Szene gesetzt haben, die Schuldigen und Mitschuldigen, mögen die Last der Blamage und das Fiasko unter sich vertheilen", sagte er kurz und bündig.

-

Am 18. und 19. Januar kam der berühmte Antrag der drei Abthei­lungen des Liberalismus fortschrittlich liberal natio nalliberal- auf Erweiterung des Haftpflichtgesetzes zur Verhandlung. Die Herren fühlten lebhaft das Bedürfniß, den Arbei­tern zu zeigen, daß sie noch viel arbeiterfreundlicher seien als der arbeiter­freundliche Reichskanzler, und haben denn auch in ihrem Entwurfe verschiedene Mängel des bisherigen Haftpflichtgesetzes, besonders den be­rüchtigten Schuldnachweisparagraphen, beseitigt. Echt liberal war dagegen die Fürsorge für die Aktiengesellschaften, denen um jeden Preis die gute Gelegenheit gelassen werden soll, an der Unfallversicherung ihren Profit zu machen. Das Schmerzenskind, über welches nicht einmal seine Väter einig waren, erfuhr denn auch eine herbe Kritik, insbesondere von unserem Genossen Max Kayser. Schließlich wurde das Ding einer Kommission übergeben, um darin begraben zu werden.

Es wird da in Bezug auf die Arbeiterschutzgesetzgebung im Reichstage ein ganz skandalöses Fangballspiel getrieben. Regierung, Konser­vative und Liberale überbieten sich förmlich in arbeiterfreundlichen Vor­schlägen, jeder Theil hat aber an den Vorschlägen der Anderen gewisse Punkte auszusetzen, auf die er prinzipiell" nicht eingehen kann, und seine Spezial­liebhabereien, auf die er ebenso prinzipiell" nicht verzichten will. So werfen sie sich abwechselnd den Fangball der Gesetzgebung zu, ohne daß irgend eine Verbesserung für die Arbeiter zu Stande kommt, dagegen können sie Alle nachher vor dem Volke auf ihren guten Willen sich be­rufen, etwas zu schaffen, woran sie immer durch ihre Geguer ver­hindert worden seien. Aber Arbeiterfreunde" sind sie Alle miteinander!

"

Kayser hat in seiner Rede auf dieses Hin- und Herzerren angespielt, was wir gerne anerkennen, indeß hätte er das schon ein gutes Stück weniger refervirt thun können. Er sagte:

-

"

,, Wir als Arbeiterpartei fönnten uns freuen, wenn wir diese Rivalität um den armen Mann sehen, wenn wir sehen, wie von rechts und von lints am armen Manne gezerrt wird, um ihn zu sich herüberzuziehen. Aber das muß ich sagen, daß bis heute für den armen Mann nicht viel Nugen herausgekommen ist." ,, Es kommt uns mitunter so vor wir haben wenigstens die Empfindung als seien die Arbeiter nicht Selbstzweck, sondern nur Mittel zum Zweck, und deshalb haben wir schon wiederholt gesagt, daß auf parlamentarischem Wege nicht viel her­ausspringe, ſondern wie das mein Parteifreund Rittinghausen schon seit Jahrzehnten hervorragend vertritt daß es für den Arbeiter einer direkten Volksgesetzgebung bedarf, soll wirklich seinen Interessen entsprochen werden."

-

-

Schön! Aber Kayser wird sich wohl auch darüber keinem Zweifel hin­geben, daß für die direkte Volksgesetzgebung auf parlamen tarischem Wege in Deutschland gleichfalls nicht viel herausspringen wird.

-

Die vierzig Millionen Mark für die Verlegung ( nicht etwa Abschaffung) des Freihafengebietes sind nun vom Reichstag großmüthigst bewilligt worden aus dem Säckel des Volkes. Die Stadt Hamburg wird etwa das Doppelte zu bezahlen haben, rechnet man dazu die Kosten des Zollanschlusses von Bremen , so tommt das nette Sümmchen von 200 Millionen Mark heraus für eine Bismarck 'sche Marotte. Sie sind doch verdammt theuer, diese " großen" Staatsmänner.

