Es kam nunmehr Punkt VI.:„ Welches sind die Gesetze, die unverzüglich zu erlassen und zu beseitigen wären, sowohl auf ökonomischem wie auf politischem Gebiete, um den Sozialismus zum Durchbruch zu bringen, wenn, auf welche Weise immer die Sozialisten an's Ruder komzur Debatte.
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Joffrin stellt den Antrag, diese Frage von der Tagesordnung abzusetzen, da dieselbe schlecht gestellt sei, und infolgedessen ihre Diskussion zu keinem nennenswerthen Resultat führen könne. Bei der Voraussetzung, von welcher die Beantwortung ausgehen muß, werde es sich schwerlich um Gesetze handeln. Er wenigstens perhorreszire die Idee, bei einem Siege der Sozialisten zunächst an einen Parlamentarismus zu denken. Ueberhaupt werde auf internationalen Kongressen zu viel Theorie getrieben, deren Folge nur Spaltung unter den Sozialisten sein könne. Viel richtiger sei es, die Zusammenfassung der sozialistischen Kräfte in eine fampffähige Organisation zu befördern. In der Hauptsache, Beseitigung des Privateigenthums an Grund und Boden, an den Arbeitsmitteln, sei man ja doch einig, die Detailfragen werden von zu viel Nebendingen beeinflußt.
Bürger Bertrand tritt lebhaft für die Diskussion der Frage VI ein. Er anerkennt, daß dieselbe nicht präzis gestellt sei, und schließt sich dem vom deutschen Delegirten privatim geltend gemachten Standpunkt an, daß es sich, wenn die Sozialisten an's Ruder kommen, zunächst nicht um Gesetze, sondern um praktische Maßnahmen handeln werde. Dagegen sei es durchaus nicht überflüssig, schon heute sich darüber auszusprechen, welche Maßnahmen zuerst zu treffen seien. Er weist auf das Beispiel der Kommune hin. Wenn er sich auch, nachdem der Kongreß unter so schwierigen Verhältnissen zusammen gekommen sei, dafür entscheiden könne, daß Frage VI bis zum nächsten Kongreß und inzwischen den Sozialisten aller Länder zum Studium empfohlen werde, so sei er doch entschieden dagegen, die Frage ganz von der Tagesordnung abzusetzen. Es handle sich hier nicht blos um eine theoretische Frage, sondern um eine Frage der praktischen Agitation. Wie alle andern Parteien, so lange sie in der Minorität sins, dem Volke sagen, was sie thun würden, wenn sie an der Macht wären, so müssen auch die Sozialisten mit ganz bestimmten Vorschlägen vor das Volk treten können.
Bürger Schwarz wendet gegen den Antrag Joffrin ein, daß man bis jetzt auf dem Kongreß nichts Praktisches geschaffen habe; man dürfe nicht auch die Beantwortung dieser Frage auch die lange Bank schieben. Alle reaktionären Bewegungen, wie 1830, 1848 und 1871 in Frankreich und 1848 in Deutschland , seien daran gescheitert, daß man sich über die Ziele nie klar gewesen. Der Kongreß müsse also gerade diese Frage berathen.
Bürger Braun: Man würde sich über die Frage viel schneller verständigen können, wenn man sie speziell nach ihrem Sinn und Wortlaut beantworten wollte. Redner rekapitulirt nun als Beispiel die in Zürich über diesen Punkt stattgehabten Debatten zwischen schweizerischen und deutschen Sozialisten. Die letzten können von der Ansicht nicht abgehen, daß die Sozialisten nur an's Ruder kommen können, wenn einer seits ein großer Theil des Volkes für den Sozialismus gewonnen sei, und anderseits die Bourgeoisie so abgewirthschaftet und die ökonomischen Verhältnisse so zugespitzt seien, daß ein namhafter Widerstand von Seite anderer Parteien nicht geleistet werden könne. In diesem Falle aber dürfe nur radikal vorgegangen werden. Uebrigens haben wir sowohl für die praktische Agitation als auch für die jeweils vorzunehmenden Maßregeln in unserem Parteiprogramm einen praktischen Leitfaden, bezw. in dem kommunistischen Manifest.
