Also, die Arbeiter haben mehr gearbeitet und mehr verdient, von 1878 bis 1880 ist ihr Lohn um 70 Mark pro Jahr gestiegen. Sehr schön. Aber was kommt uns da für eine Erinnerung in den Sinn! 70 Mark? Richtig, so viel macht ja nach der sehr niedrigen Schätzung des Lüden­ scheider Konsumvereins die infolge des neuen Zolltarifes eingetretene Erhöhung der Lebensmittelpreise pro Jahr für eine fünfköpfige Arbeiter­familie aus. Da wäre es also mit dem Mehrverdienst Essig! Der Ar­beiter schafft mehr, kriegt auch höheren Lohn, aber er kann doch um feinen Deut besser leben als zuvor. Der Segen der Zollreform besteht für ihn nur in der größeren Durchschnittsleistung". Wie ihn dieses Bewußtsein erheben muß, den ausgehungerten Proletarier!

Aber es gab wenigstens mehr Arbeit! Richtig, das steht unum­stößlich fest. Schade nur, daß als Vergleichszahlen die des Jahres 1878, in welchem die Kriſis auf ihrem Gipfel war, angenommen worden sind, und daß in den Jahren 1879/80 der kolossale Mehrbedarf Amerika's an Eisen und Stahl in dieser Branche eine fieberhafte Thätigkeit und mittel­bar auch eine enorme Steigerung des Kohlenbedarfs hervorrief, so daß der Versuch, diese Steigerung dem neuen Bismarck 'schen Zolltarif zu gute zu schreiben, bei boshaften Kritikern, wie die Sozialdemokraten nun einmal sind, auf argen Widerspruch stoßen dürfte.

Lassen wir aber für heute die Zollfrage ganz bei Seite, und sehen wir Der glänzende Lohn des uns die obigen Zahlen lieber noch einmal an. Jahres 1880, auf wie viel beläuft er sich eigentlich? Auf 525 Mark, das heißt auf 10 Mark pro Woche. Ist das nicht großartig?

Zehn Mark pro Woche für so einen Nichtsthuer, der den ganzen Tag faullenzt und Schnaps säuft? Zehn Mark pro Woche, das macht: Eine Mart 44 Pfennige pro Tag, und davon soll ein Arbeiter nicht tomfortabel wohnen, seine Familie anständig ernähren, für patriotische und religiöse Zwecke Geld ausgeben und sich für sein Alter ein hübsches Kapital ersparen können? Eine Mark 44 Pfennige pro Tag für eine Arbeit, so gesund und so angenehm wie kaum eine andere, und da gibt es immer noch Menschen, die mit den heutigen Zuständen nicht zufrieden sind? Da gibt es immer noch Sozialdemo­kraten, die von Ausbeutung reden?

Ausbeutung! Richtig, wie steht es denn eigentlich damit? Vielleicht geben uns die obigen Zahlen auch darüber Auskunft. Im Jahre 1880 betrug die Summe

der Arbeitslöhne

der Werth der Steinkohlenproduktion

Mr. 17,082,651.

" 1

37,970,164. Ueberschuß Mt. 20,887,513.

