glücklichem Ausgang wirkt, namentlich wenn die Verhandlungen geheim| geführt werden oder die Angeklagten sich nicht gewandt benehmen, wie Jeder weiß, eher niederdrückend als erhebend.

Zeigt sich auch die Polizeigewalt unserer Organisation und Thatkraft nicht gewachsen, fann auch sie unsern Fortschritt nicht aufhalten, dann greift die Regierung zum Aeußersten, zur brutalen Gewalt, es entspinnt sich der Kampf auf Leben und Tod. Das ist der Fall in Rußland  . Eine lebensfähige revolutionäre Partei muß auch auf diesem Felde den Kampf aufnehmen, wenn er ihr angeboten wird. Die Nihilisten" haben es gethan und sie haben gesiegt.

Wie bei den Flugschriften nicht der Inhalt, so ist bei den russischen Attentaten nicht der Erfolg das Wesentliche, sondern die Thatsache der Ausführung. Ob der Zar Alexander II.   oder der III. oder Kon­stantin oder wie immer heißt, ist völlig gleichgiltig. Das Gelingen des letzten Attentats war nur insofern von größerer Bedeutung als die an­deren, als es den Glauben an den Schutz der göttlichen Vorsehung, der sich im russischen Volke in Folge des Mißlingens der früheren Hinrich­tungsversuche Alexander II.   festgesetzt hatte, zerstörte. Jm Uebrigen aber dürfte das letzte Attentat propagandistisch nicht sehr den vorhergegangenen mißlungenen überlegen gewesen sein. So wie diese zeigt es, daß die unzähligen Berbannungen und Hinrichtungen den Opfermuth und die Kühnheit der edlen russischen Freiheitskämpfer nicht im geringsten zu beugen im Stande waren, daß ihre Organisation fortbesteht, daß der rücksichtsloseste, blutgierigste Despotismus, bewaffnet mit der Macht der Staatsgewalt, ihrer Gegnerschaft erliegt: die Hinrichtung Alexander II.   ist ein Sieg des Nihilismus über den Zarismus, der die Stärke des ersteren, die Schwäche des letzteren bloslegt und darin und nicht in der Beseitigung des Mannes, der die Regie­rungsgewalt in den Händen hatte, liegt die Bedeutung der­selben. Das unzufriedene Volk hat Muth dadurch bekommen, es gährt in seinen Tiefen und jeder neue Beweis der Ohnmacht des Zarismus gegenüber dem Nihilismus" muß diese Gährung vermehren.

Bon einer geheimen Propaganda, einem Fürstenmord aus Prinzip ist aber bei den Nihilisten" keine Rede, dieses Blödsinns macht sich nur das Häuflein Emigranten schuldig, welche zu lange dem Vaterlande fern sind oder ein zu kurzes Gedächtniß haben, um dessen Bedürfnisse zu verstehen. Blödsinn ist es, wenn die Anarchisten" in Lugano   heimlich revolutionäre Plakate ankleben, obwohl sie dieselben öffentlich verbreiten fonnten und ebenso ist das wäre allerdings nicht revolutionär" es Blödsinn, von einem Volke, das im Wahlkampf ist, Enthaltung von weil demselben und Attentate zu verlangen ja, weil das revolutionär aussieht.

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Ganz anders diejenigen russischen Revolutionäre, welche in Rußland  geblieben sind, dort wirken und leiden. Sie, welche die Attentate be­gangen haben, erklärten ausdrücklich, sie nur gezwungen durch die Verhältnisse begangen zu haben. Sie erklärten, daß die Attentate in dem Augenblick aufhören, in dem dem russischen Volke das Wahlrecht gegeben wird das heißt, sie stehen auf demselben Boden mit der wählenden deutschen   Sozialdemokratie.

Si duo faciunt idem, non est idem. Wenn Zweie dasselbe thun, ist es nicht dasselbe. Die Strikes, die Wahlen, oder die Attentate als Erlösungsmittel des Proletariats hinzustellen, ist Unsinn; an und für sich kann das eine auf die Dauer ebensowenig helfen, als das andere. Unersetzlich dagegen sind sie als Propagandamittel, jedes an seinem Ort. Von unseren Gegnern hängt es ab, wann und wo sie angewendet werden. Wir müssen den Feind überall schlagen, wo immer er es wagt, sich uns ent­gegenzustellen, das ist die wahre Propaganda der Symmachos.

That.

Der Prozeß Most.

