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An dieselbe Zeit, in deren Geist jene Kabinetsordre geschrieben| fürchten lasse! Zwar erhob Dr. Türkheim hiegegen Protest, in­

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lirung seines ersten Wunsches" beschloß der Rath sofort einen neuen, der Regierung auch kaum angenehmen, nämlich auf Ab- ist, erinnert der Herensabath, welchen die Pfaffen aller Kaliber schaffung des Gesetzes vom 9. Juli 1852, wonach im Seine- nun schon seit Wochen in hiesiger Metropole der Intelligenz" departement und zu Lyon mit seiner Umgebung die Behörde Aus- aufführen. Die Generalsynode und die Judenhezze weisungen erlassen darf, ohne daß der Ausgewiesene gegen die ein vortreffliches Brüderpaar, das einander vollkommen werth ist! Maßregel Berufung ergreifen könnte. Die Staatsstreichregierung und der Protektor der Generalsynode, der Kultusminister Putt benüßte nach dem 2. Dezember diese Bestimmung, um die miß- tammer, der so eifrig beschäftigt ist, das uferlose Meer blos liebigen Republikaner aus ihren besten Wirkungskreisen zu ent- humanitärer allgemeiner Bildung" einzudämmen und auszuschöpfen fernen und wer weiß, ob die jetzige Regierung nicht trotz ihres und an seine Stelle den lieblichen See der aus dem Ewigen Republikanismus noch einmal auf diese Staatsstreichbestimmung stammenden und in's Ewige zurückführenden Religiosität zu zurückgreifen wird, wie sie es jüngst mit andern ähnlichen Gesezen, reicht entzückt dem Ehrenpräses der Anti- Semiten- Liga, sehen des Dezemberhelden gethan hat, um Humbert und die Herrn Stöcker, den ein begeisterter Junker neulich in feierlicher Marseillaise " zur Verurtheilung zu bringen. Versammlung als Luther der Neuzeit proklamirte, die christliche Bruderhand, um Arm in Arm mit ihm das Jahrhundert in die Schranken zu fordern. Um nur noch ein Wort über die Antisemitenliga zu verlieren, so ist es überaus bezeichnend, daß während die Behörden der auf's Raffinirteste betriebenen Judenheze mit Gemüthsruhe und Schmunzeln zusehen und alle mündlichen und gedruckten Aufhezzereien verschiedener Gesellschaftsklassen gegen einander" jeitens der semitenhassenden Pfaffen passiren lassen neulich sofort nach dem Erscheinen einer das Treiben der Juden­hezer geißelnden Brochüre Hep, Hep oder süß- saure Stöckerei", deren Auslage in den Schaufenstern verboten worden ist als öffentlicher Unfug"! Es geht doch nichts über die Gleichheit vor dem Gesetz ", diese wahrhafte und ächte égalité", wie sie General Manteuffel unlängst nannte!

Die Annullirung der Wahl Humberts ist nun auch eine Thatsache. Selbstverständlich erreicht die Regierung dadurch nichts anderes, als daß nun im Bezirk Javel eine neue Wahlagitation behufs Wiederwahl Humbert's beginnt, welche lettere zweifellos ist und auch nicht mehr angefochten werden kann, da Humbert bis dahin die vom Gesetz geforder­ten 6 Monate Aufenthalt in Paris nachweisen fann.

Berichte.

