Bruno Bauer veröffentlicht hat; und Engels und Marx thun, wie der Zuflüsterer wiederum sehr gut weiß, seit langer Zeit ihre öffentlichen Schritte nur nach Verabredung, die Mitarbeiterschaft dürfen wir somit als ein ausdrückliches Vertrauensvotum betrachten.
Nun könnten aber Mehring und Kompagnon sagen: Ja, das betrifft nur den„ Sozialdemokrat" wie er jetzt ist, nicht was er anfangs war oder sein sollte, d. h. nach Mehring und Kompagnon ein Organ des ,, Banquier Höchberg". Abgesehen davon, daß Genosse Höchberg , der hier gemeint ist, gar nicht Banquier ist, warum verschwindet denn bei den Herren die Unterscheidung zwischen früher und jetzt sofort, wenn sie Genosse Höchberg unmittelbar darauf für die Maßlosigkeiten" des„ Sozialdemokrat",„ auf die hin die deutschen Arbeiter unausgesetzt und unerträglicherweise drangfalirt werden", verantwortlich machen und es für ,, ein öffentliches(!!) Jnteresse" erklären, festzustellen, inwieweit Herr Höchberg für den Sozialdemokrat" verantwortlich ist?! Ist eine infamere Denunziation denkbar?
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Und Mehring, der gleich seinem stillen Kompagnon das Geschäft versteht, kündigt auf Grund sorgfältiger Studien" weitere Enthüllungen" an, d. h. ebenso verlogene und infame wie die obigen.
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Wenn dieselben nun auch zum Verdruß der biederen Ehrenmänner das gewünschte Resultat in keiner Weise haben werden, so soll denselben doch die Anerkennung der edlen Absicht nicht vorenthalten werden, Herrn Mehring so wenig wie seinem klatsch- und rachsüchtigen ,, stillen" Kompagnon.
Korrespondenzen.
Altschönefeld bei Leipzig , 10. Juli. Man kann leicht todtgeschossen werden im Reich der Gottesfurcht und frommen Sitte. Das haben in Deutschland schon Viele erfahren, in Berlin sogar schon die Kinder. Auch hier will man uns augenscheinlich daran gewöhnen. Wir haben das Glück, einen Gensdarmen zu besitzen, der auf den Namen Herack hört. Als vor einigen Tagen ein Fabritetablissement eingeweiht wurde und ein Theil der Arbeiter bis 12 Uhr zusammenblieb, stürzte besagter Herack wie ein angeschossener Eber herein und gebot mit schnarrender Stimme und puterrothem Gesicht Feierabend! Wer binnen fünf Minuten das Lokal nicht verlassen habe, werde verhaftet!" Das Lokal war zum großen Aerger des Herack, unter allerhand heiteren Scherzen, schon nach vier Minuten geräumt. Draußen sprachen mehrere der so summarisch„ Ausgewiesenen" noch miteinander, da sprang der Herack plötzlich heran, brüllte: Wer nicht sofort heimkehrt, wird todtgeschossen! und lud sein Gewehr!
Es war nicht gerade thunlich, dem rohen Patron das Gewehr um die Ohren zu schlagen und ihm den Kolben auf dem Bärenschädel entzwei zu brechen so ging man nach Haus, zähneknirschend, und hat's zum Uebrigen gelegt.