Die französische Delegation bringt nun folgenden Antrag ein:„ In Erwägung, daß, so wenig es zweckdienlich ist, in theoretische Uebertreibungen zu verfallen, es ebenso wichtig ist, sich über die ersten Maßnahmen zu verständigen; in Erwägung anderseits, daß diese Maßregeln sich durchaus nach den Verhältnissen der einzelnen Länder richten müssen, angesichts der verschiedenen ökonomischen und politischen Verhältnisse, ist der Kongreß der Ansicht: daß Frage VI den sozialistischen Parteien der verschiedenen Länder zur Diskussion überwiesen wird, die sich gegenseitig die Beschlüsse mitzutheilen haben, welche sie gefaßt haben."
Mac Guire ist der Ansicht, alle seien einverstanden, daß die soziale Revolution nur international sein könne, aber da sich detaillirte Bestimmungen zur Beantwortung dieser Frage heute noch nicht aufstellen lassen, so müsse man also diese Frage vorerst in Zeitungen 2c. genügend erörtern.
Radom hält als erste Maßregel, deren Nothwendigkeit auch auf dem Kongresse ausgesprochen werden müsse, die Bildung einer schlagfertigen Revolutionsarmee, um den besiegten Gegner nicht wieder aufkommen zu lassen.
Conzett und Joffrin entgegnen ihm. Bei der Abstimmung wurde der Antrag der französischen Delegation angenommen, derjenige Rackow's abgelehnt.
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Zu Frage VII: Wäre es gut, ein offizielles Zentralorgan anzuerkennen oder zu schaffen, in welchem alle sozialistischen Theorien diskutirt werden?" wird nach kurzer Debatte folgende von Herter und Schwarz gestellte Resolution angenommen:" In Erwägung, daß die Sprachverschiedenheit ein unübersteigliches Hinderniß für die Gründung einer allgemeinen internationalen Revue ist, beschließt der Kongreß, allen Parteien der verschiedenen Länder zu empfehlen, nationale Blätter und Revuen zu schaffen, in welchen die sozialen Theorien besprochen werden können. Außerdem anempfiehlt er die gegenseitige Mittheilung aller theoretischen Arbeiten."
Bei Frage VIII:„ Abfassung eines Manifestes, das in allen Sprachen unter den Arbeitern verbreitet werden soll, eines Manifestes, welches dem Volke klar und deutlich seine Lage darstellt, ihm sagt, was seine Herren und was die Sozialisten wollen und auf welche Weise es sich aus der modernen Sklaverei befreien kann," wird nach kurzer Debatte dahin entschieden, daß von dem Erlaß eines Manifestes heute abzusehen sei, dagegen solle eine Resolution ausgearbeitet werden, in welcher einerseits die Gründe hierfür angegeben, anderseits aber auch die Momente festgestellt werden sollen, über welche man schon heute einig sei.
Die Fassung der Resolution wird einer viergliederigen Kommission übergeben, in welche die Bürger Alexandrowitsch, Braun, Mac Guire und Malon gewählt werden.
Schluß der Sitzung 1 Uhr. Vertagung bis 4 Uhr.
Fünfte Situng. 4. Oftober, Nachmittags 4 Uhr. Bürger Braun erstattet im Namen der gewählten Kommission Bericht. Die kurze Zeit, welche der Kommission gestellt worden sei, habe es nicht ermöglicht, eine Resolution zu vereinbaren, welche alle geltend gemachten Gesichtspunkte umfasse. Man habe sich schließlich dahin geeinigt, eine von dem französischen Mitgliede ausgearbeitete Resolution vorzulegen und es dem Kongresse zu überlassen, selbst über Annahme oder eventuelle Abänderung zu entscheiden. Nach eingehender Berathung wurde die Resolution wie folgt angenommen:
Der Kongreß ist der Ansicht, daß der Augenblick zur Ausarbeitung eines Manifestes, wie es Punkt 8 der Tagesordnung verlangt, noch nicht getommen sei, und zwar aus folgenden Gründen:
Die Arbeiterparteien befinden sich gegenwärtig in voller Krisis, die einen, wie die Frankreichs , Belgiens , der Schweiz , Hollands , Dänemarks sind dabei, sich zu reorganisiren, die anderen, wie die deutsche , italienische und österreichische befinden sich im Kampf gegen die Repreffalien ihrer Regierungen, während die russische Bewegung Angesichts der Ausnahmestellung, in welcher sich unsere dortigen Brüder befinden, noch nicht aus der Phase der Verschwörungen hat hinaustreten können.
Ferner ist die neue Bewegung, welche der Internationalen Arbeiter Assoziation gefolgt ist, noch zu jung und zu ungleich entwickelt, um ein allgemein gültiges detaillirtes Programm aufzustellen.
