Erscheint

söchentlich einmal

in

Zürich  ( Schweiz  )

Verlag Bolfsbuchhandlung

Hottingen- Zürich  .

Joffendungen

franco gegen franco.

Gewöhnliche Briefe

nach der Schweiz   foften

Doppelporto.

N: 13.

Der Sozialdemokrat

Zentral- Organ der deutschen   Sozialdemokratie

Donnerstag, 23. März.

Avis an die korrespondenten und Abonnenten des Sozialdemokrat".

Da der Sozialdemokrat sowohl in Deutschland   als auch in Oesterreich   verboten ist, bezw. verfolgt wird, und die dortigen Behörden sich alle Mühe geben, unsere Berbindungen nach jenen Ländern möglichst zu erschweren, resp. Briefe von dort an uns und unsere Zeitungs- und sonstigen Sendungen nach dort abzufangen, so ist die äußerste Vorsicht im Boftverkehr nothwendig und darf feine Vorsichtsmaßregel verfäumt werden, die Briefmarder über den wahren Absender und Empfänger, sowie den Inhalt der Sendungen zu täuschen, und letztere dadurch zu schützen. Haupterforderniß ist hiezu einerseits, daß unsere Freunde so selten

Abonnements werden nur beim Berlag and dessen bekannten Agenten ent­gegengenommen und zwar zum voraus zahlbaren Bierteljahrspreis von:

Fr. 2.- für die Schweiz   Kreuzband Mf. 3- für Deutschland  ( Couvert f. 1. 70 für Oesterreich( Goubert Fr. 2. 50 für alle übrigen Länder des Weltpostvereins( Kreuzband).

Zuferate

Die dreigespaltene Petitzeile 25 Gts. 20 Pfg.

1-

1882.

als möglich an den Sozialdemokrat", resp. dessen Berlag selbst adressiren, sondern sich möglichst an irgend eine unverdächtige Adresse außerhalb   Deutschlands und   Oesterreichs wenden, welche sich dann mit uns in Verbindung setzt; anderseits aber, daß auch uns möglichst unverfängliche Zustellungsadressen mitgetheilt werden. In zweifelhaften Fällen empfiehlt sich behufs größere: Sicherheit Retommandirung. Soviel an uns liegt, werden wir gewig weder Mühe noch kosten scheuen, um trotz aller ent­gegenstehenden Schwierigkeiten den Sozialdemokrat unsern Abonnenten möglichst regelmäßig zu liefern.

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Abonnements- Einladung.

Mit Nr. 14 beginnt ein neues Quartalsabonnement auf den Sozialdemokrat". Wir ersuchen unsere Leser, ihr Abonnement rechtzeitig zu erneuern, sowie für Gewin nung neuer Abonnenten unablässig thätig zu sein. Weder das Abonnement auf den ,, Sozialdemokrat" noch das Empfehlen desselben ist in   Deutschland ftrafbar, sondern lediglich die direkte Verbreitung.

Es ist deshalb Pflicht wie Interesse jedes Parteigenossen, aufs eifrigste für die Verbreitung des Sozialdemokrat zu wirken. Da der Sozialdemokrat" in   Deutschland bekanntlich auf Grund des Ausnahmegesetzes verboten ist, so muß die Verbreitung selbstverständlich mit größter Vorsicht geschehen; lektere angewandt, ist die Sache übrigens durchaus ungefährlich und leicht ausführbar. Das bloße Abonnement ohne Weitervers breitung ist gesetzlich erlaubt.

Der Sozialdemokrat" wurde vom letzten Parteifongreß einstimmig zum einzigen offiziellen Organ der   sozialistischen Arbeiterpartei   Deutsch: lands erklärt.

Der vorauszahlbare Abonnementspreis des Sozialdem." beträgt vierteljl. für   Deutschland und Oesterreich 3 Mart( 1 fl. 70 fr.), wofür das Blatt wöchentlich als verschlossener Brief versandt wird; für die   Schweiz 2 Fr., für alle übrigen Länder des Weltpostvereins 2. Fr. 50 Gts.( unter Band). Dieser Preis tannindessen, namentlich in   Deutschland, bedeutend ermäßigt werden, wenn sich die Genossen eines Ortes zum Bezug im Großen vereinigen. Wenn unverdächtige Empfangs­adressen gewählt werden und damit stets gewechselt wird, wenn ferner die geheime Bertheilung an die abonnirten Genossen vorsichtig geschieht dann ist die Gefahr der Entdeckung beim Gesammtbezug weit geringer wie bei den Brieffendungen.

