu dem Zwecke zu verwende», daSPrincip, daß Privat-Eigenthum der Wegnahme zurSee nicht unterworfen fei, zu einer Maxime desinternalionalen SeerechteS zu machen." Es oppo-niren Namens der Regierung der Attorney Generalund der Solicitor General, worauf der Antragnach langer Debatte zurückgezogen wird.Italien. jHandelsvertrag. Die poli-tischen Gefangenen im Kirchenstaate.� Inder Sitzung der Depulirtenkaminer vom 3. Märzwurde der mir dem Zollverein abgeschlossene Hau-delSvertrag mit 186 gegen 16 Stimmen angenom-men.— In der Deputirtenkaminer interpellirteMauro Macccki die Regierung über die politischenGefangenen im Kirchenstaate. Lamarmora erwiderte,er habe unterm 25. Februar d. I. eine Depeschean den Gesandten in Paris, Ritter Nigra abge-sendet, worin er von Neuem auf die Nolhwendig-keit, die Freilassung derselben zu bewirken, hinge-wiesen habe. Die Interpellation war hiermit erledigt.* Spanien.[Die Kriegsrüstungen undder Staatsbankerott. O'Donnel und derBelagerungszustand.j Die spanische Regie«rung läßt eS an nichts fehlen, die Nation mit demGedanken eines langwierigen, kostspieligen Kriegesgegen die südamerikanischen Republiken vertraut zumachen. Die Königin, die seit Jahren für eineWiedereroberung der früheren spanischen Colonieenschwärmt und von Clerus und Camarilla darinbestärkt wird, will es nun einmal so, und O'Donnellhängt zu sehr am Geschäfte, als daß er sein besseresWissen geltend zu machen die Ausdauer hätte. DerMinister-Prästdent legte am 27. Febr. dem Eon«grosse einen Gesetzentwurf vor, wonach für 1866eine Aushebung zum stehenden Heere von 85,000Mann Statt finden soll. Ein Staat, der amBankerotte steht, will 85,000 Mann ausheben!—Der Conseils-Präsident Marschall O'Donnell gabim Congresse die Erklärung ab, daß der Belage-rungs zustand so lange aufrecht erhalten bleibe, bisdie Progressisten- Partei zu conspiriren aufhöre.O'Donnell halte bekanntlich auf die Vorstellung,die Cortes müßten jetzt unter dem Standrechtetagen, betheuert, er würde nach Beendigung desPriin'schen Aufstandes keine zwei Mal vierund-zwanzig Stunden warten, um den BelagerungSzu-stand in Madrid aufzuheben.Donaufürstenthümcr. jDie proviso-risch e Regierung.] Die Gerüchte, daß man inBucharest nun nach der Ablehnung des Grafenvon Flandern sofort einen neuen Regenten ausdem Corps europäischer Prinzen wählen werde—man nennt u. A. den Prinzen Otto von Bayernund den Prinzen Wilhelm von Mecklenburg—,sind nach der Wiener„Presse" unbegründet. Viel-mehr seien die Vertreter der Großmächte in Bucharestbeauftragt, die provisorische Regierung auf dieUnstalthaftigkeit einer neuen Proklami«rung hinzuweiseu, da die Konferenz allein überdie weitere Lösung der Fürstenthümerflage zu ent-scheiden habe. Mit dieser Verzögerung ist freilichauch die Gefahr verbunden, daß die Parteien imLande selbst unruhig werden und die diplomatischenKünsteleien, für die man das Land aufspart, danndurch einen kecken Griff Rußlands zerrissenwerden.Rußland. jDie Rüstungen.] Von derpolnischen Grenze wird der„Augsb. Allg. Ztg."vom 23. d. M. geschrieben:Was will Rußland? Da« ist die Frage, die jetztalle Geister in unserem Osten in Bewegung setzt. ESmarschiren immer größere Truppenmassen nach Podolien,Volhpuien und der Gränze von Galizien, und wennsie von letzterer vorläufig auch»och etwa« fern bleiben,so sind doch alle Vorbereiiungen getroffen, um sie, wenn»ölhig, schnell an ihr Ziel zu befördern. Bei ProSzo-wice ist man bereits beschäftigt, ein große« Cavallerie-Lager einzurichten, und in der Ebene von Mnissow gegendie Weichsel zu, werden Vorbereitungen zu Santonne-meni« für die Infanterie gemacht. Bei Kilce werdengroße Fntter-Vorräthe ausgehäust, und mit der Eisen-bahn-Direction sind Verhandlungen angeknllpst über dieZahl der Truppen, die in einem Tage transportirtwerden können.Es ist sicher, daß Rußland Etwas im Schildeführt.Amerika. fPräsident Johnson] hat dieSanctionirnng der Bill, betreffs des zum Schutzeder Freigelassenen eingesetzten Bnreau's, verweigert;diese Maßregel rief im Kongreß wie in der Be-völkerung große Aufregung hervor.— Der Kongreßhat den Antrag des Reconstructions-Comite's an-genommen, nach welchem kein Südstaatliches Mit-glied im Kongreß zugelassen werden soll, bis derKongreß überhaupt die Repräsentation deö Südensgestattet haben wird.Vercins-Theil.* Berlin, 5. März.(Allg. deutsch. Arb.-Ver-ein.) Von Herrn Münze erhalten wir Nachstehende»mit dem Ansuchen um Veröffentlichung:Verein«- und Parteigenossen!Wie bereit« bekannt, sind mir in meiner Eigenschaftals Bevollmächtigter de« Allg. deutsch. Arb.-Verein« Un-tosten im Betrage von 12 Thlr. 24 Sgr. erwachsen.Da ich nun durch Krankbeit und Arbeitslosigkeit sehrzurückgekommen bin, so richte ich an die auswärtigenMitglieder die Bitte, mir zur Deckung dieser Kosten ihre