Hohenstein, im Juli. Ich halte es an der Zeit, auch von hier einmal ein Lebenszeichen zu geben. Von der Reichstagswahl brauche ich wenig zu bemerken, weil schon in Nr. 48 vom vor. Jahre ein Wahlbericht aus Meerane enthalten ist. Der 17. sächsische Wahlkreis ist leider der Reaktion zum Opfer gefallen; doch war unsere Niederlage eine ehrenvolle, während der Sieg der Reaktion mit Schmach bedeckt ist. Die Mittel, mit welchem derselbe errungen wurde, will ich hier nicht näher bezeichnen, dieselben werden seiner Zeit im Reichstage vor die Deffentlichkeit kommen, da gegen die Wahl Leuschner's Protest erhoben worden ist. Daß sich die Reaktionshallunken der Nichtswürdigkeit ihrer Kampfesweise einer unterdrückten und sich nicht vertheidigen könnenden Partei wohl bewußt waren, konnte man an der Stimmung, welche am Abend des Wahltages herrschte, wahrnehmen. Während bei früheren Wahlen, und namentlich bei der, wo Bebel in Folge Doppelwahl das Mandat für uns niederlegte und Bracke kandidirte, die großartigsten Siegesvorberei tungen getroffen waren, so daß z. B. in Meerane schon die Kanonen der Schützengilde aufgefahren waren und einige Hundert Pechfackeln bereit lagen, um einen Siegesfackelzug zu veranstalten, war es diesmal so ruhig, daß wir Anfangs an der Richtigkeit des Resultats zweifelten; ich glaube, unsere Hallunken sind über ihren Sieg mehr erschrocken, als sie bei einer Niederlage entrüftet gewesen wären, und mit Recht; denn nachdem sie zur Besinnung gekommen sind, wird sie wohl das Gewissen nicht ohne Vorwürfe gelaffen haben.
Die Verfolgungen, denen unser Kandidat Auer ausgesetzt war, gingen ins Lächerliche; in der Regel gingen ein halbes Dutzend„ Diener der Gerechtigkeit" ungefähr zehn Schritt im gleichen Tempo hinter ihm her. Ging er in eine Restauration, so folgten sie ihm bis in die Gaststube, kehrte er bei einem Genossen ein, blieben sie auf der Straße stehen, bis er wieder zurückkam.
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Die Hauptsperson in der Geheimspionage war der hiesige Brigadier Freuzel Derselbe war ursprünglich Leinweber und ein halber Musifant; jetzt ist er nun noch ein unbrauchbarer Spion, denn zum brauchbaren hat er zu wenig Talent. Trotzdem der Biedermann behufs wirkfamer Spionage seinen Vollbart wegrafirt hatte und in Zivil ging, so wurde er doch von unsern Genossen fast überall erkannt und, da er sich als„ gewöhnlicher Gast" gerirte, den verschiedenartigsten, Scherzen" ausgesetzt, welche ihn meist veranlaßten, schleunigst aus dem Lokal zu verduften. Er würde sich zu diesen Hallnnkenposten vielleicht gar nicht herbeigelassen haben, wenn es nicht gegolten hätte, die verlorene Gunst seiner Vorgesetzten wieder zu gewinnen, die er infolge eines Ehebruchsprozesses, der im höchsten Grade ungünstig für ihn ausgefallen ist, verloren hatte. Es galt eben, seine und seiner Ehe Ehre zu retten, die Arbeiter konnten sich wohl gar unterstehen und einen Sozialdemokraten wählen, der bei der ersten besten Gelegenheit die Weibergemeinschaft" proflamiren konnte, und es würde diesem, sowie manchen anderen ,, Herren " sehr fatal sein, wenn sie sich mit mehr Frauen als ihren Angetranten beschäftigen" sollten; deshalb mußte tüchtig geschnüffelt werden. Aber, o wehe, trotz der gewißigten Schnüffelgarde wurden sozialistische Broschüren und Flugblätter bei Nacht und Nebel in die Häuser geworfen. Das war zuviel! Da reichten die offiziellen Polizeiorgane nicht aus, die in so hohem Grade gefährdete Sicherheit unserer friedlichen Bürger aufrechtzuerhalten, und so mußte denn die freiwillige Feuerwehr herhalten, um der Polizei Schergendienste zu leisten. Es war famos anzusehen, wie die braven Feuerwehrleute mit langen Stecken auf dem Rücken Nachts die Straßen der Stadt durchwanderten, angefeuert von ihrem Kommandanten, dem Kaufmann Edmund Reinhardt, einem der wüthendsten Sozialistenfresser, bei dem man nur bedauern kann, daß sein Magen nicht darnach eingerichtet ist, sonst würde er die bösen Sozialisten buchstäblich fressen.
