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Sachlich waren übrigens die Franzosen schon von vorneherein für eine Konferenz und nicht für einen Kongreß ganz abgesehen von der Zahl der Theilnehmer. Sie hatten Auftrag, Abstimmung nach organisirten Parteien und nicht nach der Kopfzahl der Theilnehmer zu beantragen, d. h. sie betrachteten den Kongreß als eine Konferenz der verschiedenen organisirten sozialistischen Parteien. Auch hier sind wir, wenn auch nicht der Form nach, so doch in der Sache mit ihnen einverstanden. Auf einer solchen Konferenz wird alles dekorative Beiwerk abgestreift und praktisch gearbeitet. Und auf das Letztere kommt es jetzt vor allen Dingen an. In diesem Sinne ist auch der Kongreß verlaufen.

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Was wir hauptsächlich an seinen Debatten rühmen können, das ist das Bestreben sämmtlicher Delegirten, offen und rückhaltlos sich die Wahrheit und sei sie noch so bitter einzugestehen. Von hochtönenden Phrasen feine Spur, fein Versuch, mit riesigen Zahlen einander zu imponiren, sondern kurze und ungeschminkte Darlegung Dessen, was man bereits errungen, und Dessen, was noch zu schaffen ist. Die Berichte über den Stand der sozialistischen   Bewegung in den einzelnen Ländern, deren Ver­öffentlichung in einer Broschüre der Kongreß beschloß, werden dafür Zeug­niß ablegen.

Auch der Beschluß, nur die gefaßten Entscheidungen und die ausdrück­lich zu diesem Zwecke abgegebenen Erklärungen zu protokolliren, zeugt von dem Wunsch des Kongresses, zu handeln, nicht zu reden.

Daß eine Reihe von Anträgen als noch nicht spruchreif auf den nächsten Kongreß vertagt wurde, können wir auch nur billigen. So sehr wir z. B. für den Antrag auf internationale Organisirung des Unterstützungs­wesens sind, so fehlten doch im Augenblick noch die nöthigen Grund­lagen zu einer solchen.

Die Debatte über den Punkt VI der Tagesordnung: Welches sind die Gesetze, die unverzüglich zu erlassen und zu beseitigen wären, sowohl auf ökonomischem wie auf politischem Gebiete, um den Sozialismus zum Durchbruch zu bringen, wenn, auf welche Weise immer die Sozialisten an's Ruder kommen?" hat das Resultat ergeben, welches zu erwarten war: ein negatives. Eine derartige Frage kann nur ganz allgemein be­antwortet werden, und diese Antwort ist schon in den sozialistischen   Pro­grammen ausgedrückt. Zudem stellte sich noch heraus, daß die Verfasser der Frage ihr eine ganz andere Bedeutung beilegten, als sie ihrem Wort­laute nach hat. So wurden denn selbst von Denen, welche die Frage positiv beantwortet wissen wollten, durchaus verschiedene Gesichtspunkte geltend gemacht von einer Majorität oder Minorität konnte daher gar nicht die Rede sein.

Daß die Delegirten über den Charakter der modernen Arbeiterbewegung einig sind, sie als einen Klassenkampf des besitlosen Proletariats gegen das besitzende Ausbeuterthum auffassen, dessen Ziel die Beseitigung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen in jeder Form ist, zeigt die am Schlusse des Kongresses angenommene Resolution. Sie besagt, daß zwar je nach den verschiedenen Ländern die Wege zur Erreichung dieses Zieles verschieden sein können, daß aber die Basis des Kampfes überall die gleiche ist. Man kann daher nicht von einem deutschen  , französischen, schweizerischen zc. Sozialismus reden, sondern höchstens von einem konservativen, kleinbürgerlichen gegenüber dem proletarischen Sozialismus. Das ist der Sinn der vom Kongreß beschlossenen Resolution.

Mit dieser Bekräftigung der Grundsätze der Internationalen Arbeiter­ Assoziation   gingen die Delegirten der Arbeit auseinander, diese Grund­sätze wollen wir festhalten und in ihrem Sinne wirken und schaffen. Nicht ablassen wollen wir davon, die Ausbeutung in jeder Form zu bes kämpfen, jedem Versuch, die moderne Arbeiterbewegung ihres bestimmten Charakters zu entkleiden, entgegenzutreten und immer und immer wieder den alten Ruf der Internationale erheben:

Proletarier aller Länder, vereinigt euch!

Briefe aus dem Gefängniß Deutschland  .

Mitte Oktober 1881.