Davon kommt nun freilich ein Theil für Abnutzung der vorhandenen Einrichtungen, Verwaltungsspesen 2c. in Abzug, den wir aber mit 3,800,000 Mt. schwerlich zu niedrig annehmen- der Rest, der den Kapitalisten und Unternehmern in die Tasche fließt, beträgt dann immer noch 17,088,000 Mark, d. h. gerade soviel als die Arbeiter insgesammt erhalten haben. Jeder Arbeiter schafft in einem halben Arbeitstage soviel, als er bezahlt erhält, während der anderen Hälfte des Arbeitstages aber schafft er umsonst, für Andere, füllt er die Taschen der Kapitalisten. Und da der Kapitalisten nur wenige, der Arbeiter aber gar viele sind, so darbt und hungert der Arbeiter bei seinem um die Hälfte gekürzten Lohne, der Kapitalist aber, der die andere Hälfte der Löhne von hundert und mehr Arbeitern einstreicht, läßt sich's wohl bekommen. Warum sollte er auch nicht? Hat er nicht gute Freunde, Männer der Wissenschaft, die ihm vom berechtigten Unternehmergewinn, vom geistigen Arbeitslohn, Entbehrungslohn, Risikoprämien, göttlicher Eigenthumsordnung 2c. vor­schwatzen? Sorgen nicht Staat und Kirche dafür, daß solche gesunde" Anschauungen immer wieder auf's Neue dem Volke eingebläut werden, daß die Schwärmer und Demagogen, die von Ausbeutung des Men­schen durch den Menschen, von gesetzlich erlaubtem Diebstahl" reden, eingesteckt und außer Landes gehetzt daß die Arbeiter, wenn sie sich in ihrer Verzweiflunng aufbäumen und revoltiren, mit Gewalt zur Ver­nunft gebracht werden? Also nur immer flott fortgelebt in dulci jubilo, je mehr die ,, Kanaille" gedrückt wird, um so gefügiger wird sie. Die Kanaille" wird Euch einen Strich durch die Rechnung machen, Ihr Herren!

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Auch diesmal sind wir noch nicht in der Lage, eine vollständige Auf­stellung der Wahlerfolge unserer Partei zu veröffentlichen. Die Zeit­ungen haben nur die ersten Wahlnachrichten ausführlich gebracht, später be­schränkten sie sich darauf, nur über die Stimmen der Hauptparteien in den betr. Kreisen zu berichten, so daß uns aus einer Reihe von Wahlkreisen, wo wir namhafte Stimmen auf unsere Kandidaten vereinigten, die endgiltigen Zahlen noch nicht vorliegen. Denn auch unsere Genossen und das sei hiermit als Mahnung gesagt haben es zum großen Theil noch nicht der Mühe für werth erachtet, dem Parteiorgan das Wahlresultat ihres Kreises mitzutheilen. Wir denken, dieser Appell an ihr Pflichtgefühl wird genügen!

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Wir haben Ihn, Er hat nicht uns!" Die Leute des Fürsten Bismarck" und zwar die in puncto ſeines Staats­ sozialismus " und Staatscharlatanismus berufensten" haben sich mit unseren Parteigenossen in Berlin in Verbin­

Millionen von Männern, Frauen und Kindern sich abrackern, ver­kümmern, leiden und vor Erschöpfung und Entbehrung umkommen, lediglich um zum Vortheil einiger Emporkömmlinge einen Mehrwerth zu erzeugen, der in Frankreich allein mehr als vier Milliarden jährlich ausmacht, in einladende gesellschaftliche Werkstätten umzuwandeln.

,, Als mächtiges Mittel der Förderung hat eine neue Idee in der französischen Arbeiterpartei Boden gewonnen: die Eroberung der Ver­tretung der vorgeschrittensten Gemeinden, um die öffentliche Verwaltung sozialistisch zu organisiren und auf mehreren Punkten gleichzeitig der Bourgeoisregierung Schach zu bieten, besonders indem man zeigt, was die Organisirung der kommunalen Verwaltungen für die Befreiung der Arbeiter zu leisten im Stande ist.

Judeß würde uns ein näheres Eingehen auf diese Frage zu weit führen und sind wir der Ansicht, daß sie besser in das Manifest hinein­paßt, welches das Nationalkomite nach seiner Konstituirung an die Federationen richten wird."