-

-

Große Freude herrscht in den Hallen der Bismärcker. Die preußischen Finanzen stehen wieder einmal jroßartig" da, und die ver­ftaatlichten Bahnen haben erhebliche Mehreinnahmen geliefert. Bei dem schönen Profit, den auch die Börse bei der Verstaatlichung gemacht hat, sollte eigentlich ob dieses doppelten Segens jetzt Jedermann entzückt sein und in Jubelhymnen ausbrechen, aber es gibt leider leider! Leute, die an Allem zu mäkeln haben, und diesmal behaupten diese unaussteh­lichen Nörgler, daß diese schönen" Mehreinnahmen erstens durch erhöhte Tarife Vertheuerung des Verkehrs- und zweitens durch die bodenlose Anspannung der unteren ,, Beamten " bei wahrhaften Hungerlöhnen erzielt worden seien. Diese Beamten haben nämlich Petitionen über Pe­titionen um Ausbesserung ihrer Gehälter eingebracht, indeß ist, wie die offiziösen Zeitungen berichten, leider diesmal noch keine Aussicht vor­handen, daß dem Gesuche werde Folge geleistet werden können".

Merkwürdig! Für den neuen Botschafterposten bei dem päpstlichen Stuhle werden 90,000 Mark gefordert, während in früheren Jahren der Spaß nur 45,000 Mark kostete, denn die Preise sind in Rom erheblich theurer geworden." Wenn's für die hohen Herren gilt, dann hat man immer das nöthige Kleingeld bei der Hand, das niedere Pack aber mag sich einschränken, wenn die Lebensmittel im Preise steigen! Das ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie ewig neu, und wird nicht anders werden, im Staate der Polizei!

-Die Disziplinar Untersuchungstomödie gegen den Statistiker Geheimrath Engel, der das heutzutage unerhörte Ver­brechen begangen hat, die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Untersuchungen nicht zu fälschen, hat wenigstens das Resultat gehabt, daß dieser be­rühmte Gelehrte seinen Abschied genommen hat. Auf diese Art haben ihn die Kathedersozialisten" Scheel, Wagner und Konsorten glücklich herausgebissen und Bismarck wird in Zukunft einen Aerger weniger haben!

-

-

wir

Das Reichsgericht noch überboten! In dem Prozesse gegen unsern Genossen Dabers in Hannover ( vergl. Nr. 3 des Sozialdem.") hatte der Weber Friedrich Hartmann als Ent­lastungszeuge fungirt. Das mußte gerächt werden, und auf die Aussage des nicht aufzufindenden" Zeugen Genthe hin wiederholen unsere Warnung vor diesem Schurken!- stand am 19. ds. Hartmann vor dem Schwurgericht in Hannover , angeklagt der Verbreitung verbotener Schriften und zweifachen Meineides. Der einzige Belastungszeuge war der Untersuchungs­richter, der sich der Aussage des 2c. Genthe angeblich ,, noch ganz genau erinnerte". Und auf Grund eines so hin­fälligen Zeugnisses hin wurde, trotz, wie der liberale Hannoversche Kourier" schreibt, scharfsichtiger Vertheidigung seines Anwaltes Hartmann zu 6, sage sechs Jahren Zuchthaus, sechs Jahren Ehrverlust und dauernden Verlust der Fähig­feit, als Zeuge eidlich vernommen zu werden, ver urtheilt.

Der Staatsanwalt heißt Kro bitsch, der Vorsitzende des Gerichts­hofes Niemeyer.

Wer solchen Urtheilen" gegenüber noch objektiv zu urtheilen im Stande ist, der mag es thun, wir können es nicht. Wir haben an­gesichts solcher Schändlichkeiten nur ein Gefühl, das des Hasses, und unsere Gedanken drängen sich immer wieder in den einen Ruf zu­sammen:

Nieder mit der Schandwirthschaft!

