Rr. 60, Berlin , Dienstag den 13. März 1866. Zweiter Zahrgavg. Locial-Vtmoliriit. Diese Zeilung erscheint täglich mit AuSnabme der Sonn- und Festtage. 'SK,..... Organ der social-demokratischen Partei. Redigirt von Z. B. v. Hofstetten und I. B. v. Schweitzer. Redaction und Expedition- Berlin , DreSdnerstrafje Nr. 85. Abonnements- Preis t'ür Berlin incl. Bringerlohn: vierteljährlich 18 Sgr., mo­natlich ö Sgr., einzelne Nummern 1 Sgr.'. bei den Königl. preußischen Post- ämtern Sgr., bei den preußischen Postämtern im nichtpreußilchen Deutsch - land 18�/< Sgr., im übrigen Deutschland 1 Thlr.(st. 1. 45. südd., fl. 1. 50. österr. Währ.) Pro Quartal. Bestellungen werden aufwärts auf allen Postämtern, in Berlin am der Expedition von jedem soliden Spediteur, von der Expreß-Eompagnie, Scharrenslraße 1, sowie auch unentgeltlich von jedemrotheil Dienstmann" entgegen genommen. 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Aber, so setzt sie(im conservativen Interesse") hoffend hinzu: vom ehemaligen Alliirten zum Gegner, von dem Aufgeben einer Allianz bis zum Kriege sei noch einweiter Schritt." Das glauben wir auch. Die Offiziöse selbst gesteht es ja zu: Man führt heut zu Tage keine KabinetSkriege mehr. Ohne daß große nationale Interessen ins Spiel kommen, muthet man den Völkern nicht die Opfer zu, welche ein großer Krieg i» seinem Gefolge hat. Freilich hätte sie sich richtiger ausgedrückt, wenn sie gesagt hätte:Die Völker lassen sich derartige Opfer nicht mehr zuinuthcn." Eine Thatsache, die den Regierungen kein Geheimniß ist, weßhalb es den» auch mit dem Kriege, den wir, wie schon oft ge- sagt, von ganzem Herzen wünschten, keine Gefahr hat, wenn auch Preußen fest entschlossen sein mag, seine vorgeblichen Ansprüche auf SchleSwig-Holstein aufrecht zu erhallen, wie dieS Graf Bisniarck neuestens in seiner Antwort auf die Altcnhoser Adresse seier- lichst erklärt hat. Welches AuSkunftsmitlel schließ- lich einen Krieg vermeiden lassen wird, läßt sich bis jetzt noch nicht bestinimen. Sicherlich aber wird man ein solches Auskunftsmittel finden, aber zwi- schen den beiden Mächten wird an die Stelle der seit- herigen Allianz wieder nackt und unverblümt das alte Riv'alitätsverhältniß treten, das, wie die Thalsachen lehren, in Wirklichkeit niemals eine Veränderung er- litten hat. Darauf deutet schon jetzt dieNordd. Allg. Ztg."mit derAukündigun g hin, daßPreußen erneut sein Augenmerk auf dieReform der deutschen Bundes- Verfassung" richten werde, auf ein Gebiet also, auf welchem Habsburg und Hohenzollern sich niemals übereinstimmend begegnen werden, so lange als überhaupt noch von einerBundesrcform" die Rede sein kann. Was aber diese kläglicheReform der Bundesverfassung" betrifft, so wird glücklicher Weise dafür gesorgt sein, daßdie Bäume nicht in den Himmel hineinwachsen." Davor ist uns nickt bange. (Zur Elbherzogthümerfrage� druckt die osficiöseWiener Abendpost" deu Artikel der Prov.-Corrtsp."überdie BeziehungenOesterreicks zu Preußen" ab und macht dazu verschiedene Be- merkungen: Die Anklagen, sagt daS österreichische Blatt, seien ziemlich allgemeiner Natur. Die Prov.-Corresp." habe eS verschmäht, den Beweis für die angeführten Thatsachen anzutreten. Es wäre interessant gewesen, zu erfahren, auS welchen i Thatsachen hervorgehen solle, daß die österreichische Verwaltung in Holstein den Gegensatz gegen Preußen zu ihrem leitenden Gesichtspunkte gemacht habe, und welche Momente in dem Vorgehen der öfter- reichischen Regierung mit dem Begriffe der Bun- deSgenossenschaft unvereinbar seien. Es sei ganz > richtig, daß die Einigung zwischen Oesterreich und Preußen zu Stande kam. weil in ihr eine Bürg- schafl erblickt wurde für die Durchführung des 1 deutschen Rechtes in den Herzogthümern, und eine Bürgschaft für eine kräftige Wiederaufrichtung der deutschen Macht und dcS deutschen Einsiusscs. Im Verlaufe der Darlegung würden jedoch Preu- ßens Ehre und Preustens Interessen in einer Weise betont, welche derProv.