* Zürich , 7. November. Nachdem die gesammte Presse gleich uns die Nachricht von Dr. Eugen Dühring's Tod sowie längere oder kürzere Nekrologe gebracht, stellt sich heraus, daß die Todesnachricht lediglich eine Mystifikation gewesen. Während dieselbe der Köln . 3tg." zufolge auf einen Bubenstreich zurück­zuführen wäre, deutet die Magdebrg. 3tg." ziemlich verständlich an, daß sie von Dühring selbst veranlaßt sei, welcher sich auf diese Weise den Genuß verschaffen wollte, zu erfahren, was man nach seinem Tod über ihn sagen werde. Diese Version würde allerdings sowol damit, daß die Dementirung so lange auf sich warten ließ, als mit früheren Aeußerungen Dührings übereinstimmen.

worden

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as. Berlin , 7. Nov. Heute über 3 Wochen läuft das Jahr ab, auf welches der Belagerungszustand erklärt worden ist. Trotzdem aber sind auch kürzlich wieder 3 Genossen ausgewiesen ein deutliches Zeichen, mie richtig Ihre Vorausseßung ist, daß die Regierung die Dauer des Belagerungszustandes ver­längern, d h. ihn wahrscheinlich am 28. November auf ein weiteres Jahr erklären wird. Es ist ja auch zu bequem, seinen Gefühlen so gar keinen Zwang anzuthun zu brauchen und ganz nach Belieben schalten und walten zu können, als daß die Ne­gierung ohne Noth auf dies vortreffliche Regierungsmittel ver­zichten möchte. Daß es bei solcher Machtvollkommenheit und Unverantwortlichkeit der Behörde nahe liegt, die ordnungsfreund­liche Thätigkeit nicht lediglich auf die zunächst aufs Korn ge nommene Sozialdemokratie zu beschränken, sondern auch für die übrigen oppofitionellen Elemente etwas abfallen zu lassen, ist nur natürlich. sowol Und die Maßregelungen und Verbote sowol auf Grund des Belagerungszustandes und Sozialistengesetzes als sonst welcher Gesetze und Verordnungen gegen mißliebige Bestrebungen und Bethätigungen außerhalb der Sozial­demokratie nehmen denn auch immer mehr überhand. So wurde hier am 9. eine durchaus unpolitische und unsozialistische Generalversammlung der Tischler- Gewerks- Krankenkasse ver­boten, nachdem sie vorher erlaubt worden war Wie die, na türlich nicht verbotene, Krankenkasse nun ihre Geschäftsangelegen­heiten wird statutengemäß erledigen können, ist nicht recht faßlich; aber um solche Bagatelle kümmert sich unsere Polizei nichts. Tischler sind Arbeiter und jeder Arbeiter ist der Sozialdemokratie oder doch wenigstens der Unzufriedenheit verdächtig, ergo fann man die Arbeiter nicht streng genug halten- das ist so die Polizeilogik. Und sie ist nicht ohne Berechtigung; die Frage ist nur, ob durch solche Behandlung nicht das Gegentheil vom Ge­wünschten erreicht wird. Ich glaube, wir können das ruhig ab warten und schließlich zufrieden sein!

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Auch in den Provinzen find wieder mehrere Verbote erfolgt. So verbot die Regierung in Kassel die" Justitia " nämlich nicht die bekannte Olympbewohnerin dieses Namens, welche ja schon längst aus Preußen- Deutschland ausgewiesen und unter strengstem Rückkehrverbot abgeschubt ist, sondern eine in Borken heim neubegründete periodische Druckschrift dieses Titels Die Polizeidirektion in Bosen aber untersagte gar dem freireligiösen Prediger Reichenbach aus Breslau einen religiösen Vortrag. Reichenbach war nämlich Redakteur der Zeitschrift Freie deutsche Warte", welche vor einiger Zeit unter allgemeinem Aufsehen auf Grund des Sozialistengesetzes verboten wurde, während sich in ihr doch auch nicht im allerentferntesten sozialistische, geschweige denn aufgewaltsamen Umsturz" gerichtete Bestrebungen geltend machten. Dieses famose, wahrscheinlich selbst vor der berüchtigten Reichskommission nicht Stand haltende Verbot benüßt nun die Polizei dazu, um zu deduziren: ein Mann, der einmal Redakteur einer als sozialdemokratisch unterdrückten Zeitung gewesen, ist natürlich ein Sozialdemokrat und es ist anzunehmen", daß er auch in einem religiösen Vortrag sozialistische Agitation treibt. Diese Annahme" aber genügt nach dem Ausnahmegesetz vollkommen zum Verbot einer Versammlung".

