Der Verfasser der Hamburg- Altona - Harburg betreffenden| zureiten. Auch die Darlegung der Vertheidiger, die zin dem Zusammen­Denkschrift hat sich nicht anders zu helfen gewußt, als daß er in seiner Noth auf den Londoner Anarchisten kongreß verweist. Schade nur, daß auf diesem Kongreß weder Hamburg noch Altona noch Harburg noch Berlin noch Leipzig vertreten 1 aren, sondern nur zwei süddeutsche Gruppen"! Auch die Most'schen Flugschriften" müssen aufmarschiren, obwohl Most seit Ende März im Gefängniß sich befindet.

Da haben es Madai und seine Helfershelfer verhältnißmäßig am besten verstanden. Sie flunkern zwar nicht geschickter, aber wenigstens unverschämter. Der Leipziger Hochverrathsprozeß hat nämlich ersehen lassen, daß die hauptsächlich von dem Auslande ausgehenden agitatorischen Bestrebungen der extremen Partei in Deutschland bereits erheblichen An­flang gefunden haben." Siehst du, Bruder Sachse, bis zu einem ge­wissen Grade", das ist ja gar nichts gesagt, erheblich, das ist das rechte Wort. Die Berliner Hochverräther" mußten zwar freige= sprochen werden, aber sie saßen doch 10 Monat in Untersuchungs­haft ist das nicht erheblich genug? Reizend wird mit dem Aus­fall der Berliner Wahlen operirt. In einem Athem werden der große Theil" der Anhänger Most's, die sich der Wahl enthalten haben", und ,, die trotz aller Beschränkungen erzielten Resultate in den Wahlkreisen" dafür in's Feld geführt, daß an ein Zurückgehen der Bewegung vorder­hand nicht zu denken ist. Bei solcher Logik kann es natürlich gar nicht fehlen. Das ist aber nur das leichte Geschütz, nun kommt erst das schwere. Es werden Vorlesungen" in Newyork nämlich- ,, über die Anfertigung und Anwendung von Explosivstoffen veranstaltet". Aber Madai, die werden ja in Berlin trotz des Kleinen" veranstaltet! Warum weisen Sie denn den Umstürzler, der sie abhält, nicht aus? Warum darf ein Hoffmann in seinem prachtvollen Laboratorium un gehindert die revolutionärsten Experimente vornehmen? Madai, Madai, das ist höchst bedenklich! Es kommt aber noch schöner. In einer vor furzer Zeit abgehaltenen gemeinsamen Sitzung des Londoner Propagan­disten- Klubs und des Kongreß- Exekutivkomites wurde mit Befriedigung konstatirt, daß die Bildung revolutionärer Klubs und die Verbreitung von Flugschriften überall erhebliche schon wieder das schöne Wort Fortschritte macht, daß bedeutende(!) Geldmittel zur Verfügung stehen und ein großer Vorrath von Explosivstoffen vorhanden sei."

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Schrecklich, da könnte es ja wirklich bald losgehen". Und Sie wissen das Alles, Madai, Sie wissen sogar noch mehr?

,, Neuerdings hat auch der bekannte Agitator Hasselmann wieder Ver­bindung mit Europa angeknüpft, Gelder nach London geschickt und vor­geschlagen, hierfür Höllenmaschinen zu beschaffen."

Das ist das non plus ultra! Hasselmann, der Geld schickt, das ist noch großartiger wie die Höllenmaschinen, das ist so großartig, Herr Madai, daß es Ihnen Niemand glauben wird. Sie sind da etwas zu weit gegangen, Ihr guter Eifer hat Ihnen einen bösen Streich gespielt. Hätten Sie uns von einer Mine unter dem Hotel du Nord", wo Ihr Kaiser mit der jugendlichen russischen Gräfin die M- ußestunden ver­plaudert, oder unter der bekannten kleinen Thüre im Opernhause erzählt, das hätten wir Ihnen gerne geglaubt. Aber daß Hasselmann neuer dings" Geld geschickt haben soll, das zu glauben, können Sie nicht von uns verlangen, dafür verlangen wir Beweise.

