Nr. 115.

Berlin  , Sonntag den 1. Juli 1866.

Bweiter Jahrgang.

Social- Demokrat.

Diese Zeitung erscheint drei Mal wöchentlich und zwar: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends Abends.

Organ der social- demokratischen Partei.

Rebigirt von J. B. v. Hofstetten und J. B. v. Schweißer.

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Redaction und Expedition: Berlin  ,

Alte Jakobftraße Nr. 67.

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Politischer Theil.

Berlin  , 30. Juni.

Zu den preußischen Abgeordnetenwah len geht uns Seitens eines Parteimitgliedes fol­gende Meinungeäußerung zu:

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Mit der heutigen Nummer beginnt ein neues schrittschreier von einem Kampf mit diesem Ministe- die österreichische Regierung noch die Bourgeoisie Quartals- Abonnement auf den ,, Social- Demo- rium auf Leben und Tod bramarbafirt, wie kühn- verstanden hat, und wie heftig auch im Uebrigen- Quartals- Abonnement auf den ,, Social- Demo- lich und verwogen waren ihren hochtönenden Worte, davon haben wir Zeugniß abgelegt unsere Op­frat." Unsere Parteigenossen fordern wir auf, mit und jedesmal, wenn sich ihnen ein entscheidender position gegen die preußische Regierung sein mag, besten Kräften für die Verbreitung des einzigen Moment bot, wichen sie zurück und beugten sich der ihre jeßige Haltung bietet uns günstigere Aus­Blattes thätig zu sein, welches sich die ganze tien Ausfluß eines festen und tiefgewurzelten Es soll hiermit nicht gesagt sein, daß von den Ueberlegenheit der Regierung! Wäre jene Oppofi- fichten des Erfolges als die der österreichischen. und volle Vertretung der Arbeitersache zur Auf- Parteigeistes gewesen, was bliebe ihr jetzt übrig, außerpreußischen*) Arbeitern thatsächliche Partei für gabe gemacht hat. als männiglich fest bei der Nichtbewilligung zu die preußische Regierung zu ergreifen wäre; sie Kriegszwecken an dieses Ministerium zu stehen? mögen sich zuwartend verhalten. Aber für die Aber es ist einmal der Fluch der Schwäche und Sache der Arbeiter ist ein Sieg der preußischen Characterlosigkeit, daß sie in entscheidenden Mo- Waffen günstiger als der österreichischen. Euch, menten auseinanderfließt und schmilzt, wie Butter Ihr Arbeiter, muß es darauf ankommen, so bald an der Sonne. Bewilligung oder Nichtbewilligung, als möglich Einfluß auf die Staatsregierung und das drückte wie ein Alp auf all diese Wahlver Vertretung Eurer Intereffen in den Volksvertre fammlungen. Wenige blieben fest, viele sprangen tungen zu finden, und wenn diese Euch weder von offen über zu den Conservativen und die Mehrzahl der Bourgeoisie noch von einer anderen Regierung 4. Das Gebahren und Verhalten der Fort- wandte sich furchtsam von einer Entscheidung dieser zugestanden wird, so müßt Ihr sie von der Macht schrittspartei bei den jezigen Wahlen zum Abgeord- Frage ab. Man vertraue nur den Abgeordneten, nehmen, die sie Euch bietet. Eure Sache wird es netenhause giebt ein treues Bild ihrer inneren sie werden Alles zum Guten wenden, wie sie es dann sein, die Euch gebotene Macht zu benutzen. Schwäche und Haltlosigkeit. Zunächst haben wir bisher gethan haben!" Das war das sanfte Ruhe- Der innere Kampf, um den es sich jetzt handelt, dabei Eins zu constatiren, was für die Beurthei- tiffen, auf dem die Wehrzahl fortfchlummerte. Doch ist ein Kampf der Regierungen gegen die Bour­lung der Wahlergebnisse von Gewicht ist. Niemals fiehe, da erstanden einige Weisen, so sich befinden geoisie und ist von gleicher Erbitterung wie der ist die Theilnahme der Vorversammlungen geringer unter den früheren Abgeordneten, und der Weisen Kampf der Arbeiterpartei gegen die Bourgeoisie. gewesen, als diesmal. Von 3-400 Wählern waren Einer ist Herr Assessor Lasker, der gestern vor Jede Regierung, wie schlecht sie auch sein mag, oft nur 15-30 erschienen und diese stellten dann seinem Wahlkörper den Mund öffnete. ,, Alles was wird immer leichter geneigt sein, der Arbeiterpartei die Candidatenlisten fest. Besonders schwach war die Fortschrittspartei Großes gewollt hat" so Zugeständnisse zu machen, als der Bourgeoisie, und die Betheiligung der arbeitenden Klassen, weil der meinte er muß das Ministerium, unwiderstehlich deß find wir sicher hat die Arbeiterpartei artige Versammlungen immer mit kleinen Ausgaben gedrängt von der mächtigen und eisenfesten Oppo- erst Einfluß auf die Regierung erlangt, sie wird verbunden sind, die bei der herrschenden Noth ge- fition der Fortschrittspartei, ausführen: Einheit ihn besser zu behaupten wissen, als die schwaß­scheut wurden. Bei der definitiven Wahl der Wahl Deutschlands  , allgemeines gleiches Wahlrecht, Her- haften Fortschrittspartei. männer, in der die Theilnahme, soweit wir hörten, stellung der Verfassung; zwar erst in den außer wiederum reger als sonst war, wurden dann die preußischen deutschen   Staaten, aber auch in Breu auf den gedruckten Wahlzetteln stehenden Wahl- ßen wird es dem allmächtigen Drängen der Fort­männer unbesehen und in blindem Vertrauen ge- fchrittepariei weichen müssen. Also Sieg auf allen wählt. Seiten, nach außen und nach innen, und Alles das allein durch die Fortschrittspartei. Heil ihr, Halle­lujah!"

