gleichfalls in den trauten, allen Chemnitzer   Genossen längst bekannten Hallen einquartirt. Nun hieß es der Rädelsführer vor! Und August Walther wurde zur Audienz bei Sr. Bornirtheit, Herrn Siebdrat, be­fohlen. Wenn nämlich in Chemnitz   etwas passirt, ist allemal August Walther Schuld. Bei der Landtagswahl wurde er mit in die Leine ge­bunden, bei der Reichstagswahl, als Geiser gewählt war, wurde neben Geiser sofort auch Walther eingewickelt, denn er und der Kandidat, die beiden trugen ja doch Schuld an dem ganzen Unglück. So auch hier. Siebdrat ließ Walther vorführen und sagte ihm, daß er die durch seine Beamten geraubten Briefe der Staatsanwaltschaft übergeben werde. Von dem weiteren Verhör erfuhr man so viel, daß Walther dem Polizeidirektor mittheilte, die Briefe gingen ihn gar nichts an, und es gäbe doch so­zusagen ein sogenanntes Briefgeheimniß. Darauf war Siebdrat ärgerlich geworden, hatte klein zugegeben, endlich aber doch wenigstens einen Theil der Brief- Einlagen, eine Aufforderung zur Wahl, konfiszirt, um die recht­zeitige Absendung zu verhindern. Vorwand dazu gab ihm die fehlende, bei geschlossenen Privatbriefen durchaus unnöthige Druckfirma. Die Druckfirma als Strick zum Erwürgen von Wahlaufrufen ist überhaupt jetzt sehr modern geworden. Wenn die Polizei an einem Aufruf ab­solut nichts auszusetzen weiß, behauptet sie: die Druckfirma ist falsch, konfiszirt die Blätter und sperrt den Drucker ein. Nachdem Siebdrat feinen Appetit durch die besagte Konfiskation geftillt hatte, gab er das verhaftete Komite frei, behielt aber die Briefe, ließ sie während der Nacht von seinen Polizisten öffnen, und die Zirkulaire an die Wähler heraus­nehmen. Für die öffentliche Sittlichkeit in Chemnitz   war diese Polizei­thätigkeit sehr vortheilhaft, denn es war Sonntag Abend und auf den Tanzsälen machte man sich das Ausbleiben der polizeilichen Aufsicht weidlich zu Nutze, und segnete Siebdrat. Letzterer hatte seinen Zweck erreicht; als die aufgerissenen Couverts und Stimmzettel am andern Morgen dem Wahltage zurückgegeben wurden, konnten sie nicht mehr neu couvertirt und ausgegeben werden, die Wahlbeeinflussung war geglückt und hunderte von Stimmen gingen uns verloren. Aber damit war Siebdrats Müthchen noch nicht gekühlt. Er bedurfte einer Rache­that gegen Walther, der ihn so geärgert hatte. Außer Brot konnte er ihn nicht bringen, wie unsern Genossen Zeisig, der vom Werkstätten­bahnhofe hinausgemaßregelt wurde, denn Walther ist selbstständig. Aber er hat eine Wohnung, diese konnte ihm die Polizei wenigstens ver­kümmern. Walthers Hauswirthin ist gleichzeitig Gastwirthin, und die Gastwirthe sind Kraft unserer miserablen Lokalgesetze und-Verordnungen die Sklaven der Polizei. Siebdrat legte daher der Wirthin Polizei­stunde auf, und sie muß ihr Lokal um 10 Uhr Abends schließen, d. h. sie wird geschäftlich ruinirt, mit der ausdrücklichen Motivirung, daß dies geschehe, weil ein Sozialdemokrat in ihrem Hause wohnt! Die Kreishauptmannschaft Zwickau  , welche Herrn Siebdrat für alle nichtswürdigen Streiche im Voraus Absolution ertheilt hat, sanktionirte auch diese alberne Maßregelung. Und das Resultat derselben? Walther sucht sich einfach eine andere Wohnung in Chemnitz  .

