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Berlin steht, wird, will's Gott, dem Kaiser Guillaume ebenfalls lange Jahre als Soldat dienen." Der Kaiser, über diese Antwort sichtlich erfreut, fragte nun: Kann ich Ihnen irgendwie dienen?"« Merci, Monseigneur», antwortete der Veteran ,,, ich erhalte eine gute Invalidenpension aus Paris und sonst verdiene ich mir noch Geld durch Korbflechten und hölzerne Schuhe schnitzen, habe ein kleines eigenes Häuschen mit Garten und das genügt für mich und meine Alte vollkommen und wir brauchen nichts." Sie sind ein seltener braver Mann und ich habe mich gefreut, Sie kennen gelernt zu haben", sagte der Kaiser, beim Fortreiten freundlich grüßend. Merci, Sire, die Ehre war ganz auf mei ner Seite", entgegnete der höfliche Elsässer."
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Sich stets dem jeweilig Herrschenden unter Unterdrückung jeder eigenen Meinung, willenlos unterwerfen und auf sein Geheiß in blinder Wuth gegen Bruder und Schwester und den Freund und Landsmann von gestern und morgen zu wüthen, jede Rücksicht der Menschlichkeit, der Freundschaft, des eigenen und allgemeinen Interesses, ja selbst der sonst von den Herrschern so hoch geprie senen Nationalität und„ Treue gegen den angestammten Fürsten " in vollendetem Knechtssinn niederzutreten, das heißt heutzutage brav"! Die standhafte und zu jedem Opfer für das er kannte Ideal bereite Gesinnungstreue aber ist zum Hoch- und Staatsverbrechen erklärt und die Großen suchen sich in erbittertster Verfolgung derselben gegenseitig den Rang abzulaufen. Und das vom Standpunkt der Regierenden aus ganz mit Recht. Denn nur über solche Brave" und vermittels ihrer vermögen Tyrannei und Ausbeutung ihr eisernes Szepter zu schwingen, nimmermehr aber über denkende, selbstbewußte und troßige Männer. Wenn es einmal mehr der letzteren und weniger Leute wie der famose Wolfisheimer Zouaven- Korporal gibt, dann werden ebensosehr Monarchismus, Militarismus und überhaupt jede politische Unter drückung, als die soziale Ausbeutung durch den Kapitalismus wol am längsten bestanden haben.
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In dem österreichischen Kronland Kroatien find agrarische Unruhen ausgebrochen, welche ein grelles Streiflicht auf die Nothlage und die rasch zunehmende Proletarisirung des Kleinbauernthums selbst in reinen Ackerbauftaaten werfen. In mehieren Grenzbezirken wurden schon mehrere Jahre hinter einander zwangsweise Eintreibungen von Bergrechtsergiebigkeiten und Grundent lastungsgeldern, welche die armen Bauern zu zahlen außer Stande waren, zu Gunsten der dortigen großen Herrschaften Poklek, Miljana und Bidersica versucht. Doch jedes Jahr wurden die Gendarmen, welchen diese Aufgabe zu Theil wurde, von den ihre lette Habe verzweifelt vertheidigenden Landleuten vertrieben. Auf diese Weise steigerten sich die Zinsen der einzutreibenden Forderung, und die Summe erreichte mittlerweile eine solche Höhe, daß fie bei den meisten Landleuten den Werth ihrer gesammten Habe übersteigt. Die reichen Herrschaften kümmerten sich jedoch darum wenig und verlangten von der kroatischen Regierung zur Eintreibung Militär. Dieser Wunsch wurde nun erfüllt, und Sonntag den 21. September trafen in Sela 200 Mann Infanterie unter dem Kommando eines Hauptmanns ein. Mit diesen er: schienen auch gleichzeitig 16 Gendarmen. Den zweiten Tag wurden die Soldaten ausgeschickt, um diejenigen Bauern, die sich in früheren Jahren besonders widerspenstig gezeigt hatten, zu ver haften. Es wurden wirklich im Orte Puse vier Landleute in Eisen gelegt und nach Sela gebracht. Nun gingen die edlen Herren" mit den Soldaten herum und erequirten den Bauern das Vieh. Einer alten Keuschlersfrau ward ihre einzige Kuh weggeführt; die Frau war in großer Verzweiflung, setzte sich zur Wehre und mußte mit Gewalt gezwungen werden, der Exekution ihren Lauf zu lassen. Durch solche Mittel wurde der Wider stand der Bauern gebrochen, man sieht jedoch allerorten drohende Gesichter, und gerüchtweise verlautet, daß die Bauern in Defenic für 600 Mann Waffen zusammengetragen hätten, um dem Militär Widerstand zu leisten. Noch erbitterter werden die Landleute durch den Umstand, daß jetzt nur der Besitzer von Mil. jana seine Forderungen eintreibt, während der Besizer von Poklek erst dann einschreiten dürfte, wenn die Landleute ihre Feldfrüchte eingebracht haben werden. Auer Wahrscheinlichkeit nach dürfte er dabei lebhaften Widerstand finden. Auch die Stimmung der benachbarten Bezirke ist eine so erregte, daß sich noch nicht ab sehen läßt, wo die Bewegung ein Ende nehmen wird.