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London  , den 26. Mai 1881. Man macht uns Sozialdemokraten häufig den Vorwurf, daß wir be­wußt die Mitglieder der anderen Klassen schlechter darstellen, als sie sind, um die Massen gegen sie aufzuheben. Das Gegentheil ist namentlich für uns deutsche Sozialdemokraten viel richtiger: wir haben noch immer eine zu gute Meinung von unseren Gegnern, trauen ihnen mehr Anstand und Mannesmuth zu, als sie in Wirklichkeit besitzen. Dieß hat sich jetzt wieder eklatant gezeigt.

Während die Bourgeoisie aller Länder des Kontinentes, in einem nach dem andern, sich immer unverhüllter in ihrer ganzen Gesinnungslosigkeit und Feigheit enthüllte, hatte die englische Bourgeoisie es noch immer verstanden, sich trotz ihrer Brutalität und Rücksichtslosigkeit im wirthschaft­lichen Kampf, den Ruhm zu erhalten, als habe sie viel zu viel Selbst­gefühl, um einen Angriff auf die Breßfreiheit und das Asylrecht zu ge­statten oder gar selbst zu machen.

Die Schlußverhandlung im Prozeß Most hat der englischen Bour­geoisie endlich die Maske abgerissen und gezeigt, daß auch England, das ehedem so stolz auf die Sklaven des Kontinents herabsah, das den Kom­plizen Orsini's   freisprach, künftighin auch keine Freistatt mehr für die Opfer der internationalen Reaktion ist. Das ist die Bedeutung des Prozesses Most für die Sozialdemokratie.

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Das Unerhörte, unerwartete ist geschehen: die englischen Bourgeois­geschworenen haben Most schuldig gesprochen. Und sie haben überdies ihr Möglichstes aufgeboten, sich bei dieser Erklärung ihrer eigenen Jm­potenz so lächerlich als möglich und gänzlich jeder Würde baar zu zeigen! 20 Minuten sage zwanzig Minuten dauerte ihre Berathung, so lange als sie brauchten, um sich mit einigen Tassen Thee   zu erquicken, dann waren sie alle zwölf einig, tein einziger unter ihnen fand sich, der die Würde Englands auch nur für eine halbe Stunde verthei­digt hätte. Die Herren hatten das Urtheil jedenfalls in der Tasche, be­vor sie sich zurückzogen.

In dem Urtheil selbst ist der eine Bunkt streitig, der andere lächerlich. Most wurde verurtheilt, weil er irgend eine Person zum Mord auf­reizte". Nun hat der Vertheidiger Sullivan mit Recht betont, daß sich das nicht auf Zeitungsartikel, sondern nur auf persönliche Anreizung an­wenden lasse, und der Oberrichter, Lord Coleridge  , hat anerkannt, daß die Auslegung des Gesetzes zweifelhaft sei, weshalb auch die Festsetzung des Strafausmaßes noch nicht erfolgt ist. Der zweite Punkt, also möglicherweise der einzige, wegen dessen Most bestraft" wird, ist so lächerlich, daß auch die größten Pessimisten mit Bestimmtheit erwarteten, derselbe werde glänzend fallen: die Schmähung( libel) des todten Zaren, den wohl Niemand so geschmäht und so gehaßt hat, als die Engländer. Daß man auch einen todten Kaiser beleidigen kann, ist etwas neues: ich glaube, die englischen Shopkeeper( Krämer) find im Stande, Jemanden wegen Schmähung" von Tiberius   und Caligula  zu verurtheilen.

Die Verhandlung selbst bot wenig Bemerkenswerthes. Die Anklage brachte nur Bekanntes; als ergötzliches Faktum sei nur erwähnt, daß der Attorney- General mit Schaudern erzählte, bei der Verhaftung Moft's habe man in seinem Taschenbuche ein Papier gefunden, auf dem die furchtbaren Worte standen: Triest   ist eine sichere Adresse für Dynamitlager". Brr! Und Triest   steht immer noch!