Wer nicht weiß, wie es" armen" Leuten zu Muthe ist, dem rathen wir, sich bei einem der nachbenannten Herren zu erkundigen, die werden es ihm schon sagen. Der erste ist unser früherer Pfaffe Weidauer, jetzt Superintendent in Glauchau . Wenn bei mittellofen Leuten ein Sterbe fall vortam und sie den„ Herrn Pastor" um Ermäßigung des für ihn bestimmten Betrags baten, so sagte er: Ja, das geht nicht, mein Eintommen ist so nicht hoch, und meine Kinder kann ich doch auch keine Holzspalter werden lassen, ich habe nichts zu verschenken. Dieser fromme Erzheuchler ist denn auch wirklich arm, denn er hat nicht einmal so viel erübrigt, daß er seinen Sohn aus eignen Mitteln studiren lassen kann, sondern derselbe hat Freistelle mit ganzen Stipendien. Es ist auch ganz in der Ordnung, denn einen solchen Heuchler, wie Weidauer ist, der stets mit einem Auge gen Himmel schielt, wie ein Pferd, das auf einem Auge blind ist, einem solchen Mann muß natürlich unter die Arme gegriffen" werden.
Der zweite arme" Mann ist der Kaufmann Robert Bed. Derfelbe hat auf die Fürsprache des Herrn Weidauer ebenfalls einen Sohn auf der Hochschule mit denselben Vortheilen wie Ersterer. Das ist auch in der Ordnung, denn wenn auch Beck ein Vermögen von Hundert tausenden besitzt, so ist er doch ein frommes Schaf und demzufolge Mitglied des Kirchenvorstandes, ja sogar Kassirer desselben. Einem bessern Blutegel konnte das Amt nicht übertragen werden, mittellose Leute, welche augenblicklich zahlungsunfähig sind, verweist er einfach an die Armenkasse„ die Kirche kann nicht borgen". Der dritte in diesem saubern Kleeblatt ist der Advokat Groß, auch dessen Sohn genießt ganz dieselben Vortheile, wie die Söhne der beiden Ersteren.
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Erwähnt sei noch eine Polizeischurkerei, welche unser Polizeiesel Hötzel am Tage der Ausmusterung an zwei„ Vagabonden" verübt hat. Den einen dieser Unglücklichen drückte er so heftig gegen die Wand und schlug ihn so barbarisch mit seinem Stock auf den Kopf, daß der Stock sofort in Stücke sprang und dem Handwerksburschen das Blut aus allen Deffnungen des Kopfes heransströmte. Es dauerte jedoch nicht lange, so kam der Stiefvater unseres Polizeiesels, der Polizeiverwalter Herold, sowie noch mehrere achtbare" Bürger hinzu und transportirten die zwei Strolche" ins Rathhaus, wo diese dann mit Hilfe eines bei der Aushebung beschäftigt gewesenen Sergeanten nochmals so brutal durchgeprügelt wurden, daß das Wehegeschrei auf der Straße hörbar gewesen ist. Unser Polizeiesel weiß natürlich, was Strolchen und Faullenzern für eine Strafe gehört, denn er war selbst einer, aber ein„ echter". Wenn er damals nicht mit den Armenhausbewohnern aus einer Schüffel gegeffen hätte,( natürlich umsonst), so hätte er einfach verhungern müssen, wenn er sich nicht einem unredlichen Erwerb hingegeben hätte; ſeine Ehre ist überhaupt sehr zweifelhaft, er wurde zwar in einem Nothzuchtsprozeß von Rechtswegen" freigesprochen, aber vom Publikum bis auf den heutigen Tag noch nicht.