Endlich sind die ökonomischen und politischen Verhältnisse in den einzelnen Ländern noch nicht gleichartig entwickelt genug.
Unter solchen Umständen ist es unmöglich, allen europäischen und amerikanischen Arbeiterparteien allgemeine gültige, bestimmte Verhaltungsmaßregeln auf wissenschaftlicher Basis vorzuschreiben.
Die moderne Wissenschaft und die ökonomischen Thatsachen haben jedoch die Grundlagen einer gemeinsamen Thätigkeit klargelegt; diese können in folgende Punkte zusammengefaßt werden:
Die moderne Gesellschaft beruht auf dem Gegensatze der Interessen, der seinen Ausdruck im Klassenkampf findet; daher ergibt sich für die Gesammtheit der Ausgebeuteten die Nothwendigkeit, sich gegenüber der bürgerlichen Partei als besondere Klassenpartei zu organisiren.
Die Verschiedenheit der Verhältnisse bringt uns in die Lage, alle Kampfmittel je nach den Umständen, anzunehmen, als da sind Stimmzettel, Streit, Reformen, Revolution, sogar im Falle der Nothwehr Verfchwörung, wie z. B. in Rußland . Da anderseits die Zeit der Utopien vorüber ist und die heutigen Sozialisten, die sich wissenschaftlich unterrichten wollen, die Pflicht haben, die Lage und die historischen und politischen Bestrebungen ihres betreffenden Volkes zu studiren, um so gut als möglich den Charakter ihrer emanzipatorischen befreienden Thätigkeit zu bestimmen, stellt der Kongreß fest, daß die nächsten allgemeinen Ziele folgende sind: 1) Die volle körperliche und geistige Erziehung der Indi viduen auf Kosten der Gesammtheit. 2) Die Ueberführung aller Verkehrsund Produktionsmittel in das Gesammteigenthum. 3) Der volle Reinertrag der Arbeit für jeden Arbeiter nach Abzug der Gesellschaftlichen Untoften. 4) Der vollständige Lebenshalt, das heißt alle für die geistige und physische Existenz nöthigen Unterhaltungsmittel werden von der Gesellschaft, nach Maßgabe ihrer Hilfsmittel, allen garantirt, welche für die Gesellschaft nützliche Arbeit verrichten, sowie allen Arbeitsunfähigen.
Der Kongreß anerkennt jedoch, daß schon in der nächsten Zukunft die Arbeiterparteien der verschiedenen Länder sich über die Abfassung eines gemeinsamen Manifestes werden verständigen können, und fordert dieselben daher auf, Vorschläge für den nächsten internationalen Kongreß, dessen Organisation der französischen Arbeiterpartei anvertraut ist, auszuarbeiten. Ferner wird unter allgemeiner Begeisterung folgende Resolution angenommen:
Der Internationale Kongreß von Chur sendet den revolutionären Sozialisten in Rußland , die in gerechter Nothwehr der Gewalt mit der Gewalt, dem Schrecken mit dem Schrecken antworten, seine sympathischen Grüße.
Ferner fordert der Kongreß alle freien Völker auf, öffentlich ihre Sympathien kundzugeben für alle die, welche kämpfen, leiden und sterben für die Freiheit und die soziale Gerechtigkeit gegen die moskowitische Tyrannei.
In Bezug auf eine gelegentlich der Berichterstattung über Polen entstandenen Differenz unter den polnischen Delegirten über die Stellung der polnischen Sozialisten zu den nationalen Unabhängigkeitsparteien geht der Kongreß nach lebhafter Debatte zur Tagesordnung über und zwar mit der ausdrücklichen Motivirung, daß der Kampf der Unterdrückten gegen ihre Unterdrücker kein lokaler oder nationaler, sondern ein internationaler und sozialer ist", wonach sich die Stellung der Sozialisten von selbst bestimme.
Die Tagesordnung des Kongresses war somit erschöpft. Als Ort des nächsten Weltkongresses, der spätestens in zwei Jahren stattfinden soll, wird einstimmig Paris bestimmt.
Der Präsident Becker wirft einen kurzen Rückblick auf die Arbeiten des Kongresses und erinnert an den Internationalen Kongreß zu Basel 1869. Wie dieser sich getrennt habe mit dem Rufe:„ Auf Wiedersehen in Paris ", so gehen auch diesmal die Delegirten auseinander mit dem Rufe:„ Glück auf zum Pariser Weltkongreß“. Damals sei der Kongreß durch den deutsch - französischen Krieg und die sich an denselben anschließenden Ereignisse verhindert worden, hoffen wir, daß diesmal der Pariser Kongreß in der Lage sein werde, die ihm von uns übertragenen Arbeiten zu erledigen und damit einen tüchtigen Schritt vorwärts thun in der Befreiung des Proletariats aller Länder."