" Zum Vorfall" in Konstanz , über welchen wir in voriger Nummer berichtet, schreibt uns ein Genosse:

Der Sergeant, welcher den Deserteur" Rieger aus Ulm erschoß, hat sich, wie ich erfahre, am Abend nach der That im Falken" in Kon­ stanz einen kannibalischen Rausch gesoffen. Die Mutter des Ermordeten, ein armes Weib, deren einziger Sohn Rieger war, reiste zum Leichenbegängniß her, fand den Sohn aber schon verscharrt. Als sie beim Oberst den Mörder ihres Sohnes zu sehen verlangte, jagte dieser sie fort. Auf der Stelle, wo der Unglückliche erschossen worden war, brach sie ohnmächtig zusammen.

,, Ein paar Schneider in Konstanz , welche sich über die Brutalität miß­fällig zu äußern wagten, hat man sofort eingesteckt.

" Daß die Ordnungspresse den Mord beschönigen würde, war zu er warten, traurig, überaus traurig aber ist es, daß die Dressur der Sol­daten bereits so weit vorgeschritten ist, daß sich unter ihnen keine tadelnde Stimme vernehmen läßt, sie vielmehr die Erschießung billigen und ihre Witze darüber reißen: es hat halt Einen weg'putzt" und dergleichen mehr!"

Es hat halt Einen weg'putzt!" Habt Ihr denn gar keine Idee davon, daß das Schicksal dieses Einen" jedem von Euch droht! Daß, wenn Ihr es nur wagt, Euch als Menschen fühlen zu wollen, Ihr demselben Schicksal verfallt, wie der Erschossene! Wißt Ihr denn nicht, daß gegen jeden militärischen Arrestanten, gleichviel ob Festungsgefangener oder nicht, dasselbe Reglement gilt? Fühlt Ihr denn nicht das Unwürdige dieses Reglements, das aus Euch, den Söhnen des Volkes, eine willen. lose Maschine, aus Euren Vorgesetzten einen Gott macht, der mit Euch beginnen kann, was ihm beliebt?

,, Soldaten, Brüder, wacht auf! Werft sie von Euch, die Binde, mit welchen man Euch die klaren Augen verdunkelt hat, damit Ihr nur sehet, was Eure Vorgesetzten wollen, und wie sie es wollen, daß Ihr es sehet. So begreift doch endlich, daß die Reglements, nach welchen man Euch schuhriegelt, nur den Zweck haben, in erster Reihe Euch, und durch Euch, mit Eurer Hilfe, Eure Brüder, das arbeitende Volt, zum Vortheil einer Hand voll Nichtsthuer zu kuechten. Habt Ihr wirklich Freude daran, in Eurem Bruder im Zivilrock und Arbeitskittel Euren Feind, in Eurem Bruder im Waffenrock, der sich seinen Beinigern zu entziehen sucht, einen Verbrecher", in Euren Peinigern aber einen Gott zu sehen? Es ist nicht möglich, es kann nicht, es darf nicht sein! Soldaten, wacht auf!

,, uns aber ist dieser Vorfall" eine erneute Mahnung, die Agitation unter den Soldaten und vor Allem unter der militärpflichtigen Jugend mit größerem Eifer als bisher zu betreiben.

,, Unser famoser Er- Bürgermeister, der redliche" Kulturkämpfer Stro­meyer, freut sich in ungeschmälerter Freiheit seines Rechte s" und seines weislich aus dem Stadtsäckel Profitirten". Die straf­rechtliche Untersuchung gegen ihn dauert nun schon ein Jahr, aber der geriebene Ehrenmann foppt( wie die Konstanzer Ztg." behauptet) die Richter in jeder Weise und verzögert die Untersuchung durch alle möglichen Einwände und Beschwerden. Und die Richter lassen sich auch foppen, denn es ist ja kein kleiner Spitzbube, um den es sich handelt. Ja, Ehrlich währt am längsten" und Du sollst nicht tödten", das sind die kostbarsten Wappensprüche für unsere Hüter der Ordnung".

