wenig verstehen, daß sie glauben, zur Umwälzung aller wirth schaftlichen und politischen Verhältnisse bedürfe es nichts, als einiger tausend Verschworener, welche die Revolution wollen und sie dann zu einer beliebigen Zeit und Stunde„ machen",
ganz ebensolche Phantasten und noch viel mehr als heute gab es zu Anfang der 50er Jahre in Preußen und ander wärts. So hatte sich ein Berliner Gymnasiallehrer Gercke im Jahre 1851 in den Kopf gesetzt, daß im Mai 1852 in Paris die Revolution ausbrechen müsse, die sich selbstverständlich auch nach Deutschland weiter verpflanzen werde. Ja, er wollte, damit man auf dieses Ereigniß gehörig vorbereitet sei, ein Jahr früher bereits die Leitartikel und Aufrufe niedergeschrieben haben, welche beim Ausbruch der Revolution erscheinen sollten!
Wem fallen da nicht gewisse Leute ein, die es heute genau ebenso, ja zum Theil noch toller treiben und die vor Monaten zusammen mit einigen Franzosen den Tag der im nächsten Jahre ausbrechenden Revolution festsetzen wollten?
Nun, der genannte Gercke begab sich 1851 auch zu Johann Jacoby , um denselben für seine Idee der Vorbereitung auf die künftige Revolution zu gewinnen. Der„ Weise von Königsberg" lächelte zu diesen Phantastereien. Er erklärte, „ daß das Scheitern der Bestrebungen des Jahres 1848 in der mangelnden politischen Bildung des Volkes begründet und er volkommen damit einverstanden sei, daß die Reaktion gegenwärtig die politische Erziehung des Volkes zur Freiheit in die Hand genommen habe". Und er fügte hinzu, daß es von Seiten der Demokratie unflug wäre, die Reaktion in diesem Erziehungswerke auf irgend eine Weise zu stören, da sie unter den gegenwärtigen Verhältnissen für die Zwecke der Demokratie besser arbeite, als diese selber."
Was für die damalige Reaktion und für die Demokratie galt, das gilt im vollen Umfang auch für die heutige Reaktion und die Sozialdemokratie. Die Reaktion muß ihre naturgemäße Bahn bis zum Ende durchlaufen; und je weniger man diesen Lauf unterbricht, desto kürzer wird er währen. Jedes gewaltsame Hinderniß, das man thörichter Weise aufwerfen würde, um den zu Thal stürzenden Strom der Reaktion in seinem Fall aufzuhalten, würde seine Kraft nur verdoppeln, und die durch den gefundenen Widerstand angesammelte und in ihrer Gewalt potenzirte Hochfluth würde nicht nur das lächerliche Dämmchen wie Kinderspielzeug wegschwemmen, sondern alles Land ringsumher weit ärger verwüsten als vorher.
Die Reaktion muß sich selbst abwirthschaften und sie wird es, schnell thun. Wer sieht nicht ein, daß sie für uns arbeitet und daß sie vor allem vortrefflich für die Erziehung des Volkes zur Freiheit wirkt, indem sie ihm durch die unwiderstehliche Gewalt der Thatsachen unwiderleglich beweist, daß unter den heutigen verbrauchten Formen des Staats- und Gejchaftslebens eine Besserung der unerträglichen wirthHaichen und politischen Lage der ungeheuren Mehrzahl unmöglich ist und daß Massenverarmung und Massenfrechtung aur v Jahr zu Jahr rapider zunehmen. Dieses immer allgemeiner werdende Gefühl braucht von uns blos durch unausgesetzte Belehrung in bewußte Erkenntniß umgewandelt zu werden, und die letzte Stufe der Erkenntniß: auf welche Weise dem als unhaltbar erkannten Zustand abzuhelfen ist und wie an die Stelle des zu Beseitigenden etwas Besseres gesetzt werden kann, ein Zustand der Dinge, der Unterdrückung und Ausbeutung, Entrechtung und Elend in Zukunft unmöglich macht und dem Menschen ein menschenwürdiges Dasein der Freiheit und Gleichheit schafft,- diese letzte Erkenntniß wird sich dann bald in den Massen Bahn brechen.