Das Manifest beschäftigt sich zum Schluß noch mit den abweichenden Ansichten eines positivistischen und zweier anarchistischer Delegirten. In Bezug auf Letztere heißt es:

" Die Tischler," vertreten durch Bürger Cezard ,, verlangen die sofortige Abschaffung aller Regierungen. Wenn wir auch keine Anhänger dieser unverzüglichen Abschaffung sind, so sind wir doch der Ansicht, daß die gesellschaftlichen und moralischen Fortschritte die Idee der Regierung immer mehr aufheben. Der freiheitliche Kommunismus ist die Gesellschaft der Zukunft; er wird zur Verwirklichung kommen, wenn ihn der Ueberfluß an Produkten und die freiwillige Uebernahme der Pflichten seitens der Menschen des neuen Zeitalters möglich gemacht haben werden. " Zwischen dem Bürger Maza de und der Mehrheit der Kommission besteht, da Ersterer den wissenschaftlichen Sozialismus als Zwischenstadium acceptirt, teine Differenz."

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So der Bericht, mit dem wir zwar in einigen untergeordneten Punkten so theilen wir die an die Eroberung der nicht ganz übereinstimmen Kommunalvertretungen geknüpften Hoffnungen nicht den wir aber im Großen und Ganzen, und namentlich in Bezug auf seinen prinzipiellen Theil als ein bedeutsames Manifest auffassen, denn er zeigt, daß unsere französischen Brüder wieder einen mächtigen Schritt nach vorwärts ge­than haben in der Ausmerzung jener sektirerischen Anwandlungen, welche ihnen bisher so verhängnißvoll gewesen sind, daß sie mit uns gemeinsam auf dem Boden der materialistischen Geschichtsauffassung stehen, der Grundlage des fommunistischen Manifestes.

dung gesetzt und ihnen einen Bündnißvertrag an­geboten. Wenn drei( namhaft gemachte) Führer" der deutschen Sozialdemokratie auf alle Umsturzbestrebungen" verzichten und für die sozialen Kurpfuschereien des Junkers Bismarck eintreten wollen, so soll die Aufhebung des Sozialistengesetzes und des klei­nen Belagerungszustandes erfolgen, und Bebel's und Hasenklever's Kandidatur unterstützt, h. h. durch die Stöcker Wagner'schen Stimmen durchgesetzt

werden.

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Fürst Bismarck , so wurde- abermals von ,, berufenster" Seite versichert, sei durch das Resultat der Wahl ganz gebrochen, er habe es so gut mit den Arbeitern gemeint und werde so grausam von ihnen verkannt; wenn er nicht von den Arbeitern und Sozialdemokraten unterstützt werde, könne er sich gegen den Ansturm der siegreichen Bourgeoisie nicht behaupten, und sei entschlossen, seine Demission zu nehmen. Und die Arbeiter und Sozialdemokraten würden dann finden, daß sie sich nicht verbessert.

Solches und Aehnliches wurde gesprochen, die lockendsten Ver­sprechungen gemacht.

Die Antwort war ein energisches Nein! und Non possumus!, das schon an die bekannte Einladung des Ritters mit der Eisernen Hand anftreifte.

Vorstehende Mittheilungen sind authentisch. ,, Mit den Urhebern und Geburtshelfern des Sozialistengesetzes gibt es für die deutsche Sozialdemokratie keinen Waffenstillstand, keine Versöh­nung; nur Eine Losung: Kampf auf Leben und Tod!" schrieben wir vor Monaten.

Und in diesem Kampfe ist es nicht die Sozialdemokratie, welche ver­lieren wird.

Fürst Bismard ist am Ende seines Lateins, bankrott mit seiner Staatsweisheit und seinen Regierungskniffen.

Die deutsche Sozialdemokratie aber marschirt stolz dem Siege zu.