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Nebenbei aber, meinen Sie nicht auch, Herr Madai, daß ein Revo lutions Exekutivkomite, von dessen Sitz und vorbereitenden Schritten Sie genaue Kenntniß haben, eine recht ungefährliche Sache aller­ist? Nur ein Bopanz, um politische Kinder zu erschrecken und hand polizeiliche Manipulationen zu motiviren? Ueberlegen Sie sich die Sache einmal, Sie und Ihre stillen Kompagnons!

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Auf die Nr. 12 der Freiheit" beruft sich Herr Madai, um zu beweisen, daß der Einfluß dieses Blattes in Berlin noch sehr bedeutend sei. Kuriositätshalber lassen wir hiermit den betr. Paffus folgen:

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" Dagegen theilen wir ihr" der Redaktionsseele des Sozialdem." nämlich und Jedem, der es sonst noch hören will, mit, daß wir nach wie vor in allen Distriften Berlins unsere Verbindungen haben und wenn es sich auch als unmöglich erweist, über Vorgänge öffentlich zu berichten, welche in geheimen Organisationen sich abspielen, so können die Herren in Zürich doch überzeugt sein, daß ihnen gerade in Berlin bei den nächsten Wahlen ein Hereinfall bereitet wird, wie sie ihn schwerlich jetzt schon fürchten."

Und diesen Satz wagt Madai heute, nach den Wahlen noch als Be­weis anzuführen! Das ist wahrhaftig noch unverschämter, als es dumm ist.

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Aus Sachsen , 2. Dezember schreibt man uns: Die polizeilichen Provokationen am Wahltage in Dresden hatten diese Woche ein Nachspiel vor dem Dresdener Schwurgericht, aber es saßen nicht die Provokateurs, sondern ihre Opfer auf der Anklagebant. Die Regierung brauchte nämlich eine Rechtfertigung wegen des Einhauens der Polizei auf das Volk, um sich vor dem Landtage weiß zu brennen. Zu solchen Zwecken sind nun die Dresdener Richter sehr brauchbar, man versteckt sich hinter die Autorität der ,, unparteiischen Justiz" and läßt von derselben die polizeilichen Schand­thaten sanktioniren. So geschah es hier schon oft, und diesmal, um die Komödie besonders wirksam zu machen, war sogar das Schwurgericht zu dieser erbärmlichen Dienstleistung her angezogen worden. Als Geschworene berief man ein Dutzend bornirte Spießbürger, welche durch die be rüchtigte Brandrede des Ministers aufgewiegelt in den Angeklagten große Umsturzverbrecher sahen, die das Eigenthum theilen und den hohen Staatsbehörden auf dem Wege der anonymen Briefschreibung in con­tumacium an's Leben gehen. Die Richter, welche diesen Geschworenen als Leithammel voranschritten, waren von der bekannten Sorte. Man­goldt, der wüste Agitator der konservativen Vereine, befand sich unter ihnen. Die Angeklagten waren keineswegs Sozialdemokraten. Nur harmlose junge Burschen waren es, die man heute als Aufrührer" vor die Assisen schleppte, nachdem man sie im Gefängniß bereits mürbe ge­macht hatte. Die unglücklichen jungen Leute, sechs an der Zahl, welche von den Schergen der Gewalt aus dem Kerker geholt und auf die An­flagebank gesetzt wurden, hatten keine Ahnung von der Komödie, die sich hier abspielen sollte. Sie waren niedergedonnert von der Wucht der entsetzlichen Thatsache, daß sie eines Straßenauflaufs halber unter den Aufruhrsparagraphen gestellt waren und konnten das Unbegreifliche nicht faffen, um so weniger, als auf dem Dresdener Altmarkte ja schon oft von offizieller Seite weit schlimmere Aufläufe provozirt wurden, z. B. beim Sedanfest und vor einiger Zeit bei der silbernen Hochzeit des Königs, ohne daß deshalb der Stadtrath als Anstifter vor's Schwur­gericht kam. Bleich und zitternd saßen die armen Opfer da und wandten hilfesuchend ihre Blicke nach dem Publikum der Tribüne hinüber. Aber wer der Dresdener Justiz in die Hände fällt, dem ist nicht zu helfen. Es marschirten die ständigen Beweismittel" des Dresdener Gericht­verfahrens, die Gendarmen, auf, und jeder schwur, so wahr ihm Gott helfe", daß der oder jener Angeklagte einen aufrührerischen Ruf aus­gestoßen, oder gar aufrührerisch im Straßentumult gedrängelt" habe. Der Polizeioffizier Holderberg will von dem Angeklagten Lehmann umher­gedrängt und gar an der Kehle gedrückt worden sein, ein Anderer schwur, man habe ihm die Kiepe"( Helm) über dem Kopfe zusammenschlagen wollen u. s. w. Der Staatsanwalt wies in überzeugender Rede nach, welche schrecklichen Folgen es für Staat und Gesellschaft habe, wenn man auf offenem Markte die Kiepen der Gendarmen bedrohe und wie es qualifizirter Aufruhr sei, im Menschengedränge einen Polizei- Offizier zu schubsen. Die Angeklagten wurden über den Zusammenhang sehr wenig befragt, und ihre Aussage, daß sie zufällig in's Gewühl gekommen und weder Kiepen eingeschlagen, noch polizeiliche Rippen in Gefahr ge­bracht, fand keine Beachtung. Standen doch die behelmten Beweismittel" da, für deren Rechtfertigung die Schuld der Angeklagten nöthig war und die daher Intereffe daran hatten, sie durch ihre Zeugen- Aussagen hinein­