-

Aus Dresden , 20. Januar, schreibt man uns: Infolge unserer Korrespondenz in Nr. 1 des Sozialdemokrat" erklärte der Dresdener Polizeikommissär Paul mehreren Genossen gegenüber, daß er bei der Verhaftung des Sozialisten Träger nicht gefragt, ob derselbe Läuse habe, sondern, ob er etwas bei sich habe." In Anbetracht des sächsi­schen Dialektes, welcher den fraglichen Worten einen sehr ähnlichen Klang gibt, und in Berücksichtigung des Umstandes, daß andere Genossen noch nicht nach jenen kleinen Thierchen gefragt wurden, mag es mit der Aus­sage des Polizeikommissars diesmal seine Richtigkeit haben. Ferner hat der Untersuchungsrichter Flech sig, allerdings nicht Leuten gegen­über, die ihm als Parteigenossen bekannt waren, sondern im intimen" Kreise von Richtern und Staatsanwälten geäußert, die auf Assessor Dr. Flechfig bezügliche Mittheilung des Sozialdemokrat", Unterschlagun gen betreffend, könne sich nicht auf ihn beziehen, da er weder Assessor noch Doktor sei. Wir bestätigen ihm zunächst, daß er es noch nicht bis zum Doktor gebracht hat, und daß er auf den Titel ,, Landgerichtsrath" hört. Was die Mittheilungen über jenen Dr. Flechfig betrifft, so ist der Gerichtsrath Flechfig auf Grund verschiedener Anzeichen und in Berück­fichtigung des Umstandes, daß er ein leichtsinniger Schuldenmacher ist und noch mehr Bären angebunden als Untersuchungsgefangene gefeht" allerdings dringend verdächtig, mit jenem Pseudo- Doktor identisch zu sein, doch setzen wir ein endgiltiges Urtheil bis zur Vollziehung einer weiteren Beweisaufnahme vorläufig noch aus. Daß wir gut unterrichtet sind, mag dem Herrn Gerichtsrath Flech sig zunächst der Umstand zeigen, daß wir seine, wie gesagt, im engsten Kreise ausgesprochene Be­richtigung" pünktlich zur Aufnahme gebracht haben.

Unser Genosse Schlüter in Dresden hat nun das Königreich Sachsen laut polizeilicher Verordnung verlassen müssen, weil er ein Ame­rikaner, also Ausländer und als solcher ausweisbar sei. Die sächsische Regierung hat damit eine flagrante Verletzung der mit Amerika bestehen­den völkerrechtlichen Verträge begangen. Es besteht zwischen Deutschland und Amerika das ausdrückliche Uebereinkommen, daß die Amerikaner in Deutschland dasselbe Recht genießen sollen, wie die Deutschen in Amerika . Da nun noch niemals in Amerika ein Deutscher ausgewiesen wurde, so liegt in der Ausweisung eines Amerikaners aus Deutschland ein Vertragsbruch. Nun, die sächsische Regierung hat sich gegen So­zialisten schon Schlimmeres zu Schulden kommen lassen, in diesem Falle aber hätte sie gerade allen Grund gehabt, den Vertrag mit Amerika strikte zu halten, ansonst auf Grund dieser Vertragsverletzung auch ihren Polizeiministern der Aufenthalt in Amerika versagt werden könnte, wenn sie hinüber kommen, um ihrer in der Heimath sie erwartenden gerechten Strafe zu entfliehen.

-

Aus Frankfurt a. M. kommt die betrübende Nachricht, daß Genosse Döll, bei den letzten Reichstagswahlen Kandidat unserer Partei, am 22. Januar von einem Blutsturz befallen worden ist und in ein Krankenhaus hat übergeführt werden müssen. Wir wünschen dem unermüdlichen Kämpfer für die Befreiung des Proletariats von Herzen baldige Genesung.

