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Kirchenvorlage, wenn auch in verstümmelter Form, gereitet. Wel­ches ist nun das Ergebniß des ganzen Handels? Die Regierung hat ihren Willen abermals durchgesetzt; die verlangte kirchen­politische Diktatur ist ihr übertragen und damit der Regierungs­absolutismus auf's neue vermehrt und vervollkommnet worden. Die Volksvertreter" dagegen, die Mehrheitsparteien, haben ihrem ohnehin schon sehr defekten Ansehen einen neuen, gewaltigen Stoß versetzt. Die Konservativen" haben sich als haltlos, die di beralen" als zerrissen und ehrlos, beide als zum Widerstand gegen den ernstlichen Regierungswillen unfähig erweisen. Der Parla mentarismus sinkt in den Augen des Volkes immer tiefer und ein immer stärkeres Mißtrauen in die Fähigkeit und Ehrlichkeit aller alten Parteien greift Play. Der wahre, glänzende Sieger aber in dem beendeten Streit ist der römische Erbfeind", der Katholizismus und feine politische Vorkämpferin, das Zentrum, die der Bismarck  'schen Politik eine schmachvolle Niederlage beige­bracht haben. Der römische Hof hat bekanntlich s. 3. die Wiener  Verhandlungen mit der preußischen Regierung abgebrochen, weil er einsah, daß seine Forderungen nicht bewilligt würden. Un­mittelbar darauf wird dem preußischen Landtag ein Gefeßentwurf vorgelegt, welcher zahlreiche Forderungen Roms bewilligt und weitere Vortheile werden in Aussicht gestellt, ohne daß Rom  selbst die geringsten Zugeständnisse gemacht hätte. Ist dieses Ent­gegenkommen geeignet, Rom   zum Aufgeben auch nur einer seiner übrigen Forderungen zu bewegen? Gewiß nicht. Rom   hat er­fahren, was es durchsetzen kann, wenn es hartnäckig ist, und daß die in ihren Grundfesten bedrohte Regierung auf seine Hilfe um jeden Preis angewiesen ist. Freilich wissen wir, daß auch diese Hilfe die alte Ordnung der Dinge auf die Dauer nicht retten kann, sondern im Gegentheil die beiden vereinten Unterdrückungs­genossen vereint in die Grube bringen muß. Und deshalb ist der eigentliche Befriedigte in diesem, wie in so manchen anderen Streit, der lachende Dritte, niemand anderer als der einzige Erbe der beiden altersschwachen und in Gewaltorgien rasch den kurzen Rest ihres Lebens aufreibenden Sünder: die Revolution und ihr Meister, der Sozialismus!

- Die Klassenjustiz hat wieder einmal die Wirkung statt der Ursache, die durch infame Ausbeutung zum Widerstand der Nothwehr getriebenen Arbeiter anstatt ihrer kapitalistischen Unter­brücker bestraft. Man erinnert sich der beiden, wegen übermäßigster Auspressung und unmenschlicher Behandlung ausgebrochenen Arbeiterrevolten von Radzionkau   und Swine münde. Der Staatsanwalt selbst fühlte sich in dem einen Fall zu dem Geständniß veranlaßt: daß ein gut Theil der Schuld in dem Benehmen der Beamten gegenüber den Arbeitern zu suchen sei. Trotzdem aber wurden in dem ersten Fall von den 50 Angeklagten 45 zu mehr oder weniger langen Zuchthaus und Gefängnißstrafen, in letzterem Fall ein Angeklagter zu 1 Jahr 4 Monaten, zwei zu je 1 Jahr 2 Monaten, alle übrigen zu je 3 Monaten Gefängniß verurtheilt. Kommt der Bourgeoisgesellschaft nicht hie und da in einem nüch ternen Augenblick der Gedanke, welche Drachensaat sie durch solche Thaten aussät? Und graut ihr nicht vor der Ernte, welche gewiß ist und schrecklich sein wird?!