Die Jeremiaden und moralischen Entrüstung sphrasen der Herren Staatsretter wiederzugeben, wäre höchst überflüssig, die sind sich in allen Ländern gleich. Ich will nur Einiges aus der Rede des Verthei­digers hervorheben. Er begann damit, daß er erklärte, seine Mission sei eine sehr verantwortungsreiche, da es sich nicht um Most allein, sondern überhaupt um die Freiheit der englischen Presse handle. Die Aufforderung, sich eines politischen Gegners zu entledigen, und die Befriedigung über das Gelingen eines dahingehen­den Versuches sei keine Auff rderung um Mord, sonst müsse auch Der­

jenige, der meine, die Nihilisten verdienten gehängt zu werden, und der seine Genugthuung darüber ausspreche, wegen Aufreizung zum Mord verurtheilt werden. Er wies dann nach, daß Shakespeare  , Milton, Byron, Shelley, Disraeli   den Tyrannenmord verherrlicht hätten. Gladstone habe habe sich seiner Zeit über die neapolitanische Regierung in ebenso starken Worten geäußert, wie Most über die russische.*) Most, fuhr der Ver­theidiger fort, sei in Deutschland   den gesetzlichen Weg gewandelt, bis er mit seinen Genossen Zoll für Zoll von demselben abgedrängt wurde. Obgleich Mitglied des Reichstages, verbrachte er viele Jahre in den Gefängnissen des Fürsten   Bismard.

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Das Strafausmaß ist bis zur Stunde noch nicht bestimmt. Wird der ,, blut dürftige Schurke"( bloodthirsty scoundrel), wie die Morning Poft", das Organ des Hofes und der Aristokratie, sich geschmackvoll aus­drückt ,,, blos" wegen Schmähung verurtheilt, dann kommt er mit mehreren Monaten Gefängnißstrafe davon. Erkennt man aber Sullivans Einspruch als nicht begründet an, dann kann seine Strafe bis zu zehn Jahren gesteiger: und mit hard labors"( harter Arbeit) verschärft werden. Wer die bar­bar ische Behandlung in den englischen Gefängnissen kennt die zu hard labor Verurtheilten bekommen in den ersten vier Wochen nur Wasser und ein wenig Brod, was gerade hinreicht, um den Hungertod hinauszuschieben; dann müssen die Unglücklichen in der Tretmühle arbeiten 750 Tritte in der Viertelstunde, dann 5 Minuten Raft und dann wieder eine Viertelstunde Arbeit der weiß, daß die Verurtheilung Most's nach letzterem Maßstab sein Todesurtheil ist. J. S. Ein anderer, in England weilender Genosse schreibt uns noch: ,, Most würde sich unter einem Tory- Ministerium weit besser gestanden haben, denn dann hätten die liberalen Heuchelblätter bei seiner Verhaftung ein derartiges Entrüftungsgeschrei ausgestoßen, daß kein Gericht gewagt hätte, ihn zu verurtheilen. Nach Pharisäer- Art hätten sie an die Brust geklopft und dem Volke zugerufen: so etwas wäre bei unserer Herrschaft nicht denkbar. Jedoch, was Gladstone thut, ist wohlgethan. Die Tory- Blätter haben wenigstens die Ehrlichkeit, zu sagen, sie hätten dasselbe gethan. Sie sind eben Reaktionäre sans phrase, während die Liberalen, und bis auf wenige Ausnahmen auch die Radikalen, Reaktionäre mit sehr vieler Phrase sind.

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Wenn wenigstens die Arbeiter aus dieser Geschichte eine Lehre ziehen wollten und ein wenig aus ihrem Vertrauensdusel aufgescheucht würden! Hoffentlich wird die am 13. Juni zusammentretende demokratische Föderation kräftig dazu beitragen.

Sozialpolitische Rundschau.

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Herwegh's Grab verödet! Vor kurzem besuchten einige Genossen von Basel   und Zürich Herwegh's Grab in Liestal  ( Kanton Baselland  ), um in der Erinnerung an den Dichter des herrlichen Bet' und arbeit!" treues Festhalten an unserer großen Sache, muthiges Fort­kämpfen auf der betretenen Bahn sich zu geloben. Wie schmerzlich wurden. unsere Genossen aber gestimmt, als sie zu ihrer tiefften Entrüftung das Grab des Mannes, dessen Gedichte eines Lebendigen" das deutsche   Volk aus dem Schlafe rüttelten, des Mannes, der sich vor keinem Fürsten  gebeugt, der auf den Vorwurf, er sei ein Deserteur, antwortete: Deserteur? Mit Stolz. Ich habe des Königs Fahne, die mich ge­preßt, mit des Volkes soldlosem Banner vertauscht"