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Rundschau. Berlin  , 30. Juni.

Auf dem Kriegsschauplatze in Deutschland   ist Die Verhandlungen in diesen Vorversammlun bis jetzt das Kriegsglück vorzugsweise den preu gen waren für den unbefangenen Beurtheiler meist ßischen Waffen günstig gewesen. Die zwei Haupt­von großem Interesse, und oftmals fiel uns dabei Das, Ihr Arbeiter, wagen jene Herren Euch theile der preußischen Armee, von welchen der eine jenes Wort Bismard's ein, das er vor zwei Jah- in's Gesicht zu sagen, die, als sie zur Zeit der Theil, unter dem Commando des Prinzen Friedrich ren mit großem Selbstvertrauen gesprochen haben neuen Aera das Heft in Händen hatten, sich so Carl stehend, von Sachsen   her, der andere vom soll: In einem Jahre werde ich der populärste ohnmächtig und schwach erwiesen, daß sie sich selbst Stronprinzen von Preußen befehligt, von Schlesien  Mann im Staate sein." Wie sie sich nun drehen zum Spott machten, und die da meinten, daß aus in Böhmen   eingedrungen ist, haben dort große und wenden mögen, die Herren Fortschrittler, wie ,, moralische Eroberungen" eine Frucht politischer Siege erfochten und werden nunmehr, nachdem das bitter es ihnen ankommen mag und sie sich unter Ohnmacht seien. Nur dem Starken gehört die Gablenz  'sche Armeecorps, welches die Vereinigung dem Drucke der Thatsachen winden mögen die Welt! und wenn Herr v. Bismard sogar das der beiden preußischen Corps verhindern sollte, Maffe, die Jahre lang sich mit ihnen in der Oppo Princip des allgemeinen gleichen Wahlrechts durch vollständig geschlagen ist, diese Vereinigung vollzie fition gegen die Regierung befand, ist schwant und zusehen vermochte, so liegt mehr als in allem ben, wenn dies nicht schon geschehen ist. Der unsicher geworden. Halb zieht es sie, halb fintt Uebrigen hierin ein Beweis der Schwachtöpfigkeit nächste Hauptkampf wird voraussichtlich zwischen fie bin. Den ganzen Tag über von Mittag ab und Energielosigkeit, mit denen das damalige libe- dem noch von den Desterreichern behaupteten 30­bewegten sich gestern, nach den eingetroffenen Sie- rale Ministerium und die Fortschrittspartei hinter fepbstadt und Jung- Bunzlau   stattfinden, um dann, gesnachrichten, Tausende von Menschen, oft in fast ihm die liberale Sache vertreten haben. falls die preußischen Waffen abermals siegreich unabsehbaren Schaaren vor dem Palais des Königs Wie habt Ihr Euch aber, Ihr Arbeiter, in diese Defensivposition der Desterreicher durchbrechen, und des Herrn v. Bismarck, und wiederholt muß dieser allgemeinen und blutigen Berwirrung' nun bei Prag   einen vorläufigen Abschluß zu finden. ten Beide auf ihren Balkons erscheinen. Es sind zu verhalten? Eine Thatsache muß hier für den Ueber die Stellung der österreichischen Hauptarmee das die natürlichen Früchte jahrelanger fortschritt- gegenwärtigen Kampf zwischen Desterreich und weiß man übrigens bis zu diesem Augenblicke noch licher Schwäßerei. Aus allen ihren Pofitionen hat Breußen jeßt entscheidend sein. Die preußische fich die Fortschrittspartei fort und fort drängen Regierung hat das allgemeine, gleiche Wahlrecht außerpreußischen Arbeitern ist unzulässig; die deutsche *) Eine Unterscheidung zwischen preußischen und laffen, bis sie sich jetzt zum guten Theil thatsächlich proclamirt, sie hat der Arbeiterpartei damit ein Socialdemokratie muß überall burch ganz Deutschland  für überwunden erflärt. Wie oft haben jene Fort- Bugeständniß gemacht, zu welchem sich bisher weber eine einheitliche Haltung annehmen.

Anm. d. Red.