Schluß der Sitzung Abends 72 Uhr.
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Unmittelbar nach Schluß des Kongresses begaben sich die Delegirten zur Volksversammlung in den al zu den drei Königen". Das geräumige Lokal war zur festgesetzten Zeit bereits überfüllt; die Bevölkerung Churs legte das lebhafteste Interesse an den Tag, aus dem Munde der Delegirten selbst die Bestrebungen der Sozialisten in den verschiedenen Ländern kennen zu lernen. Nach einer kernigen Ansprache des Genossen Conzett ergriffen nach einander die Delegirten Seubert, Joffrin, Braun, Max Guire und Alexandrowitsch, sämmtliche unter großem Beifalle, das Wort. Kein Mißton störte diese von allen Theilen der Bevölkerung besuchte Versammlung.
Die politische Stellung der Arbeiter.
Am 28. Februar 1865, als Fürst Bismarck , damals noch einfacher Junker von Bismarck, ebenso wie jetzt starf in ,, Sozialismus" machte und in Herrn von Schweizer ein williges Werkzeug fand, hielt Liebfnecht im Berliner Buchdruckerverein eine Rede gegen den Bismarck 'schen Staatssozialismus, welche jetzt von der liberalen Presse zitirt wird, jedoch in so verstümmelter Form, daß eine vollständige Wiedergabe der Originalaufzeichnungen, welche Liebknecht sich seinerzeit gemacht, wohl am Platze sein dürfte. Man berücksichtige das Datum: Herr Wagener hatte gerade die famose Weber deputation in Szene gesetzt, Bismard sein flectere si nequeo superos Acheronta movebo( wenn ich die Götter des Himmels nicht bewegen kann, setze ich die Hölle in Bewegung) gesprochen, Herr von Schweizer suchte die Arbeiter in dem Streit zwischen Bourgeoisie und Junkerthum auf Seite des Junkerthums zu drängen. Diesem Versuch widersetzte sich Liebknecht , der aus der Redaktion des„ Sozialdemokrat" austrat und in jener Rede( sie zog ihm beiläufig seine Ausweisung aus Berlin und Preußen zu) seinen Bruch mit Schweizer motivirte. Sie ist mit einigen Abänderungen wie für den gegenwärtigen Moment gehalten.
Liebknecht begann mit einer Skizze der politischen Stellung des Proletariats in England und Frankreich . In England und in Frank reich haben die Arbeiter stets an der Spitze der freiheitlichen Bewegung geftanden entweder als eigene Partei oder mit den fortgeschrittenften Parteien vereinigt. Sie haben sich nie gegen die Freiheit gewandt oder mißbrauchen lassen. In der großen französischen Revolution( 1789), in der Julirevolution( 1830) und in der Februarrevolution( 1848) bekundeten die französischen Arbeiter ihre freiheitliche Mission. Die Juni schlacht( 1848) war der definitive Bruch des Proletariats mit der Bourgeoisie. Die Frucht der Niederlage des Proletariats in jenem Kampf war der Staatsstreich des 2. Dezember( 1850). Von dem furchtbaren Aderlaß im Juni 1848 hatte das französische Proletariat fich damals noch nicht hinlänglich erholt, um seine eigene Politik verfolgen zu können. Es stand mit gekreuzten Armen da, als Bonaparte den Parlamen tarismus beseitigte, der für die französischen Arbeiter nur das Massakre und die Rechtlosigkeit( Beschränkung des Stimmrechts zc.) be
deutete.
Seitdem hat sich Bonaparte bemüht, das Proletariat für sich zu gewinnen. Ein altes Spiel. Ein Spiel, so alt wie der intelligente Despotismus, daß, wer die Freiheit eines Volfes mit Füßen tritt, sich auf die hungernden Massen zu stützen sucht. Cäsar, der Mörder der römischen Republik, faufte sich die Proletarier. Panem et circenses . Allerdings ist nur in Zeiten der sozialen Auflösung diese unnatürliche Verbindung der Despotie und Demagogie möglich.
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Auch jetzt leben wir in einer solchen Zeit der Auflösung, nur mit dem Unterschied, daß unsere moderne Zivilisation, auf dem Prinzip der freien Arbeit fußend obschon dasselbe nicht zur vollen Geltung gelangt ist den Keim der Regeneration in sich trägt, während die antike Zivilisation, auf die Sklaverei gegründet, mit dieser zusammenbrechen mußte.
