Unter Ideologen verstehe ick in diesem Augen- blicke alle Solche, die ihr Ledtage in Büchern ge- lebt haben und gewohnt sind, in Ideen und Ge- danken zu existiren und Alles für sie aufzuopfern. Außer diesen Ideologen vielleicht noch, wenn eS hoch kommt, 10 oder 15 Tausend Menschen, zer­streut über ganz Deutschland , die, ohne Ideologen zu sein, durch ihr Naturell mit einer so heißen Liebe für die Freiheit begabt sind. Was kann diese Handvoll Menschen? Aber welche Classe steht hinter der politischen Freiheit? Keine! Die liberale Bourgeoisie liebt freilich die Frei- heit, aber sie liebt sie, wie man ein Ornament im Zimmer, wie man einen schönen Schmuck liebt; kann man ihn haben, ist es gewiß bester; kann man ihn nicht haben, ist es auch gut! Man geht dafür weder ins Wasser noch ins Feuer. Die Hauptsache für die Bourgeoisie bleiben die materiellen Interessen, Handel und Wandel, Judu- strie und Produciion; aber alle diese erfordern Ruhe, und ernste Kämpfe für die Freiheit würden diese Rnhe momentan nur gefährven. Und so be- gibt sich die liberale Bourgeoisie noch viel lieber der politischen Freiheit, als daß sie durch einen ernsten Kampf die Ruhe und dadurch ihre materiellen Interessen gefährdet. Wer also, welche Classe steht denn hinter der politischen Freiheit? Der Arbeiter vielleicht? Ja, für einige Wochen, für einige Monate freilich, in Folge seines warmen und edelmülhigen Gefühles! Und so kann und wird er auch iminer von Neuem, wie im März 1848, momentane Schlachten für sie schlagen und momentane Siege für sie erringen. Aber auf die Dauer kann auch er nickt hinter der bloß politischen Freiheit ausharren! Dieß ist un- möglich. Die Sorgen für feinen Taglohn, für feine und feiner Familie Existenz nehmen ihn zu sehr in An- spruch; er kann von der bloß politischen Freiheit nicht satt werden, und so muß er zuletzt ermatten und auf die Dauer die Dinge gehen lassen, wie sie eben gehen." EinIdeologe" im Sinne Lassalle's ist Jacoby, d. h. ein Mann, der die Kraft und die Thätigkeit seines Lebens einer großen Idee um ihrer selbst willen, der Idee der Freiheit, gewidmet? Aber wie viele solcher Ideologen zählt das liberale Bürger- thum unter seinen Führern, unter alle» seinen Glie- > dern? Bis jetzt haben wir nur von Johann Jacoby gehört. Nein! Dies gerade giebt der social-demokratischen Partei ihre Existenzberechtigung, daß die Freiheits- frage, diese größte und edelste unter den Fragen in der menschlichen Gesellschaft, nickt mehr auf di- rectem, sondern nur auf indirectem Wege durch das materielle Interesse des vierten Stan- des hindurch ihre Lösung finden kann; daß die politiswe Bewegung in Europa mürb und alters- schwach ist und mehr und mehr der social- politischen Bewegung Platz machen muß. Nicht Jacoby, nicht dieser ernste Mann mit ehernem Willen ist der wahre Repräsentant unseres beutigen Bürgerthums seine wahren Vertreter sind der blumenstraußgeschmückte Ausreißer von Berviers und die Männer der Nationalzeitung. Da sind die entscheidenden Elemente die einsame Stimme eines Jacoby kann unser Urtheil über die liberale Bourgeosie nicht umändern an die Arbeiter, an den enterbten vierten Stand wende sich Jacoby, wenn er noch etwas wirken will in seiner jetzigen Vereinsamung verhallen seine Worte wirkungslos. Das Bürgerthum wendet sich von ihm ab, weil er Demokrat ist die Arbeiter­klasse kann ihm nicht zujauchzen, da er nicht socialer Demokrat ist. Nicht nur von der Freiheitsfrage, auch von der deutschen Einheitssache hat Jacoby gesprochen. Wir können seinem Urtheil nickt beistimmen oder vielmehr: wir glauben, daß sein Urtheil leicht ein Mißverständniß hervorruft. Ich kann mich über die Siege Preußens nicht freuen". Wir stimmen zu, wenn damit gesagt sein soll, daß es schwer zu bedauern bleibt, daß von dynastischer Seite, nicht durch selbstständige und volkSthümliche Erhebung der deutschen Nation die Herstellung der deutschen Einheit begonnen worden. Wir waren die Ersten, die es aussprachen, daß durch die Schuld der Bourgeoisie, welche die dy- nastischen Interessen in die nationale Agitation hin- einzog, die Begründung einer gvoßen und kräftigen, über ganz Deutschland