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Seitdem die dänische Sozialdemokratie durch die elende Haltung Pio's und Geleff's einen so schweren Schlag erlitten hat und sich wieder auf bescheidenere Verhältnisse einrichten mußte, ließ die Regierung die Partei ziemlich in Ruhe; denn in ihrer Kurzsichtigkeit hielt sie dieselbe für abgethan und zu unbedeutend, um gefährlich zu sein. Seit sich jedoch mehr und mehr zeigt, wie sich die Partei seitdem in unermüdeter Arbeit innerlich rege nerirt, und es nicht mehr lange währen wird, bis sie wieder in der alten, aber weit solider fundirten Kraft dasteht,- seitdem wendet die Regierung der Bewegung wieder steigendes Interesse zu und die Verfolgungen mehren sich wieder. Als es aber das dortige Parteiorgan gar wagte, die Säule des Thrones, die Armee, freventlich anzutasten und die durch und durch faulen Heereszustände, namentlich die wie in allen stehenden Heeren infame Behandlung der Soldaten rücksichtslos aufzudecken, da war es mit der Langmuth" der Regierung am Ende und sie beschloß, der Partei einen vernichtenden Schlag zu versetzen. Sie befahl sämmtlichen Abtheilungskommandeuren, gegen den„ SozialdemoPraten", resp. dessen Redakteur Saro Wigell Verläumdungs- und Beleidigungsprozesse einzuleiten, welche bei der bekannten„ Unparteilichkeit" der Richter und der wohlbegründeten Furcht der Soldaten, gegen ihre vorgesetzten Beiniger auszusagen, feineswegs gefahrlos sind und unserm Genossen Wigell leicht mehrere Jahre Kerker einbringen können.
Wie indessen die Sache auch ausfalle, täuscht sich die kluge Regierung doch, wenn sie glaubt, daß durch eine solche Schäbigung eines Einzelnen auch die gesammte Partei dauernd schwer geschädigt werde. Eine solche Schädigung ist noch nirgends durch äußere Angriffe erzielt worden, vielmehr haben Verfolgungen stets das gerade Gegentheil von dem erzeugt, was sie beabsich= tigten. Man braucht nur auf die Entwicklung der sozialistischen Bewegung in Deutschland zu blicken, um sich von der Wahrheit dieses Sazes zu überzeugen. Wenn Heir Estrup die dort mit ben kräftigsten Repressivmaßregeln und der ungeheuersten Schäbigung der einzelnen Parteimitglieder durch Einkerkerung, Ausweisung und Vernichtung der bürgerlichen Existenz erzielten Erfolge etwa nicht genügend kennen sollte, braucht er sich bloß in
Berlin zu erkundigen. Die dänischen Genossen brauchen und werden sich also durch die drohende Haltung der Regierung feineswegs einschüchtern lassen, sondern werden angesichts der selben ihre Reihen nur um so fester schließen und auf dem Wege der innern Einigung und prinzipiellen Durchbildung tapfer vor: wärts und dem hehren Ziele entgegenstreben. Ihnen wird der Erfolg gewiß nicht ausbleiben.
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In Belgien ist dieser Tage ein Strife ausgebrochen, der schlagend darthut, was es mit der, jedem ächten Bourgeois als Dogma geltenden Kulturfeindlichkeit" der Arbeiterbestre: bungen auf sich hat. Die Antwerpener Schiffszimmerleute haben nämlich die Arbeit eingestellt, nicht etwa, weil sie Erhöhung des Lohnes oder Verminderung der Arbeitszeit verlangen( obwohl ihnen nach beiden Richtungen sicher zu wünschen bleibt), sondern lediglich aus dem Grunde, weil die Schiffsbaumeister aus er bärmlicher Gewinnsucht fein rechtschaffenes, seetüchtiges Fahrzeug mehr herstellen lassen wollen, sondern lediglich auf den Schein bauen und repariren lassen unbekümmert um die Verluste an Menschenleben und Werthen, welche dadurch verursacht werden. Die ehrlichen Schiffszimmerer wollen nun diesen infamsten Schwindel nicht mehr mitmachen, sondern verlangen, wenn sie bie Arbeit wieder aufnehmen sollen ,,, de schepen goed en sterk te herstellen"( die Schiffe gut und stark herzustellen).