stehen einer Anzahl Menschen keinen Aufruhr sehen konnten, wurde über­hört, während der Umstand, daß der Auflauf nur auf stadträthliche Ver­anlassung stattfand, weil diesmal nicht wie sonst das Wahlresultat vom Rathhause herab verkündigt wurde, gar keine Erwähnung fand. Die Angeklagten wurden verknurrt, und zwar in unverschämtester Weise. Derjenige, welcher den Polizeioffizier gedrängt haben sollte, bekam ein Jahr neun Monate Zuchthaus und fünf Jahre Ehren­rechtsverlust. Sodann folgten Zwei mit je einem Jahr Gefängniß und nur Einer kam mit vier Wochen Haft davon. Unter den zu Zucht­haus Verurtheilten befindet sich ein junger Mensch von 18 Jahren. Die Geschworenen hatten auch für diesen die Frage der mildernden man hatte ihnen ja vor­Umstände verneint. Und das ist begreiflich- gelogen, daß die Angeklagten Sozialdemokraten seien!

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Von anderer Seite wird uns über diese infame Gerichtskomödie geschrieben: Die bürgerlichen Errungenschaften, einst Bollwerke der Freiheit, nehmen naturgemäß mit dem Bürgerthum selbst einen reaktionären Charakter an. Am deutlichsten zeigt sich dies bei dem Schwurgericht, diesem Schooßkind des Liberalismus. Im Schwurgericht erblickte das Bürgerthum die sicherste Garantie seiner Herrschaft in Staat und Gesellschaft. Und mit Recht. Der Geschworne, das heißt der Bürger als Richter war unfähig, das Bürgerthum an­zugreifen, den Bestrebungen des Bürgerthums durch Verurtheilungen entgegenzutreten. Man lese die Geschichte der politischen Prozesse nach 1848. Wo Schwurgerichte eristirten, prallte die Verfolgungswuth der reaktionären Regierungen an den Schwurgerichten ab. Die Freisprechung der Steuerverweigerer, eines Jakoby und anderer Hochverräther liefert Zeugniß dafür. Aber die veränderte politische Stellung des Bürgerthums hat auch die politische Bedeutung der Schwurgerichte verändert. Aus Bollwerken der bürgerlichen Freiheit sind sie Werkzeuge der Klaffen­Unterdrückung geworden. Die Bourgeoisie sitzt nicht mehr vor den Schwurgerichten auf der Anklagebank fie sitzt darin nur noch als Richterin und sie ist zugleich Anklägerin, denn der Staatsanwalt ist ihr Anwalt; auf der Anklagebant aber sitzen in politischen Prozessen die Gegner der Bourgeoisie, ihre Todfeinde, und diese verurtheilt sie un­bekümmert um Recht und Gesetz, einfach aus Klasseninstinkt, aus Klaffen­haß. Wir erinnern an den Leipziger Hochverrathsprozeß von 1872, wo bürgerliche Geschworene die Angeklagten schuldig sprachen, obgleich die Unhaltbarkeit der Anklage klar war wie die Sonne, und obgleich fast die gesammte juristische Welt eine Verurtheilung auf Grund des Strafgesetzbuches für unmöglich