verbreiteten radicalen Par- tei verhindert wurde. Nur eine solche radicale Partei vermochte ja den Dualismus in Deutschland zu Gunsten der BolkSherrschaft zu brechen! Aber es ist nicht so gekommen; entscheidende Ereignisse haben stattgesunden; wir können die Weltgeschichte nicht rückgängig machen. Die beiden Großmächte Deutschlands haben um die Beherrschung unseres Baterlandes gekämpft der Sieg war bei Preußen es giebt fortan nur noch eine deutsche Großmacht. Dies ist nicht die Lösung, die wir wollten aber es ist eine Lösung und diese Lösung ist thatsächlich da. Wenn aber einmal die Sache so lag, daß die Frage nur noch zwischen Oesterreich und Preußen stand, nicht mehr zwischen der Nation und diesen, so müssen die liberalen Elemente Deutschlands , muß insbesondere die Arbeiterklasse sich freuen, daß die Preußen vor Wien und nicht die Oesterreicher vor Berlin standen. Man verstehe uns recht: Daß die Frage nur zwischen Habsburg und Hohenzollern stand, dies war lief zu bedauern und nicht uns, die neue, kaum gegründete Arbeiterpartei trifft die Schuld. Aber nachdem einmal die Frage thatsäch- lich so lag, war es besser Preußen siegte als Oesterreich. Was hätte ein Sieg HabSburgS uns gebracht? Die erneute Bundeswirthschafl mit der alten Schwäche und Wehrlosigkeit Deutschlands dem Aus- lande gegenüber, mit den lächerlich kleinlichen Zu- ständen im Innern; dazu Jesuitcnthum, eisernen Druck und entnervende Corruption. Wir wissen wohl, daß auch was Preußen uns bringt deS Guten nicht allzuviel ist, aber hier ist doch Hoffnung zu Besserem und darauf gerade, diese Hoffnung zu verwirklichen, muß die Agitation aller demokratischen Elemente in Deutschland sich jetzt richten. Nein, wir sind nicht weiter von der deutschen Einheit entfernt, als zur Zeit der Bundeswirth- schaft. Denn Eines haben wir unzweifelhaft er- rungen: daß der Dualismus in Deutschland und damit unsere Ohnmacht nach außen ohne Einmischung deS Auslandes gebrochen wurde. Ohne Einmischung des Auslandes das ist viel, mehr fast, als man erwarten durfte. Den Dualismus sind wir los, wir haben es nur noch mit Einer Regierung zu thun. Diese Eine Regierung im volksthümlichen Geiste zu be­einflussen, dies nur, so unangenehm solches dieser Regierung auch sein mag, kann jetzt die nationale Aufgabe sein. Freilich wagen wir in dieser Beziehung für's Erste wenig zu hoffen, weil die Bourgeoisie ohn- mächtig, die Partei des vierten Standes noch nicht genügend erstarkt ist. Aber es wird die Zeit kom- men, wo diese Partei der Zukunft die Ausschlag gebende Partei der Gegenwart ist. Rundschau. Berlin , 23. August. Die vollständige Herstellung des Friedens in Deutschland vollzieht sich immer mehr. Die Ver- Handlungen mit Oesterreich sind dem Abschluß nahe. DieBohemia" berichtet darüber unter dem 21. d. M. Die Bevollmächtigten Oesterreichs und Preußen« hielten gestern eine dreistündige Eonferenz imEng- tischen Hof." Zur definitiven Beendigung de» Friedens- werke« zwischen Oesterreich und Preußen handelt e« sich nur noch um Auffindung der Form, um auch ohne den gleichzeitigen Friedensschluß zwischen Oesterreich und Italien , dem Könige von Preußen Garantieen zu bieten, daß seinem Alliirten der Besitz Venetien « gesichert sei. Die noch bestehenden Differenzen mit Italien lausen in die Geldentschädigung und Uebernahme eine« Theile« der Staatsschuld au«, da die Vereinigung Venetien « mit dem bisherigen Besitzstande Italien « überhaupt nicht mehr in Frage gestellt ist. Das Anskunftsmittel, welche« geeignet ist, Preußen einer weiteren Verpflichtung gegen Italien zu entheben, soll nun zwischen den beiden Be- vollmächtigten Oesterreich» und Preußens in der gestrige» Konferenz präzisirt und sofort den betheiligten Regierungen mitgetheilt worden sein, und es darf al« ziemlich fest- stehend betrachtet werden, daß unmittelbar nach Ein- treffen der Zustimmung Italien « die Unterzeichnung des, bis auf die schwebende italienische Frage, ganz beendeten Frieden«-Instrumentes erfolgen wird. Es dürfte dem- nach derselben zu Ende dieser Woche oder längsten» in der ersten Hälfte der künftigen mit einiger Gewißheit entgegen zu sehen sein. Wie