Dann wird der Tag da sein, wo die theoretische Erkenntniß in die That übersetzt wird.
Sozialpolitische Rundschau.
* Die auf dem Kongreß der deutschen Sozialdemokratie zu Wyden angeregte und nach einhelliger Befürwortung durch die anwesenden Vertreter deutscher Sozialisten und deutscher Arbeiter Vereine der Schweiz beschlossene Organisation der deutschen Sozialisten im Ausland beginnt auf dem Boden der Alpenrepublik, auf dem sich tausende von deutschen Sozialisten und zehntausende von deutschen Arbeitern aufhalten, erfreulicherweise bereits greifbare Gestalt anzunehmen. Die längst vorhandenen Bestrebungen nach Schaffung einer Vereinigung aller deutschen Parteigenossen in der Schweiz und ihrer dauernden Verbindung mit der Bewegung in Deutschland zur kräftigen Unterstützung derselben durch Werbung unter den sich hier aufhaltenden deutschen Arbeitern, prinzipielle Aufklärung und Festigung, Leistung von regelmäßigen und freiwilligen Steuern 2c. diese Bestrebungen der besten Genossen haben durch jenen Kongreß beschluß einen bestimmten Ausbruck gewonnen und eine feste Richtung vorgezeichnet erhalten.
Und die erwähnten Vertreter am Kongreß, die durch fie ver tretenen Kreise und alle Gleichgesinnten sind seitdem auch nicht müßig gewesen. Das Ergebniß ihres Gedankenaustausches iſt ein eingehender Vorschlag über die künftige Stellung der deutschen Sozialisten in der Schweiz zur schweizerischen und zur deutschen Bewegung, der sich seinem Wortlaut nach in einer Veröffentlichung des zürcher Ausschusses im Sprechsaal dieses Blattes findet. Zur Berathung dieses Vorschlags war letzten Sonntag in Zürich eine Versammlung einberufen, deren Einberufungskomite aus deutschen Mitgliedern der meisten dortigen Arbeiterorganisationen: des deutschen Arb. Ver., des Internat. Arb.- Ber. und der Fachvereine zusammengesetzt war. Die zahlreich besuchte Versammlung war vom besten Geist beseelt, und sowohl die verschiedenen Redner als alle übrigen Theilnehmer waren einig über die Nothwendig feit einer Organisation und einer energischen Propaganda unter den deutschen Arbeitern. Dies und daß die Versammlung im Wesentlichen auch über die Mittel zur Erreichung dieses Zieles einig war, zeigte die einstimmige Annahme des erwähnten Vorschlages, der nunmehr in einer Reihe von Vereinssitungen,
| Zusammenkünften und Versammlungen an allen Orten, wo deutsche deutsche Sozialisten wohnen, eingehend besprochen werden soll. Es ist zu hoffen, daß unsere Parteigenossen allerwärts in der Schweiz mit Eifer und Thatkraft in die Berathung in der Schweiz mit Eifer und Thatkraft in die Berathung dieser wichtigen Angelegenheit eintreten, damit das von allen angestrebte Ziel recht bald erreicht werde. Unsere Brüder in allen Ländern wie unsere Gegner sollen sehen, daß die deutschen Sozialdemokraten nicht nur klug ausgedachte Kongreßbeschlüsse zu fassen, sondern sie auch durchzuführen verstehen!
* Eine neue Aera bricht an! Bismarck hat sich, wie er erzählt, lediglich deshalb zum Handelsminister ernennen lassen oder richtiger selbst ernannt, um sein tiefeindringendes soziales Programm durchzuführen. Bismarck , der große Volkswohlthäter, will jetzt vor der ganzen Nation darthun, daß der zu Recht oder Unrecht erhobene Vorwurf, die Regierung ruhe auf dem für sie bequemen Ausnahmegeseze gegen die Sozialdemokratie aus und bestätige somit die Anklage derer, welche die zugesagten positiven Maßnahmen vermissen, ihn, den Reichskanzler, nicht treffe, sondern, daß er jetzt nach vielfachen Friktionen die Angelegenheit selbst in die Hände nehme und mit all ſeiner Kraft an die Besserung unserer gewerblichen und sozialen Zustände gehen werde".