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Man sollte nun denken, daß diese Forderung nur den Beifall aller ehrlichen Menschen haben könne und daß insbesondere die Behörden allen Eifer entfalten müßten, ein solches, für Leben, Sicherheit und Eigenthum der Bürger überaus nüßliches, ja nothwendiges Bestreben auf alle Weise zu unterstützen und zu fördern. Statt dessen stellte sich die höchst liberale belgische Muster- Bourgeoisregierung fofort offen auf Seite der Rheder und Schiffsbaumeister und sucht den Streifern eine Niederlage beizubringen, was ihr hoffentlich nicht gelingen wird. Jedenfalls aber dürfte das Vorgehen der Regierung manchem bisher für die Berechti gung der Arbeiterbewegung Blinden die Augen öffnen und ihn zu einem genauern Studium der Arbeiterfrage und des Sozialismus veranlassen, das ihn über kurz oder lang in unsere Reihen führen muß. Uebrigens soll die öffentliche Meinung schon jetzt volltommen auf Seiten der Streiker und gegen die Regierung sein.
In Italien nehmen seit einiger Zeit die durch die allgemeine Unzufriedenheit und insbesondere durch die materielle Noth des Volkes hervorgerufenen Unruhen und Aufstände gar kein Ende mehr. In Süd und Nord, Stadt und Land gährt es und die politische Atmosphäre ist derart mit Elektrizität geladen, daß der geringste Anlaß hinreicht, zwar nicht eine allgemeine, aber doch lokale Entladungen hervorzurufen, welche dem Wetterleuchten glei chen, das dem herannahenden Gewitter vorausgeht. Vor allem ist es die in den meisten Provinzen in einem körperlichen und geistigen Elend lebende Landbevölkerung, von dessen enormer Höhe man sich in Deutschland trotz der auch dort nichts weniger als günstigen Verhältnisse kaum einen annähernden Begriff machen kann, welche durch die Unerträglichkeit des auf ihr lastenden Druces und die gänzliche Aussichtslosigkeit ihrer Lage zu Thater der Verzweiflung gebracht wird.
So erhoben sich die hungernden Bauern von Castelpagano und brachen in die Getreidemagazine und in das Schloß ihres Her30gs ein. Natürlich wurden sie durch herbeigerufene Truppen bald wieder vertrieben und ihre„ Rädelsführer" festgenommen. In Leoni( Provinz St. Angelo dei Lombardi) begaben sich 300 nothleidende Bauern in den Gemeindewald und schlugen dort Holz, um von dem Erlös desselben ihr Leben zu fristen. Als fie auf friedliche Intervention der Gendarmerie nicht auseinandergingen, kam es zwischen ihnen und den requirirten Truppen zu einem förmlichen Kampfe, bei welchem es auf beiden Seiten zahlreiche Verwundete gab. Aehnliches geschah in Canizzano( Prov. Treviso ), in der Umgegend von Mailand und an zahlreichen andern Orten.
Aber auch in den Städten fehlt es nicht an Emeuten. Namentlich hat der Jahrestag der Füfilirung Barsanti's hiezu Anlaß gegeben und find in Mailand , Russi , Lugo , Lusignano, Ravenna , Alexandria 2c. zum Theil nicht unbedeutende Unruhen entstanden; in letzterem wurde sogar der Versuch gemacht, die Zitadelle der Festung in Brand zu stecken und dabei ein Posten, der sich wi dersetzte, getödtet. Außerdem mangelt es auch an zahlreichen Arbeitsaussperrungen und-Einstellungen sammt ihren beunruhigen den Folgen nicht.