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Nun, Ihr elende Sippschaft, glaubt Ihr Eure Schandwirthschaft noch lange so forttreiben zu können? Wird der Tag der Vergeltung nicht bald nahen? An eine Versöhnung und einen gütlichen Ausgleich ist nicht mehr zu denken. Nun wohlan, drückt uns die Waffe in die Hand, aber wehe Euch, wenn wir Gebrauch davon machen müssen. Ich führe Krieg ohne Waffenstillstand und ohne Mitleid" rief der berüchtigte französische General Gallifet 1871 bei Niedermeilung der pariser Kommune aus, wir werden uns diese Worte einprägen und zur Geltung bringen, wenn es nothwendig ist. Unsere Banditenbrut hat volle Ursache, den Tag der Vergeltung so weit wie möglich hinauszuschieben, denn sie weiß recht gut, daß wenn der durch Hunger und schlechte Behandlung zur Verzweiflung gebrachte Löwe endlich die Fesseln seiner Gefangenschaft zersprengen wird, er auch an seinen Peinigern Rache nehmen wird. Und der Tag kommt.
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M. W.
Hannover . Was wir von hier mitzutheilen haben, ist leider nichts Erfreuliches. Auch hier sind uns, wie gerade in der letzten Zeit an einigen andern Orten, wackere und besonders verdienstvolle Genossen durch den Tod entrissen worden.
Alle Freunde werden es mit uns beklagen, daß das Haus unseres braven Genossen Loges, des Redakteurs von Haus und Welt", nun ganz verwaist steht, nachdem nunmehr auch die Mutter seiner Frau ihrer unvergeßlichen Tochter nach kaum Jahresfrist in das Grab gefolgt ift. Die Theilnahme hier war so groß, daß fast 200 Genossen dem Sarge folgten, trotzdem das Begräbniß Werktags stattfand. Die gegen wärtige längere Haft des Genossen Loges hat diesen seinen Verlust zu einem schweren Unglück gesteigert. Seine jungen Kinder sind allein in der öden Wohnung; sie haben Niemanden als die Nachbarn, die gelegentlich nach ihnen sehen. Man hat dem Vater nicht die Zeit gegeben, irgendwelche Anordnungen für sie oder für sein verlassenes Haus zu treffen. Diese Grausamkeit, noch dazu in einem Falle, der selbst vom Standpunkt des Sozialistengesetzes als eine widerrechtliche Verurtheilung bezeichnet werden muß, ist besonders empörend. Ueber den Prozeß selbst wurde bereits von anderer Seite berichtet.
Schwerer wurde die Partei direkt betroffen durch das Ableben unseres Genossen Kart Fink, dessen Begräbniß am 11. Juni stattfand. Fink war einer unserer ältesten und tüchtigsten Genossen, stets auf seinem Posten in der vordersten Reihe. Noch bei den letzten Wahlen ließ er sich durch sein schon hochgesteigertes Leiden, die Schwindsucht, nicht abhalten, täglich durch Umbertragen von Flugblättern, Wahlzetteln, durch persönliche Unterredung und in jeder anderen Weise unserer großen Sache zu dienen. Es war seine letzte Anstrengung. Er hat seitdem nur noch auf seine Erlösung gewartet, an nichts mehr Interesse nehmend als an dem Besuch von Freunden, denen er oft den Wunsch aussprach, noch eine Wahl erleben zu können. Er war überzeugt, daß der Ausfall einer solchen ein großer Schritt näher zum Ziele sein würde. Doch dem treuen Kämpfer war es nicht beschieden, mit dem Siegrufe einer neuen Schlacht im Ohre zu fallen.