An den verschiedenen Börsen Europa's , ins­besondere aber in Paris , Lyon und Wien hat es in diesen Tagen ganz bedeutend gekracht". Aber es ist zum großen Krach noch zu früh, und daher werden die Risse in unserem unstvollen Wirthschaftsgebäude, die sich bei dieser Gelegenheit auf's Neue offenbart haben, noch einmal verkleistert werden. Verschiedene kleine und mittlere Spekulanten haben den Hals gebrochen, die bürgerliche Gesellschaft aber kann sich mit den Worten Mephisto's beruhigen: Für diesmal war es nur ein bischen Fegefeuer!"

-

Oesterreich. In Meidling bei Wien haben die Arbeiter der R. Ph. Wagner'schen Eisen- und Emaillefabrik die Arbeit eingestellt. Wir warnen vor Zuzug!

Aus Prag wird uns geschrieben: Die zahlreichen Verhaftungen und der bevorstehende Monstre prozeß haben große Erbitterung in der hiesigen Arbeiterbevölkerung erzeugt. Maurermeister Saller, der einzige Führer", der nicht verhaftet wurde, ist gerade deswegen plötzlich unpopulär geworden, und gilt bei sehr vielen als ein Agent". Am Sonntag den 15. Januar fand eine Volksversammlung statt, in welcher er eine vollständige Niederlage erlitt und alle seine Anträge abgelehnt wurden. Insbesondere sein Antrag, sich mit einer Resolution an die Regierung zu wenden, wurde mit demonstrativem Hohn verworfen, da man von der Regierung gar nichts zu erwarten habe."

Der Prozeß selbst hat am 23. Januar begonnen. Angeklagt sind 31 Personen, als Hauptangeklagter figurirt Genosse 2. Zapotody, Redakteur der Boudoucnost"( Zukunft). Der Prozeß wird ge heim geführt, wir können uns daher auf ein Musterstück von Gerechtig teitspflege gefaßt machen.

Unsere flämischen Genossen haben einen wackeren Vor­tämpfer verloren. Am vergangenen Sonntag wurde in Gent der langjährige Verleger des flämischen Parteiorgans, Jakob Basse,

unter großartiger Betheiligung des Volkes beerdigt. Die schwarzen", wie auch die liberalen Fabrikanten hatten ihren ganzen Einfluß an­gewendet, resp. das Hungertuch geschwungen, um die Betheiligung zu hintertreiben; trotz Allem gaben aber über 3000 Arbeiter ihrem treuen Vorkämpfer das Geleite und viele Tausende bildeten Spalier, um dem verehrten Todten die letzte Huldigung zu bringen. Die Beerdigung fand ohne Mithilfe der Pfaffen statt etwas Unerhörtes in dem katho­lischen Gent ! In Folge der Agitation, welche die Schwarzröcke gegen den Angriff auf eines ihrer Bollwerke in Szene setzten, wurde noch am Tage der Beerdigung in einer großartigen Versammlung der Beschluß gefaßt, einen Verein für bürgerliche Beerdigung zu gründen, um den Einfluß der Pfaffen auch von dieser Seite zu bekämpfen und so dem Andenken Basse's ein würdiges Denkmal zu stiften.

-

Aus Frankreich . Bei den Generalrathswahlen in St. Etienne hat die sozialistische Arbeiterpartei einen Erfolg davon­getragen. Ihr Kandidat Taravellier siegte mit 1198 Stimmen gegen den Radikalen Boudarel, der 1091 Stimmen erhielt.

In Paris schließen sich fast alle Wochen neue Fachvereine der Arbeiter­partei an. Neuerdings ist der Anschluß der Syndikatskammer der Stellmacher angekündigt.