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- Die der Polizei besonders mißliebigen Dresdener   Sozial­demokraten wurden bekanntlich vor der Wahl unter den ver­schiedensten Vorwänden, aber alle zur selben Zeit sammt und sonders eingesperrt ein Kabinetstück von Polizeijustiz, welches nur in Eugen Sue's Roman Der ewige Jude" ein Pendant findet, in dem der geistvolle Verfasser dieselbe Art der Beseitigung von Menschen aus der bürgerlichen Gesellschaft heraus einer ausgefeimten Jesuitenklique zuschreibt. Jetzt ist die Wahl vorüber und nun kommen auch die Gefangenen, die von der Wahl gewaltsam ferngehalten worden waren, wieder zum Vorschein. So kehrte vorige Woche unser wackerer Genosse H. Schlüter nach zehnmonatlicher Haft wieder zurück. Schlüter war eingesperrt worden, weil er der Expedition der ,, Abendzeitung", welche als Zentralpunkt der hiesigen sozialistischen   Bewegung angesehen wurde, vorstand. Nach ihm wurde ohne Ausnahme jeder verhaftet, der die Expeditionsthätigkeit Schlüters fortsetzte; die Zeitung wurde unterdrückt, die Eigenthümer der Druckerei wurden verhaftet, dann auch ihre Stell­vertreter, aber jeder stets mit einem andern Vorwande, damit das An­sehen der Justiz" gewahrt werde. Eben so heftig richtete sich die Ver­folgung gegen unsern Genossen Mar Kayser, und auch er wurde vor der Wahl noch rechtzeitig verhaftet. Nächsten Sonntag kommt er wieder in Freiheit, aber wie das Druckerei- und Zeitungsgeschäft durch die Verhaftungen u. s. w. ruinirt wurde, so ist nun auch Kaysers Existenz vernichtet. Er hat seine Zigarrenhandlung aufgeben müssen, und da er obendrein aus Dresden   ausgewiesen ist, steht er nun wieder existenz- und heimathlos da, nachdem er hier zwei Jahre redlich daran gearbeitet hatte, sich eine bürgerliche Existenz zu gründen. Und di eses Schicksal trifft ihn, weil er seiner Gesinnung treu geblieben, weil er auf gesetzlichem Boden weiter arbeiten wollte für unsere Sache, durch Förderung der Wahlen. Die Polizei erhob eine Anklage, ein gefälliger Richter vindizirte ihm, er habe von Würzburg   ein Paket mit sozialistischen Schriften nach Dresden   gesandt, und so unhaltbar, so ersichtlich erfunden die Anklage war, sie genügte, um Kayser seine Freiheit, seine Existenz und seine Heimath zu nehmen. Das sind die Zustände in Deutschland  ! Bildung macht frei, behauptet ein bekanntes Sprichwort Aber was ist Bildung? Darüber hat der österreichische Finanzminister, Graf Dunajewski, in der Debatte über die Länderbank- Interpel­lation, ganz unzweifelhafte Auskunft ertheilt, indem er den denkwürdigen Ausspruch that: Wer sich ein Loos zu 100 Fr., das noch drei Prozent trägt, fauft, gehört zur gebildeten Klasse, welche weiß, was sie kauft."

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So, nun wissen wir's doch. Wer also gebildet und durch Bildung frei werden will, der braucht nur auf die Reklamen der Länderbank hineinzufallen und Serbenloose zu kaufen, dann ist er's. Man sieht, der edle Pole Dunajewski, nebenbei der Stolz der Konservativen Desterreichs, geht noch über den Delbrück   mit seinem: man kann die er erklärt es für Dummen nicht hindern, ihr Geld los zu werden, ein Privilegium der Gebildeten", über's Ohr gehauen zu werden. Auch nicht schlecht.

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Uebrigens, Spaß bei Seite, wie gleichen sie sich doch im Grunde auf ein Haar, die konservative und die liberale Finanzgröße!