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Ein, allerhöchstes" Wort. Man liest in Bour geoiszeitungen: Als das deutsche Kaiserpaar am 19. v. M. die Kunst- und Gewerbe- Ausstellung besuchte, nahmen die beiden Majestäten dajelbst eine ihnen von der bekannten Kölner   Firma Stollwerk servirte Chocolade. Dieselbe schmeckte dem Kaiser Wilhelm   so gut, daß er die denkwürdigen(!) Worte sprach: Das ist ein erwünschtes Frühstück; solche vortreffliche Chocolade wünsche ich jedem meiner Landeskinder zu Sonntag Vormittag."" Mit welcher Aufopferung dieser edle Landesvater" und Helden­greis nicht seine verantwortungsvollen Herrscherpflichten erfüllt: wiederholt mit seinem allerhöchsten Mund die famose Huhn- im­Topf- Geschichte Heinrich IV.   und wünscht jedem seiner Unter­thanen" eine Tasse Chocolade  ! Erhaben, groß, denkwürdig! Wenn er aber dem Volt Brod nicht nur wünschen, sondern schaffen könnte, wäre es jedenfalls besser. Freilich ist auch er nicht all­mächtig, nicht einmal in politischen Dingen,( die Bismarck   aus­schließlich angehen), ami allerwenigsten über die wirthschaftlichen Zustände. Aber wenn er sammt seinen erlauchten Bundesbrüdern, all den großen und kleinen Höfen, den vielen Dußenden von Prinzen und Ministern, den Hunderten von Hofschranzen und Generalen und all dem Geschmeiß, das an dem faulenden Königthum seine Schmaroßereristenz fristet, sammt dem stehenden Heer der Sol­daten und der Polizei und allem sonst dazugehörigen- sich gefälligst sachte beiseite begeben wollte, so wäre doch ein guter Anfang ge­macht und das deutsche   Volk sollte balo Brod und Chocolade haben. Da die Herren aber das freiwillig kaum thun werden, so wird das Volt, wenn es nicht auf beides verzichten will, eines schönen Tages wohl selbst zugreifen müssen.

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In Berlin   findet gegenwärtig eine lebhafte Lohnbewe gung statt. Die Tischlergesellen, welche durchschnittlich nur 15 Mark die Woche verdienen ein Lohn, welcher namentlich die Verheiratheten zum Hungern verdammt, benützen den etwas besseren Geschäftsgang in ihrem Geschäft, um eine kleine Ver­besserung ihres Lohnes, 10 Proz., zu erringen. Sie hielten Ver­fammlungen ab, in welchen ein Siebener- Ausschuß gewählt ward, der mit den nöthigen Unterhandlungen mit den Meistern beauf­tragt wurde. Da mischten sich schleunigst die Hirsch- Dunker'schen Gewerkvereinler darein und verriethen die Arbeiter auf die elen­deste Art, indem sie, ihrem Prinzip der Harmonie zwischen Arbeitgebern und Arbeitgebern getreu", eine Meister versamm­lung einberiefen. In derselben konnten nun freilich die Arbeit geber die Hungerlöhne und die Nothlage des Gesellen nicht be= streiten, verschanzten sich aber hinter alle möglichen Ausflüchte, vor allem aber hinter die, daß erst eine Erhöhung des Waaren­preises erzielt werden müsse, bevor etwas für die Arbeiter gethan werden könne. Der Siebener- Ausschuß der Arbeiter wurde auf Beschluß der Versammlung gar nicht angehört. Am letzten Sonntag tagte nun eine neue Versamm lung der Gesellen, in welcher das Benehmen der Meister und das Vorgehen der Herren Gewerkvereirler ertsprechend beleuchtet und den letzteren das von ihnen geforderte Vertrauen der Ar­beiter auf Grund ihrer ganzen Vergangenheit abgesprochen wurde. Die von über 800 Arbeitern besuchte öffentliche Versamm­

lung beschloß, auf ihren Forderungen energisch zu beharren und zugleich an sämmtliche Meister mit der Anerkennung der Lohnerhöhung heranzutreten. Bei Weigerung wird die Arbeit eingestellt. Ob hiedurch ein Erfolg zu erzielen ist, hängt lediglich davon ab, ob es gelingt, unter den Arbeitern selbst Einigkeit herzustellen, was freilich unter der Herrschaft des Belagerungs­zustandes schwerer denn je ist. Und schließlich besteht auch noch die Gefahr, daß, im Fall die Arbeiter wirklich Erfolge erzielen sollten, die Polizei den Arbeitgebern zu Hilfe eilt und ihre Duldsamkeit" einstellt, indem sie in dem Streit verbotene sozialistische, sozialdemokratische und kommunistische, auf den Umsturz der bestehenden Gesellschaftsordnung gerichtete Bestre­bungen" entdeckt. Freilich würde sie dadurch ihre Freunde in den Reihen der Arbeiter nicht vermehren und daher auch wohl die erstaunliche vorläufige Duldung".