Der Zimmererstreik dauert noch immer fort. Die Arbeiter halten tapfer aus, und ein Unternehmer nach dem andern muß den von ihnen entworfenen Tarif anerkennen.

Die Delegirten der streikenden Pianofortearbeiter, welche sich erfrecht hatten, im Namen ihrer Kollegen, mit den Unternehmern unterhandeln zu wollen und deshalb wegen Eingriffs in die Freiheit der Arbeit" in Haft genommen und angeklagt wurden, sind am 11. Januar wider alle Gewohnheit freigesprochen worden. Ihre Haltung vor Gericht, sowie der von ihnen angerufenen Entlastungszeugen war eine vortreffliche.

-

Aus Italien . Auf der Insel Elba streifen 800 Bergleute, weil man Sträflinge eingestellt und dagegen Arbeiter, die schon 40 Jahre dort arbeiteten, entlassen hat. Die dummen Kerle wollen nicht einsehen, daß ein Arbeiter, der über 40 Jahre hindurch für die Zierden der Menschheit sich abgerackert hat, das Recht hat, zu trepiren. Um sie über dieses unveräußerliche Menschenrecht aufzuklären, hat die italienische Regierung sofort mehrere Regimenter Infanterie hingeschickt.

-

Es ist wahrhaft empörend, wenn man bedenkt, daß es die Söhne des Volkes sind, die da zur Unterjochung ihrer eigenen Klasse ins Feld ge­führt werden, und mehr als traurig, daß sie sich dazu führen lassen!

Zu dem allgemeinen Arbeiterkongreß, welcher anläßlich der sizilianischen Vesper am 31. März in Palermo stattfinden soll, erläßt die aus Arbeitern aller Gewerbe zusammengesetzte Kommission eine sehr würdig gehaltene Einladung, nach welcher sie mit dieser Feier der siegreichen Volkserhebung gegen den Despotismus die Vereinigung der Arbeiter unter dem gemeinsamen Friedensprogramm: Freiheit, Arbeit, Moral und Gerechtigkeit, und mit dem nationalen Gedanken, welcher der Feier der Vesper zu Grunde liegt, den der Menschheit, die zum Völkerbunde strebt, verbündet.

aller Länder

Die italienische Regierung wüthet wie besessen gegen Alles, was nach Sozialismus riecht. Die Arbeiterblätter werden mit einer bewunderungs­würdigen Regelmäßigkeit konfiszirt. Die Verwarnungen und das unter­Polizeiaufsicht Stellen von politisch Mißliebigen nimmt so überhand, daß selbst ein Theil der Bourgeoispresse dagegen zu Felde zieht, die republikanische Bewegung nimmt immer größere Dimensionen an; an vielen Orten machen die Sozialisten mit den Republikanern gemeinsame Sache, ohne indeß ihre Selbständigkeit aufzugeben.

Aus Rußland . Der Prozeß gegen die im Laufe des letzten Jahres verhafteten Revolutionäre ist auf's Neue verschoben worden, und zwar aus dem einfachen Grunde, damit sie erst nach der Krönungs tomödie verurtheilt werden. Der Feigling von Gatschina ist nämlich entschlossen, verschiedene der Angeklagten um jeben Preis hängen zu laffen, hat aber nicht den Muth, das vor der Krönung anzuordnen. Er weiß sehr gut, daß die allgemeinen Sympathien auf Seiten der Misse­thäter" sind, und zittert vor dem Gedanken, das Volk könne trotz des Walles von Kosaken , der seinen Krönungszug schützen soll, Rache nehmen wollen.