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Da darf man auf große Dinge gefaßt sein. Denn Bismarck's , ganze Kraft" ist nicht gering und wenn er etwas durchsetzen will, so pflegt ihn nicht leicht etwas daran zu hindern. Und er hat auch bereits den Anfang zur Verwirklichung seines Versprechens gemacht. Er hat einen Mann, der jedenfalls der berufenste Vertreter der Arbeiterinteressen ist, den Vorsitzenden der Bochumer Handelskammer, Fabrikdirektor, Kommerzienrath , kurz Vollblutbourgeois Baare zu sich rufen lassen, um sich Vortrag über die Frage der Arbeiterversicherung erstatten zu lassen und hat ihn ermächtigt, der staunenden Welt verkünden zu lassen, daß er die Frage der Arbeiterversicherung, der Haftpflicht und des volkswirthschaftlichen Senats mit gewohnter Energie" lösen werde und zwar unter Mitwirkung der berufenen Vertreter der Induſtrie, speziell des Zentralverbandes deutscher Industrieller." Herr Baare hat nun seinerseits ebenfalls nicht gezögert, die von ihm Bismarc gemachten Vorschläge bekannt zu geben. Welcher Art dieselben find, zeigt die Aeußerung eines bourgeois- demokratischen Blattes, welches sich folgendermaßen ausläßt:".. Ein Schrei der Entrüstung wird durch die deutsche Arbeiterwelt gehen, wenn die Ansichten des Herrn Baare in ihren Kreisen bekannt werden. Denn Herr Baare will nichts Geringeres als die Abschaffung des Haftpflichtgeses und die Ueberwälzung der seitherigen Schadenersatzverpflichtung der Arbeitgeber zu einem Drittel auf die Gemeinden, zu einem Drittel auf die Arbeiter selbst. Die Arbeiterversicherung soll der Industrie keine Last auferlegen. Diese Art sozialer Politik ist eine würdige Fortsetzung der Schutzzöllnerei, nur daß bei jener die brutale Selbstsucht der wirthschaftlich Mächtigen in ihrer ganzen Härte und Nacktheit sich geltend macht, während bei der Politik vom Schutz der nationalen Arbeit" immer noch der Schleier patriotischer Redensarten die wahre Absicht herhüllte. Jetzt begreift man den Jubel, der sich der Mitglieder des Zentralverbands deutscher Industrieller bemächtigle, als auf der Düsseldorfer Versammlung von der neuesten Thätigkeit des Herrn Baare Mittheilung gemacht wurde."
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Ein Förderer nationaler Wohlfahrt, dem ein Verband von Großindustriellen zujauchzt! Ein Minister für Handel und Industrie, der sich den Beifall dieser selbstsüchtigsten und gierigsten aller Interessenmänner erworben hat, noch ehe er eine einzige Probe seiner Befähigung für das neue Amt abgelegt, mit dessen Angelegenheiten er sich seither kaum einen Feiertag beschäftigt hat! Ein volkswirthschaftlicher Senat", der aus Vertretern des Großgrundbesizes, der Großindustrie und des Handels zuſammengesetzt ist und dem alle sozialen und wirthschaftlichen Maßregeln und Gesetze zu„ maßgebender Begutachtung" zu unter: breiten sind! Und die Arbeiter mehr als je rechtlos und ungefragt über ihre eigensten Angelegenheiten, und die Unterdrückung womöglich noch vermehrt durch die nach gut unterrichteten Quellen beabsichtigte Verhängung des Belage rungszustandes über Leipzig und Hamburg , als Antwort auf den wydener Kongreß"!
Ein famoses, soziales Programm", nicht wahr. Seine Früchte werden unzweifelhaft nicht ausbleiben!