Wir sind am Vorabend des 67. Jahrestages der Schlacht bei Leipzig  . Noch wenige Stunden, und an hunderten von Orten werden Freudenfeier emporflammen zum Gedächtniß der nationalen Befreiung". Der ,, nationalen Befreiung! Unverschämte Lüge, so unverschämt wie die von der nationalen Widergeburt" durch den börsenspekulirenden, schnaps­brennenden Herkules des 19. Jahrhunderts". Nationale Befreiung"? ,, Befreiung" wo von? Von wem? Vom Joche der Fremdherrschaft". - Richtig. Aber nur, um das Joch der Fremdherrschaft mit dem noch schimpflicheren einer zehnmal niederträchtigeren, brutaleren und geistloseren Herrschaft von einheimischen Fürsten, Diplomaten, Polizeibütteln und sonstigen großen und kleinen Tyrannen zu vertauschen.

Die traurigen Tage der Demagogenriecherei und der Demagogenhetze, die schmachvolle Aera der Metternich, Gent  , Rotzebue, Schmalz, Tzs choppe und wie das Gelichter all heißt dieses ebenso schimpfliche als logische und nothwendige Nachspiel der Befreiungs". oder gar Freiheits"-Kriege braucht hier nicht des Näheren gekennzeichnet zu werden. Jene Zeit ist schwarz angestrichen in den Annalen unserer Geschichte, und den gebrandmarkten Helden jener Zeit ist die verdiente Unsterblichkeit der Infamie zu Theil geworden. Der gedankenlose Haufe betreuzigt sich, wenn von dem Metternichisch- Rundstägeli'schen Regiment, den Schmalz- Gesellen" der Mainzer   Untersuchungskommission, den Ver­folgungen der Burschenschafter und anderer, Patrioten" die Rede ist, und er schlägt sich mit gesinnungstüchtigem Augenverdrehen auf die Brust, Gott   dankend, daß Derartiges heute nicht mehr möglich! Odiese jämmerlichen Philister diese geistigen Krüppel, die wohl diese geistigen Krüppel, die wohl Augen haben, um in die Ferne zu sehn, aber keine Augen, zu sehn, was in der nächsten Nähe vorgeht. Derartiges ist nicht mehr möglich!" Der­artiges ist nicht nur möglich, es ist wirklich. Und weit Schlim­meres ist wirklich.

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Die Demagogenverfolgungen, von den Befreiungskriegen an bis zum Ende der Dreißiger Jahre sind Kinderspiel verglichen mit den Reaktions­orgien, welche im Attentatssommer 1878 begannen; und die Metternich, Gentz und Konsorten waren Ehrenmänner verglichen mit den ehrlosen Verbrechern, welche aus den niedrigsten Motiven, durch Kunstgriffe und Kniffe, durch Fälschung, Lug, Trug und jegliche Niedertracht die gegen­wärtige Reaktionsperiode vorbereitet und die Sozialisten hatz nebst deren würdiger Ergänzung, der Judenhas, in Szene gesetzt haben. Was mich zu diesen Betrachtungen veranlaßt, sind nicht die Polizei­chikanen und Brutalitäten ohne Zahl, welche gelegentlich der heurigen Wahlbewegung unsere Fortschritte auf dem Weg zu russischen Zuständen glorreich dokumentiren es ist der sogenannte, Hoch­verrathsprozeß", welcher sich seit vorigem Montag vor dem Reichsgericht zu Leipzig   abwickelt. Der Spruch des Ben Atiba wird hier zu Schanden. So etwas, oder auch nur Aehnliches ist nie dagewesen. Selbst Bonaparte, mit seinen Carlier's und Pietri's, hat in den korrup­testen Zeiten des Dezember- Empire nicht den Zynismus, nicht die moralische Didhäutigkeit gehabt, dem Publikum einen solchen Hochverrathsprozeß aufzutischen. Für diesen neuesten Leipziger Hochverrathsprozeß" gibt es nur eine passende Bezeichnung: Bubenhaftigkeit Bubenhaftig­feit, Buberei in jedem Sinne des Worts.

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Von den Angeklagten will ich nicht reden. Ein Blick auf sie zeigt die Frivolität dieses Prozesses, durch den das Reichsgericht sich ein unaus­löschliches Brandmal aufgedrückt hat. Das Hochverräther"? Man glaubt eine Fastnachtsposse zu sehen. Ein paar Dummejungen- Späße, ein paar Bierbankrodomontaden, ein paar sinn- und harmlose Flug­blätter in sinn- und harmloser Weise vertheilt das soll Hochverrath" ein! Und zu dieser skandalösesten aller skandalösen Justiz farcen hat das deutsche Reichsgericht sich prostituirt

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der oberste Gerichtshof

des neugeborenen deutschen Reichs! Wie das Reich so das Reichsgericht. Dieses entspricht jenem.