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Aus der freien" Schweiz  . Wenn die Liberalen in Deutsch­ land   und anderwärts die Summe ihrer politischen Weisheit auskramen wollen, dann weisen sie mit Emphase auf die Schweiz   hin und rufen triumphirend aus: Dort, wo die Freiheit herrscht, verschwinden die Sozialdemokraten! Auf gut deutsch   heißt das: Wo die Arbeiter sich in den Glauben wiegen lassen, sie seien freie Männer, da lassen sie sich wirthschaftlich um so williger knechten. Es ist zweifelsohne ein Körnlein Wahrheit in diesem Satze enthalten, wenngleich die Thatsache, daß unter den Schweizern die Sozialdemokratie sich so langsam entwickelt, damit noch lange nicht hinreichend erklärt ist. Noch eine ganze Reihe anderer Faktoren, auf die wir vielleicht ein andermal noch zu sprechen kommen, lähmen die Energie der Schweizerischen   Arbeiter und machen sie zu weit willfähigeren Kapitalsklaven als es z. B. ihre nordischen Brüder sind. Die Schweizerische Fabrikgesetzgebung ist die vorgeschrittenste der Neu­zeit, sie schreibt unter andern den elfstündigen Normalarbeitstag für den - aber sie hat ihr Hinterpförtchen. Bei be­erwachsenen Arbeiter vor, sonders dringenden Arbeiten können die Kantonsregierungen auf Empfeh­lung der Orts- und Kreisvorstände ausnahmsweise Verlängerung der Arbeitsstunden bewilligen. Die Liberalität, mit welcher die Behörden solchen Gesuchen entgegenkommen, grenzt an's Unglaubliche und bildet ein ständiges Kapitel der radikalen Arbeiterpresse. Ein ganz besonders drastisches Bild lieferte vor Kurzem der Grütlianer". Es ist so charak­teristisch, daß es die weiteste Verbreitung verdient.

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Ein mechanisches Etablissement in Winterthur  ", heißt es da, erfreut sich nach den Jahren der Stockung, während welcher die Arbeiter bei

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7-8stündiger Arbeitszeit zu Küchenmeister Schmalhans in die Kost mußten flotten Geschäftsganges. Man kann nicht genug liefern. Um es doch zu können, und zwar mit der gleichen Arbeiterzahl, ist die gesetzliche Ueberzeitbewilligung nöthig. Das Gesuch wird aufgesetzt. Die Fabrikanten vergessen nicht, darin besonders zu betonen, daß die Arbeiter, die lange nichts verdient, diese Gelegenheit gerne benutzen, um sich wieder, emporzuschwingen". Der Gemeinderath hat Mit­gefühl für die- armen und reichen Teufel, er empfiehlt das Gesuch. Den Statthalter rührt das kordiale Verhältniß zwischen Arbeiter und Besitzer er empfiehlt auch. Und die Regierung sagt ja, erst für drei, vier Monate, auf wiederholtes Verlangen nochmals um drei, dann wahrscheinlich aus Besorgniß, der Arbeiter könnte durch so vieles Arbeiten am Ende reicher werden als der Herr noch für zwei und auf anständiges Telegraphiren nur noch für einen Monat. Als Zuſtupf" bewilligen sich schließlich Herr und Arbeiter selbst noch einen Monat. So hat man glücklich vom Januar bis Dezember ohne gegenseitigen Groll am ,, vereinten" Wohl über die gesetzlich normirte Zeit gearbeitet. Der Arbeiter fühlt's auch richtig in den Knochen und der Fabrikant im Beutel...!"

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Während in anderen Ländern die Arbeiter in richtiger Erkenntniß ihrer Klasseninteressen vor Allem für Abkürzung der Arbeitszeit ein­treten, sehen wir hier ein trauriges Bild engherziger Unterwürfigkeit die Arbeiter ihrer und ihrer Genossen offenbarsten Interessen direkt in's Gesicht schlagen.