erklärte. Von Dutzenden späterer Prozesse sei hier nicht mehr die Rede. Nur des neuesten sei hier erwähnt, der aber auch der skandalöseste ist. Wir meinen den Prozeß gegen die Dresdener Aufrührer". Man vergegenwärtige sich den Fall: In Dresden ist es seit Beginn der Reichstagswahlen Gebrauch, daß am Tage der Wahl Abends das Ergebniß vom Rathhaus verkündet wird. Am 27. Oktober d. J. glaubt das Volk allgemein, es werde dem alten Gebrauch nach gehandelt, und Abends strömen die Massen dem Rathhaus zu. Die Polizei, im Bund mit dem reaktionären Stadtrath und Bürger­meister( letzterer der Kandidat der vereinigten Reaktionäre: Stübel) hatte es anders beschlossen. Die arg- und ahnungslose Menge wurde von Polizeihorden überfallen, brutal auseinander getrieben, viele geprügelt und sonst mißhandelt. Die nothwendige Folge waren Menschen- An­stauungen, und an einzelnen Punkten wildes Gedränge. Unfähig sich vorwärts zu bewegen, von hinten durch die Polizei gestoßen, remonstrirte Dieser und Jener, und in einigen Fällen nahmen die Demonstrationen einen etwas lebhaften Charakter an. Das ist Alles. Zu Akten der Widersetzlichkeit kam es nicht von einem Aufruhr zu reden wäre einfach lächerlich, wenn es nicht eine Infamie wäre, die den höchsten gesetzlichen Stempel erlangt hat. Die Polizei, die den erwünschten und erstrebten Aufruhr nicht fertig brachte, erfand einen Aufruhr, und die Staatsanwaltschaft gab sich zu diesem Polizei- Bubenstück her. Eine Hand­voll junger Leute, die an nichts anderes gedacht hatten, als das Wahl­resultat zu erfahren, und deren ganzes Verbrechen darin bestand, daß sie sich die Brutalitäten der Polizei nicht schafsfromm gefallen ließen, wurden als Aufrührer verhaftet, angeklagt, vor das Schwurgericht verwiesen und drei derselben von den bürgerlichen Geschworenen zu Zuchthaus ( ein Jahr fünf Monate bis ein Jahr neun Monate) und fünfjährigem Ehrenverlust verurtheilt von sonstigen Bestrafungen( bis in die Nähe von einem Jahr Gefängniß) hier nicht zu reden. Für dieses Urtheil gibt es keine andere Bezeichnung, als niederträchtig, infam!

-Die Norddeutsche Allergemein st e" ist ganz außer sich vor Wonne über das schändliche Urtheil der Dresdener Geschworenen. Die Arbeiterfreundlichkeit von Bismarck's Leiborgan zeigt sich da in ihrer wahren Gestalt.

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Auch bei den Verhandlungen über die Pommer'schen Judenerzesse haben sich die bürgerlichen Geschworenen in ihrer wahren Gestalt gezeigt. Die der Bourgeoisie angehörigen Hezer und Anführer, der Rentier Berwing und der Bauunternehmer Luttosch wurden frei- gesprochen, die verhetzten Arbeiter aber bis zu 12 Jahren Gefängniß verurtheilt.