Sie entwaffnen

Die Angeklagten will ich keiner Kritik unterwerfen. durch ihre Unbedeutendheit. Der einzige, der geistige Prätensionen er­hebt und eine Pose" annimmt, ein gewiffer Dave, ungewisser Her­kunft und ungewissen Charakters, verräth eine knabenhafte Unreife, ver­bunden mit einer schauspielerhaften Eitelkeit. Doch wie gesagt, nach dieser Seite hin fühlen wir uns entwaffnet.

Unser Zorn, unsere Empörung richtet sich gegen die Buben­haftigkeit, die solche Leute auf die Anklagebank gebracht hat. Die Bubenhaftigkeit, die zu diesen Dummenjungen­Streichen getrieben, und die Bubenhaftigkeit, welche die Stirn gehabt, diese Dummenjungen- Streiche zu Akten des Hochverraths zu stempeln. Den Herren Richtern scheint während der Prozeßverhandlungen das Erbärmliche der von ihnen gespielten Rolle mitunter aufzudämmern. So verlor z. E. der Vorsitzende momentan die Geduld, als durch die Aussagen der Angeklagten festgestellt ward, daß der Berliner   Landgerichts­rath Hollmann, der die Voruntersuchung führte, die Protokolle ge= fälscht, und durch rohe Drohungen Geständnisse zu er pressen versucht hat. Dieser Hollmann, der die gegen ihn er­hobenen schweren Anschuldigungen nicht zu entkräften vermochte, hat offenbar sein Amt zu den größten inqusitionsrichterlichen Schandthaten mißbraucht.

Der Prozeß ist noch nicht zu Ende. Bei der absoluten Abwesenheit greifbaren Materials sucht man die Qualität durch die Quantität zu ersetzen und zieht durch Abhörung eines Haufens ganz überflüssiger Zeugen und durch Produzirung eines Wusts irrelevanter Details, den Prozeß systematisch in die Länge, wodurch freilich auch erreicht wird, daß die Verhandlungen von wahrhaft erschreckender Langweiligkeit sind, und der Anfangs überfüllte Sizungssaal schon nach dem dritten Tag das Bild kirchenartiger Leerheit darbot.

Sozialpolitische Rundschau.

Zürich  , 19. Oktober 1881.

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Bismarck und Gambetta das ist einmal ein gefundenes Fressen für die Helden von der Feder. War der große Diktator bei dem großen Diplomaten? Was wollte er bei ihm? Was mögen die Beiden miteinander vereinbart haben? So fragen sich die Fabrikanten der öffentlichen Meinung und strengen ihren Scharfsinn an, alle mög­lichen und unmöglichen Antworten auszukombiniren. Und das Volk liest das Zeug und sperrt Mund und Nase auf, anstatt wüthend drein­zuschlagen, daß überhaupt noch davon die Rede sein kann, daß zwei Individuen hinter verschlossenen Thüren über sein Geschick sollen ent­scheiden können.

Ob und wo die Zusammenkunft stattgefunden hat uns kann es ,, Wurscht  " sein. Jedenfalls gehören sie zu einander, sind einander würdig, der Mann, der das große Wort aussprach: es gibt in Frankreich   keine soziale Frage" und der Mann des sozialen Reformschwindels in Deutsch­ land  . Wir glauben es gern, was Herr Oppert von Blowitz in der Londoner ,, Times" ausplaudert, daß Bismarck   und Gambetta schon lange heimlich für einander glüthen- fein Feuer, feine Kohle kann brennen so heiß

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denn gleich und gleich gesellt sich gern. Beide haben als arme Teufel an­gefangen und haben es zu Etwas gebracht", den Einen schätzt man auf über 30 Millionen, des andern Vermögen entzieht sich jeder Kontrolle. Beide kämpfen mit denselben Waffen, mit den Waffen der schmutzigsten Lüge und Verläumdung, wenn es gilt, eine unbequeme Person aus dem Wege zu räumen, beide sind Meister der Korruption, beide Opportunisten, d. h. politische Glücksritter.