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- Der„ tobtmüde" Kanzler, der nur aus unendlicher Aufopferung für das Reich die Bürde seines schweren Amtes noch weiter schleppt, findet doch bisweilen noch ein Mußestündchen, auch an sich zu denken. So arbeitet er seit Jahren an der„ Abrundung" seines Grundbesitzes durch Auskaufung der zwischen seinen Besitzthümern oder ihnen benachbart gelegenen Bauerngüter. Namentlich im Lauenburgischen fauft er eine Hufenstelle um die andere, und repräsentirt sein dortiger arrondirter Grundbesitz dermalen bereits einen Werth von drei Millionen. Wenn man dazu noch das Gut Varzin, sowie die durch Bleichröder ,, fruchttragend" gemachten Baarkapitalien des Fürsten rechnet und in Betracht zieht, daß er vor fünfzehn Jahren noch einer der ver schuldetsten Krautjunker Pommerns gewesen, so wird man zugestehen müssen, daß das Regieren denn doch kein ganz schlechtes Geschäft ist. Uebrigens mag Bismard mit dem„ Abrunden" nur fleißig fortfahren- da wird eines Tages die Verstaatlichung desto leichter sein. Es wäre eine köstliche Fronie des Schicksals, wenn die durch Verbrechen aller Art erworbenen und durch rafsinirte kapitalistische Praktiken immer mehr vergrößerten Besitzthümer des Blut- und Eisen- Menschen die ersten Musterwirthschaften der sozialistischen Wirthschaftsordnung würden!
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-Was es mit der so oft betonten Heiligkeit der Ehe" bei unsern Gegnern auf sich hat, dafür liefert eine Ehescheidungsgeschichte aus den höheren" Kreisen Berlins eine hübsche Illustration. Schon einige Monate vor der Ernennung des Grafen Hatzfeld zum Staatssekretär des auswärtigen Amtes sprach man davon, daß derselbe für diesen Posten bestimmt sei, indessen sei vorher noch ein Hinderniß zu beseitigen. Man erfährt jezt, worin dies" Hinderniß" bestand. Die Frau des Grafen, eine Amerikanerin, war nicht nur nicht, adlig", sondern ihre Schwägerin war öffentlich als Konzertsängerin aufgetreten. Die Etikette des berliner Hofes versagt aber jeder Dame die„ Hoffähigkeit", die direkt oder indirekt in irgend welcher Verbindung mit der Bühne stand. Und da es für einen hohen Staatsbeamten ein Haupterforderniß ist, sammt seiner Frau bei Hofe" erscheinen
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zu können, so blieb Graf Hazzfeld, wenn er Staatssekretär werden wollte, nichts anderes übrig, als sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Derselbe Hof, der so um einer Marotte wegen die Heiligkeit und Unauflöslichkeit der Ehe" zerreißt und einem Staatsbeamten eine nicht nur religiös" verbotene, sondern auch thatsächlich unsittliche Handlung zur Vorbedingung seiner Ernennung macht- derselbe Hof ist überaus fromm und verfolgt die Sozialisten als„ Zerstörer der Sitte und Ehe". Von tausend andern Sünden der Bourgeoisgesellschaft, deren nothwendige Attribute Bordell und Kindsmord sind, für diesmal ganz abgesehen.
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Einige befreundete auswärtige sozialistische Blätter - u. a. der„ Tschornji Peredjel" nehmen daran Anstoß, haften berliner Ausgewiesenen" nicht abgedruckt worden ist. Wir daß im Kongreßbericht der" Protest der in Hamburg wohnmachen deshalb noch einmal darauf aufmerksam, daß nach Anhören dieser Schmähschrift der Kongreß einstimmig beschloß, jenes Schriftstück durchaus nicht, wie fälschlich behauptet wird, auf eine Debatte darüber sich nicht einzulassen, und daß ferner für Most oder Hasselmann eintritt. Es heißt da u. a. wörtlich:
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" protestiren wir gegen die fernere Verbreitung des in scheinenden„ Freiheit"... Und an einer anderen Stelle:„ Wir Zürich erscheinenden Sozialdemokrat" und der in London er sind allerdings davon überzeugt, daß z. B. Hasselmann das Vertrauen der Arbeiter schnöde mißbraucht, daß er einzelne Pertestiren wir gegen das unverantwortliche und gewissenlose Vorsonen namhaft geschädigt."... Und ferner:„ Entschieden pro= gehen der Herren Bebel und Liebknecht, revolutionäre Flugschriften herauszugeben(?) und dieselben in Berlin und Umgebung verbreiten zu lassen."- Wir denken, diese Proben werden genügen, um zu zeigen, weß Geistes Kinder die Verfasser jenes " Protestes" sind, auch wenn wir dieselben nicht bereits ge= kennzeichnet hätten. Im Uebrigen weisen wir auf die dieses Machwerk betreffende Erklärung von in Hamburg wohnhaften Ausgewiesenen in unserm heutigen Sprechsaal hin.