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Weitere sozialistische Stimmen über den Wahl­sieg der deutschen Sozialdemokratie. Wie unsere Leser bereits aus dem Eingangs veröffentlichten Nachrufe an Jenny Marr ersehen haben, hat die wackere Haltung der deutschen Arbeiter in der schwierigen Wahlkampagne die in London lebenden geistigen Vorkämpfer unserer Partei im höchsten Grade erfreut. Die Verfasser des Kommu nistischen Manifestes, denen Niemand einen unbegründeten Optimis­mus nachsagen wird, schätzen die Bedeutung der so kräftigen Lebens­äußerung des deutschen Proletariats nach dreijährigem unausgesetztem politischen Druck überaus hoch. Und in der That, wen, der die Geschichte der Arbeiterbewegung kennt, sollte dieser Beweis charakterfester Ausdauer nicht begeistern?

Aus London geht uns ferner folgende Resolution, gefaßt am 27. Nov., zur Veröffentlichung zu:

" Die Siegesnachrichten über die von der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei bestandene Wahlkampagne veranlassen den Kommunistischen Arbeiter- Bildungsverein, 39 Tottenham Street, seine volle Würdigung und Anerkennung der unter so schwierigen Umständen an den Tag ge­legten tapferen Haltung hiermit öffentlich auszusprechen."

Die in Mailand erscheinende" Plebe"( das Volk) schreibt, nachdem sie den Aufschwung der französischen Arbeiterbewegung, den glänzenden Ausfall der deutschen Wahlen und die unermüdliche Thätigkeit der russischen Revolutionäre konstatirt hat:" In diesen drei Ländern, darüber kann jetzt kein Zweifel mehr obwalten, werden die mächtigen Strömungen der neuen Ideen, welche bestimmt sind, früher oder später der alten Welt ein neues Gesicht zu geben und sie durch Einrichtungen, welche der neuen Zeit und den neuen Verhältnissen der Menschheit mehr angepaßt sind, zu verjüngen, am ehesten zur Reife gelangen....."

Der anarchistische Revolté sogar hat sich veranlaßt gesehen, die Wahlerfolge der deutschen Sozialdemokratie ausdrücklich zu konstatiren; daß sie ihm Veranlassung geben, den Vorkämpfern derselben allerhand Artigkeiten zu sagen, darf uns dabei nicht Wunder nehmen. Des Lebens ungemischte Freude ward keinem Sterblichen zu Theil."

Hocherfreulich sind die Nachrichten, welche aus Amerika zu uns ge­langen. Newyorker Volkszeitung" und Borbote" sind einig in bewun dernder Anerkennung des Wahlresultates. In beiden Blättern finden wir bereits Quittungen über neue Sammlungen zu Gunsten des Wahl­fonds der deutschen Sozialdemokrotie. Ueber das Resultat der Stich­wahl im vierten und sechsten Berliner Reichstagswahlkreise schreibt Paul Grottkau im Borboten": Ein solches Resultat ohne Presse, ohne

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Versammlungen, ohne Geld, unter dem Belagerungszustand ist groß­artig. Hut ab!" Mit welcher Begeisterung die Arbeiter des Auslandes die Wahlnach­richten der deutschen Sozialdemokratie aufgenommen haben, davon geben die Widmungen, unter welchen die Streitpfennige" in unsern flämischen Bruderorganen einlaufen, einen drastischen Beweis: Ik hoop dat Bebel ok in den Rigksdag komt." Eere aan onze Duitsche vrienden" ( Ehre unsern deutschen Freunden!) u. s. w.

Und, um die Stimmen der sozialistischen Presse, soweit dieselbe uns zu Gesichte kommt, vollständig wiederzugeben, soll auch die Londoner Freiheit" schließlich zu Worte kommen. Das Organ der revolutionären Anarchisten" schreibt:

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Je höher das Barometer der Wahlkasse stieg, desto zuversichtlicher wurden die Herren Regisseure in Leipzig und Zürich . Nach der Kassen­Einnahme schlossen sie auf ein volles Haus am Tage der Wahl und mit geblähten Backen stellten sie schon lange vor dem entscheidenden Tage einen imposanten Erfolg in sichere Aussicht. Und nun dieser klägliche Mißerfolg, diese augenscheinliche Niederlage am Tage der Wahl!" ..., Noch ein solcher Sieg, Ihr Herren, und Ihr seid verloren!" Kommentar überflüssig.