Wie allgemein sein Werth anerkannt wurde, bewies das großartige Grabgefolge. Gegen 1200 Genossen geleiteten ihn auf dem letzten Wege, und bei ihrer Ankunft war der Kirchhof in Linden schon von einer theilnehmenden Menge besetzt. Denn auch bei der nicht zur Partei gehörigen Einwohnerschaft Lindens war Fink geachtet und beliebt. Auch Gesangvereine hatten sich eingefunden, um von dem Dahingeschiedenen mit ernsten Liederworten Abschied zu nehmen.
Die größte Auszeichnung erwies aber eigentlich der Feier unsere heilige Hermandad. Trotzdem der Zug sich mit größter Ruhe durch die Straßen bewegte, hatte sie sich in der ganz ungewöhnlichen Stärke von über 20 Mitgliedern eingefunden. Offenbar hatten dieselben erwartet, daß an dies Begräbniß sich eine große Demonstration knüpfen würde, und gehofft, dabei die vor einem Jahre bei der Beerdigung der Frau Loges erlittene Schlappe wieder auszuwezen. Es geht dies auch daraus hervor, daß diese zartfühlenden Wächter des Wohles der Gesellschaft förmlich auf Fint's Tod gewartet hatten und sich bei Gelegenheit des zufällig kurz vorher erfolgten Todes eines anderen Fink sofort vergewifferten, ob es der unsrige sei, oder nicht.
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Vorzüglich galten wohl alle diese Maßnahmen dem Zweck, bei dieser ähnlichen Gelegenheit den unbekannten, gefährlichen Redner zu fassen, der ihnen bei dem Begräbniß der Frau Loges entkommen war, ein Verlust, über den sich ihre sorgsamen Herzen noch immer nicht trösten können. So wurde denn, als sich die Leidtragenden vor dem Trauerhause versammelten, sofort Petroleum " gerochen. Rothe Blumen und Schleifen wurden von den Kränzen genommen, rothe Manchetten, Knöpfe und Kravatten entfernt und den Leuten geradezu vom Halse gerissen; vier junge Leute, die sich weigerten, ihre Halstücher abzunehmen, war man schon im Begriff zu verhaften! Wirklich, die Aufregung, welche jeder Fezzen Roth in der Konstitution dieser Braven hervorruft, erinnert ein wenig deutlich an ein gewisses horntragendes Hausthier.
Zur Vorsicht wurde gleich das Grab umstellt, damit etwaige Redner nicht wieder in der Menge verschwinden könnten, ehe man sich durch. gedrängt, und als wirklich ein Genosse an das offene Grab trat und bemerkte, der Verstorbene sei ein Ehrenmann gewesen, da ergriffen ihn sofort die Staatsretter, vier derselben führten ihn zur Wache, gefolgt von der ganzen übrigen Mannschaft als Bedeckung; diese sperrte sogar eine zeitlang den ganzen Straßenverkehr, bis der kostbare Fang den nachströmenden Genossen aus dem Gesicht geschafft war. Leider war es auch diesmal nicht der Rechte, und nach einigen Stunden mußte man ihn entlaffen.
Die ganze Mobilmachung hat also weiter fein Resultat gehabt, als das allgemeine Publikum uns infolge des so ganz ungerechtfertigten Einschreitens der Polizei günstig zu stimmen, wofür wir derselben recht dankbar sind.
Umsomehr scheint sich die ganze getäuschte Wuth der väterlichen Lokalregierung gegen den armen Genossen Loges und sein harmloses Blatt „ Haus und Welt" gerichtet zu haben. Das Blatt ist verboten und der Redakteur zu einer längeren Haft verurtheilt, und zwar unter Angabe von„ Gründen", die selbst unter den bestehenden Gesetzen unstatthaft sind, wie oben schon erwähnt worden ist.
Der ganze Prozeß ist so bedeutsam und charakteristisch für unsere Zustände, daß er einen längeren Bericht für sich erfordert. Inzwischen ist das Blatt vernichtet und der Redakteur für vier Monate ficher eingeschloffen.
Madai, was willst Du noch mehr?