Die Regierung aber zeigt sich diesen ernsten sozialen Erschei nungen gegenüber ebenso unthätig und unfähig, als sie sich den zerstörenden Naturereignissen dieses Sommers gegenüber erwiesen hat. Statt die Gründe, die Voraussetzungen beider fortzuschaffen, begnügt sie sich lediglich damit, ihre nothwendigen Folgen zu be kämpfen, die Krankheitserscheinungen roh zu unterdrücken und dadurch das Uebel nur desto akuter zu machen. Aber trotz der offenbaren Widersinnigkeit und Verderblichkeit dieser famosen „ Staatskunst" ist doch leider gerade auch in Italien nur wenig Aussicht auf eine baldige Befferung. Ohne Zweifel ist unendlich viel Zündstoff auf der Apeninhalbinsel angesammelt und eine Umwälzung wird dort kaum mehr lange auf sich warten lassen. Aber leider ist das eigentliche Volk in seiner erdrückenden Mehr beit so vollkommen baar jeder politischen Bildung und Organi sation, daß es die kommende Neugestaltung der Dinge so viel wie gar nicht zu beeinflussen im Stande sein und deßhalb nur geringe Vortheile aus ihnen ziehen wird. So wird denn die Umgestaltung eine fast lediglich politische sein und das Volk schließlich nur seine Unterdrücker wechseln, nicht aber ihrer ledig. werden.
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Eine Versammlung spanischer Republikaner aller Schat tirungen tagt augenblicklich in Paris . Der Zweck derselben ist, die besten Mittel zur Republikanisirung Spaniens zu besprechen und die Partei einigermaßen, soweit nämlich ihre Gespaltenheit in zahlreiche, prinzipiell überaus weit auseinandergehende Frattionen es erlaubt, zu organisiren und so aktionsfähig zu machen. Bis jetzt wurden die Erlassung eines republikanischen Manifestes an die Spanier, sowie die Erwählung Zorilla's zum Führer be schlossen. Ob von der ganzen Sache irgend etwas Bedeutendes zu erwarten ist, können wir noch nicht recht absehen, da uns genauere Informationen bis jetzt fehlen. Jedenfalls wäre dies nur dann möglich, wenn Worthelden à la Castelar ein für allemal energisch der Weg gewiesen und überhaupt dem bei den spanischen Politikern mehr als irgendwo anders eingerissenen, jede Einigkeit,
Disziplin und Thatkraft unmöglich machenden Phrasenthum ein Ende gemacht würde. Uebrigens sollen neuesten Nachrichten zufolge zahlreiche letter Tage in Spanien vorgenommene Verhaftungen, namentlich auch von Offizieren, mit der Pariser Konfe renz zusammenhängen.
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Unserm neulichen kurzen Bericht über den englischen Trades- Unions- Rongreß tragen wir nach einem uns jetzt vorliegenden, jedoch nicht allzuviel Interessantes bietenden, eingehenden Bericht einige Details nach, welche den auf dem Kongreß und in den vielgerühmten Gewerkvereinen herrschenden Geist hinreichend illustriren. Der Antrag auf Bildung einer selbstständigen englischen Arbeiterpartei erfuhr von fast allen Seiten die abfälligste Beurtheilung. Die biederen Gewerkvereinler meinten, die ökonomischen Bestrebungen der Arbeiter stünden mit der Politik in gar keinem oder doch nur in einem äußerst losen Zusammenhang und man dürfe keine Klassenpolitik treiben, weil man sonst die Arbeitgeber zwinge, dasselbe zu thun!! Ja sogar der Vorschlag, ein Arbeiterorgan zu gründen, wurde abgelehnt, so daß in dem industriereichen England, in welchem die Presse eine so große Macht ausübt und jede kleinste Bestrebung ihre Preßvertretung hat, ganz allein das Proletariat, ganz allein die Millionen von Arbeitern, keine solche besigen! Bei solchem Ver ständniß für die Bedürfnisse des Proletariats war es denn gar kein Wunder, daß der Kongreß hinsichtlich der wichtigen Frage der Landreform darüber einig war, daß diese letztere eine Zersplitterung des Landbesites, beziehungsweise Gründung eines Kleinbauernthums anstreben müsse, während die von den Sozialisten geforderte Nationalisirung von Grund und Boden, resp. alle dieselben befördernden Institutionen als gegen das Interesse der arbeitenden Klasse gerichtet" zu verwerfen seien. Wie man sieht, ist in dem Unsinn doch Methode.
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Die Organisirung energischen Widerstandes gegen die ungeheuerlichen feudalen Bodenverhältnisse nimmt in Irland immer beträchtlichere Dimensionen an. Die rücksichtslos feindselig gegen die Grundbesitzer auftretende Anti- Landlords- League veranstaltet in allen Theilen des Landes Massenversammlungen, die von Zehntausenden aufgeregter Landproletarier besucht werden. Auf den letzten Versammlungen zu Mallow, Tipperary, Headford, Ennis, Castlebar und Tullow( welche lettere vier an Einem Tage stattfanden) ging es stürmisch zu und erklärte man sich für ein energisches Vorgehen behufs Widerstandes gegen die Be drückungen der Landlords, Abschaffung des jetzigen Grund- und Bodensystems, sowie behufs Erkämpfung der Unabhängigkeit der grünen Insel von dem„ infamen und räuberischen" England. Die Landlords sind in großer Sorge und verlangen von der Regierung ein Ausnahmegeset. Ob dasselbe nicht das Gegentheil erreichen und vielmehr der unhaltbaren Landherrschaft der englischen Lords desto schneller den Hals brechen würde, erscheint kaum zweifelhaft.