- Auch nicht übel. Ju Eßlingen( Württemberg ) siegte bei der Gemeinderathswahl die sozialistische Liste mit überwiegender Majo­rität. Parteigenosse W. Morlock erhielt die höchste Stimmenzahl ( 1123), nach ihm erhielten Kielmeyer 914, Gauger 904, A. Mangold 883 Stimmen. Auch in Fürth ( Bayern ) haben die ver­einigten Demokraten und Sozialisten sowohl bei der Gemeinderathswahl als auch bei der Wahl der Ersatzmänner die Liberalen glänzend ge­schlagen.

Warum die französischen Sozialisten den Ver­staatlichungsplänen Gambettas fühl gegenüber stehen, darüber gibt eine vor Kurzem in der ,, Augsburger Allgemeinen " zum Abdruck gelangte Korrespondenz Aufschluß. Es heißt da:

,, Da Aktien und Obligationen der Eisenbahnen jetzt einen so hohen Kursstand erreicht haben, daß sich das darin angelegte Geld durch­schnittlich kaum über 30% verzinst, wird der Staat dieselben jedenfalls nicht billig kaufen. Wie überall bei derartigen Geschäften, wird die Finanz großen Gewinn dabei einheimsen. Da es sich allein bei den Eisenbahnen um ein Objekt von etwa zwölf Milliarden handelt, darf die Finanz wohl auf eine Milliarde, eher mehr, Gewinn rechnen. Bei den Fusionen zur Bildung der jetzigen sechs großen Bahngesellschaften unter dem Kaiserreich haben die Geldmänner 12-2 Milliarden verdient, obwohl es sich damals nur um ein Geschäft von zusammen 6--7 Milliarden handelte!

Bei der hauptsächlich unter Mitwirkung Allain- Targé's ( des jetzigen Finanzministers) bewirkten Verstaatlichung einiger verkauften kleinen Bahnen haben die eingeweihten Spekulanten un­gefähr zwei Drittel der erhaltenen 426 Millionen als Rein­gewinn eingesteckt."....

... Der Leiter des Economiste Français", Leroy- Beaulieu, ein gewiegter Finanzmann und Republikaner, schätzt auf eine Mil­liarde den Vortheil, den die Regierung den Eisenbahngesellschaften in den Schooß geworfen, als sie sie von der Verpflichtung ent­hob, ihre Netze auszubauen. Mit den 5-6 Milliarden Anleihen werden ja hauptsächlich die Bahnen gebaut, welche den Gesellschaften zu wenig einträglich gewesen. Und dabei soll der Börsenschwindel nicht ge­deihen?"

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So weit die gut bürgerliche Augsburger Allgemeine ". Welch groß­artiger Staatssozialismus"! Erst steigert man die Erträgnisse der " großen" Eisenbahnen, indem der Staat ihnen den Ausbau der wenig rentablen Nebenbahnen abnimmt, und dann erst kauft man zu anständigen Preisen" die auf solche Weise in die Höhe geschraubten Aktien der Großen" zurück, während nach den französischen Gesetzen die Eisenbahnen nach einem bestimmten Zeitraum unentgeltlich dem Staate anheimfallen. Die Verstaatlichung, wie sie Gambetta betreibt, ist nichts als ein Geldgeschenk an die große Bourgeoisie.