und der des Volkes soldlosem Banner" bis an sein Lebensende treublieb, als sie das Grab dieses Mannes kahl und verödet vorfanden! Kein auch noch so bescheidener Stein verkündet den Vorübergehenden, daß hier ein Mann ruht, der die deutsche   Literatur mit den herrlichsten Schöpfungen dichterischen Geistes bereichert hat, nur wer die betreffende Nummer des Grabes weiß und sie auf einem verwittertem Stück Holz zu entziffern vermag, ist im Stande, Herweg's, der eisernen Lerche, Grab zu finden. Freilich, Herwegh   hat nie eine Pension angenommen, er hat nie vor den Siegern von Königgräß und Sedan   gekniet, er hat den Heldengreis und seine Spießgesellen stets als das gekennzeichnet, was sie sind, er hat während des tollsten Siegesjubels, als man ihm zurief, die Einheit Deutschlands  , die ja auch er erstrebt, sei jetzt erreicht, mit Entrüstung ausgerufen:

Gleich Kindern laßt Ihr Euch betrügen, Bis Jhr zu spät erkennt, o weh!

Die Wacht am Rhein wird nicht genügen,

Der schlimmste Feind steht an der Spree  !"

Das ist sein Verbrechen, er ist verpönt in der guten Gesellschaft und am liebsten möchten sie seinen Namen aus der Geschichte streichen, die Renegaten und Eunuchen, die heute den deutschen   Barnaß gepachtet haben! Du aber Volk, für welches er geschrieben, Du wirst nicht dulden, daß die Schmach auch auf Dich fällt, den begeisterten Sänger der Freiheit vergessen zu haben! Man verfolgt und ächtet uns, jagt unsere Vor­tämpfer von Ort zu Ort, man bestiehlt, man ruinirt uns, die wenigen Pfennige, die Du, Volf, von Deinem kargen Lohn missen kannst, Du haft sie dem Kampfe geweiht, aber es bedarf nur dieses Appells, und wir sind überzeugt, kein Jahr vergeht, und ein Stein auf Herweghs Grab zeugt davon, daß das deutsche Prole­tariat den Mann nicht vergißt, der ihm einst zurief: ,, Menschenbienen, die Natur

Gab sie Euch den Honig nur? Seht die Drohnen um Euch her, Habt Ihr keinen Stachel mehr?"

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,, Mann der Arbeit aufgewacht!"

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Schmachvoll. 30,552 stimmberechtigte Kantons bürger sollen die Petition gegen die Abhaltung des Welt­tongresses in Zürich   unterschrieben haben. Darob großes Triumph­geschrei der gesammten unverschämten und verschämten Reaktionspresse inner­und außerhalb des Kantons. Uns läßt die ganze Angelegenheit, soweit es sich um den Weltkongreß an und für sich handelt, sehr kalt. Weder ist die Entwickelung der internationalen Sozialdemokratie von der Abhaltung des Weltkongresses überhaupt abhängig, noch ist sie, wenn sie einen solchen für zweckmäßig hält, auf den Kanton oder die Stadt Zürich   an­gewiesen. Wenn wir also das Resultat der Unterschriftensammlung als sch mach voll bezeichnen, so geschieht es nicht deshalb, weil es von Haß gegen uns zeugt, an den find wir gewöhnt- sondern weil die Petition nichts ist, als ein bewußter Schritt, die Volts­rechte der Schweiz   zu verkümmern. Schweizer   Bürger haben die Veranstaltung des Kongresses in die Hand genommen, dessen Tagesordnung aus Fragen besteht, die heute in allen Kultur­staaten, mit Ausnahme von Rußland   und Deutschland  , in Broschüren, mit Zeitungen und Versammlungen offen erörtert werden welchem Schein von Rechte will man da ein Verbot aussprechen? Weil das Versammlungsrecht nur für Schweizer   gilt? Ei, seht doch! Wo steht denn das geschrieben? In Eurer Einbildung, Ihr Herren. Diese einseitige Auslegung kann Euch und Euren Freunden recht bitter bekommen.

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Wie dann, wenn eines Tages die protestantischen Unterthanen des katholischen Oesterreich auf schweizerischem Gebiet die Wahrung ihrer Interessen berathen wollten, und die österreichische Regierung von Euch, *) Er erzählte dann, wie die Times" sich über Napoleon III.   ge­äußert, an dem sie kein gutes Haar gelassen, und wie ein Londoner Journal über Frland geschrieben habe hier wurde er vom Lord Ober­richter aufgefordert, bei der Sache zu bleiben. Unseres Erachtens war diese Abschweifung, so nahe sie dem irischen Parlamentsmitgliede auch liegen mochte, nicht das beste Mittel, englische Bourgeois zu faptiviren.