Bis zu 16 Eremplaren tönnen in Doppelbrief übermittelt werden; bei größeren Be stellungen ist die Zusendung in Badet vorzuziehen. Bei Bezug von zehn Exemplaren an ist der Preis per Quartal auf M. 1. 80. franto ins Haus festgesetzt, und ist der Betrag monatlich mit 60 Pf. im Voraus einzusenden. Sämmtliche Sendungen werden gut verpadt, nicht in der   Schweiz, sondern in   Deutschland aufgegeben.

Briefmarken aller Länder werden für voll angenommen; größere Beiträge in   Papier. geld mittelst eingeschriebenem Brief oder Post- Einzahlung.

Da nicht unbedeutende Kosten durch ungenügendes Frantiren entstehen, jo machen wir darauf aufmerksam, daß einfache Briefe( bis 15 Gramm) nach der   Schweiz 20 Pfg., resp. 10 Kreuzer B. M. fosten, bei schwereren Briefen je 15 Gramm weitere 20 Pfg., resp. 10 Kreuzer.

Man wende fich bei Einzelbestellungen an die Expedition,   Hottingen-   Zürich, bei gemeinsamem Abonnement und um Aufschlüsse an die bekannten Agenten in  Deutschland, oder an die Unterzeichneten durch Vermittlung in der   Schweiz oder sonst im Ausland lebender Freunde.

Monatliche Vorausbezahlung des Abonnementspreises an unsere Ver: trauensmänner und Filialeverwalter ist unerläßlich!

Barteigenoffen! Sammelt Euch um Eure Fahne und benügt die Euch gegebene Waffe mit Eifer und Geschick; seid rührig und thut Eure Pflicht!

Redaktion und Expedition des ,, Sozialdemokrat.

Soziale Kurpfuscherei

nannten wir vor länger denn Jahresfrist die staatssozialistischen Pläne( soweit von solchen die Rede sein kann) des Fürsten Bismard. Von mancher Seite wurde uns das absprechende Urtheil verargt; und namentlich als im vorigen Spätherbst Herr Professor Schäffle zu Konferenzen mit dem Herrn Reichskanzler eingeladen wurde und die Einladung auch annahm, neigte sich Dieser und Jener der Meinung zu, aus der Sozialreform" könne vielleicht doch etwas Gutes kommen.

Herr Schäffle, dessen persönliche Ehrenhaftigkeit und wissen­schaftliche Bedeutung wir nicht in Frage stellen wollen, hatte schon durch sein verunglücktes Debut im österreichischen Mini­fterium   Hohenwart den praktischen Beweis dafür geliefert, daß die Vertrauens- Protuberanz an seinem Schädel sehr gut ent­wickelt ist, und ließ sich auch durch den   Berliner   Hohenwart im­poniren. Er spielte wirklich in den Konferenzen mit diesem eine Art Posa Rolle und glaubte allen Ernstes, den Urheber des Sozialistengesetzes zu demokratischen Grundsätzen bekehrt zu haben. Korporative Organisation der Arbeiter mit unbeschränkter Selbstverwaltung unter Hilfe und Kontrole des Staats- das war die Panacee.*) Und Fürst Bismard war nicht so schlimm wie sein Ruf, er hatte die junkerlichen Vorurtheile genial ab­gestreift, hatte sogar eingesehen, daß das Sozialistengesetz ein Eselsstreich gewesen, der bloß den Sozialdemokraten und der Fortschrittspartei genützt; er meinte es ehrlich mit der Sozial reform, war bereit, in Sad und Asche für das Sozialistengesetz pater peccavi zu sagen und das Schäffle'sche Heilrezept anzu­nehmen.

So glaubte der biedere Schäffle, ganz entzückt über seinen Erfolg. Ebenso entzückt wie seinerzeit Posa Herwegh nach ber famosen Unterredung mit dem jungen Friedrich Wilhelm IV., ehe dieser noch die letzten Refte seines   Hohenzollern Verstandes durch die Gurgel gejagt hatte. Das traurige Schicksal des Posa- Herwegh ist jedem Leser der Heine'schen Gedichte bekannt. Das Schicksal des Posa- Schäffle ist nicht minder traurig. Nur daß es bei ihm nicht der Intervention einiger Gensdarmen be­burfte, um ihm die Dummheit klar zu machen, welche darin liegt, von polizeilich- despotischen Disteln demokratische oder gar sozialdemokratische Trauben zu erhoffen. Wer kein vierfüßiger Esel ist, verbrennt oder zersticht sich den Mund an den ſtach­lichen Disteln; und der biedere Schwabe Schäffle, ber über 40 Jahre alt ist, hat sich genau ebenso gründlich verbrannt, wie weiland sein Landsmann   Herwegh, der aber damals noch teine 40 Jahre alt war.