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Es gibt nun unter uns Leute, welche diese Uebelstände zugestehen und doch der Verstaatlichung den Vorzug geben, weil sie meinen, daß auf diese Art der Sozialismus schneller zum Durchbruch gelange. Wir theilen diese Ansicht nicht. Die sechs großen Eisenbahngesellschaften Frankreichs ( Nord-, Süd, West, Ost, Paris - Lyon - Mittel­ meer - und Paris- Orleans Gesellschaft) sind heute schon gehörig zentralisirt und können durch ein scharfes Eisenbahngesetz noch weiter zentralisirt werden, so daß das französische Volt, wenn es erst so weit ist, der Bourgeoiswirthschaft ein Bis hieher und nicht weiter" zuzurufen, die Verwaltung derselben in die Hand nehmen kann, ohne erst der kost spieligen Vermittelung der Finanzmänner zu bedürfen.

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Aus dem Lande der Infamien, denn anders kann man dieses verhabsburgerte Oesterreich nicht nennen, ist wieder eine Extraschufterei zu vermelden. In den Kohlengruben der Nordbahn die mit über 1200 an der Zahl- haben die Bergarbeiter ausgesuchtem Raffinement betriebene Ausbeutung nicht mehr zu ertragen vermocht. Sie stellten daher die Arbeit ein und verlangten neben Be­seitigung der seitens der Beamten geübten Extraausbeutung von der Direktion dieses Unternehmens, dessen Aktien 240 Prozent 1 fl. 10 fr. stehen, eine Lohnerhöhung auf-o die Nimmersatten! d. h. noch nicht zwei Mark täglich. Die erste Antwort war Requirirung von Militär, dem die Arbeiter indeß vernünftigerweise keinen Grund zum Einschreiten lieferten. Eine von den Arbeitern an die Ge­neralinspektion der Nordbahn nach Wien entsandte Deputation wurde sofort verhaftet, noch ehe sie in der Lage war, ihre Beschwerden vorzubringen. Mit der Kanaille unterhandeln, das fehlte uns gerade noch, riefen die Kapitalbestien höhnisch aus. Dann wurden Arbeiter aus anderen Gruben herangezogen, nein, heran getrie ben, um eventuell an Stelle der Streifenden einzufahren, und nachdem so den Arbeitern vordemonstrirt war, daß sie absolut recht- und machtlos find, ihnen gnädigst verstattet, sich zu den alten Ausbeuterbedingungen weiterschinden zu lassen. Die Verzweiflung im Herzen, durch Noth und Elend entmuthigt, gaben die Aermsten nach, die Ordnung" herrscht in Mährisch Ostrau und die Aktien der Nordbahn können lustig weiter steigen.

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Eine elende Komödie als Nachspiel dieses nur zu alltäglichen und so ganz und gar nicht romantischen Drama's wird sich im Wiener Reichs­rathe noch abspielen. Da der Verwaltungsrath der Nordbahn aus li­beralen Größen besteht, so wollen die Klerikalen, um die Inter­pellation wegen der Länderbank vollends voll zu machen, die Regierung wegen dieses Streiks interpelliren". Da wird denn sehr viel in Ar­beiterfreundlichkeit hüben und drüben geheuchelt worden, und das Ein­zige, was für die Arbeiter herausfallen dürfte, wird das Sündenregister sein, welches Liberale und Klerikale sich gegenseitig vorhalten werden.

Indeß, was nüßt das? Daß sie von den herrschenden Klassen ge­schunden werden, wissen die Arbeiter längst. Und ehe sie sich nicht ent­schließen, mit der ganzen ihnen zu Gebote stehenden Energie eine mäch­tige Organisation, einen Bund der Armen und Enterbten zu schaffen, und mit revolutionärer Kraft ihrer Klasse Gehör zu erzwingen, so lange wird die freche Gesellschaft von Landjunkern, Börsenbaronen und Pfaffen ihr schamloses Treiben ungenirt fortsetzen, das parlamentarische Geplänkel macht ihnen wenig Kummer. Raffe dich auf, österreichisches Proletariat, dessen Stimme man unterdrückt, dessen Rechte man verge­waltigt! Sobald Du nur ernsthaft deine Befreiung willst, so wirst du auch die Mittel und Wege zu derselben finden. Aber wollen mußt du, das ist die Hauptsache!