Nr. 186.

Berlin  , Freitag den 14. December 1866.

Zweiter Jahrgang.

Social- Demokrat.

Diese Zeitung erscheint drei Mal wöchentlich und zwar: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends Abends.

Organ der social- demokratischen Partei.

Redigirt von J. B. v. Hofstetten und J. B. v. Schweizer  .

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Alte Jakobstraße Nr. 67.

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Unser Parteiprogramm.

VI.

deren Verhältnisse gegründete Erwägung hinzu. lauter sprechen darf, als im Hauptstaate selbst: Auch wer im Allgemeinen für die Form des aber man bedenke, daß Alles, was dort ge­Bundesstaates eingenommen ist, muß doch zu- sprochen oder getrieben wird, überhaupt geben, daß diese Form nur dann Sinn und feine Bedeutung hat. Die preußische Regierung begnügt sich mit Verstand hat, wenn durch sie eine Anzahl un- Darum Einheitsstaat, nicht Staaten­einem Norddeutschen Bund" die deutsche gefähr gleich starker Staaten verbunden und bund! Annexion, nicht Bundesver Nation aber kann sich nicht mit einem solchen geeinigt ist. Zur Noth könnte man jene Form begnügen. Die Nation hat ein Recht auf Ver- noch hingehen lassen, wo ein einzelner Staat wirklichung ihrer Einheit von Nord bis Süd aus der Zahl der Gesammtheit zwar einiger­und von West bis Ost, und nicht eher darf sie maßen, aber nicht entscheidend an Macht her­ruhen, als bis dies verwirklicht ist. borragt.

Nicht nur die ,, süddeutschen Staaten" müssen Als gänzlich verwerflich aber, als ein be­zu dem jetzt vorhandenen Kern deutscher   Einheit ständiger Widerspruch in sich selbst, als eine herangezogen werden-- auch Deutschösterreich offene Lüge würde ein angeblicher Bundesstaat gehört zu uns und wird zu uns gehören, so erscheinen, in welchem ein einziger der in dem lange bort deutsche Zunge klingt. selben begriffenen Staaten mächtiger wäre als Dies also muß unsere Aufgabe sein: dahin alle übrigen zusammengenommen. zu wirken, so viel an uns liegt, daß dieser Man hätte die Nachtheile des Einheitsstaa ,, norddeutsche Bund," statt ein Theilungsmittel tes ohne seine Vortheile. Die Centralregierung, Deutschlands   zu sein, nur der erste entscheidende als welche selbstverständlich die Regiernng jenes Schritt auf der Bahn sei, an deren Ende die übermächtigen Staates dastände, hätte thatsäch vollendete deutsche Einheit steht. lich alle Macht in der Hand, während die ihr Dieser Bunft ist ein einfacher und zweifel- gegenüberstehende Volkskraft unnatürlich zertheilt loser; denn so weit, Gott sei Dant, war doch und zerklüftet wäre. immer die deutsche Demokratie, daß sie sich eine Dies aber gerade würde die Lage eines Einigung des Vaterlandes nicht durch Abtren- deutschen   Bundesstaates mit preußischer Central­nung seiner Glieder, sondern nur durch Ver- gewalt sein. einigung derselben denken fonnte.

Wir müssen festhalten an der derung des nationalen Rechtes: des ganzen Deutschlands  .

hältniß!

Allerdings hängt es von den Verhältnissen ab, in welchem Zeitpunkte man die preußische Regierung vernünftiger Weise dazu auffordern fann, zur sofortigen thatsächlichen Verwirklichung dieser Forderung zu schreiten. Aber was man schon jetzt und jederzeit thun kann, ist dies: daß man die Ueberzeugung im Volfe verbreite, daß das Streben nicht auf den Bundes-, son­dern auf den Einheitsstaat hinauslaufen muß. Insbesondere in der süddeutschen Bevölkerung gilt es diese Ueberzeugung zu verbreiten; der Süden selbst, wenn er wahrhaft erkennt, was zum gemeinsamen Frommen, zum Heile des Vaterlandes gereichen würde, muß seine voll­ständige Vereinigung mit dem Norden verlangen.

Politischer Theil.

Rundschau.

Berlin  , 13. Dezember.