Cäsarismus und Parlamentarismus stehen sich heute gegenüber.
Der Parlamentarismus der Bourgeoisie ist klassenherrschaft, aber insofern ein Fortschritt verglichen mit dem Absolutismus, als wenigstens ein Theil des Volkes in den Besitz politischer Rechte kommt. Freilich, weil nicht Alle im Besitz ihrer Rechte sind, wird das Recht zum ungerechten Privilegium. Es versteht sich: das Proletariat, welches, um sich zu emanzipiren, gegen das Vorrecht ankämpfen muß, welches, indem es sich selbst befreit, die Freiheit zum Gemeingut Aller macht, fann nicht für ein Regierungssystem sein, welches die Klassenherrschaft, die Herrschaft der Klassenprivilegien zum Inhalt und Zwed hat.
Aber, wenn die Arbeiter sich für den Parlamentarismus nicht bes geistern können, so ist dies deshalb der Fall, weil er ihnen nicht weit genug geht, weil er die Vortheile des Staats auf eine Klasse beschränken will.
Es ist demnach selbstverständlich, daß der Cäsarismus, welcher darauf hinausläuft, das Schwert eines Menschen gegen den Willen eines Volkes in die Wagschaale zu werfen, nicht im Interesse der Arbeiter sein kann. Vom gewöhnlichen, gemeinen Absolutismus, der heutzutage in seiner nackten Form nicht mehr möglich ist, unterscheidet sich der Cäsarismus blos durch die demokratische Maske, blos durch den Versuch der organisirten Bestechung des Proletariats.
Ist der Versuch in Frankreich gelungen? Die Geschichte der letzten 15 Jahre gibt die Antwort. Welche Anstrengungen hat der Kaiser gemacht, um die Arbeiter zu gewinnen; und das Resultat ist: der Arbeiter und es ist nur ein winziges Häuflein- welcher sich durch die pseudosozialistischen„ Napoleonischen Jdeen" födern läßt, ist ein Gegenstand der Verachtung für seine Klassengenossen, darf sich in ehrlicher Arbeitergesellschaft nicht blicken lassen.
Wir kommen nun nach Deutschland . In politischer und ökonomischer Hinsicht ist es hinter Frankreich und England zurück: das Proletariat wie die Bourgeoisie sind hier weniger entwickelt als dort. Unsere Zustände sind aber den französischen ähnlicher als den englischen, weil unser Bürgerthum nicht im Besitz der politischen Herrschaft ist, und weil unsere Regierung, gleich der französischen, durch die Logik der That sachen wohl oder übel in den Cäsarismus hineingedrängt wird.
Bei uns nennt man den Cäsarismus Volksfönigthum.„ Die Bourgeoisie will blos die Vertretung einer Klasse, der König vertritt das gesammte Volk- folglich befindet sich das Volk besser unter dem Cäsarismus des Volkskönigthums als unter dem Parlamentarismus." Das ist das Raisonnement. Das„ Volkskönigthum" ist eine fromme Lüge. Die alten Volksfönige waren etwas anderes, als unser Junkerthum ist. Sie waren die Ersten unter den Gleichen; wenn wenn nicht mehr nöthig oder mißliebig, mußten sie zurücktreten. Unser sogenanntes Volkskönigthnm ist das freche" l'Etat c'est moi"( der Staat bin ich) Ludwig XIV. in neuer Auflage.„ Der König ist das Volk" steht würdig dem:„ Der Staat bin ich" zur Seite.
Von einer eigentlichen Arbeiterbewegung in Deutschland kann erst seit anderthalb Jahren die Rede sein. Bis dahin gingen die Arbeiter, was natürlich, mit der Mittelklasse, oder, wie sie sich als politische Partei nennt, mit der Fortschrittspartei. Die Forderungen dieser Partei bilden, mit geringen Ausnahmen, anch einen Theil der Forderungen der Arbeiterklasse. Im Interesse des Arbeiters nicht minder als des Bürgers ist es, daß der Staat nicht der Ausdruck eines allmächtigen Einzelwillens sei, daß das Gesetz herrsche statt der Willkür, daß die Waffen in den Händen des Volkes seien statt in den Händen eines eximirten Standes, der sie jeden Augenblick auf Befehl von oben gegen das Volk kehren kann.