München , im Juli. Seit der Ausnahmegesetzgebung im deut schen Reiche, namentlich aber seit dem Jukrafttreten des Sozialistengesetzes, sperrt man alle rechtschaffenen Leute, welche für die edelsten Ziele der Menschheit eintreten, in Gefängnisse und Zuchthäuser, während die geriebensten Schurken nicht nur frei herumlaufen, sondern sogar die höchsten und einträglichsten Aemter innehaben. Zu diesen Schurken gehört auch der Polizeikommissar Gehret in München , welcher mindestens schon eine lebenslängliche Zuchthausstrafe verdient hätte; ihm ist es gleich, ob er monatlich einen oder zehn Meineide schwört, wenn nur die Sozialisten hinter Schloß und Riegel kommen.
Vor längerer Zeit lud Gehret unsern Genossen Dußmann ein, sich über die Niederlegung eines Kranzes auf das Grab eines verstorbenen Sozialdemokraten aushorchen zu lassen. Dußmann kam auch nach wiederholter Vor ladung nicht. Eines Tages erschien Gehret selbst in der Wohnung Dußmanns, und zwar in Begleitung eines Gensdarmen; Gehret wurde so zudringlich und unverschämt, daß ihm Dußmann unter Hinweis auf sein Hausrecht die Thür weisen mußte, worauf der fettfüchtige Bolizeibengel
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so wüthend wurde und den schwächlichen Dußmann derart würgte, daß dieser seine Arbeiter zu Hilfe rufen mußte. Am 27. Mai, am Tage nach dem großen Münchner Sozialistenprozeß, dessen Ausgang der Sozialdemokrat" bereits gemeldet hat, stand Dußmann vor dem Richter, angeklagt des Widerstands gegen die Staatsgewalt". Gehret drehte, wie immer, die Thatsachen in ihr Gegentheil um, und sein Zeuge, der oben erwähnte Gensdarm, wollte anfangs nur die Wahrheit sagen, doch erpreßte der ehrlose Präsident schließlich soviel, daß Zeuge„ gesehen zu haben glaubt e", wie sich Gehret ein wenig unfreiwillig nach rückwärts geneigt hatte.
Trotzdem Dußmann mehrere Entlastungszeugen vorgeführt hatte, wurde er zu drei Wochen Gefängniß und in die Kosten verurtheilt; es wird jedoch das Reichsgericht noch darüber zu entscheiden haben. Ebenso wird dieses berüchtigte Institut das Urtheil der fünf nicht inhaftirt gewesenen, beim letzten Prozeß verdonnerten Sozialisten zu revidiren haben.
Einige Tage später wurde Dußmann zur Nachtzeit von zwei Gensdarmen überfallen und auf offener Straße seiner Werthpapiere beraubt, sodann in die Räuberhöhle, genannt Polizeigefängniß, geschleppt und am andern Tage ohne jedes Verhör wieder in Freiheit gesetzt.
Auch Genosse Gradler wurde lezthin wegen Geldsammlungen für die Familien der Inhaftirten zu 30 Mt. Geldstrafe und in die Gerichtstoften verurtheilt.
Durch fortgesettes wüthendes Hausdurchsuchen gelangte unsere Ordnungsbande zu keinem günstigen Resultat und, da sie durch unsere Stimmenzahl bei der letzten allgemeinen Reichstagswahl vollends aus dem Häuschen gerieth, so mußte zu anderen Mitteln gegriffen werden: Verstärkung der Detektivpolizei und Engagement von charakterlosen Subjekten in unseren eigenen Reihen zu Spionirdiensten. Letzteres scheint denn auch thatsächlich gelungen zu sein!