Unter solchen Umständen ist es kein Wunder, wenn die Herren Arbeit­geber in der Schweiz   ihren" Arbeitern immer unverschämter entgegen­treten, sich ihnen gegenüber Dinge erlauben, die selbst bei den Gedul­digsten dem Faß den Boden ausschlagen müssen. Die Kapitalhyänen kennen, wo man sie ungestört schalten und walten läßt, keine Mäßigung, sie sind unersättlich und dabei feige und grausam bis zum Erzeß. Unter­stützt durch die langandauernde Krisis haben sie ununterbrochen die Löhne herabgedrückt, soweit als es überhaupt nur möglich war. Aber in ihrem Eifer für die gute Sache des Leuteschindens haben sie schließlich über das auch ihnen gesteckte Ziel hinausgeschossen, auch die Geduld des Nachgiebigsten hat ihre Grenzen, und trügen nicht alle Anzeichen, so regt sich unter den schweizerischen Proletariern wieder das Gefühl des Wider­standsgeistes, welcher ihre Vorfahren auszeichnete. Die in voriger Nummer erwähnten Vorgänge in der Neumühle" sind ein bedeutsames Anzeichen.

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Arbeiter risiko. Am 8. Dezember wurden durch schlagende Wetter in der Kohlengrube Marie in Seraing   bei Lüttich  66 Grubenarbeiter getödtet. Wenn man doch ein Gesetz erließe, wonach immer einer der Herren Verwaltungsräthe in der Grube auwesend sein müßte, diese Unglücksfälle" würden bald abnehmen. Damit hat's aber noch lange Wege, und das Menschenfleisch ist ja so billig. Genosse Bertrand theilt in der Egalité" mit, daß der Lohn für einen Grubenarbeiter drei Franken pro Tag beträgt.

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Frankreich  . Den Radikalen, welche ob der Freisprechung Rochefort's in dem von Herrn Roustan, dem französischen   Ge­neralkonsul in Tunis  , gegen ihn angestrengten Verleumdungsprozeß jubeln, denn diese Freisprechung ist ein arger Schlag für die Herren Opportu tunisten verabfolgt Paul Lafargue   in der, Egalité" folgende kleine Douche:

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Apropos Tunis  , weshalb neuerdings der Lärm in gewissen mon­archistischen und radikalen Bourgeoisblättern? Weil die Affaire linkisch geführt wurde, weil sie ein Reinfall ist! Anfangs, als Alles wie am Schnürchen ging, bejubelte die Marseiller   Bourgeoisie den Held des Bardo, die gesammte Presse schäumte über vor Entzücken; kaum wagten es einige Wenige schüchtern von möglichen Berwicklungen mit Italien  zu sprechen. Nur die Arbeiterpartei hielt, von der Gruppe Egalité" veranlaßt, am 20. Juli ein Meeting ab, um gegen den schamlosen Jubel der Bourgeoisie zu protestiren und die Tunesische Expedition zu geißeln. Heute sind die goldenen Luftgebilde verblichen, man sucht daher eifrigst nach einem Sündenbock, Roustan, Ferry, Gambetta  . Die Arbeiterpartei nimmt keinen Wechsel an, wenn sie, wie die Radikalen, die Bestrafung der Hauptschuldigen verlangt, sie weiß, daß die Verantwortung für das in Afrika   vergoffene Blut und für die verübten Infamien auf das Haupt der gesammten Bourgeoisie als Klasse fällt."

,, Aber die Tunesische Affäre, welche die von der sozialistischen   Allianz. ( einer unsern Volksparteilern ziemlich gleichwerthigen Gruppe. Anm. d. Red.) patronisirten sozialistischen   Radikalen entrüstet, ist nicht einzig in ihrer Art, ist kein Phönix. Sie war nicht das erste finanzielle Abenteuer der Bourgeois­republik und wird nicht ihr letztes sein. Wie war es denn mit der Egyp tischen Affäre, mit der Absetzung des Khedive? Waren es nicht die Regie­rungen von Frankreich   und England, welche die Bezahlung der dem Khedive von dem Credit Foncier  , den Rothschilds und den anderen Königen des ,, Wundertempels" abgepreßten Wucherzinsen forderten? Diese ehrlichen Leute hatten zu 30-60% dargeliehen. In Egypten fand man keine Nomadenstämme wie in Tunis  , welche noch nicht von der europäischen  Zivilisation durchseucht sind und ihre Freiheit mit einem Muthe ver­theidigten, den die Bourgeois von der nationalen Vertheidigung" nicht faffen können. Die Geschichte war mit einem Handstreich abgemacht, der Khedive wurde entthront, und zwei große europäische   Regierungen, das republikanische Frankreich   und das konstitutionelle England setzten Steuer­einnehmer ein, um die armen egyptischen Fellahs im Interesse der hohen internationalen Finanzsippe auszupressen. Wo ist der monarchische, radi­kale oder opportunistische Bourgeois, der gegen diese Expedition, die den diplomatischen Einfluß von Frankreich   und England Wucherern zur Ver­fügung stellte, protestirt hätte? zu jener Zeit bekamen die Radikalen erst Milchzähne.