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In Berlin haben drei Verhaftungen, eines Studenten, sind der Verbreitung verbotener Schriften angeklagt, die in eines Tischlergesellen und eines Wirthes, stattgefunden. Dieselben letzter Zeit wieder in ausgiebigster Weise stattgefunden hat. Ueberhaupt herrscht jetzt ein ganz besonders reges Leben in der politischen Polizei.
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? Augsburg , im Septb. Unsere bayerische Polizei scheint sich mälig mehr auf den Standpunkt des Wegelagerers stellen und ihre Zwecke durch räuberischen Ueberfall erreichen zu wollen. Unser Genosse R. Fischer mußte dies jüngst in München erfahren. Im Auftrage des Internat. Arb.- Ver. Zürich begab er sich am 22. Aug. nach München , um dort über Schaufert, den bekannten Denunzianten und Most's Freund, bei den Genossen nähere Erkundigungen einzuziehen. Wie natürlich, verbrachte er den Abend im Kreise der dortigen Genossen. Als er Abends gegen 11 Uhr, von ein paar Freunden begleitet, nach dem Bahnhof sich begab, wurde er wenige Schritte vor der Einsteigehalle von einem sich als Polizeikommissär Schimmel(?) legitimirenden Herrn und einem Gensdarm als verhafiet erklärt. Warum?" ,, Sie sind ein Sozialdemokrat und haben sich zu legitimiren."„ Das ist kein Grund zur Verhaftung; überdies bezeugen diese Herren meine Identität." ,, Gleichviel; Sie müssen mit auf das nächste Polizeirevier! Im Namen des Gesetzes." Zum Glück ent sann sich Gen. Fischer, daß er seinen Militärpaß bei sich habe; aber kaum hatte er diesen präsentirt, so riß ihm der Polizeikommissar unter Assistenz des Gensdarmen das Notizbuch aus der Tasche, das F. trotz zweimaligen Entreißens nicht wieder erlangte. Endlich erklärte der Polizist, Fischer könne noch in den zur Abfahrt bereiten Zug steigen, müsse aber das Notizbuch zurücklassen. Natürlich that er das. Was kommen würde, wußte er ohnedem. Am andern Tage kam die Augsburger Polizei in die Offizin, in der F. konditionirte, ließ den Geschäftsführer herunterrufen und erklärte, sie müsse F. verhaften. Dieser war natürlich nicht da und so zog denn die Polizei, vier Mann hoch, mit dummem Gesicht nach F.'s Wohnung, wo sie fünf Stunden lang haussuchte( und das Lob der Gründlichkeit muß man ihr lassen; sogar der Nachtstuhl wurde einer sorgfältigen Revision unterzogen). Endlich fanden sie unter einem Kopfpolster 30 Expl." Soz.- Dem." aus dem Monat Februar ( die F. ganz und gar längst vergessen hatte) und ein Stück ,, Wanzentod"; trotzdem hieß es einige Tage später im Polizeibericht verschiedene Stück es liegt also hier notorisch ein Betrug vor, ausgeführt von der meineidigen Polizei! Bei anderen Genossen wurde nicht gehaussucht; diese waren übrigens schon sämmtlich Morgens 6 Uhr von F. über das Kommende unterrichtet. Während der nächsten Tage berieth sich F. mit uns Genossen, was zu thun sei. Da F. durch diese Affaire hier existenzlos geworden und keine Aussicht auf anderen Erwerb hier hatte, so riethen wir ihm, nicht erst sich einer vielleicht längeren Untersuchungshaft auszusetzen, um dann später doch auswärts sich eine Existenz suchen zu müssen, sondern sogleich fortzugehen, und begleiteten ihn längst über alle Berge wähnenden Polizei zum Hohne nerstag Morgen zur