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gestützt auf Eure geniale Auslegung, ein Verbot des Kongresses forderte? Dann müßt Ihr nachgeben, und so in jedem Falle, wo eine verfolgte Minorität auf dem Boden der freien" Schweiz   ihre Lage zu besprechen versucht. Verbietet den sozialistischen   Weltkongreß, und Ihr kommt aus den internationalen Verwickelungen gar nicht mehr heraus, jede reak­tionäre Regierung wird sich das Recht herausnehmen, von Euch Maß­regeln zum Schuß gegen die ihr jeweilig unbequeme Opposition zu ver­langen. Es ist wie mit dem deutschen   Sozialistengesetz, das heute auch bereits gegen seine Macher die Herren Lasker  , Stauffenberg 2c. seine Spize kehrt. Schmachvoll nennen wir die 30,000 Unterschriften, obwohl oder weil wir wissen, daß über die Hälfte derselben erpreßt und erschwindelt worden sind. Oder ist es nicht schmachvoll, daß so etwas im vor­geschrittensten Kanton der freien Schweiz   noch möglich ist? Freilich, auch gegen das Asylrecht wurde ja nach dem letzten Attentat am lautesten in Zürich   gepoltert, bis der Bundesrath durch seine mannhafte Erklärung dem unwürdigen Geschrei ein Ende machte.

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Sehr lehrreich ist es übrigens, zu sehen, daß es fast ausschließlich die am Züricher See wohnhafte, zum größten Theil städtische Bevöl­kerung ist, die Bourgeoisie und was mit ihr zusammen- oder von ihr ab­hängt, die das Hauptkontingent der Unterschriften stellt, während das bäuerliche Element an den demokratischen Traditionen des Landes festhält. Und wie bezeichnend: während der Aufruf zur Unterzeichnung sich auf die von der deutschen   Sozialdemokratie auf Schloß Wyden   beschloffene Streichung des gesetzlichen Weges beruft, haben die Bewohner des Dorfes Offingen  , zu dem Wyden gehört, und die also das Unge­heuer aus nächster Nähe kennen gelernt haben, auch nicht eine Unterschrift zu der Verbots petition geliefert. Die heuchlerische Befürchtung, daß der Weltkongreß zu Konflikten mit der Bevölkerung, zu einer Art Tonhallekrawall führen werde, ist nichts, als eine ziemlich unzweideutige Drohung, einen solchen Skandal in Szene zu setzen, wenn der Kongreß nicht verboten wird.

Ist das Verbot gesetzlich nicht zulässig, dann muß es aus polizei­lichen Gründen ungesetzlich erlassen werden, das ist die ultima ratio der Herren, die über die Streichung des gesetzlichen Weges seitens einer außerhalb des Gesetzes erklärten Partei zetern.

Es ist die alte Geschichte vom Splitter und Balken.

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Die Züricher Post" bringt über den Erfolg der Petition einen Artikel, den wir glauben nicht unbeantwortet lassen zu dürfen. Das demokratische Blatt meint nämlich, an diesem relativen Erfolge seien auch besonders das tumultarische Verfahren im sozialistischen   Lager" und die jeder Rücksicht baare Sprache der Arbeiterstimme" schuld. Wir find wahrhaftig die letzten, die eine Kritik, komme fie, von welcher Seite sie wolle, übel nehmen, aber dieser Behauptung müssen wir doch entgegentreten, und zwar dadurch, daß wir den Spieß umdrehen und behaupten, an dem Erfolge der Petition ist ganz wesentlich nun, wie bezeichnet man wohl am besten das Gegentheil von Ausschreitungen sagen wir, die Verzagtheit der Züricher Post" mit schuld. Das Blatt, das noch vor Jahresfrist so tapfer voranschritt im Kampfe für die Volksrechte, das für Erkämpfung des Initiativrechts und des Banknotenmonopols sich durch keinerlei Opportunitätsgeschwätz beirren und keinen Angriff unbeantwortet ließ, ist in dieser Angelegenheit mit einer Schüchternheit und Zurückhaltung vorgegangen, die wir als grundverkehrt bezeichnen müssen. Hier war kein Abwarten, wie das Volk sich stellen werde, am Plazze, sondern hier galt es, von vorneherein nicht nur energisch Stellung zu nehmen, sondern auch die Manipulationen, die Vorspiegelungen der Betitionsmacher rüd­sichtslos bloszulegen. Das mit der Petitionsbewegung 2c. ver­bundene Wahlmanöver machte man dadurch, daß man der Erörterung aus dem Wege ging, nicht wett, sondern förderte es. Man glaubte, sich durch ein Eintreten für die Sozialdemokratie zu kompromittiren, und da man auch nicht gegen dieselbe auftreten mochte, beschränkte man sich auf eine sehr fruchtlose Defensive, so daß die Heßer gewonnenes Spiel hatten.