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gehören!

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Noch ein anderes Verbot, wenn auch etwas anderer Art, muß ich erwähnen. Die vom hiesigen Polizeipräsidium vollkommen un­gesetzlich geübte Theater Zensur hat der Direktion des National­theaters die Aufführung des Laube'schen" Prinz Friedrich" berboten. Das Verbot ſtüßt sich auf eine von Anno Tobak her­rührende Kabinetsorbre, nach welcher Mitglieder des Herr scherhauses"- auch solche, die der auch solche, die der Geschichte an ohne spezielle Erlaubniß nicht auf die Bühne gebracht werden dürfen! Die Polizeibehörde betont, sie wisse sehr wohl, daß das Laube'sche Schauspiel bereits in Berlin wie: berholt anstandslos aufgeführt wurde, sie halte es nun aber trotzdem für angebracht, jenes Verbot eintreten lassen zu müssen. Aeltere Berliner entfinnen sich vielleicht, daß auf Grund derselben Kabinetsordre viele Jahre hindurch auch die Aufführung von Guzzkow's" Zopf und Schwert" auf Berliner Bühnen verboten war. Guzkow meinte damals, er habe, als er ein Stück preußi­scher Geschichte dramatisirte, es wirklich nicht umsonst Zopf und Schwert" geheißen. Wer weiß, ob die famose Kabinets ordre nicht demnächst auch auf die Geschichte ausgedehnt und den Hi­storikern aufgegeben wird, ihren Schilderungen von Hohenzollern : Pflanzen die von den Epigonen der einnehmenden Herrscherfamilie gewünschte Auffassung zu Grunde zu legen!

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Um aber von diesen Schnurrpfeifereien wieder auf Ernsteres zu kommen: Einen neuen Beweis für die Zunahme des Nothstandes und der Verarmung dahier liefert die Nothstandes und der Verarmung dahier liefert die neueste Veröffentlichung des Magistrats über den Geschäftsbetrieb des städtischen Leihhauses. Derselbe ist in den letzten Jahren wieder fortwährend im Steigen begriffen. Während in früheren Jahren die immerhin beträchtliche Anzahl von über 80,000 Pfändern eingeliefert wurde, ging die Zahl im Anfange der siebziger Jahre wohl in Folge der besseren Arbeitslöhne und der vielen neu etablirten Rückaufsgeschäfte so bedeutend zurück, daß im Laufe des Jahres 1874 nicht ganz 37,000 Pfänder beliehen waren. Im vergangenen Jahre ist dagegen die Zahl der ein­gegangenen Pfänder wieder auf ca. 95,000 gestiegen und die selbe wird wahrscheinlich im laufenden Jahre noch bedeutend überschritten werden! Die allerdrastischste Bestätigung des herrschenden Elendes aber ist die Thatsache, daß am 4. dies Abends ein arbeits- und obdachloser Arbeiter, Namens Miclaud, auf offener Straße( Prenzlauerstraße) Hungers starb!

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- Altona , 4. November. Am 28. Oktober fand hierselbst vor dem neuen Landgericht der große Prozeß gegen 13 Genossen wegen Majestätsbeleidigung und Uebertretung des Sozialisten­gesetzes statt, weil sie gemeinschaftlich Ein Exemplar der schrecklichen Freiheit" abonnirt und gelesen hatten! In der That ein fürchterliches Verbrechen! Da der Prozeß nicht nur an sich interessant, sondern auch von prinzipieller Wichtigkeit hinsichtlich des Haltens und Verbreitens" verbotener Schriften, also vor Allem unseres Parteiorgans, Sozialdemokrat" ist, so erscheint eine etwas eingehendere Behandlung desselben sicherlich angezeigt.