- Das Sozialistengesetz in Gefahr. Was wir in unsern Wahlartikeln des öftern betont haben, ist eingetroffen. Die einfache Thatsache, daß sich am 27. Oktober die Sozialdemokratie fast überall in ihrer alten Stärke auf dem Kampfplatze einstellte, hat auf die große Masse der deutschen Arbeiter geradezu elektrisirend gewirkt. Die glänzenden Resultate bei den Stichwahlen sind ein schlagender Beweis, daß unsere Partei recht daran gethan hat, ihr Dasein durch Theilnahme am Wahl­tampfe zu manifestiren. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß, wenn wir heute noch einmal in den Wahlkampf eintreten müßten, wir nicht nur viele Wahlkreise zurückerobern, sondern auch eine ganze Anzahl neuer zugewinnen würden. Das Beste ist aber, daß unsere weisen Staatsmänner plötzlich einsehen, wie sehr sie sich mit ihrem schneidigen" Ausrottungs­gesetz blamirt haben und offen eingestehen, daß dasselbe seinen Zweck in keiner Weise erfüllt habe. Natürlich dürfen wir uns dadurch nicht zu der Illusion verleiten lassen, daß sie nun auch ihre Erfahrung beherzigen werden, gewisse Leute werden auch durch Schaden nicht klug und die Kazze läßt das Mausen nicht, aber freuen dürfen wir uns dessen und frischen Muth schöpfen zu weiterem Kampfe.

Die größte Angst, daß das Sozialistengesetz abgeschafft werden könnte, haben seine eigentlichen Väter, die Nationalliberalen. Thatsache ist, daß die Majorität, welche dasselbe schuf, verduftet ist. Doch wird das Zentrum, sobald es hoffähig ist, vielleicht ein Einsehen haben und sich des Wechselbalges annehmen. Bismard aber läßt durch seinen Pindter die geängstigten Liberalen höhnen:

-

Wenn Ihr meine Sozialreform nicht annehmt, so habe ich kein Inter­oder! Und effe, das Sozialistengesetz aufrechtzuerhalten, also entweder wenn kein Mittel hilft, dieses wird sie kirre machen, die edlen Kämpfer für die Freiheit der Bourgeoisie.

-

Die Stichwahlen sind vorüber, und im Allgemeinen haben die Genossen, dem Beschluß des Wydener Kongresses entsprechend, da, wo unsere Gegner unter sich kämpften, sich der Abstimmung ent halten. Denn wenn auch der betr. Beschluß nicht unbedingt die Theil­nahme an solchen Stichwahlen verbietet, so lief doch der Grundgedanke desselben darauf hinaus; die milde Form wurde nur gewählt, damit wir uns für ganz ausnahmsweise, unvorhergesehene Fälle nicht die Hände binden. Inwieweit dieser Maßstab nun an den wenigen Orten zutrifft, wo unsere Genossen doch an dem Kampf unserer Gegner theilnahmen, darüber hat nach unserer Ansicht nicht die Redaktion des Parteiorgans zu entscheiden, sondern in erster Linie die Parteileitung, in zweiter und endgültiger der Kongreß. Wir enthalten uns daher vorläufig jeder Kritik der uns in dieser Beziehung bekannt gewordenen Vorgänge, durch wiederholten Hinweis auf den obenerwähnten Kongreß­beschluß glauben wir unserer Pflicht genügend nachgekommen zu sein. Geschehenes läßt sich ohnehin nicht ungeschehen machen.

Kein Kompromiß. Unsern glorreichen Sieg in Mainz sucht die reaktionäre Fortschrittlergesellschaft dadurch zu verdunkeln, daß sie von einem ,, Bündniß der Sozialdemokraten mit den Ultramontanen" ( ,, Rothen und Schwarzen") faselt. Dieses Bündniß ist einfach von unseren Feinden erfunden. Wie die Abstimmungstabelle beweist, haben die fatholischen Stimmen sich zwischen Philipps und Liebknecht vertheilt. Einige Ziffern werden dies zeigen:

Gensenheim( fathol.) gab am 27. Oftober 76 Stimmen für Philipps, 175 für Liebknecht, 203 für( den Ultramontanen) Frank. Bei der Stichwahl am 5. November erhielt Philipps 145 Stimmen, Liebknecht 193. Hier war also der größere Theil der abgegebenen katholischen Stimmen auf Philipps gefallen.. Jn Brezenheim erhielt am 27. Oktober: Philipps 98, Liebknecht 180 und Frank 109 Stimmen

am

5. November Liebknecht 216, Philipps 142. Auch hier fiel die größere Hälfte der katholischen Stimmen auf Philipps. Und so an verschiedenen anderen Orten. Die Sache ist: die demokratischen Katholiken stimmten

für Liebknecht und die reaktionären, die den Kulturkampf vergessen konnten, für Philipps. Von Seiten der Sozialdemokraten haben weder direkt noch indirekt, weder schriftlich noch mündlich irgend Verhandlungen mit den Katholiken stattgefunden. Das katholische Wahlkomite erklärte sich bekanntlich offiziell für Wahlenthaltung, und die Geistlichen wirkten überall in diesem Sinne. Das Volk ging aber seine eigenen Wege. In einer Wählerversammlung zu Ebersheim trat der katho­lische Geistliche dreimal gegen Liebknecht auf und predigte, unter Hinweis auf die Gottlosigkeit der Sozialdemokraten, Wahlenthal­tung. Seine Beichtkinder kümmerten sich aber nicht um den Rath ihres Hirten", dem Liebknecht natürlich die Antwort nicht schuldig blieb, und stimmten fast Mann für Mann sozialdemokratisch. Es darf nicht ver­geffen werden, daß der Kulturkampf unter dem katholischen Volk einen starken demokratischen Geist erweckt hat, welchen die Herren Windthorst und Comp. nicht zu bannen vermögen.

Das ist gerade bei der Mainzer Wahl eklatant zu Tage getreten. Das katholische Volk hat sich nämlich positiv gegen Windthorst u. Comp. aufgelehnt. Man lese nur nachstehende Korrespondenz der Franks. 3tg.":

,, Mainz , 8. November. Das( ultramontane) ,, Mainzer Jour­nal" erklärt heute, daß weder dem Wahlkomite der hiesigen( katho­lischen) Volkspartei, noch der Redaktion des Mainzer Journals" das Geringste von einem Schreiben oder Telegramm des Herrn Windthorst bekannt ist, in welchem die Wahl des Herrn Dr. Philipps empfohlen würde", und fordert uns auf, mit den akten­mäßigen Belegen hervorzutreten. Wir haben gedacht, daß die Bestimmtheit, mit der wir unsere Angabe machten, das M. J." überzeugen würde, daß sie auf Wahrheit beruht. Wir veröffent­lichen nicht gern Privatbriefe, da aber das M. J." auf der Vorlage von Aftenstücken besteht, so theilen wir aus einem

Briefe des Herrn Dr. Windthorst an Herrn Sonne= mann vom 4. November folgende Stelle mit:

In Anlaß Ihres Schreibens vom 3. d 8. Mts. habe ich heute wiederholt nach Mainz geschrie ben und habe mich für die Wahl des Herrn Dr. Philipps ausgesprochen. Da ich nicht weiß, ob bei der in Mainz herrschenden Aufregung auf meinen Wunsch Rück­ficht genommen wird, so gebe ich anheim nach Mainz zu fahren und dort mit den einflußreichen Persönlichkeiten selbst zu ver­handeln.""

,, Wir haben vorerst keinen Anlaß, an der Aufrichtigkeit der vom ,, M. J." abgegebenen Erklärung zu zweifeln; selbstverständlich haben wir auch nicht den mindesten Grund, die Angabe des Herrn Dr. Windthorst in Zweifel zu ziehen. Dann aber müssen die Briefe des letzteren irgendwo unterschlagen worden sein. Könnte das M. J." sich nicht darnach erkundigen, wo und von wem dies geschehen ist?"