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Eine Kennzeichnung deutscher   Verhältnisse, wie sie drastischer von dem ärgsten Reichsfeind nicht zu liefern ist, finden wir in einem Bourgeoisblatt, wo kurz nach einander folgende trockene Notizen zu lesen sind: Während des April tamen im preußischen Heere 23 Selbstmorde vor." In Berlin   gelangten während der abgelaufenen Woche 14 Selbst­morde zur Kenntniß der Polizei." In Grünbach   bei Falken­ stein   in Sachsen   brach der Hungertyphus aus und sind von dem selben bereits 70 Personen ergriffen." Ist das nicht eine vortreffliche Ordnung", ein ruhmvolles Reich?!

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-In Frankfurt   a. M. wurden sieben Genossen: Irmer, Liedtke, Hiller, Ichrath, Schulze, Roth und Höppner wegen geheimer Verbindungen"( es handelte sich einfach um gemein­sames Zeitungsabonnement) zu einer Woche Gefängniß ver­urtheilt. Im Laufe der Verhandlung wurde die Willkürlichkeit der Frankfurter   Polizei von der Vertheidigung in der vernich­tendsten Weise aufgedeckt.

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Vergangenen Freitag brach im Mühlhausen   in Elsaß   eine Arbeitseinstellung unter den Eisenbahnwerkstätten- Arbeitern aus. Grund derselben ist eine empfindliche und durchaus un begründete Lohnherabseßung. Die der Bourgeoisie stets dienst­willige Polizei verbot sofort die Versammlungen der Streikenden, worauf sich dieselben, 300 Mann stark, in den Tannenwald be gaben und dort ihre Angelegenheiten besprachen, ehe es die Polizei hindern konnte. Bis jetzt ist keine Einigung erzielt.

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-Brieg  , Reg.- Bez. Breslau  , 27. Juni. Es ist wohl an der Zeit, endlich auch einmal von uns etwas hören zu lassen. Bis vor kurzer Zeit waren wir vor den Augen der Polizei etwas von der Tagesordnung ab­gesetzt; da auf einmal beginnt die Spionage der hiesigen Polizei, um zu versuchen, uns durch Repressivmaßregeln zu kennzeichnen, zu schädigen und Hindernisse zu bereiten. Am 7. Juni erschien bei unserem Genossen Baul Fläschel der Polizei- Inspektor in Begleitung eines Polizisten, um eine Haussuchung vorzunehmen. Es handelte sich um Den Kampf gegen den Sozialismus von J. Kräcker in Breslau  . Nachdem man unserem Ge­noffen sämmtliche in der Stube befindlichen Sachen durchsucht hatte, und das Resultat gleich Null gewesen, mußte man sich mit einem grauen Bogen Backpapier begnügen, in welchem das corpus delicti eingepackt gewesen sein soll. Man konfiszirte dasselbe und theilte unserm Genossen mit, daß er sich sofort nach dem Polizeibureau begeben solle. Natürlich glaubte nun unser Genosse, daß er sich allein dahin begeben könne; allein er wurde bald eines besseren belehrt. Man transportirte ihn nämlich gleich einem gemeinen Verbrecher unter einem großen Auflauf von Menschen mitten durch die Stadt nach der Polizei. Indessen konnte man unserm Genossen keines großen oder kleinen Verbrechens überführen und mußte ihn deshalb bis auf weiteres wieder entlassen. Natürlich konnte die Polizei das voraussehen; aber es handelte sich blos darum, einen verhaßten So­zialisten zu chikaniren. Man sieht daraus, daß man auch hier durch die gemeinsten Machinationen den denkenden Arbeiter auf jede mögliche Art und Weise zu verdächtigen und zu schädigen sucht. Aber das schadet alles nichts; wir arbeiten trotzdem und gerade deshalb unaushaltsam weiter und fordern die Genossen allerorts auf, dasselbe zu thun und nicht zu erlahmen; die Stunde der Erlösung und Vergeltung ist nicht ferne! Des­halb, Genossen, frisch auf! Vorwärts ist unsere Parole! Die Genossen von Brieg  . Rothwein.