Was sie in Varzin  , in Friedrichsruhe oder sonstwo ausgeheckt, ist mit Händen zu greifen. Gambetta   soll und muß jetzt in das französische  Ministerium eintreten und zeigen, was er kann. Dazu braucht er un­bedingt freie Hand in Tunis  , d. h. Bismarcks Hülfe gegen Italien   und Spanien  , die Miene machen, ecklich zu werden. Und warum sollte ihm Bismarck   den Gefallen versagen? Der Reichsgewaltige hat nicht erst seit heute großes Interesse daran, daß geordnete Zustände in Tunis  herrschen". Schon vor einigen Jahren erregte es einiges Aufsehen, daß ein deutsches Kriegsschiff nach Tunis   geschickt wurde, um vom Bey die Ein­lösung der fälligen Kupons( d. h. von Wucherzinsen) im Interesse des deutschen   Unterthanen, Banquier Erlanger  , zu erzwingen. Der Antisemitenhäuptling Bismard hat in der That eine verdächtige Schwäche" für jüdische Banquiers, man sollte meinen, seine Sehnsucht nach mittel­alterlichen Judengesetzen bestehe ausschließlich in einer Schwärmerei für das nutzbringende Institut der Leibjuden.

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Ob der semitische Baron Erlanger dem berüchtigten Finanzkomite der tunesischen Obligationen angehört, darüber ist zu unsern profanen Ohren nichts gedrungen, es ist aber mehr wie wahrscheinlich. Und sicherlich ist der Baron so koulant gewesen, seine guten Kunden an dem reinlichen Geschäft zu betheiligen. Ich weiß sehr gut, welche Minister Aktien haben", sagte Minister von Jhenplitz eines Tages im preußischen Ab­geordnetenhause, und am nächsten Tage war er Minister

gewesen.

Bismarck   aber ist ein guter Geschäftsmann, der den Rummel ver­steht, der einsieht, daß in Tunis   Ordnung" geschafft werden muß und deshalb Gambetta gern entgegengekommen sein wird. Zum Dank wird ihm Gambetta vielleicht einen kleinen Feldzug im Innern gegen die bedenklich anwachsende radikale Partei versprochen haben, wenn nicht gar einen Landstrich in Cayenne oder eine Insel in Neukaledonien   zu Koloni­sationszwecken. Eine Hand wäscht die andere, sagt das Sprichwort, und selbst wenn es wahr sein sollte, daß Gambetta von Juden abstammt, ein Bismarck   nimmt daran keinen Anstoß; auch hier hat er seine famose Zwei­seelentheorie. Mit Juden, die einen Funken von Gewissen haben, mit einem Lasker, der nur Syndikus des Berliner   Pfandbriefamtes ist, ist nichts anzufangen was fann man an Berliner   Pfandbriefen verdienen! aber mit jüdischen Abenteurern, mit großen Börsenjuden u. s. w., da läßt sich doch noch was machen". Darum an meine Brust, Ihr Gambetta, Bleichröder  , Erlanger   und Konsorten,

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Arm in Arm mit Euch,

So fordr' ich mein Jahrhundert in die Schranken! Das nennt man praktisches Christenthum"!

Ueber die Thätigkeit unserer Freunde im Reich angesichts der bevorstehenden Wahlen gehen uns so massenhaft Einsen dungen, Zeitungsausschnitte 2c. zu, daß wir absolut nicht in der Lage sind, hier über alle Bericht zu erstatten. Unsere Genossen machen von allen Mitteln der Agitation, welche ihnen zu Gebote stehen, Gebrauch, wo es möglich ist, treten sie den Gegnern in offener Versammlung ent­gegen oder proklamiren in gegnerischen Versammlungen unsere Kandi­daten. In Mainz   gelang es unseren Genossen sogar, eine glänzend besuchte Versammlung abzuhalten, in der Liebknecht unter stürmischem Beifall seine Kandidatenrede hielt. Die Flugblätterverbreitung geht an den meisten Orten in ausgezeichneter Weise vor sich, die unvermeidlichen Verhaftungen aber fehlen dabei natürlich nicht. Kurz, nach Allem, was wir vernehmen, sind unsere Freunde tüchtig an der Arbeit. Und das ist die Hauptsache.

Ein Hurrah unsern wadern   Genossen in Dresden  ! Vor acht Tagen spielte der Zufall den Dresdener   Parteilungerern zwei Kisten mit Wahlflugblättern für Bebel in die Hände, laut grunzten sie vor Frende, wie die blinde Sau, die auch einmal eine Eichel gefunden

und siehe da, schon am Sonntag darauf hatten unsere braven Dres­dener ein neues und weit schärferes Flugblatt in 40,000 Exemplaren verbreitet. So ist's recht.