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Zu Anfang September hatte unsere Polizei fast gar nichts anderes mehr zu thun, als bei allen bekannten Sozialisten Haus: suchungen vorzunehmen und, als ein Exemplar der benannten Zeitung gefunden wurde, die Leute so lange moralisch zu foltern, bis sie ein Geständniß erpreßte. Daraufhin sperrte man dann circa 20 Personen ein, von denen jedoch einige nach 14tägigem circa 20 Personen ein, von denen jedoch einige nach 14tägigem Brummen wieder freigelassen werden mußten, weil man ihnen das Lesen der Zeitung nicht nachweisen konnte und man wegen der nachweislichen Annahme von Gelbern für die Familien Aus­gewiesener eine Anklage doch nicht riskiren wollte. Beiläufig ist hier zu bemerken, daß durch diese angestrengte Thätigkeit des Kriminal- Polizeikommissars Engel und seiner Untergebenen das heilige Eigenthum, resp. die besitzende Klasse in die größeste Gefahr gekommen sind; denn da man vor lauter Sozialisten verfolgung keine Zeit mehr hatte, die Diebe und Gauner zu beobachten, verübten diese während dieser Zeit regelmäßig jede Woche mindestens 3 Einbrüche, ohne daß jemals ein Thäter abgefaßt worden wäre, und nur der Hamburger Kriminalpolizei ist es zu danken, daß die gut organisirte Bande endlich fest: genommen wurde. Nach Verlauf von ca. 3 Wochen sollte am 25. September die Anklage gegen die 13 Sozialdemokraten vor dem Amtsgericht auf Grund des Ausnahmegesetzes erhoben werden. Während dessen waren aber in Hannover einige desselben Ver gehens angeklagte Genossen wegen Majestätsbeleidigung verurtheilt worden, welches Verbrechen sie als Verbreiter" der in der Freiheit" angeblich enthaltenen Majestätsbeleidigungen be­gangen haben sollten. Sobald unser hiesiger Staatsanwalt von dieser Verurtheilung hörte, die seine kühnsten Hoffnungen noch übertraf. folgte er natürlich eiligst dem erhabenen Beispiel seines Hannoverischen Kollegen und erhob gleichfalls Anklage auf Majestätsbeleidigung ( indem sie an Stelle des ihr leider nicht erreichbaren Redakteurs die Leser für den Inhalt des Blattes verantwortlich machte) und erklärte das Amts( Schöffen-) Gericht für inkompetent zur Abur­theilung des Verbrechens"(!!) Das Gericht stimmte dem natürlich zu, die Gefangenen wurden wieder abgeführt und mußten abermals bis zum 28. Oftober im Kerker schmachten; denn ver geblich waren alle Anträge auf vorläufige Entlassung gegen Kaution wegen der Ungeheuerlichkeit des Verbrechens mußten die Angeklagten, unter denen sich mehrere kleine Geschäftsleute und 6 Familienväter befanden, ruhig in ihrer Einzelhaft Kaffee­bohnen sortiren.

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Endlich erschien der 28. Oktober, der eine richterliche Entschei­dung herbei führen sollte. Früh um 10 Uhr war der Gerichts: saal bereits gefüllt und mehrten sich die Zuhörer von Stunde zu Stunde, so daß um 31%, Uhr, als in die Verhandlung ein­getreten wurde, nicht allein der Saal, sondern selbst korridore und Treppen überfüllt waren. Die Angeklagten sahen in Folge der infamen Behandlung meiſtentheils bleich und leidend aus. Als Vertheidiger hatten sie drei bewährte Rechtsanwälte: Dr. Brinkmann aus Kiel , Dr. Türkheim aus Hamburg und Rechts­anwalt Wedekind von hier. Als aber in die Verhandlung ein getreten werden sollte, stellte der Staatsanwalt Goschuff( früher Berlin ) den Antrag, die Oeffentlichkeit auszuschließen, der in geheimer Sizung( wie verlautet) damit motivirt wurde, daß einmal Sitte und Moral Gefahr drohe und anderentheils die starke Ansammlung des die Gesinnung der Angeklagten thei­lenden Publikums für Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung

dessen entsprach der Gerichtshof dem Antrag und das Publikum wurde wie Schuljungen nach Hause geschickt. Deßhalb und da die Berichterstatter der Bourgeoispresse, welche anwesend bleiben konnten, wohlweislich über die verunglückte Verhandlung nichts ver öffentlichten, ist es mir nur möglich, in kurzen Zügen das mit­zutheilen, was ich später von den Angeklagten selbst in Erfah­rung bringen konnte.

In der Beweisaufnahme wurde festgestellt, daß die Angeklag­ten, die sich bis auf einen( den Schriftseter.Maß) kennen, weil fie Mitglieder eines Vergnügungsclubs waren, für sich das Blatt abonnirt hatten und unter sich zirkuliren ließen, so oft es die Post ihnen zukommen ließ( was nicht immer der Fall war). Daß alle 12 hineinfielen, haben sie nur dem Umstand zu ver­danken, daß die Briefe bei der deutschen Post nicht sicherer sind, ,, als die( mit Silber beschlagene) Bibel auf dem( unbewachten) Altar". Gefunden hatte die Polizei nur 3 Nummern( bei 13 Mann!), Provinzialforrespondenz", Staatsanzeiger" und Volks­freund"; trotzdem hatte aber der Staatsanwalt die Kühnheit, seine Anklage auch auf eine Anzahl anderer Nummern mit zu begründen! Indessen nahm er von diesem Vorhaben später doch Abstand. Die Anklagerede des Staatsanwalts( der indessen in seinen Ausführungen jedenfalls anständiger war, wie sein früherer Kollege Neumann es gewesen sein würde) war ein Meisterstück von Sophistit. Was der Ankläger nicht beweisen konnte, deckte er mit den Worten: man kann annehmen" u. s. w. und was hat der Mensch nicht Alles angenommen! Sogar, daß die Leute sämmtliche Blätter erhalten haben müßten, weil er selbst ein Exemplar des Blattes abonnirt hatte auf den Namen eines der Angeklagten und die Post dies regelmäßig an den Untersuchungsgefangenen v. Pein" der Gefängniß- Behörde überlieferte!! Ferner stand für ihn durch Annahme" fest, daß die Angeklagten die­selben Ansichten und Gesinnungen über einzelne gravirende Sa­chen hegten wie der Verfasser, wenn sie die Nummer auch gar nicht gelesen hatten u. s. w. Kurz man konnte annehmen", daß die Angeklagten, die noch nie eine Strafe erlitten, zu allen erdenklichen Schlechtigkeiten und Schandthaten fähig waren, weil sie Sozialdemokraten waren. Der langen Rede kurzer Sinn war denn auch dem entsprechend der am Schluß gestellte Antrag, die Angeklagten zu in Summa 145 Monaten Ge= fängniß( 1 Mann 15 Monate, 8 Mann je 1 Jahr, 1 10 Monate und 3 je 8 Monate) zu verurtheilen.

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Die 3 Vertheidiger, von denen Dr. Türkheim zuerst das Wort nahm, fielen nun über die Armensündersuppe, die der Herr Groschuff eingebrockt hatte, her und wieſen die ungenießbaren und unverdaulichen Substanzen, aus denen sie zusammengebraut war, aufs trefflichste nach Nichts wurde da dem strebsamen Staatsanwalt geschenkt, weder die fehlende Logik noch die vielen unbegründeten: man kann und muß annehmen". Die Haupt­einwände, welche die Vertheidigung geltend machte und welche auch von dem Gericht anerkannt wurden( trotzdem der Staats­anwalt nach jedem Vertheidiger noch zweimal das Wort nahm) waren, daß den Angeklagten nicht bewiesen worden ist: 1) daß sie die inkriminirten Stellen, welche angeblich Majestätsbeleidi­gungen enthalten, gelesen haben; 2) daß sie wußten, daß in den Blättern, in denen sie gelesen hatten, derartige Beleidigungen enthalten waren und trotzdem das Blatt weiter gaben. Es fehlte ihnen mithin das Bewußtsein einer strafbaren Handlung und daher auch die böse Absicht, die zu einer Bestrafung erfor= derlich ist.