Mit schöngeistigen Wendungen kann man wohl literarische Feinschmecker befriedigen, aber gegen eine so raffinirte Agitation, wie der Feldzug gegen die Versammlungsfreiheit, kommt man damit nicht auf. Da heißt es: Immer auf dem Posten!

Auf das tumultarische" Verfahren und die Sprache der Arbeiter­stimme" lassen wir uns nicht ein, da wird wohl unser Bruderorgan selbst

antworten.

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Gründlich blamirt hat sich der geniale Staatsmann" in der Hamburger Zollanschlußfrage. Nachdem alles Geschrei gegen die Freihafenstellung Hamburgs nichts genutzt hat, nachdem der Reichstag mit Rücksicht auf die bevorstehenden Wahlen seine Zustimmung zu den sanften" Pressionsmitteln verweigert hat, versucht er nunmehr hinter dem Rücken des Reichstages mit den Hamburgern einen Pakt zu schließen, um bei den Wahlen die Opposition im Reichstag als Störenfried hin­stellen zu können. Vierzig Millionen soll dem deutschen   Volke der Spaß kosten, daß Hamburg   sein Freihafengebiet- nicht aufgibt, sondern nur einschränkt.

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Vierzig Millionen, damit Bismark   nur nicht vollständig ab­blitt na, wenn sich das deutsche   Volk das ruhig gefallen läßt, dann, ja dann sollen doch gleich Vierzig Millionen Donnerwetter dreinschlagen. Mehr Geld, meine Herren, mehr Geld" das ist die Devise, mit welcher der Geniale" jüngst auf einer parlamentarischen Schwätzerei seine großartige Sozialpolitik selbst sehr genial tennzeichnete. Mehr Geld, mehr Tabaksteuer, mehr Getränksteuer, immer mehr Steuern auf die Bedürfnisse des Volkes, und dann soll auch tropfenweise das Volt als Staatsunterstützung einen Theil wieder zurüd­bekommen wenn es artig ist und wählt, wie Ich es will. Wer dumm ist, fällt drauf' rein.

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Bravo  ! Die polnische Fraktion des deutschen   Reichstages hat das Verhalten von fünf ihrer Mitglieder, die für den Antrag Windt­horst betreffend die Beschränkung des Asylrechts gestimmt hatten, gemiß­billigt. Daraufhin hat der Abgeordnete von Szanivcki, der die andern vier dazu veranlaßt hatte, sein Mandat niedergelegt.

-Durchgesessen und durchgefressen. Mit Entzücken meldet die loyale deutsche Presse, daß Prinz Heinrich auf der General­versammlung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger  " Der Prinz, das Ehrenpräsidium huldvollst übernommen habe. heißt es weiter, nahm dann den Präsidentensitz ein, wohnte dem größten Theil der Verhandlungen bei und nahm an dem darauf folgenden Frühstück Theil".

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Wie nett von dem Jungen! Es muß doch jetzt eine wahre Freude für einen guten Deutschen   sein, schiffbrüchig zu werden.

Es geht nun einmal in Deutschland   Nichts ohne einen Hohenzollern­sprößling! Welches Malheur, wenn die Rasse einmal ausstirbt!

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Ein höchst verdächtiges Subjekt. Jn Regensburg wurde bei einem politisch bisher ganz unbescholtenen" Schriftsezer nach verbotenen Schriften gehaussucht, weil man" bemerkte, daß er bis in die Nacht hinein Licht in seinem Zimmer hatte und fleißig las. Resultat: Romane aus einer Leibbibliothek!

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Lesen!

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Nachts! bei Licht! vielleicht gar bei Petroleumlicht!!

das deutsche Reich wantt in seinen Fugen!

Schrecklich! In Dresden   wurden am 23. Mai 16 Sozialisten polizeilich vernommen, weil sie und nun kommt das Entsetzliche Tags vorher auf einem Spaziergange verbotene Lieder gesungen haben - sollen.

Jm deutschen Reiche ist nur noch das Be ummen gestattet.

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