Oesterreich- Angarn.

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* Welche Furcht der ungarischen Regierung Dieselbe, welche noch vor kurzem erklärte, daß in Ungarn   kein Boden für den Sozialismus sei die Vereinigung der beiden bisherigen Fraktionen der ungarländischen Sozialisten zu einer einheit lich organisirten Partei einjagt, zeigt am besten die Berserkerwuth, mit welcher die Regierungsgewaltigen seitdem auf alles im ent­ferntesien nach Sozialismus Riechende losfahren und wobei sie auch vor den schreiendsten, ungesetzlichsten Willkürmaßregeln, wie sie in Deutschland   selbst unter dem Sozialistengesetz kaum denk­bar wären, nicht zurückschrecken. So ist die Polizei den bereits im Unterliegen begriffenen Tischlermeistern Budapests dadurch zu Hilfe gekommen, daß sie die streikenden Tischlergesellen zur Wiederaufnahme der Arbeit aufforderte, widrigenfalls alle nicht nach Budapest   Zuständigen abgeschoben würden. Dem Streik fomite wurde befohlen, sich aufzulösen, da Vereinbarungen, die Streikenden zu unterstützen, gegen das Gesetz seien". Die Depu tation dieses Komites, welche bei dem Minister rekuriren wollte, wurde von diesem nicht vorgelassen, da dieses Komite jeder Rechtsbasis entbehre." Und diesem unerhörten Gewaltakt folgte Die letztvergangenen Wochen sind wieder besonders reich bald ein weiterer. Auf Anordnung des Pester königlichen Gerichts­an Sozialistenverfolgungen die übrigens nie auf: hofes wurde am 26. Juni Vormittags unter polizeilicher Assi­hören gewesen. In Altona   wurden wiederum mehrere Ge­stenz das Haus der Allgemeinen Arbeiter- Kranken- und Invaliden­nossen und zwar wegen Verbreitung der Erklärung der sozial­fasse gesperrt, und durch eine Gerichtskommission eine Durch demokratischen Abgeordneten gegen Hasselmann verhaftet; sie sollen suchung aller Räumlichkeiten des Vereinslokals und auch der­sich dadurch verbotener Sammlungen zu sozialistischen Zwecken jenigen der dort untergebrachten Redaktion der Arbeiter- Wochen­schuldig gemacht haben, weil nach einer Bemerkung an der chronik" vorgenommen. Die Kasse sowohl als auch alle vor Spitze der Erklärung der Ertrag des Verkaufes zur Unter­Spitze der Erklärung der Ertrag des Verkaufes zur Unter- gefundenen Dokumente wurden mit Beschlag belegt. Die Veran­stützung der Ausgewiesenen bestimmt ist. Ein neuer Beweis, daß es der Regierung gar nicht einfällt, die Samm­lungen für den Unterstügungsfond außer Verfolgung zu lassen. In Magdeburg   fand abermals eine große Anzahl von Haussuchungen statt und wurden zwei Genossen verhaftet; Gründe bis jetzt unbekannt. In Breslau   haben ebenfalls anläßlich der Verbreitung eines von Gen. Kräfer verfaßten von Gen. Kräker verfaßten Flugblattes zahlreiche Haussuchungen stattgefunden und werden die Briefe einer Anzahl bekannter Genossen von der Post regel: mäßig auf die Staatsanwaltschaft geliefert und dort geöffnet. Von dort wie von verschiedenen andern Orten wird uns geschrieben, daß es scheint, als ob man Material zu einer bis jetzt noch nicht greifbaren Anklage zu erlangen suche. Also aufgepaßt, damit die Post­und Polizeidiebe sich umsonst anstrengen!