Indeß ist Gehret, der Meineidige, seinem Ziele, der Abschlachtung der hiesigen Sozialdemokraten, nur insofern etwas nahe gekommen, als vermittelst brieflicher Einladungen eines strebsamen Polizeigenies( wahrscheinlich wars Gehret selbst) zu einer Zusammenkunft in Haidhausen eine Anzahl ehrlicher Arbeitsmänner in einem Wirthshause abgefangen, und auf Grund von anonymen Mittheilungen eines Unbekannten, welchen Gehret eidlich als glaubwürdig bezeichnete, der Geheimbündelei beschuldigt und verurtheilt wurden, was einige Hasenherzen so erschreckte, daß sie sich von da ab der Erfüllung ihrer Parteipflichten entzogen haben.
Doch muß ich hier konstatiren, daß bei den Betreffenden diese an Feigheit streifende Pflichtvergessenheit schon seit jener Zeit sich bemerkbar gemacht hat, als die bekannten hervorragenden Ausreißer allen Gleichgesinnten das willkommene Beispiel gaben, sich auf die Auswanderungsschiffe zu flüchten und und uns den Trost zurückzulassen, daß ihr Geist unter uns sein wird, wenn wir einmal anfangen, mit unseren Feinden abzurechnen!
Andere auswanderungsluftige aber geldlose ältere Parteigenossen zeigen sich ganz ermattet, als wären sie im Kampfe gegen unsere Ordnungsbanditen bereits zu Invaliden geworden; kommt dann noch hinzu, daß bei einer Reichstagswahl ein anderer Kandidat aufgestellt wird, wodurch sie ihr werthes Jch hintangesetzt glauben, so ziehen sie sich vollends zurück und haben nur noch das Bestreben, irgend ein fettes und sicheres Pöstchen zu erringen, wo sie alsdann dem weiteren Verlauf unseres Kampfes mit den feindlichen Mächten ruhig zusehen können! Diese Thatsache muß deshalb hier zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden ,. weil diese Pflichtvergessenen sich noch anmaßen, sich den München berührenden sozialistischen Reichstagsabgeordneten gegenüber als hervorragende Führer zu geriren, und sie förmlich mit Beschlag belegen, so daß die wirklich eifrigen und thätigen Genossen, welche oft höchst wichtige Angelegenheiten mit den Abgeordneten zu besprechen hätten, von deren Anwesenheit erst dann erfahren, wenn sie unsere Stadt bereits wieder im Rücken haben! Dies mögen sich die betreffenden Abgeordneten zur Kenntniß dienen lassen.
Was den großen unbekannten oder ungenannten Denunzianten anbelangt, so hat man in hiesigen Parteikreisen eine bestimmte Persönlichkeit in dringendem Verdacht, mit der Polizei in Verbindung zu stehen; es fehlen jedoch genügende Beweismittel. Einzelne Genossen sind der Meinung, daß die Polizei in unserer Mitte keinen Spion hat, daß sie nur von eifrigen Detektivs informirt werde, und daß es Gehret, als er bei der Verhandlung gegen unsere 18 Genossen die Namensnennung des Spions verweigerte, nur darauf antam, uns zu beunruhigen und unsere Bemes gung dadurch lahm zu legen.
Wir werden auf jeden Fall scharfe Wache halten, und wenn wir jenen Denunzianten endlich sicher Denunzianten endlich sicher haben, so soll er entsprechend berücksichtigt
werden.
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Berichtigung.
Mwf.
Stuttgart , 21. Juli. In dem hiesigen Bericht Nr. 29 des S.-D." wurde der seit Jahren von hier abwesende und jetzt in Maul bronn befindliche früher hiesige Polizeifommiffär Honold, mit seinem nunmehr hier als Polizeikommisjär funktionirenden Bruder verwechselt. Wir berichtigen dies hiermit, damit keiner dieser Herren um seine wirklichen Verdienste geschmälert werde und der hiesige nicht glaubt, man kenne ihn nicht genügend. Honold Stuttgart ist also der liebentbrannte Denunziationenschnapper; Hon old Maulbronn unser diplomatischer alter Freund Silbenstecher.
und
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Briefkasten
Philadelphia: Anfrage nach
der Redaktion: Meerane : in nächster Nummer. Desgleichen; warum erhalten wir das„ Tagblatt" nicht? München : Verantwortet M. R. auch den Briefkasten der„ S. P."? U. A. w. g.