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Sozialistische Kandidaturen. In Schwäbisch Hall  haben unsere Genossen an Stelle Vahlteichs, der früher dort kandidirte, Genossen August Bebel   aufgestellt.

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,, Wahlenthaltung" betitelt sich das neueste Flugblatt der Londoner   Revolutionsbummler. Es ist in Plakatformat gedruckt und besteht in blöden Schimpfereien, dazu bestimmt, den verhaßten Parla­mentssozialisten" bei den Wahlen den Garaus zu machen. Wir würden über den albernen Wisch, der nur ein Zeugniß mehr dafür ist, wie sehr seinen Verfertigern jedes Verständniß für die Verhältnisse in Deutschland  fehlt, kein Wort verlieren denn seine Wirkung auf die deutschen  Arbeiter würde selbst bei der besten Verbreitung gleich Null bleiben wenn nicht gerade die Verbreitung desselben in einer Art geschähe, die ein neues Zeugniß für die bodenlose Infamie der feigen Revolution shelden in London   abgibt.

Die Herren senden nämlich dieses Flugblatt ganz ungenirt an unsere Genossen, und zwar nicht etwa Einzelexemplare, sondern gleich Packete von taufenden von Exemplaren. Die Spekulation ist dabei folgende: Wird das Paket abgefaßt, so wird nicht ihr, sondern unser Genosse in Untersuchungshaft gesteckt und unser Unterstützungsfond belastet; im anderen Falle rechnen die Herren darauf, daß die Empfänger die Wische nicht sofort verbrennen, sondern sie als Kuriosum unter den Genossen vertheilen, und ihnen so die Verbreitung geben, welche die Herren bei ihrer absoluten Einflußlosigkeit in Deutschland   unfähig sind, selbst zu bewerkstelligen. Fallen die Betreffenden bei der Verbreitung der Polizei in die Hände, dann lachen sich die Echten" Revo lutionäre erst recht in's Fäustchen, dann ist es ihnen gelungen, der verhaßten Partei einen neuen Schlag zu versetzen.

Darum wählen sie auch gerade die bekanntesten Genossen­ohnehin von der Polizei mit Argusaugen überwacht werden pfängern. So ist z. B. ein sehr bekannter Genosse in Süddeutschland  , der gutmüthig genug war, dem sauberen Herrn Reinsdorf auf dessen Durchreise Unterstützung zu verschaffen, mit einer Sen­dung von 15,000, fage fünfzehntausend solcher Wische, ein zweiter am gleichen Orte mit 2000 bedacht worden!

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Die Genossen können es uns glauben, nur mit Widerstreben gehen wir daran, für die gemischte Gesellschaft von Anarchisten, Blanquisten, Proudhonisten 2c., die sich Sozialrevolutionäre" nennen, den Raum des Parteiorgans in Anspruch zu nehmen. Gewisse Akte aber dürfen nicht mit Stillschweigen übergangen werden, es ist unsere Pflicht, die deutschen   Arbeiter vor jenen Schreiern nachdrücklichst zu warnen, deren Maulheldenthum Schritt hält mit ihrer Gewissen und Schamlosigkeit, vor Leuten, die es fertig bekommen, den Arbeitern zu schreiben: Es wer­den sich demnächst wichtige Ereignisse abspielen" her aber schickt Geld nach London  ; mit einem Wort, vor den Re­volutionsabenteurern!

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Kuriosum. In London   haben am 11. Oktober einige sechzig Mann beschlossen, daß die Betheiligung an der Wahl ein Ver­brechen ist". Wonach zu richten!

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Der famose Hochverrathsprozeß" hat bereits in unserem heutigen ,, Briefe aus dem Gefängniß Deutschland  " seine treffende Charakteristik erfahren, und was die späteren Verhandlungen zu Tage gefordert, kann diesen Eindruck nur noch verstärken. Ein wahrer Abgrund von Niedertracht und moralischer Versumpftheit thut sich da auf. Und nebenbei welche Unfähigkeit! Stieber, der auch hier seine Hand im Spiele hat, war doch wenigstens ein vollendeter Hallunke und kann sich heute mit der Schwäche des Alters entschuldigen, aber diese beiden Esel, der Herr Landgerichtsrath" Hollmann und der Herr Polizeirath" Rumpf, sind weiter nichts als ganz elende, charakterlose Jammer­burschen.