,, Noch ist nicht abzusehen, wie die Tunesische Geschichte ausgehen wird, und schon fordern Bourgeois neue Expeditionen in die Ferne. Die Händler von Yokohoma haben den Verkauf der für das Ausland be­stimmten japanesischen Seide monopolifirt, was ihnen zusteht. Am 21. Oktober forderte nun die Handelskammer von Lyon   rückhaltslos von der Regierung, sie solle auf diplomatischem Wege interveniren, sich in die inneren Angelegenheiten Japans   einmischen und das Monopol der Händler von Yokohoma brechen. Wie es keinen philanthropischen und republikanischen Fabrikanten gibt, der nicht bereit wäre, um des Ver­dienstes von einigen Centimes willen Kindern und Frauen 10-12 Stun den Zwangsarbeit aufzuerlegen, so gibt es keine Handelskammer, feine Finanzgesellschaft, die nicht bereit wäre, um ihrer 4 Sous Interessen oder des Kurses ihrer Aktien willen, Frankreich   in einen Finanz- oder Handelskrieg zu stürzen. Die Lyoner Kaufleute, welche so laut gegen das Monopol der japanesischen Händler, das den Gewohnheiten der zivilisirten Völker so sehr widerspricht", schrieen, haben selbst den Handel mit aus­ländischer Seide monopolisirt und benutzen ihr Monopol, um die Seiden­industrie Frankreichs   zu ruiniren und ihren spinnenden und webenden Mitbürgern unerhörte Preise abzuzwacken. Vor der Verschmelzung der neuen Provinzialbanken in die Bank von Frankreich stellte die Lyoner Bank gerade in der Zeit der Seidenkäufe ihre Abrechnungen mit den kleinen Geschäftsleuten ein, um alle ihre Fonds den großen Seidenhänd­lern zur Verfügung zu stellen, die so die Mittel erhielten, die Seiden­ankäufe von Frankreich   und Italien   zu monopolifiren. Die Unverschämt­heit der Lyoner Bourgeoisie geht noch über die von Lakaien.

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Der in Rede stehende Brief der Lyoner Handelskammer an den Handels­minister wurde ohne Zusatz in der Justice" vom 25. Oktober abge­druckt, wie eine Sache, die sich von selbst versteht..... Man glaube nur nicht, daß ehrenhafte Männer, wenn sie an der Spitze der Regierung stehen, die Bourgeois verhindern könnten, sich auf das Budget zu stürzen wie Drohnen auf eine Honigschüssel. Guizot war ein ehrlicher Mann, und er ermuthigte die Korruption ebenso wie der schamlose Dieb Thiers. Der

Diebstahl ist die herrschende Leidenschaft der Bourgeoisie, und dieselbe Um sich am will ihrer Leidenschaft unbedingt fröhnen können.. Ruder erhalten zu können, wird ein fleckenreiner Radikaler, wie Herr Clemenceau, gezwungen sein, ganz wie Gambetta  , eine Morgan- Anleihe zu gestatten oder die Bourgeois werden ihn wie Glas zerbrechen."

Das sind Keulenschläge, gegen welche Herr Clemenceau   und seine Freunde noch so laut protestiren mögen, sie treffen sie an der empfindlichsten Stelle. Die Bourgeoisie, ob radikal, ob liberal, ob konservativ, will ausbeuten, will spekuliren, will Profit machen. Wie der Profit gemacht wird, kommt für sie erst in zweiter Linie in Frage. Und wer nicht die Profitmacherei an der Wurzel angreift, der wird auch der Korruption nicht Herr, mag er noch so schöne Reden gegen dieselbe halten, noch so sest an die Macht seines Wortes glauben.