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Dresden  , 26. Juni. Vom Stand unserer Bewegung können wir erfreulicherweise das beste melden und wäre nur zu wünschen, daß es überall so gut stünde, wie in Sachsens   sozialistischer Haupt- und Residenz­stadt. Wir gewinnen eine ganze Anzahl besonders junger Genossen, die sich mit dem Feuereifer der Jugend in die Arbeit stürzen. Vor einiger Zeit war Bebel hier auf einem Ausflug anwesend, an welchem sich etwa 12-1500 Menschen betheiligten, ohne daß auch nur eine öffentliche Bekanntmachung erfolgt wäre. Es war ein wahres Vergnügen, die Leute pfeifen zu sehen. Auf einem späteren Ausflug nach Kötzschen­ broda   passirte es, daß ein gewisser Dr. Barry, bekannt als Mäusepillen doktor, einen Gensdarmen veranlaßte, Gen. Kayser, als er ein harmloses Gedicht vortrug, zu unterbrechen und zu notiren. Der edle Herr Doktor sagte nämlich zu dem Gensdarmen: Wenn Sie jetzt nicht ein­schreiten, zeige ich Sie bei der Amtshauptmannschaft an." Was wollte der Gensdarmen machen- er mußte. Jene Aufforderung, die von Genossen gehört wurde, machte natürlich böses Blut, und Barry, der Unwetter aufsteigen sah, suchte sich zu drücken. Er ward indeß gezwungen, zunächst seine Karte abzugeben, bei welcher Gelegenheit der Denunziant denn auch beim rechten Namen genannt worden sein soll. Einige Minuten nachher sollen den sich entfernenden Denunzianten einige Leute im Walde, wo er gar einsam und allein war" gehörig durchgebläut haben, so daß er, sein blutendes Haupt in der Hand, seiner Mäusepillenfabrik zu­eilte. Wie korrekt und prompt doch mitunter der Himmel seine Strafen vollzieht! Im übrigen soll man die Bösewichter, die sich der That schuldig machten, noch nicht gefunden haben.

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Vor 14 Tagen wurde( wie schon gemeldet. D. Red.) seitens unserer Hochwohllöblichen einmal wieder eine allgemeine Razzia vorgenommen. Früh 6 Uhr rückten sie an, die 100 Mann Polizei, und au 37 ver­schiedenen Stellen wurden die Hausklingeln zu gleicher Zeit angezogen, um die Rothen aus ihren Betten zu scheuchen, und zu untersuchen, ob sich nicht Spuren von ,, auf den Umsturz gerichtete Bestrebungen" entdecken ließen. Natürlich war das Resultat der Generalhaussuchung Null; war es doch schon vorher bekannt geworden, daß bald wieder etwas kom­men würde, und hatten sich alle vorgesehen: freilich, mitgenommen ist trotz­dem genug worden. Vereinzelte Nummern des Sozialdemokrat", einige echte Magdeburger   Deutschland   als Republik  "( hellroth oder blaẞroth) und verschiedenes sonstiges unschuldige Zeugs. Gelungen war's, daß die Polizisten alles, was sie nicht lesen konnten und nicht verstanden, an sich nahmen. So auf einer Stelle eine türkische Zeitung, die ein Schalk ihnen als russische bezeichnete. Russische? Wird mitgenommen!" der Herr Wachtmeister, derselbe, der s. 3. einmal seinen Vorgesetzten eine tonfiszirte Lieferung von Börne's Schriften mit dem Bemerken hinhielt: Hier, da steht aber verrücktes Zeug darin." Dann wurden an einem anderem Orte verschiedene Prospekte vom Panama- Kanal   konfiszirt. Gelungen war's, wie die Herren von der Polizei die abgefaßten Schriftstücke durch­buchstabirten, und wie ihnen beim Worte International"( international Compagny) die Augen blitzen vor Freuden. Es war ein hehrer Augen­blick! Weiter wurden englisch geschriebene Postkarten, französische Zeit­schriften, englische Broschüren, und überhaupt alles, was fremdsprachig war, annettiri. Uns wollte scheinen, als ob ein Schriftendepot gesucht wurde; gefunden haben sie jedenfalls keines. Die edle Polizei hält die Sozialisten doch für zu dumm; nimmt's eben von sich ab!