Die Namen der zur Aburtheilung bestimmten Revolutionäre, für die durchgängig die Todesstrafe beantragt wird, sind:

Alexander Michailow, 24 Jahre alt; Nikolai Kolot­fewitsch, 31 Jahre; Michael Trigonja, 30 Jahre; Alexan­der Barannikow, 23 Jahre; Nikolai Such a now, 29 Jahre; Elisabeth Oloweinikowa, 23 Jahre, und Ludmilla Te­rentiewa, 20 Jahre; der Bürger Ferdinand Lustig, 27 Jahre; der frühere Agent der Geheimpolizei Nikolai Kledotschnikow, 34 Jahre; der Sohn eines Feldscheers, Michael Frolento, 33 Jahre; der Sohn eines Postillons, Grigory Jisajew, 24 Jahre; der Sohn eines Kirchensängers, Ossip Emeljanow, 20 Jahre; der Sohn eines Priesters, Peter Titschinin, 26 Jahre; der Sohn eines Kaufmanns, Grigory Friedenssohn, 26 Jahre; der Sohn eines Soldaten, Wassilij Merkulow, 21 Jahre; Leo Slatopolsti, 33 Jahre; Izit Aarontschit, 22 Jahre; Maxim Tetjorta, 28 Jahre; Nikolai Moroso w, 29 Jahre; der preußische Unterthan Martin Langhanns, 29 Jahre; die Frau eines Beamten, Tatjana Lebedewa, 29 Jahre; die Tochter eines Priesters, Anna Jakimowa, 26 Jahre.

Was die Presse über ihre Thätigkeit und ihre Personalien mittheilt, beruht zum Theil auf Entstellung und Uebertreibung. Wir werden nach dem Prozeß aus kompetent er Feder eine Würdigung dieser wackern Volkskämpfer, von denen die meisten einen Anspruch auf unsere vollste Bewunderung haben, veröffentlichen.

Der durch ihre ebenso fühne wie in prinzipieller Hinsicht bedeutende Vertheidigungsrede*) berühmt gewordenen Propagandistin Sophie Bardina, ist es, wie wir zu unserer Freude mittheilen können, vor etwa einem Jahre gelungen, aus Sibirien , wo sie Zwangsarbeit verrichten mußte, zu entkommen. Vivant sequentes!

-

Aus Amerika . Der Kongreß der sozialistischen Arbeiterpartei Nordamerika's war von 20 Delegirten be­sucht. Die Abrechnung des Finanzkomites balanzirt mit etwas über 2000 Dollars( 10,000 Fr.). Das Programm der Partei wurde einer Revision unterzogen und erhielt eine präzisere Fassung. Eine Sympathie­Adresse an die russischen Volkskämpfer, eine zweite betreffs der irischen Landbewegung und ein Glückwunschschreiben an die deutsche Sozial­demokratie aus Anlaß ihrer Wahlsiege wurden beschlossen. In weiteren Resolutionen wurde verlangt: Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeits­leistungen für Männer sowohl als Frauen, und Aufforderung an die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika , sich mit dem schwei­zerischen Bundesrath behufs internationaler Fabrifgesetzgebung in Ver bindung zu setzen. In Bezug auf die Taktik wurde beschlossen, daß ,, die Partei mit keiner andern Partei, die nicht die Prinzipien der unsrigen, wie sie in der Prinzipienerklärung niedergelegt sind, gemeinsame Sache machen darf". Zum Sitz des Parteiexekutivkomites wurde New­

*) Im Prozeß der Fünfzig" Zim Jahre 1877. Sie schloß ihre Ver­theidigung" damals mit den denkwürdigen Worten: Was auch mein Schicksal sein möge, so bitte ich Sie, meine Herren Richter, um keine Gnade; ich verlange sie auch nicht. Verfolget uns, wie Ihr wollt, ich bin indeß sest überzeugt, daß eine solche weitausgedehnte, bereits einige Jahre hintereinander anhaltende, augenscheinlich vom Zeitgeiste selbst ins Leben gerufene Bewegung durch keinerlei Unterdrückungsmaßregeln todt gemacht werden kann; wohl kann sie auf die Dauer einer gewissen Zeit unterdrückt werden, aber mit desto größerer Kraft schwingt sie sich dann von Neuem empor!"