Wie der Proletaire" mittheilt, befindet sich Genosse Malon seit Ende voriger Woche im Gefängniß St. Pelagie. Malon hatte Anfang dieses Jahres im Citoyen" die klerikalen Fabrikanten von Jujurieux scharf wegen der Kinderausbeutung angegriffen und war dieserhalb zu 1500 Franken Strafe und 2000 Franken Entschädigungsgelder verurtheilt worden. Später Ende August trat Malon aus der Redaktion dieses Blattes aus, das bald darauf Bankrott machte. Die Herren Jujurieux legten auf die Kaution Beschlag, welche ein gewisser Canuel, der Annoncenpächter des Blattes, gestellt hatte. Dieser, ein echter Spitz­bube, versprach, daß Malon, dem die Verwaltung des Citoyen" noch 1300 Franken Honorar schuldet, die ganzen Entschädigungsgelder zahlen werde und erwirkte zu gleicher Zeit einen Verhaftsbefehl gegen Malon und eine Beschlagnahme auf seinen Gehalt beim Intransigeant, an dem Malon gegenwärtig mitarbeitet. Aller Proteste gegen dieses un­geheuerliche, dem Rechtsgrundsatz des non bis in idem( nicht zweimal für dasselbe) ins Gesicht schlagende Verfahren ungeachtet, muß Malon jetzt auf 15 Monate ins Gefängniß. Die Abenteurer vom Citoyen" aber, welche sich Sozialisten nannten, gehen frei aus. Eine gute Lehre für die französischen   Sozialisten.

Der Zimmererstreik ist noch immer nicht beendet. Die Londoner  Zimmerer haben jüngst ihren Genossen in Paris   einen Beitrag von 250 Franken geschickt, und eine zweite Sendung von gleicher Höhe in Aussicht gestellt. Ob der Streik mit einem Siege der Arbeiter enden wird, ist noch sehr fraglich. Ein Theil derselben hat sich an die Ge­meinderäthe und die Vertreter von Paris   in der Deputirtenkammer um Intervention zu ihren Gunsten gewendet, wogegen sich der sozialistische Zimmererverband verwahrt hat.

Glücklich für die Arbeiter beendet ist dagegen der Streif der Piano­fortearbeiter, fast beendet, und zwar auch zum Vortheil der Arbeiter der der Bildhauer. Zum Theil durchgesetzt haben ihre Forderungen die Goldschnittarbeiter.

- Aus Italien  . Im nächsten Jahre soll auf der Jusel Sizilien, und ganz besonders in Palermo   der sechshundertste Jahrestag der sogenannten fizilianischen Vesper gefeiert werden, jener blutigen Erhebung der Sizilianer gegen die französische   Herrschaft. In seiner neuesten Nummer nun richtet der Avanti" einen eindringlichen Mahuruf an das fizilianische Volk, sich nicht an der Feier zu betheiligen, die von Oben her befördert werde, um das Volk gegen die Franzosen aufzuhetzen. Der Aufruf schließt mit folgenden Worten: Wir müssen bis auf den Grund gehen und dem sizilianischen Volke sagen, daß es sich enthalte, die Vesper zu feiern; daß sie diejenigen feiern sollen, die ein Interesse daran haben, den nationalen Haß zu schüren, um unbeschränkt zu herrschen. Unter den heutigen politischen Verhältnissen, nach Tunis  , nach Marseille  , nach der Wiener   Reise kann die Vesper nur einen dem französischen   Volke feind­lichen Charakter annehmen.

,, Deshalb rufen wir aus voller Ueberzeugung dem stolzen Volke Siziliens  zu: Genossen, Brüder! Feiert nicht die Vesper des Jahres 1282, aber bereitet Euch vor, die neue Vesper zu feiern die Vesper des Volkes, das sich erhebt, um seine Rechte in ihrer Gesammtheit geltend zu machen, seine wirthschaftlichen, politischen und sozialen Rechte!