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Was aus der Schäffle'schen Selbstverwaltung" der Arbeiter­forporationen geworden ist, das zeigt der neueste Entwurf des Unfallversicherungsgesetzes. Auf dem Papier besteht die Selbst­verwaltung", in Wirklichkeit herrscht die reinste Polizei- und Staats­beamtenwillkür. Und wie könnte es auch anders sein? Auf Disteln können nicht Trauben wachsen, und ein preußischer Junker und Reaktionär kann kein Sozialdemokrat sein. Die Schäffle'schen Arbeiterkorporationen mit Selbstverwaltung bedeuten entweder gar nichts, oder sie bedeuten in ihrer letzten Konsequenz die von

*) Allerweltsheilmittel.

der Internationalen Arbeiter- Assoziation und der   deutschen Sozial­demokratie geforderte Emanzipation der Arbeiter durch die Arbeiter selbst.

Liberalen( mit Whig- Elementen verquickt) und Tories in England geführt. Um den liberalen Fabrikanten etwas am Zeuge zu flicken, bestiegen die Tories das hohe Roß der Humanität, deckten die Gräuel der Fabrik- Ausbeutung auf und wurden Beschützer der Arbeiter aus Bosheit gegen die Arbeitgeber.

Aehnlich mit der Landfrage in   Deutschland. Die deutschen Landjunker

Von einem Bismard erwarten, er werde die Sozialreform" aus seiner eignen Hand geben und in die Hand der Arbeiter legen, das ist eine Naivetät, die allerdings durch ihre gigantische haben denselben Haß auf die   deutsche Bourgeoisie, wie die englischen Größe Bewunderung erregen muß.

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Naiver

Wohlan, Herr Schäffle hat eingesehen, daß er ein gewesen, und er wird dieser Tage sich seine Naivetät Schwarz auf Weiß durch Veröffentlichung seiner in der Posa- Rolle ge= machten Vorschläge bescheinigen.

Nun, wir wollen blos wünschen, wenn irgendwo anders ein britter   Hohenwart auftritt, möge Herr Schäffle nicht zum dritten Mal auf den Leim gehen. Verschwören wollen wir's indeß nicht. Genug, auch Herr Schäffle, der vertrauensstarke, ist jetzt glücklich zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Bismarc'sche Sozialreform eitel Kurpfuscherei ist.

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Die soziale Kurpfuscherei beschränkt sich aber nicht auf das Unfallgesetz und den sonstigen offiziellen Staatssozialismus. Ueberall, wo die Anhänger der heutigen Gesellschaft mit sozial­politischen Heilvorschlägen hervortreten, begegnet uns die unver schämteste Kurpfuscherei. Da wollen z. B. die Herren Agrarier das Elend der Landwirthe und Landwirthschaft durch Ueber­tragung der Hypothekenschulden an den Staat heilen, was sehr revolutionär und radikal klingt; müssen dann aber sofort hinzu­fügen, nur die guten Hypothekenschulden solle der Staat über­nehmen und die schlechten unberührt lassen. Als ob es nicht gerade die schlechten Hypothekenschulden wären, welche die Landwirthe am meisten drückten. So lange der Bauer genügende Sicherheit bieten kann, bekommt er Geld zu günstigen Beding ungen geliehen gleich jedem Anderen, der dem Gläubiger genügende Sicherheit bietet. Die Anlehen, für welche die Sicher heit nicht mehr geboten werden kann, find erst die drückenden, die erdrückenden. Für sie müssen Wucherzinsen bezahlt werden - einerlei ob Wuchergesetze eristiren oder nicht und an ihnen muß schließlich der Bauer zu Grunde gehen, auch wenn der Staat ihm zwanzig Mal die guten Hypothekenschulden abgenommen hat. Im Gegentheil, die Uebernahme der guten Hypothekenschulden durch den Staat würde den ökonomischen Hypothekenschulden durch den Staat würde den ökonomischen Ruin der Landwirthe und der Landwirthschaft bloß beschleunigen; wir meinen die nicht die Ansprüche der Privatgläubiger durch den Staat abgelöften würden noch prefärer werben, und die Privatgläubiger demgemäß gezwungen sein, ihre Schuldner noch mehr zu bedrängen, ihnen noch rascher das Lebenslicht aus­zublasen, als es gegenwärtig der Fall ist.