"

Dies die Korrespondenz, die von Herrn Sonnemann selbst her­rührt und keinen Widerspruch gefunden hat, noch finden wird. Sie ver­räth den ganzen Jesuitismus unserer pseudodemokratischen Gegner, welche unserer Partei ein Bündniß mit den Schwarzen" anlügen, das sie selber heimlich abgeschlossen haben. Fürwahr, weiter läßt die politische Heuchelei sich nicht treiben. Um das Maaß voll zu machen, hat auch das Journal des Herrn Sonnemann gegen uns diesen Vorwurf erhoben, desselben Herrn Sonnemann, der ein paar Tage zuvor brieflich um die Protektion Windthorst's gebettelt hatte! Ueberhaupt hat die Frankfurter Zeitung " und Herr Sonnemann in dem heurigen Wahlkampf eine höchst zweifelhafte Rolle gespielt, wovon an anderer Stelle mehr. Heute sei nur noch er­wähnt, daß die Franks. Zeitg." in ihrem letzten Artikel zur Stichwahl zwischen Sonnemann und Döll für den Fall der Wahl des letzteren ganz unverfroren mit dem kleinen Belagerungszustand flunkerte genau wie die Dresdner und sonstigen Reaktionäre.

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Die eine reaktionäre Masse". Als Anfangs September im sächsischen Landtag die sozialdemokratischen Abgeordneten beim Jubel­fest" der Verfassung auf die Rechtlosigkeit der stärksten Partei im Lande hinwiesen, erklärten sich, durch ihr Verhalten, alle Parteien des Land­tages, die ,, demokratischen" Fortschrittler mit eingeschlossen, mit diesem Zustand der Rechtlosigkeit einverstanden.

Als Bebel am 5. November die Infamie des Leipziger Belagerungs­zustandes brandmarkte, stellten sich alle Parteien des Landtages, die ,, demo­fratischen" Fortschrittler mit eingeschlossen, auf Seite der Regierung, und machten, indem sie Liebknechts Antrag auf Eröffnung einer Debatte einstimmig verwarfen, die sozialdemokratischen Abgeordneten mund­todt gegenüber den feigen und kindischen Verleumdungen des Ministers von Nostiz- Wallwitz.

Als es sich am 10. November für die fortschrittlichen Wähler Dres­ dens ( von den Stöcker'schen reden wir nicht) darum handelte, zwischen dem Sozialdemokrat Bebel und dem Reaktionär Stübel zu wählen, ent­schieden sich die fortschrittlichen Wähler des Demokraten " Wigard(!)- fast ausnahmslos für den Reaktionär Stübel. Der Vergleich, der am 27. Oktober und bei der Stichwahl abgegebenen Stimmen läßt in Bezug auf diesen Punkt keinen Zweifel zu. Wer will angesichts solcher Thatsachen noch leugnen, daß die nichtsozialdemokratischen Parteien allesammt Reaktionäre sind?

- Liberale Logit. Das Sozialistengesetz wird leider nicht mehr lange in Kraft bleiben, seufzt angesichts des Ausfalls der Wahlen das Leipziger Tag( diebe) blatt. Und in derselben Nummer, wo diese von einer ganz besonders niederträchtigen Gesinnung zeugende Notiz steht, jammert das nationalliberale Organ darüber, daß die Sozialisten, die doch vor allem Demokraten sein wollen, in Plauen für den konservativen Kandidaten gegen seinen Genossen stimmen konnten.

Nun, wir wissen nicht, ob und warum unsere Genossen in Plauen für den konservativen Kandidaten gestimmt haben, und nehmen an, daß der nationalmiserable Schweinsknöchelmoniteur in dieser Beziehung nur ge­flunkert hat, soviel aber sollte doch selbst ein Redakteur des Hauptblattes der Intelligenzstadt Leipzig begreifen, daß ein größerer Gegensatz als der zwischen seinesgleichen und der Sozialdemokratie gar nicht denkbar ist. Wenn wir überhaupt bei Stichwahlen unter unseren Gegnern eingreifen würden, die Sorte müßte unter allen Umständen beseitigt werden.