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Wenn indeß Eure Vereine, Eure Gemeinden um jeden Preis am Feste theilnehmen wollen, so erhebt auch Ihr Eure Fahnen, auf welchen mit flammenden Worten geschrieben steht: Friede den Völkern! Krieg den Privilegien!

Bereits hat der Verein der Nichtwahlberechtigten von Messina   auf seiner Generalversammlung einstimmig einen gegen die Abhaltung dieser Feier gerichteten Protest angenommen.

Die sozialistische Agitation in Italien   schreitet rüstig vorwärts, das Programm der Sozialisten der Romagna findet allgemeine Zustimmung. Auf den 3. Dezember war nach Alexandrien   ein Kongreß der in Egypten lebenden italienischen Sozialisten einberufen, auf dessen Tages­ordnung u. A. auch die Diskussion des genannten Programmes stand. Bekanntlich ist die Auswanderung von Italienern nach Egypten eine sehr starke, so gibt es in Alexandrien   allein zwischen 12 bis 13,000 Jtaliener, fast sämmtlich Arbeiter.

Aus Reggio d'Emilia wird die Gründung eines neuen soziali­ stischen   Blattes ,, 20 Scamiciato"( der Entblößte) gemeldet.

Ein Streik der Bäcker in Turin  , an welchem ca. 1500 Arbeiter theilnahmen, ist vor mehreren Wochen beendigt worden, die Arbeiter, welche die arbeiterfreundliche Regierung durch Maffen verhaftungen u. s. w. einzuschüchtern versucht hatte, hielten tapfer aus, haben indeß nur einen sehr geringen Theil ihrer Forderungen durchgesetzt. Jetzt hat sich eine Bäckergehilfenunion gegründet, welche durch Beiträge von 5 Lire die Mittel zur Errichtung eigener Bäckereien aufbringen will. In denselben sollen zunächst die durch den Streik außer Arbeit gekommenen Genossen beschäftigt werden.

Aus Rußland  . Es geht uns folgender Aufruf zu, den wir um so lieber zum Abdruck bringen, als er uns Gelegenheit gibt, auf's Neue unserer Sympathie für die Freiheitskämpfer in Rußland   Ausdruck zu geben:

Bürger!

Seit mehreren Jahren sind wir Zeugen jenes mörderischen Kampfes, der in Rußland   zwischen der Regierung und jenen tapferen Leuten statt­findet, welche es sich zur Aufgabe gestellt haben, das Land von dem Despotismus, der dessen zahlreiche Bevöllkerung erdrückt, zu befreien.

Mit jedem Tag nimmt der Kampf an Umfang zu, infolgedessen anch die Zahl der Opfer. Schaffot, Zwangsarbeit, Deportirung und Ver­bannung auf administrativem Wege richten in allen Klassen der russischen Gesellschaft Verheerungen an. Bemittelte Leute ebenso wie Arbeiter und Bauern fallen unter den Schlägen der Verfolgungen der Regierung, und wie viele dieser Leute waren die einzigen Stützen ihrer Familien!

Sind diese Opfer des Kampfes für die Freiheit weniger der Theil­nahme werth, als etwa Wittwen und Waisen, welche die Kriege der Regierungen miteinander schaffen? Haben die Leiden und das Elend, welche dieser Kampf erzeugt, weniger Anspruch auf unser Mitgefühl?

Schon seit langem werden in Rußland   Anstrengungen gemacht, um diese täglich sich steigernden Leiden zu lindern, aber unorganisirt erfüllten sie ihren Zweck nur unvollständig. Der Volkswille"( Narod naja Wolja") hat die Iniziative ergriffen, diese Bemühungen zu organisiren, indem er eine Unterstützungsgesellschaft für die Opfer der Verfolgungen der Regierung gründete. Er hat ihr den Namen Verein des rothen Kreuzes des Volkswille" geben zu müssen ge­glaubt, um schon durch den Namen den Zweck der Thätigkeit darzu­legen.

Der Verein des rothen Kreuzes" beabsichtigt, Allen denen Unterstützung zu verschaffen, welche im Kampfe für die Freiheit des Gedankens und des Gewissens, für das Wohl des russischen Volkes gelitten haben, ohne Unterschied der Partei.