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Hiebei wurde mit gutem Erfolg der von Dr. v. Schwarze dem Vater des Sozialistengesetzes, wie man ihn bezeichnete zu dem Gesetze geschriebene Kommentar in Anwendung gebracht und das von ihm gegebene Beispiel: daß wenn Jemand in einer Wirthschaft in einem dort ausliegenden Blatte eine Majestäts­beleidigung liest und das Blatt, um das ihn sein Nachbar bittet, diesem weiter gibt, er sich dabei einer Verbreitung der Majestäts­beleidigung nicht schuldig macht, weil er kein Recht hatte, das Blatt, welches zum Lesen der Gäste bestimmt war, jenem Gafte vorzuenthalten von den Richtern auch in diesem Falle für zutreffend erklärt. Nachdem die Plädoyers beendigt waren, wurde nach einer kurzen Berathung des Gerichtshofes und nach Wie­derherstellung der Deffentlichkeit das Erkenntniß publizirt, welches, wie Sie mittheilten auf kostenlose Freisprechung der Angeklagten von der ihnen zur Last gelegten Beschuldigung wegen Uebertretung des Sozialistengesetzes wie auch der Majestäts= beleidigungen lautete.

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Dies Erkenntniß wurde damit motivirt, daß der Gerichtshof bei der Zuwiderhandlung gegen das Sozialistengesetz weder sub­jektiv den Dolus zu erkennen vermocht hatte, noch objektiv die Thatsache als nachgewiesen ansah. Hinsichtlich der Verbreitung der Majestätsbeleidigung wurde vom Vorsitzenden, wie bereits bemerkt, auf das Beispiel aus Schwarze's Kommentar hingewiesen und als thatsächlich erwiesen angesehen, daß das Abonniren von jener Gesellschaft auf 1 Exemplar d. B. nicht erfolgt war, um den Inhalt desselben in's größere Publikum( öffentliche Verbrei­tung) gelangen zu lassen, sondern daß es geschehen war, um an jeden Einzelnen, der gewillt war, das Blatt so wie so zu lesen, dasselbe zu einem billigen Preis gelangen zu lassen. Wenn nun auch wirklich erwiesen worden wäre, was nicht der Fall war, so wurde weiter deduzirt daß der einzelne Leser die Ma­jestätsbeleidigung erkannt hätte, so wäre er doch moralisch ver­pflichtet gewesen, das Blatt, welches nicht sein alleiniges Eigen­thum war, weiter zu geben und könne hierin wohl eine mit Be­wußtsein begangene, aber gesetzlich straflose Verletzung der Ehr erbietung, aber feine Verbreitung einer Majestätsbeleidigung erblickt werden! Dieser richterliche Entscheid ist von großer Wichtigkeit, da hiedurch ausgesprochen ist: 1) daß ein gemeinsames Abonnement auf eine verbotene Zeitschrift an sich und ohne Weitergabe des verbotenen Blattes an Nich tabonnenten feineswegs eine strafbare Ver­breitung" darstellt, sondern durch das Gesetz eben sowenig verboten ist, als ein Abonnement einer solchen Schrift seitens eines Einzelnen; und 2) daß die Thatsache der Weitergabe einer ein beliebiges ,, Verbrechen" enthaltenden Zeitung an Mitabon­nenten feine Theilnahme an dem betr. Verbrechen involvirt, selbst wenn es nachgewiesen wäre, daß der Weitergeber die betreffende Stelle gekannt hat, und insbesondere dann nicht, wenn dem Wei­