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Daß fie mit ihrem Prozeß schließlich hineinfallen würden, lag für Jeden, der die Verhältnisse einigermaßen kannte, auf der Hand; aus Nichts läßt sich nun einmal mit allen falschen Zeugen Nichts machen. Aber daß sie ihr ganzes Lügengewebe so ungeschickt anfertigen würden, daß es schon am ersten Tage wie Spinngewebe zerriß, so daß selbst die ehrenwerthen Reichsgerichtsräthe, denen doch Niemand politisches Zartgefühl nachsagen kann, sich zu schämen anfingen, das hätten wir nicht vorausgesehen, darauf waren wir nicht gefaßt.

Welche Verkommenheit gehört dazu, welchen Begriff von öffentlicher Moral muß ein Richter" haben, der vor dem höchsten Gerichtshof seines Landes Zeugen für seine Angaben auftreten läßt, welche durch die Bank wegen entehrender Vergehen, die meisten wiederholt, bestraft sind! Dieser Bursche ist so bar allen Rechtsgefühls, daß er gar nicht merkt, wie alle seine Be lastungszeugen bei der Verhandlung zu Ent­lastungszeugen werden!

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Die Blüthe aller Zeugen ist der gute Patriot" Schnitzer, ein mehrfach wegen Betrugs verurtheilter Kaufmann. Rührend ist die Zuneigung des zweifelsohne höchst christlich- konservativen Herrn Hollmann zu diesem jüdischen Gauner. Der edle Schnitzer ligt das Blaue vom Himmel herunter, bis seine Fallstaffartige Schwindel­manier endlich den Reichsgerichtsrath Mittelstädt- unsern Mittel­städt, den Mann der Prügelstrafe so in Harnisch   bringen, daß dieser

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ihm endlich wüthend dazwischen fährt. Lassen wir jetzt einmal den Be­richt der Frankfurter Zeitung  " sprechen:

Reichsgerichtsrath Mittelstädt( zum Zeugen Schnitzer): Erst haben Sie gesagt, Sie hätten einmal Grüße auszurichten von Dave, dann zweimal, jetzt fagten Sie schon dreimal.

Schnitzer: Was ich sage, ist die reine Wahrheit. Der Zeuge erklärt dann weiter auf Befragen der Vertheidiger, daß er sechsmal aus dem Gefängniß geführt worden sei, um Kasfiber zu besorgen. Ein Ver­sprechen sei ihm nicht gemacht für seine Bemühungen, aber ,, Graf Still­fried", der Chef der politischen Polizei in Berlin  , hat mich und meine Frau hinkommen lassen und hat gesagt Wenn Sie das so aus­führen, dann kommt es uns nicht daraufan auf 1000 M. Dabei ist es geblieben. Bekommen haben wir nichts. Ich habe das gethan, weil ich gedacht habe, daß es patriotisch ist und ich habe gedacht, meinem Kaiser einen Dienst zu leisten."

Angell. Waterstraat: Mir ist die Mittheilung gemacht worden, daß dem Zeugen ein Straferlaß in Aussicht gestellt worden ist. Schnitzer: Bis jetzt bin ich noch nicht verurtheilt, am 26. Oktober steht erst Termin an. Ob die Herren sich später für mich verwenden, das ist eine andere Sache.

Angell. Water straat: Er hat mir selbst gesagt, daß er zu Zucht­haus verurtheilt werden würde.

Schnitzer: Rath Hollmann hat mir gesagt, wenn Sie verurtheilt werden sollten das sind seine eigenen Worte dann kommen Sie bei uns, dann werden wir ein Gnadengesuch einreichen, dann werden wir ja sehen. Er hat mir kein Versprechen gemacht."

Nicht wahr, ein netter Patriot!

Und der Patriotismus wird auch belohnt werden. Mit den 1000 Mt. sieht es zwar etwas windig aus, denn bei unserm" Kaiser hört be­kanntlich in Geldsachen der Spaß auf, ein Gnadenakt ist ja viel billiger, die Milde" kostet bekanntlich gar nichts. Und Ehren- Schnitzer wird den Vers der alten Römer: dulce et decorum est pro patria mori, be geistert ins preußisch- deutsche übertragen:

Süß und ehrenvoll ist's, für's Vaterland Gauner zu sein!

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Ergreifend sind auch die Briefe Rumpf's an Hollmann. Sie verdienen mit den Aussagen Horsch's als Glossen im Separat abdruck zu erscheinen unter dem Titel ,, Bekenntnisse einer schönen Seele". Wie der Polizeirath Rumpfer ist allerdings kopflos durch seinen

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