Die Erfolge der Arbeiterpartei in Amerika mehren sich stetig. So hat jetzt die kalifornische, freilich nicht rein sozialistische Arbeiterpartei bei den Wahlen für den Mayor von San Francisco , eine Anzahl Eisenbahnkommissäre und die Mitglieder des höchsten Gerichtshofes, sowie verschiedener Lokalämter den Sieg davon getragen und werden demnach die bezeichneten Aemter von den Arbeiterkandidaten eingenommen werden. Dieser Sieg ist keineswegs, wie ein Theil der amerikanischen Bourgeoispresse glauben machen möchte, allein der Schandthat des demokratischen Mayorskandidaten Young( der bekanntlich auf seinen Rivalen Kalloch einen Mordversuch machte) und der dadurch hervorgerufenen Erbitterung gegen die Partei des Attentäters zuzuschreiben; denn die Arbeiter haben nicht nur Kalloch zum Mayor erhoben, sondern es sind auch ihre Kandidaten für die Richterstellen gewählt worden. Dies ist nun mit Rücksicht auf die Durchführung der neuen Konstitution von der größten Bedeutung, denn richterliche Entscheidungen sind nach den amerika nischen Institutionen in höherem Grade das Gesetz des Landes, als die Produkte der Staatslegislaturen. Denkt man sich eine Verfassung, wie die neue kalifornische und die von den Arbeitern gewählten Richter als Ausleger derselben, dann ist es klar, daß die Gegenfäße im politischen Leben Kaliforniens durch diese Wahl noch lange nicht endgiltig beigelegt sind. Man fann im Gegen theil voraussetzen, daß die beiden Extreme die Republikaner ( welche bei den Staatswahlen die Majorität durchgesetzt haben) in der Erekutive und Legislatur und die Arbeiter im Justizwesen einander mehr denn je in die Haare gerathen müssen.
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Die amerikanische Bourgeoisie ist durch einen Ge richtsbeschluß in ebenso große Wuth als Angst versetzt worden. Seit einiger Zeit bildeten sich bekanntlich in den Vereinigten Staaten an zahlreichen Orten sozialistische Wehrvereine, welche nach der amerikanischen Verfassung vollkommen zulässig sind. Namentlich in Chicago machte die militärische Organisation und Bewaffnung der Genossen große Fortschritte. Selbstverständlich erblickte die Bourgeoisie in dieser Benützung eines verfassungsmäßigen Rechtes durch die Arbeiter eine Vorbereitung zur Revolution und demnach eine Gefahr für die öffentliche Ordnung", welche alsbald beseitigt werden mußte. Die Legislative von Illinois erließ deßhalb ein Gesetz, welches bewaffnete Organisationen einfach verbot. Die Sozialisten von Chicago leisteten jedoch diesem ungesetzlichen Gesetz" keineswegs Folge, sondern setzten ihre Waffenübungen fort, wobei sie mit der Polizei in Konflikt kamen und infolge dessen vor Gericht gestellt wurden. Das Gericht hat nun aber die Angeklagten freigesprochen, indem es erkannte, daß die bewaffnete Organisation der Arbeiter nach der Verfassung der Vereinigten Staaten statthaft und das dieser Bestimmung zuwiderlaufende Staatsgesetz von Jllinois wirkungsLos sei. Infolge dieser Entscheidung veranstalteten die Sozialdemokraten von Chicago eine großartige bewaffnete Demonstration, und eine weitere Folge wird sein, daß sich die Arbeiter- Wehr bereine immer mehr ausdehnen. Dieser Umstand enthält allerdings bei der schnell zunehmenden Ausbreitung der sozialistischen Ideen unter dem amerikanischen Proletariat eine schwere Gefahr für die Bourgeoisie und es ist deßhalb fraglich, ob sich dieselbe nicht an eine Verfassungsänderung machen wird. Den Niedergang ihrer Herrschaft wird sie dadurch freilich weder abwenden noch hinausschieben, eher beschleunigen.