wir hören, arbeiten in« zwischen hier anwesende Militär-Bevollmächtigte Oester- reichs und Preußen« mit großem Eifer an den Berein- barungen wegen möglichst schneller Räumung der okku- pirien österreichischen Gebielstheile und zwar mit beide Theile befriedigendem Erfolge. Die Räumung selbst glaubt man jedoch trotz des besten Willens nicht in den nach Ratifikation des Friedensvertrage« vorher festgesetzt gewesenen 14 Tagen bewerkstelligen zu können und e» mußte österreichischerseit« nöthigensall« eine Verlängerung dieser Frist um mehrere Tage zugestanden werden. Dieses Zngeständniß will die preußische Regierung da- durch kompensiren, daß sie sich bereit erklärt, einen Theil ihrer Truppen sofort nach Unterzeichnung des Frieden«- vertrage«, daher noch vor dessen Ratification aus Oester- reich herauszuziehen." Nach derNordd. Allg. Ztg." würde die Räu- mung des österreichischen Gebietes von den preu- ßischen Truppen bis zum 15. September eine voll- endete Thatsache sein. Mit Baiern ist der Friede am 22. unterzeichnet worden. Ueber die allmälige Milderung der preußischen Friedensbedingungen meldet dieAugsb. Abend-Ztg." attS München vom 20: Die früheren Angaben bezüglich der Baiern angeson- nenen Gebietsabtretung sind jetzt dahin zu berichtigen, daß Preußen seit gestern von seinen ermäßigten Forde- rungen noch nachgelassen hat, da der Großherzog von Hessen aus die ihm zugedachten Enlschädigungen zu Gnn- sten Baiern« verzichtet. Preußen verlangte gestern noch eine unbedeutende Strecke Untersranken«, dann das Kulm- bacher Gebiet und die ganze Landspitze von Kulmbach bis Hof, diese« mit eingeschlossen, so wie 15 Millionen Thaler Kriegsentschädigung. Ob e« Herrn v. d. Pfordlen gelingen wird, noch günstigere Friedensbedingungen zu erlangen, steht dahin." Diese Nachricht ergänzt dann die offizielleBair. Ztg." vom 22., indem sie berichtet: Die Unterzeichnung de» Frieden« zwischen Bayern und Preußen erfolgt heute in Berlin . Die Kriegskosten« Entschädigung ist erhöht(von 15 auf 30 Millionen Gill- den); dagegen ist es gelungen, die GebietS-Abtrelungen auf ein nicht beträchtliches Maß zurückzusühre». Mit Darmstadt ist der Friede noch nicht un- terzeichnet. Nach Mittheilung derH. L. Z." bleibt mit Ausnahme des sogenannten Hinterlandes, der Herrschaft Itter, dem Schwalmgrunde und Breidenbach»c., die Provinz Oberhessen beim Groß- herzogthum, wofür dasselbe aber durch andere Be- zirke, u. a. das Soolbad Nauheim, entschädigt werden soll; das Großherzogihnm tritt aber ganz dem norddeutschen Bunde bei. Als Kriegsentschä- digung für die sieben Millionen Gulden soll das Oberamt Meisenheim an Preußen abgetreten wer- den.~ Der Z o l l v e r e i n s- V e r t r a g vom 16. Mai 1865 und die mit demselben in Verbindung stehen- den Vereinbarungen werden denjenigen deutschen Regierungen gegenüber, welche sich mit Preußen im Kriege befanden, mit einer sechsmonatlichen Kündigungsfrist fortbestehen, so daß die Existenz des bisherigen Zollvereins nur zunächst für ein halbes Jahr gesichert erscheint. Die Annahme, daß Preußen nur den süddeutschen Staaten gegen- über diese beschränkte Fortdauer des Zollvereins wegen der Konstiluirung des norddeutschen Bundes zur Geltung bringt, ist nicht begründet. Auch Sachsen steht im Zollverein auf Kündigung, und es ist naheliegend, daß sein Verbleiben in demsel- ben nur dann gesichert ist, wenn seine Regierung sich zu den billigen und nothwendigen Forderungen Preußens nicht abweisend verhält. Ein zur Ueberreichung an den König von Preußen aus Hannover bestimmte Adresse, welche den Wunsch der Beibehaltung der welfischen Dynastie unter Be- schränkung ihrer Fllrstenrechte ausspricht, ist unge­achtet aller Hindernisse, die ihrer Verbreitung von der preußischen Verwaltung entgegengesetzt wurden, wie dieA. A. Z." berichtet, mit 30,000 Unter- schriften versehen und nach Berlin abgeschickt wor- den. Der König der Niederlande , als Groß- herzog von Luxemburg , ließ, wie Mittheilungen aus dem Haag versicherten, jüngsthin zur Kennlniß der preußischen Regierung bringen, daß er dem Vorschlage für Anschluß des Großherzogthums Luxemburg an den norddeutschen Bund seine Zu-