Soweit stimmen die Arbeiter mit dem Bürgerthum überein. Aber sie wollen mehr. Sie wollen Verbesserung ihrer sozialen Lage, und diese Verbesserung fönnen sie nur auf politischem Gebiet erlangen.
Wohlan, wie hat sich die Fortschrittspartei gegenüber den Wortführern der Arbeiterpartei verhalten? Hat sie die Berechtigung der Arbeiterforderungen anerkannt? Nein! Sie hat erklärt, daß die sozialen Zustände vortrefflich seien, daß es schon jetzt in den Händen der Arbeiter liege, sich durch die Schulze'sche Wunder- Medizin von allen Uebeln zu kuriren; sie hat die Wortführer der Arbeiter geschmäht, verleumdet, denunzirt; sie hat dem allgemeinen Stimmrecht gegenüber eine höchst zweifelhafte Haltung angenommen, sie ist in der Koalitionsfrage den Arbeitern direkt feindlich gegenübergetreten furz, sie hat bewiesen, daß sie Vorrechte will, nicht die Gleichberechtigung Aller. Und sie hat nicht blos bewiesen, daß sie Sonderinteressen verfolgt, sie hat auch bewiesen, daß sie ihren eigenen Kampf nicht zu kämpfen weiß, daß sie nicht den Muth hat, ihre eigene Schlacht zu schlagen.
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Der gegenwärtige Verfassungskonflikt kann nur enden entweder in einem faulen kompromiß oder im Sieg des Cäsarismus wahrscheinlich in Letzterem.
Auf der anderen Seite streckt die konservative Partei der Arbeiterpartei zärtlich die Hand hin. Sollen die Arbeiter die Hand ergreifen? Es ist in neuerer Zeit ein gefährliches Wort ausgesprochen worden, das Wort Staatshilfe. Der Begriff, den es ursprünglich ausdrücken sollte, ist richtig, das Wort aber schlecht. Umgekehrt ist dem guten Wort Selbsthilfe ein schlechter Begriff untergeschoben worden. Selbsthilfe Staatshilfe
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Unsinn! Unsinn!
Das Individuum vereinzelt kann sich nicht selbst helfen. Und Staatshilfe im jetzigen Staat heißt bloße Hilfe für den jetzigen Staat.
Nur der Staat kann dem Volke helfen, von dem das Volk sagen kann: Ich bin der Staat. Der Volksstaat hilft aber nicht dem Volk er ist das Volk, und in diesem Volks staat hilft das Volk sich selber.
Die ökonomischen Lobhudler des Feudalismus wissen viel zu erzählen von der Noth der städtischen Arbeiter, des industriellen Proletariats. Nun, auf je einen städtischen Arbeiter kommen in Deutschland zwei ländliche Taglöhner und sonstige Land proletarier, die zu den feudalen Grundbesitzern in demselben Verhältniß stehen wie die Industriearbeiter zu den Bourgeoiskapitalisten. Und diese zwei Drittel der Arbeiterbevölkerung sind materiell mindestens ebenso übel daran, wie das städtische Proletariat.
Es ist wahr, sie klagen nicht oder nur leise jedoch nur, weil sie weniger Gelegenheit haben, sich über ihre Zustände aufzuklären, also an Bildung tiefer stehen. Wenn die Herren Feudalen es wohl meinen mit dem Volk, mit dem armen Mann, warum fegen sie nicht vor der eignen Thüre und sorgen für ihr eigenes Proletariat? Charity begins at home( die Nächstenliebe beginnt daheim) sagt der Engländer. Warum den Splitter sehen im Auge der Bourgeoisie, und nicht den Balken im eigenen?
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Doch angenommen, die Herren Feudalen hätten sich über Nacht bekehrt und wollten wirklich das Wohl des Volkes fördern sie können es nicht. Das Wohl des Volkes fann nur in einem freien, die Rechte Aller zur Geltung bringenden Volksstaat gefördert werden, und diesen Volksstaat kann das Junkerthum nicht gewähren, ohne auf seine Privilegien zu verzichten, die es so eifrig vertheidigt, und zu deren Vertheidigung es Sie, die Arbeiter, mißbrauchen will.
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Kleine Konzessionen kann das Junkerthum machen ein paar Gnadengeschenke für sozialistische Experimente, vielleicht das allgemeine Stimmrecht. Kurz das Spiel des Bonaparte. Einige materielle Vortheile ohne Freiheit das heißt die Sklaverei mit etwas besserer Fütterung. Der Neger sklave ist unstreitig physisch besser gestellt als der freie Ju
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