Nr. 83. Berlin , Mittwoch den 18. April 1866. Zweiter Jahrgang. �ocilil-Demokrat. Diese Zeitung ericbeint drei Mal wöchentlich und zwar: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends Abends. Organ der social-demokratischen Partei. Redigin von Z.». v. Hosstetten und I. B. v. Schweitzer. Redaction und Expedition: Berlin , Alte Jakobstrajje Nr. 67. Abonnements- Preis für Berlin incl. Bringerlohn: vierteljährlich 15 Sgr., mo« natlich 5 Sgr., einzelne Nummern 1 Sgr.; bei den Königl. preußischen Post- ämtern 15 Sgr., bei den preußischen Postämtern im niibtprenßischen Deutsch - land 12'/» Sgr., im übrigen Deutschland 20 Sgr.(st. 1. 10. slldd., st. 1. österr. Währ.) pro Quartal. Bestellungen werden auswärt » aus allen Postämtern, in Berlin auf der Expedition, von jedem soliden Spediteur, von der Expreß-Eompagnie, Zimmerstraße 48a, sowie auch unentgeltlich von jedemrothen Dienslmann" entgegen genommen. 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Die ofstcielle Wiener De- batte" vernimmt, daß die Berathungen, zu denen eben mehrere mittelstaatliche Vertreter in München zusammentreffen, bezwecken, vor Allem darüber sich zu einigen, daß auf eine Berathung oder auch nur Feststellung der geschäftsmäßigen Behandlung des preußischen Reform-Antrages nicht früher einge- gangen werden könne, bevor nicht die beiderseitige Demobilisirung der gegen einander gerüsteten Bun- desglieder erfolgte. DiePresse" bringt eine ähn- liche Mittheilung. DieNvrdd. Allg. Ztg." de- mentirt, daß die Parlamentsberufung auf den 1. September beabsichtigt sei; der Termin sei noch unbestimmt. Der Bundesreform- Antrag sei kein diplomatischer Schachzug. kein augenblickliches Aus- kunftSmittel, sondern eme unabweisbare Nothwen- digkeit, ohne welche, wie die Herzogthümer-Frage darthne, Deutschland in Trümmer gehen würde. In Karlsruhe beantwortete in einer Sitzung der zweiten Kammer StaatSminister v. EdelSheini eine Interpellation des Abgeordneten v. Knies in Be- treff der Stellung der Regierung zum preußischen Reform-Antrage dahin: Seit lange gehören, wie bekannt, die Sympathieen und Wünsche der badi- scheu Regierung einer nationalen Entwicklung auf parlamentarischer Basis. Es wird das Betreten dieses Weges daher bei ihr niemals Schwierig- leiten begegnen, sondern im Gegentheile stets auf ihre Unterstützung rechnen können. Den jetzigen preußischen Antrag anlangend, wird die Regie- rung für dessen Jnbetrachtnahme und in so weit also für die Verweisung desselben an einen besonderen Ausschuß stimmen. Der Interpellant beantragte so- dann, die Staatsregierung zu ersuchen, dieselbe wolle für die Herstellung der in Folge des preußi- scheu Antrages vom 9. d. M. zu constituirenden Mitwirkung bei einer Reform der Bundes-Ver-! faffung einzuberufenden deutschen Volksvertretung thunlichst Vorsorge treffen, und die Kammer stimmte, mit Ausnahme dreier Abgeordneten, einhellig zu. i In Preußen klammert man sich neuerdings! tapfer an die sehr grundlose Hoffnung eines Mi- nisterwechselS. Gründe für solcke Vermuthungen will man u. A. auch in einem körperlichen Leiden deS Grafen Bismarck entdecken, das ihn zwang, einen Theil seiner Geschäfte von sich abzuwälzen. Doch werden derartige Gerüchte von den vfficiösen Blättern beharrlich dementirt. Außerdem beschäf- tigt man sich fortschrittlicherseitS noch fortwährend mit Resolutionen gegen den Krieg und neuestens auch gegen die Bismarck 'sche Bundesreform. So »ahm eine am Sonntag hier zusammenberufenc, , sehr zahlreich besuchte Volksversammlung in der Tonhalle einstimmig folgende ihr unterbreitete Re- . solution an: Ei» Krieg zwischen den deutschen Großmächten wäre ein nationales Unglück; nur ein freisinniges preußisches Ministerium würde für die Bundesreform allgemeines Vertrauen finden; den SchleSwig-Holsteinern sei daS Selbstbestimmungs- recht zu wahren, denn letzteres sei allein die sitt- liche und rechtliche Grundlage jeder Staatsform. Unterdessen nehmen die Dinge unbehindert ihren natürlichen Verlauf. Die von derCoburger Ztg." veröffentlichte habSburgische Depesche vom 7. April soll sämmtlichen deutschen Regierungen und den auswärtigen Höfen zugegangen sein. Man hält sie für authentisch. Spätere Erläuterungen sollen auf die friedlichen Versicherungen hingewiesen haben, welche die Depesche trotz der energischen Form ent- halte; aber die Angelegenheit schemt noch nicht er- ledigt. Die Nachricht eines abermaligen Briefes des Kaisers Franz Joseph an den König Wilhelm wird stark bezweifelt. Die Bismarck 'schen Bor­schläge wegen der