Die ,, Volksztg." hat in letzter Zeit für den vollen For Bundesstaat plaidirt, aus Gründen der Freiheit. Einigung Aber sollte die Freiheit nicht gerade dann bessere speciell des Norddeutschen Bundes  , wird der In der deutschen   Verfassungs- Angelegenheit, Aussichten haben, wenn es nicht mehr Deutsche   Köln  . Ztg." von ihrem officiösen Berliner   Cor­Ein anderer Bunft aber fönnte weniger ein- ersten und zweiten Ranges giebt( b. b. folche, respondenten geschrieben, daß die fragliche Bun­fach scheinen. die zum thatsächlich herrschenden Staate und desverfassung, in den Grundzügen entworfen, für Sollen wir nach der Richtung des Bundes- solche, die zu den thatsächlich beherrschten Staa- die Ressortministerien reif sei, worauf die Beschluß­staates oder des Einheitsstaates für Deutsch- ten gehören), sondern wenn Alle im ganzen fassung und Feststellung im Ministerium behufs der land wirken? Oder, praktisch gesprochen, müssen Vaterlande sich gleichberechtigt fühlen und gleich- Genehmigung an hoher Stelle bald zu erwarten wir die preußische Regierung dahin zu beein- berechtigt der einen Regierung gegenüberstehen? wäre. Dies werde aus dem Umstande geschlossen, flussen suchen, die andern deutschen   Staaten in Man hätte, dächten wir, schon merken fön- daß die Eröffnung der Ministerconferenz am 15. d. ein Bundesverhältniß zu bringen, oder aber die- nen, daß die preußische Regierung die opposi- meldet. Preußen wird durch die" Herren Graf Mts. bevorstehe, wie die neueste" Prov.- Corr." selben zu annectiren? tionellen Elemente in den neuerworbenen Pro- Bismarck und v. Savigny   vertreten sein. Weiter vinzen gar sehr fürchtet. berichtet der genannte Correspondent:

Wir fönnen, wenn wir unsere Principien zu Rathe ziehen, nur für den Einheitsstaat, für den Weg der Annexionen, der vollständigen Einverleibungen, sein.

Wer also die Opposition im innern Preu­ßen stärken möchte, der sollte, scheint uns, für weitere neue Provinzen sorgen.

Auf große Ueberraschungen machen sich die Bevoll­mächtigten so wenig, wie das Publikum gefaßt. Man ift allgemein darüber orientirt, daß Heer, Marine, Han­Wir bleiben dabei: die Sache der Freiheit larwesen einheitlich und in der Hand der leitenden Prä­del, Post- und Telegraphen Verwaltung, so wie Consu hat auf dem Wege der völligen Einverleibung fidialmacht Breußen concentrirt werden müssen. Die neuer Theile Deutschlands   in den preußischen finanziellen Consequenzen ergeben sich daraus von selbst. Staat weniger zu fürchten, als auf dem Wege directe Einnahmen, für welche der Zollverein die geeig­Die Centralgewalt, als Executive, wird über bestimmte der Heranziehung derselben als Bundesglieder. nete Handbabe bietet, sowie über Bundesbudgets für die Dort treten sie vollberechtigt in den bestehenden genannten Berwaltungszweige zu verfügen haben. Neben Hauptförper ein; hier bleiben sie zur Ohnmacht der Executive werden die verschiedenen Staaten- Interes­und Unbedeutendheit verdammt. Möglich frei- en in einer Bundesversammlung, die Volks- Intereffen Aber zu diesem allgemeineren principiellen lich und dies macht Viele irr! daß man aussetzen, daß, soweit es sich um die preußischen Forde in dem Reichstage vertreten sein. Man darf wohl vor­Grunde tritt noch eine zweite, auf die beson in einem solchen Winkelstaat vielleicht etwas rungen handelt, die Mängel des früheren Stimmenver­

Wir müssen für den Einheitsstaat sein, weil wir, deren social- politisches Streben überall eine Zusammenfassung, nicht eine Zersplitterung der Kräfte voraussetzt, in dem Einheitsstaat allein diejenige Form erkennen fönnen, die dem Wesen eines politisch wie social einheitlich sich fühlen den, zu einheitlichem Wirken bestimmten Volfes entspricht.