Bahn! In derselben Nacht klebten wir dann eine Anzahl Aufrufe an das deutsche Volk" an den Straßenden 2c. an; worüber die Polizei wie das erste Mal in fieberhafte Aufregung gerieth. Also trotz F.'s Abwesenheit, der im Polizeibericht als„ sozialistischer Emissär" signalisirt worden, waren wir noch am Platze! Bis zum nächsten Sonntage war Ruhepause! An diesem Tage wurde in F.'s Wohnung abermals gehaussucht und jeder beschriebene Fetzen Papier , alle Privatbriefe ältester und neuester Zeit mitgenommen. Gefunden hat man indessen Nichts, weil F. stets alles Zweideutige und Anzügliche sofort verbrannte. Ohne Gemeinheit gingen indessen die Haussuchungen nicht ab. Der in diesem Blatt schon charakterisirte Polizist Obich erdreistete sich, F.'s Frau Explikationen über die„ Weibergemeinschaft und freie Liebe der Sozialisten" machen zu wollen und ließ es sich in seiner Schamlosigkeit trotz der Zurückweisungen von F.'s Frau nicht nehmen, diesen zu verdächtigen, indem er u. A. sagte:„ Sie sind immer so ein ordentliches Mädchen gewesen und müssen nun an einen solchen Kerl gerathen", wobei ihm der als Polizeischlosser und-Einbrecher fungirende Distriktsvorsteher Schloffermeister Göbel wegen ihrer außerehelichen Concubinate berüchtigte liberale Größe trefflich sekundirte! Solche Vorgänge und Ausschreitungen bedürfen feines Kommentars; die Stunde der Vergeltung wird auch kommen und dann hat das Glöcklein für dieses Lumpenthum hoch und nieder auch geschlagen.
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der ihn
am Don
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eine
und das
Während dieser Zeit bis heute wurde nun von der Polizei mit wahrhaftem Raffinement nach Schriftenverbreitung, Geldsammlungen 2c. spionirt ohne Erfolg! Am Montag den 20. ds. versuchte man es nach wochenlanger vergeblicher Ueberwachung der einzelnen Genoffen mit einer Massenhaussuchung. Von morgens 5 Uhr ab wurde drei und vier Stunden lang bei ca. 15 Genossen peinlichst gesucht! Die Frauen und Hausbewohner, selbst Kinder würden inquirirt Resultat: überall zogen sie mit langer Nase ab mit Ausnahme des Falles bei Genosse H., bei dem sie 10 Stück„ Soz.- Dem." Nr. 37 fanden, die dieser zu seinem großen Erstaunen Tags vorher von Zürich aus zur Verbreitung gesandt erhalten, sie aber statt zu verbreiten oder zu vernichten aufbewahrt hatte. Und wie wenig unterrichtet die Polizei über unsere Verhältnisse ist, bewies uns der Umstand, daß auch der frühere Genosse Stollberg mit einer Haussuchung beehrt wurde, trotzdem wir mit ihm( der in einem Athem fitr Findel und Most schwärmt), seines Egoismus halber schon längst in keinem Verkehr mehr stehen, und trotzdem er wiederholt öffentlich zudem mit besonderem Behagen, wenn Schnüffler und Polizisten es hörten mit Emphase betonte, er sei kein Sozialist mehr und wolle von der ganzen Sache nichts mehr wissen. Sie sehen also, der brutale und jedes Rechtsgrundes entbehrende Verhaftungsversuch unseres Genossen F., hat uns nicht entmuthigt; wir
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werden der Polizei zum Trutz und unserer Sache zu Nutz fest und unentwegt fortarbeiten, mögen auch Einzelne darunter schwer leiden, Eristenz verlieren und von Heimath und Familie sich trennen müssen. Wir