Bundesreform werden voraus- sichtlich zunächst in dem erwarteten Ausschüsse des Bundestages zu Frankfurt , der wahrscheinlich an- genommen wird, erfolgen. Eine hohenzollern'schc Circulardepesche, welchevasReformprojectden Regie- rnngen schon mitgetheilt hätte, soll keineswegs existiren. Der fortgesetzten Behauptung preußischer vfficiöser Blätter gegenüber kann dieOesterreichische Ztg." wiederholt auf das Bestimmteste versichern, daß bis zur Stunde weder eine ganze, noch eine theilweise Mobilmachung österrcichischerseits beschlossen und daß auch nicht ein einziger Urlauber einberufen wor- den ist. Die in Wien erscheinendeMilitair-. Zeitung" behauptet,Preußen habe niemals an einen Krieg mit Oestereich ernstlich gedacht, es sei vielmehr die Absicht Bismarck'S gewesen, Oester- reich durch allerlei Drohungen zu unnöthigen Aus- lagen, zu kostspieligen Kriegsvorbereitungen zu drän- Se», damit eS sodann, seiner ohnehin sehr mißlichen nanziellen Verhältnisse wegen, in die Nothwendig- keit versetzt würde, sich mit einer Abfindungssumme für sein Mitbesitzrecht an den Herzogthümern be- gnügen zu müssen." Kurz allerwärts faßt man die Situation wieder friedlich auf und giebt deut- 1 lich zu erkennen, daß man eS über das Säbelrasseln nicht hinaus kommen lassen will, wie wir dies immer gesagt haben. Der Habsburgische Staat kann nichts weniger als einen Krieg vertragen, bei welchem er seine Stellung in Deutschland und den ! Besitz VenetienS in die Wagschaale wirft. Um noch einmal auf den Bismarck'schen Reformvor- j schlag auf Grund deS allgemeinen Stimmrechts zurückzukommen, so erinnert dieNortd. Allg. Ztg." in einem längeren Leitartikel an die Thalsache, daß in Preußen das allgemeine Stimmrecht längst zu Recht besteht, was darauf hinzudeuten scheint, daß dasselbe demnächst auch in Preußen wieder prokla- mirt werden dürfte, während dieKreuzztg.", um den kopfscheu gewordeneu Theil ihrer Leser zu be- ruhigen, in ihren Betrachtungen über das Reform- Projekt zu folgender Schlußfolgerung kommt:Wer für Preußen eine absolutistische Regicrungsform an- strebe, müsse folgerichtig die deutsche Volksvertretung verwerfen; wer aber für einen Staat der Gegen- wart eine Volksvertretung für unentbehrlich erachte, brauche ein deutsches Parlament nicht ungünstiger anzusehen, als das preußische." Ob sich aber ein deutsches Parlament eine ähnliche Behandlung ge- fallen lassen dürfte, wie die preußische Kam- m e r, dies ist eine andere Frage. Wir denken: nein. Frankreich will fortwährend dem Habsburg - Hohenzollern 'schen Conflikt gegenüber als neutral gelten. Abermals bringt der der Regierung nahe stehendeConstitutionnel " einen von Limayrac ge- zeichneten Artikel über diesen Gegenstand. Derselbe ist im Ganzen äußerst friedlich gehalten und sagt unter Anderem:Mit Einem Worte: wenn der Krieg ausbricht, würde Frankreich die allgemeinen Folgen erleiden, aber nicht sich den besonderen Ge- fahren aussetzen, die denjenigen Mächten zufallen würden, welche sich zur Theilnahme verleiten lassen. Diese einfachen Bemerkungen genügen, um die pa- nischen Uebertreibungen der beiden letzten Tage per- ständlich zu machen." Aus den Donaufürstentffümern wird ge- meldet, daß nun wirklich daS allgemeine Stimm- recht zu Gunsten des Prinzen Carl von Hohen- zollern in Bewegung gesetzt worden ist. In fast allen Städten soll derselbe fast einstimmig erwählt worden und bereits in Bucharest eingetroffen sein. Ueber die Bedeutung dieser Wahl sagt die ministe- rielleNordd. Allg. Ztg.": Inford s»d da sei *'e Kri N-NtSp pt u "neni, sührent n well Jndi Machst Mens obren r ;« den :e'tpe Mtipe Wettii podus. Npn ei Die österreichischen Blätter sind inzwischen bei dem bloßen Gedanken schon aus dem Häuschen gerathen, daß sie auch aus dieser Seite einen Hohenzollern zum Nach- barn erhalten könnten. Eine Oesterreich freundliche Slim- mung der Bevölkerung der Herzogthllmer ist allerdings an« der Thatsache nicht zu entnehmen, doch mögen sich die Federn an der Donau deshalb nicht beunruhigen- Wenn der Prinz Carl wirklich daran denken sollte, die ihm gebotene Krone anzunehmen, und wenn die Schutz' mächte nichts dagegen zu erinnern hätten, so würde dieS kein Akt einer preußischen Staatspolitik, sondern eine Angelegenheit des Hause« Hohenzollern-Sigmaringen sein, welche Preußen als Staat io wenig engagirt, als wenn sich die Rumänen einen Fürsten au« China kommen ließen., Ob nun die Garantiemächte mit dieser Wah>, welche jedenfalls von Rußland inscenirt wurde, zu- 10. 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