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Kurz, nicht durch agrarische Kurpfuscherei kann die Landfrage gelöst werden. Sie kann nicht einmal die Bauern momentan von der Ueberschuldung befreien, geschweige denn der Ueber­schuldung der Bauern für die Zukunft vorbeugen.

Die Landfrage ist emporgewachsen aus unserer mangelhaften Gesellschaftsorganisation und kann unmöglich gelöst werden ohne Beseitigung der Mängel dieser Gesellschaftsorganisation.

Da diese Mängel aber organische sind, d. h. in dem Wesen der Gesellschaftsorganisation wurzeln, so bedingt die Beseitigung der Mängel die Beseitigung der mangelhaften Organisation und deren Ersetzung durch eine vernünftige, gerechte, mit einem Wort durch die sozialistisch- demokratische Gesellschafts­organisation.

Die Landfrage

H- e.

ist in   Deutschland für eine brennende erklärt worden, und zwar kurz hintereinander in und von verschiedenen deutschen Landtagen. Kein Zweifel, sie ist auch brennend. Aber bisher wurde es stets von unseren Gegnern geleugnet, und als unsere Partei vor zwölf Jahren nach dem Vorgang des Baseler Kongresses der Internationalen Arbeiter­  Assoziation die Landfrage in den Vordergrund der Diskussion stellte und die Unhaltbarkeit der jetzigen Zustände klarlegte, da stieß das gesammte konservative, liberale und demokratische" Philisterthum einen Schrei des Entsetzens über die Aufrührer und Um stürzler aus, und bei dem Leipziger Hochverrathsprozeß gegen Bebel und   Liebknecht figurirte bekanntlich der Baseler Beschluß( 1869), und der ihm dem Sinne nach entsprechende Beschluß unseres Stuttgarter Kongresses( 1870) als schwerstes Belastungsmaterial.

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Die Landfrage nur aufwerfeu, war schon ein Versuch zum Hoch­verrath; und wer die Brandjacket der Unzufriedenheit" in das Paradies der deutschen Bauern dieser ideal glücklichen Mustermenschen und Musterunterthanen schleuderte, der machte sich eines heroftratischen Verbrechens schuldig, und hatte es bloß der Humanität unserer herrlichen Gesetze zu danken, wenn er nicht auf einer Kuhhaut zum Richtplatz ge­schleift und dort von unten nach oben gerädert wurde.

Und jetzt haben unsere Gegner selbst die Landfrage in den Vordergrund geftellt!

Wie ist dieser wunderbarliche Umschwung zu erklären? Sehr natürlich. Genau so, wie daß seinerzeit in England die soziale Frage offiziell auf's Tapet gebracht, die Zehn- Stundenbill und die sonstige Fabrikgesetzgebung durchgesetzt ward. Aus einem häuslichen Streit der herr­schenden Klassen. Der alte Streit zwischen Stadt und Land dehnt sich auch auf Kapital besitz und auf Grund besitz aus, und hat zu den Kämpfen zwischen Orleanisten und Legitimisten in   Frankreich, zwischen

Landlords auf die englische. Nur sind sie ärmer und unnobler als ihre englischen Standesverwandten, und gönnen keinem Andern etwas. Statt gleich ihnen für die proletarischen Opfer der Bourgeoisie einzutreten, erklären sie sich selber für die bejammernswerthesten Opfer der Bour* geoisie, welche die Landwirthschaft und den Grundbesitz systematisch zu Grund richte!

Aus Bosheit gegen die liberale Bourgeoisie haben unsere Landjunker vermittelst der Agrarbewegung" die Landfrage in den Vordergrund zu ziehen versucht; und siehe da: der Versuch ist ihnen über Erwarten und sicherlich über ihre Wünsche hinaus gelungen. Aus einem demagogischen Kniff ist tragischer Ernst geworden- aus der falschen Landfrage hat sich die echte herausgearbeitet. Die Herren Landjunker hatten nämlich zufälliger Weise nicht gelogen; sie hatten die Zustände der Landwirth­schaft und des Grundbesitzes in   Deutschland nicht zu schwarz gemalt. Nur in Bezug auf die Personen hatten sie sich ein kleines Scherzchen erlaubt. Nicht die Herren Landjunker bettelhaft wie sie sind leiden unter den ungesunden ökonomischen Verhältnissen, sondern die Kleinbauern und die ländlichen Arbeiter. Bei diesen, namentlich bei den Kleinbauern, haben nun aber die agrarischen Tiraden mächtigen Widerhall gefunden, und hinter der bettelsackschwingenden Bande der agrarischen Landjunker hat sich in aller Stille das Heer der ver hungernden Kleinbauern geschaart.