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lassung zu dieser Maßregel welche allgemeines-Aufsehen und nicht minder allgemeine Unruhe hervorrief, so daß die Straßen von Tausenden von Menschen erfüllt waren und die Polizei vollauf zu thun hatte, um die Ordnung" aufrecht zu erhalten -sollen sozialdemokratische Umtriebe" sein. Ganz gleiche Haus­suchungen fanden zur selben Zeit auch in Preßburg  , Dedenburg, Steinamanger   und an andern Orten statt, so daß sich die Maßregel als eine allgemeine Sozialistenheze darstellt. Ob die Regierung aber damit ihren Zweck erreicht, muß stark bezweifelt werden, denn nicht nur soll sie die gesuchten Verschwörungs"- Beweise nicht gefunden haben, sondern unsere ungarländischen Genossen erklären auch, daß sie sich durch die Regierungswillkür in der Verfolgung ihrer Ziele in keiner Weise beirren lassen. Nicht minder werden die Sozialisten auch in der zisleitha= nischen Reichshälfte verfolgt, wo dies freilich nichts neues mehr ist. Näheres hierüber ein andermal.

Niederlande  .

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* Ter Allgemeine niederländische Arbeiterbund hat vergangenen Monat zu Arnheim   einen Kongreß abgehalten, der gut besucht war und seine Arbeiten mit großer Sachkunde erledigte. Auf der Tagesordnung standen nicht weniger als vier­zehn Fragen von großer Wichtigkeit für die arbeitende Klasse. Von der gefaßten Beschlüssen heben wir zur Kennzeichnung des Entwicklungsstandes der Arbeiterbewegung in den Niederlanden folgende hervor: Einführung einer gesetzlichen Arbeitsordnung mit einem 10stündigen Arbeitstag; Abschaffung der Konkurrenz, welche die Gefängnißarbeit den freien Arbeitern macht und sie in die Unmöglichkeit versetzt, sich ehrlich zu ernähren; Fortsetzung der Bewegung zur Erlangung des allgemeinen Stimmrechts und Organisation einer großartigen öffentlichen Demonstration im Haag zur Förderung dieses Zweckes; Abschaffung des stehenden Heeres und Bewaffnung aller Bürger; Bildung neuer Kooperativ­genossenschaften u. s. f. Der Bund zählt 43 Mitgliedschaften in allen Landestheilen; der nächste Kongreß wird 1881 in Harlem  stattfinden.

Brüssel, 27. Juni. Vorigen Sonntag begruben wir hier einen Genossen Namens Mathias Esser. Derselbe wurde voriges Jahr von hier ausgewiesen; Grund sollte sein, daß er während eines 14tägigen Aufenthalts in Deutschland  , wo er zur Uebung war, verbotene Schriften unter dem Militär verbreitet haben sollte, was ihm indessen natürlich nicht bewiesen werden konnte, sondern nur eine nachträgliche Vermuthung der deutschen   Behörden war. Außerdem hatte er das Verbrechen begangen, seinen Namen als Expedient der Freiheit" in hiesige Arbeiter, vielmehr sozialistische Zeitungen zu setzen. Das war Alles. Nun blieb Esser aber trotz seiner Ausweisung hier. Sein Arbeitgeber schätzte ihn sehr, trotzdem er seinetwegen Unannehmlichkeiten mit der Polizei hatte. Man kann sich leicht denken, was für große Augen die Polizei machte, als man fam und ihr Essers Tod meldete, der doch bereits ein ganzes Jahr aus dem Register gestrichen war. Aber jetzt war nun einmal nichts mehr zu machen. Obendrein war noch das Begräbniß eine wahre Demonstration. Voran flatterte die rothe Fahne, nach dieser folgte der Sarg, von sechs Genossen getragen und von einem rothen Leichentuch bedeckt; so marschirte der Zug unter großem Aufsehen mitten durch die Stadt, etwa 250 Mann start. Daß die Ausweisung Effer's Tod war, ist sicher, denn er hat einen schweren Winter erlebt. Die Genossen haben gethan, was sie konnten. Er hinterläßt eine Frau, welche sich während seiner Krankheit auch voll­ständig ruinirt hat, daß sie jetzt selbst darnieder liegt. Proletarierloos! Wie lange werden die Guten und Besten noch im Elend verkommen und B. die Schufte in Ehren sterben?!