-Corresp." selbst die Vermuthung hätte nahe legen können, daß die Forderungen der preußische» Interessen in der Entwickelung der Frage über jene ersten Zielpunkte Hinausgegange» seien. In Betreff der Verwaltung Holsteins babe Oesterreich nur von den ihm durch den Gasteiner Vertrag einge- räumten Rechten Gebrauch gemacht und so wenig es Willens sei, eine Kontrole der preußischen Ver- waltung in Schleswig auszuüben, so wenig könne eS geneigt sein, Preußen diese Krotrolc über seine Verwaltung in Holstein zuzugestehen. Oesterreich habe übrigens eine solche Kontrole nicht zu scheuen, zumal es bei seiner Verwaltung billige Rücksicht auf specifisch preußische Interessen genommen habe. Schon in gewissen Zugeständnissen des Gasteiner Vertrages habe diese Berücksichtigung ihren Aus- druck gefunden und sei überdies für die definitive Gestaltung der Dinge in Aussicht gestellt worden. Die preußischen Interessen aber ohne Weiteres und geradezu mit dem allgemei- nen deutschen Interessen zu identificiren, werde der österreichischen Regierung schwerlich zngemuthet werden dürfen, und, so setze» wir hinzu, ebenso wenig dem deutschen Volke, dessen Interessen freilich durch das Augusten- burgerthuni nicht im Geringsten mehr gefördert sein würden. (DieBreslauer Zeitung", s eines der Haupt-Bourgeoisie-Organe in Preußen, die es sich zur Aufgabe machen, durch(fügen, Verdächtigungen und Verdrehungen der Wahrheit die Arbeiter über ihre wahren Interessen zu täuschen und sie am Narrenseil herumzuführen, enthält in ihrer Sonn- tags-Nummer einen näherer Beachtung werthen, gezeichneten Bericht aus Breslau über Vor- gänge in den dortigen Arbeiterkreisen. Im Ein- gange dieses Berichtes heißt es: Man wird sich erinnern, daß am 23. Februar im Schöße de« Central-Arbeiler-Eomite'« ein unangenehmer Austritt stattsand, so daß die Versammlung polizeilich ausgelöst werden mußte und da« Arbeiler-Eomite insofern sich spaltete, al« ein großer Theil(darunter die über- wiegende Majorität der Vertreter der Fabrik-Arbeiter) sich von dem, von Herrn Hayoke geleitetenEomite" > lossagte. Gestern Abend nun versammelten sich auf Ein- ! ladung der Herren Scheyl und Opitz 21 Vertreter von Fabriken und Gewerke» im Trebnitzer-Hause, um zur Eonstituiruug eine« neuen Arbeiter- Coniite's ,u schreiten. Und ferner: Der Vorsitzende, Hr. Scheyl, äußerte sich hierauf des Nähere» über die Ursachen de« am 23. Februar ausge- brochenen Eonflicte«, und wir konnten nur die erfreu- liche Ucberzeugung gewinnen, daß nicht prinzipielle Differenzen trennend gewirkt habe», daß vielmehr rein persönlichen Vorkommnissen von gewisser Seite Partei- Bestrebungen untergeschoben worden sind. Zurückfuhren lassen sich jene Differenzen auf ein rein privates Zusammentreffen de« Hrn. Scheyl mit dem National- Oekon ome» Hrn. Or. Wil- kens, der sich bereit erklärt hatte, in einer Arbeiter. Versammlung seine, den Mittelweg zwischen Schulze-Delitzsch und Lassallc hal­tenden Ideen über Produktion, Eonsum- lion?c. darzulegen, wogegen man sich von einer j Seite lebhaft gewehrt, ja noch mehr, au« welchem Um- stände man die Partei- Ansichten de« Hrn. Scheyl zu �verdächtigen versucht hatte. Der Ebengenannte präzi- ! sirte den Grund der Trennung zum Schluß i» der Weise, | baß er im Anschluß an seine Erklärung vom 26. Zan.: man solle unabhängig von jeder Partei die Sache der Arbeiter selbstständig vertreten, erklärte: da ein Theil de« Eentral- Arbeiter- Eomils« die« nicht wollte, so sei die Tren- nung erfolgt. Dies sind also des Berichterstatters derBresl. Ztg."nicht prinzipielle Differenzen" und daSrein private Zusammentreffen deS Herrn Scheyl mit dem Nationalökonomen Herrn Or. Wilkensl" Dann fährt der Bericht- erstatter fort: Indem wir an jene Debatte:ob Petition oder Re- solution," erinnern, können wir Herrn Scheyl ganz und gar gegen den ihm gemachten Vorwurf, er wolle einen Theil der Arbeiter einer gewissen Partei in die Arme führen, in Schutz nehme». Wenn auch Lassalle die Association will und zwar aus Grund des allge- meiiieiijStimmrecht« warum soll man aus die- jenigen Steine werfen wollen, die in einer Vereinigung der beste» Schulze'schen und Lassalle'schen Ideen" da» Mittel zur Lösung der socialen Frage erblicken und nicht mit denen zu verwechseln sind, die den Staat als einen großen Arbeitsgeber und eine Pen sions-An stall betrachten undaufKosteneiner verschwindenden Minorität leben möchten? Obwohl über die Nalur der hier in Be- tracht kommenden Verhältnisse in der Haupt- fache nicht im Geringsten in Zweifel, sind wir doch von den persönlichen und lokalen Beziehungen nicht Aenug unterrichtet, um uns eingehender damit be- fassen zu können. Soviel steht jedoch offenbar fest, daß es sich dabei für die Herren Fortschrittler um die Gefahr gehandelt hat, die Breslauer Arbeiter dem bethörenden Einflüsse der Schulze'schen Fabri- kantenpartei entzogen und selbstständig werden zu sehen, um eine für jene Herren geradezu tödtliche Gefahr; denn dann würden ja diese Arbeiter un- zweifelhaft und mit der Zeit ganz von selbst hinter die Lügen und Ränke jener Clique und hinter Wahrheiten kommen, die sie beileibe nicht erfahren dürfen. Indessen sind alle auf Beseitigung dieser