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Warum sind wir in Glauchau ( Sachsen ) unter legen? Eine Antwort darauf finden wir in der neuesten Nnmmer des " Staatssozialist". In einem Artikel Zur Vagabundenfrage" heißt es da:

,, Ein ungemein helles Licht wirft auf den Streitfall auch der Bericht, den eine vom Königlichen Sächsischen Ministerium des Innern eingesetzte Enquete- Kommission unterm 18. Mai d. J. über den Nothstand der Glauchau Meeraner Weberdistrikte erstattete. Man ersieht daraus zweierlei:

1. wie durch Einführung der Maschinenarbeit blos in einem Industrie­bezirke an 50,000 Arbeiter ihre Beschäftigung verlieren und

2. wie die an ihre Stelle getretenen Maschinen blos für ca. 5000 Menschen neue Beschäftigung bieten und trotzdem noch viel mehr Pro­dufte erzeugen, als früher 60,000 Menschen mit Handwebstühlen, so daß etwaige Tretmühlen", d. h. Zwangswerkstätten, die man für 50,000 beschäftigungslose Leute einrichten wollte, für ihre Erzeugnisse keinen Markt finden würden.

In den Orten Glauchau und Meerane arbeiteten früher 30,700 Handstühle mit 50,000 bis 60,000 Personen. Von den in, den Jahren 1873 bis 1875 eingeführten 3595 mechanischen Webstühlen sind gegen­wärtig nur 2427 im Gang. Von den 30,700 Handstühlen gehen nur 3,197.

" In Meerane sind seit zwei Jahren in Folge der Arbeitslosigkeit sämmtliche Weber an mechanischen Stühlen und die meisten Handweber nur mit dem niedrigsten steuerpflichtigen Einkommenbetrage( 300 Mr. jährlich) in das Kommunalanlagen- Katafter eingestellt und außerdem noch, unter Berücksichtigung der drückenden Lage, nur mit der Hälfte des hie­rauf entfallenden einmaligen Quotensatzes herangezogen worden.

Bei 500 Glauchauer Webern blieb die Zwangsvollstreckung wegen Steuerrückständen erfolglos; in Meerane von 1730 3wangsvollstreckungen in einem halben Jahre( vom 1. Oktober 1880 bis 31. März 1881) fogar 1,313."*)

Diese Zahlen sprechen deutlicher als die feurigsten Brandschriften. Das ist der Segen der modernen Großindustrie! In das tiefste Elend schleu­dert sie ihre Opfer, entkräftet, entnervt sie, raubt ihnen die geistige Spannkraft, den Lebensmuth. Die Arbeiterbevölkerung Glauchau - Meerane's ist dezimirt, zum Theil verhungert, d h. der Armenpflege anheimgefallen, politisch rechtlos gemacht. Und trotzdem haben diese Armen mit auf­opfernstem Eifer für den Kandidaten ihrer Ueberzeugung gewirkt, trotz­dem haben sie eine Stimmenzahl für Auer erzielt, die unter den ob­waltenden Verhältnissen eine außerordentlich große genannt werden muß. Das liberale Gesindel jubelt über die Niederlage Auer's, preist den Sieg der Ordnung" als eine Heldenthat ja die Ordnung" herrscht in Glauchau - Meerane , die herrliche Ordnung des Massenelendes, freut Euch dessen nur, Ihr Bestien in Menschengestalt, Eure Rohheit soll Euch nicht vergessen werden!

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Königlich preußische Erbschleicher . Ein Ostpreuße , seit den dreißiger Jahren bekannt und befreundet mit Fer d. Lingenau, *) Soeben ersehen wir aus einer uns für diese Nummer zu spät zugekommenen korrespondenz, daß die Herren Ordnungsfreunde sämmtliche Steuer­rückstände den Armenkassen überwiesen und damit den betreffenden Arbeitern das Wahlrecht entzogen haben. So besiegt" man die Sozialdemokratie.