Und stimmten die agrarischen Landjunker aus Bosheit gegen die libe­rale Bourgeoisie die Jeremiade von der zu Grunde gehenden Landwirth­schaft an, so stimmen nun die liberalen Bourgeois aus Bosheit gegen die agrarischen Landjunker das Noth- und Klagelied an von dem zu Grunde gehenden Kleinbauernstand.

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So hat sich Alles vereinigt, die Landfrage mit rechtem Eklat dem deutschen Publikum zu präsentiren. den man ja zu fam sie zuerst offiziell zur Sprache. Dann im bayrischen Landtag; und vor 14 Tagen fast gleichzeitig in dem preußischen und badischen Landtag.

Jm niederösterreichischen Landtag  Deutschland rechnen muß

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Ueberall dasselbe Bild: Der Kleinbauer kann die Konkurrenz des Großkapitals ebensowenig wie der Handwerker und Kleinindustrielle aus­halten; er ist unrettbar verloren, wenn die Gesetzgebung nicht wirksam eingreift, dem Ruin verfallen. In   Bayern befindet sich ein Drittel sämmtlicher Bauerngüter in Gant, in Rheinpreußen und andern Landestheilen ist es um kein Haar breit besser. Der Herr Acker­bauminister Lucius konnte die Richtigkeit der vom Abgeordneten Knebel mitgetheilten wahrhaft haarsträubenden Thatsachen über die Zustände in der preußischen   Rheinprovinz nicht bestreiten.

Was ist beschlossen worden? Was ist geschehen? Nichts! Was wird geschehen? Nichts!

Der preußische Landtag hat die Anträge auf Veranstaltung einer En­quête vor eine Kommission verwiesen und die Kommission wird die Enquête begraben. Sollte dies in Folge eines Wunders nicht der Fall sein, so wird die Enquête doch resultatlos bleiben.

Die Landfrage ist ein Stück der sozialen Frage. Sie ist die Hälfte der sozialen Frage und vielleicht die größere Hälfte. Und die soziale Frage kann von dem heutigen Klassenstaat, von der heutigen   kapitalistischen Gesellschaft nicht gelöst werden, ohne daß diese einen Selbstmord ver­üben.

Die vollkommene Unfähigkeit der Bourgeoisie und des Klassenstaats zur Lösung der Landfrage ist an   Irland mit klassischer Ueberzeugungs­kraft demonstrirt worden. Das Höchste, wozu die Weisheit eines Glad­stone und der Radikalismus der avanzirtesten englischen Bourgeois­reformer sich versteigt, ist die Abschaffung des Pachtsystems und die Einführung eines Kleinbürgerthums nach   deutsch em Muster. Nach deutschem Muster!

Und das   deutsche Muster" hat Bankrout gemacht, oder ist auf dem Weg zum Bankrout!

Unsere deutschen Bourgeois, die das   deutsche Muster" doch vor Augen haben, sind aber feineswegs flüger als die englischen Bourgeois. Haben sie nicht in dem preußischen Landtag duizendmal das Verlangen aus­gesprochen, die Staatsdomänen sollten in kleine Bauerngüter zerstückt werden?

Daß der Großgrundbesitz in seiner feudal- kapitalistischen Form vom Uebel ist, dem Gemeinwesen zum Fluche gereicht, sich weder mit der Freiheit noch mit dem Wohlstande des Volkes verträgt, das ist durch die Erfahrung und die Wissenschaft über jeglichen Zweifel erhaben; allein eben so gewiß ist, daß das Kleinbaueruth um ein wirthschaftlicher Anachronismus*), und die Kleinproduktion auf dem Gebiete der Landwirth­schaft wie der Industrie ein überwundener Standpunkt ist. Der heutige Klassenstaat und die bürgerliche Gesellschaft vermögen jedoch nicht aus diesem cercle vicieux der au Verderblichkeit mit einander wetteifernden Systeme der Kleinbauernwirthschaft und der Latifundienwirthschaft heraus­zukommen.

Der Zauber wird erst gebrochen, der böse Zirkel erst gesprengt werden, wenn das arbeitende Volk sich von den alten Eigenthumsbegriffen eman­zipirt hat und die Privat wirthschaft durch die Gemein­wirthschaft ersetzt.

*) Nicht mehr zeitgemäße Form,

-ml­