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der Expedition. Der Bekannte: Mt. 70,- à Cto. fr. Zt. richtig erh. Attg. aus Versehen verspätet. Gen. Paris : Fr. 87,70 pr. Agfds. u. Ufds. dkd. verw. Spezialqttg. später. Fr. 32,55 pr. Schft. u. à Cto. Ab. gutgebr. Abrechng. folgt. Maulwurf Gz.: f. 15, d. Ufds.
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dkd. gutgeschr. Addr. gelöscht. Hms. Z.: Fr.-, 25 f. Schft. erh. I. P. Luzern : Fr. 2, Ab. 3. Qu. erh. Fr. 1, d. Ufds. dkd. einverleibt. tnach: Mt. 6, Ab. 3. u. 4. Qu. erh. Wie soll der„ en passent- Besuch" heißen? Gruß! J. R. Heiden: Fr. 2, Ab. 3. Du. erh. H. M. Rdf.: Mt. 3,- Ab. 3. Qu. über B. erh. Badener: Mt. 20,- nebst Bf. v. 18/7 erh. u. sofort chargé weiterbesorgt. Gottlieble: Mt. 8,60 Ab. 3. u. 4. Qu. durch K. W. erh.
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J. B. K. H. a. B.: Mr. 3, Ab. 3. Qu. erh. Bericht erwartet. A. L. M. : Mt. 3,75 Ab. 2. Qu. erh. Rother Hans: Mt. 17,40 Ab. Juli erh. Bfl. Weiteres.- G. W. Genf : Fr. 12, à Cto. durch B. erh. Michel Stieber: 3hlg. v. 5/7 lt. Bf. v. 19/7 gebucht. Schft. folgen mit 31. Bfl. am 22/7 Weiteres. Marowsky: Bf. v. 24/7 erh. Antwort folgt durch-r selbst. Gracchus W.: Mt. 34,20 à Cto. Ab. durch Freundeshand erh. Brief erwartet. Ferd. Notizen durch E. am 23/7 erh.-- R- 100- ph: Nachr. v. 18. eingetr. Alles beachtet. Gracchus F.: Mt. 133,20 Ab. 3. Benützte Addr. ist erloschen!. Qu., Mt. 1, à Cto, u. Mt. 6,- pr. Ufds. dkd. erh. Desgl. Bf. v. 21/7 v. R. A." Or.: Mt. 100,- á Сto. Ab. erh. Bfl. am 25/7 Weiteres. Fiskus in Benedig: Fr. 2, Ab. 3. Qu. erh. Giftmischer-m: J. K. Schaffhausen: Fr. 3,90 f. Schft. erh. Mt. 10,- für Ab. 3. Qu. u. Agfds. dkd. verwendet. Neuer wird besorgt. Ahasverus: Mt. 3, Ab. 3. Qu. f. K. erh. Weiteres bereits nach Angabe besorgt. Blaschte: öwfl. 4,45 à Cto. Ab. bis Ende - L. Sch. E.: Sept. erh. Weireres sobald Alles dort vollends intakt. Mt. 3,36 Ab. 3. Qu. u. Schft. u. Mt. 4,04 für Ufds. dkd. verwendet. F. W. Fritzsche Philadelphia: Fr. 61,08( 12 Doll. á Fr. 5,09 Tagesfurs) Ab. 3. Qu. u. Schft. 2c. erh. Weiteres besorgt. Gruß! asp. a. a. Bfe. v. 23/7 haben sich gekreuzt. Addr. notirt. G. beordert. Glühwurm 1 u. 2: Mt. 6,- Ab. 3. Qu. erh. Wt. 5, Ab. 3. Qu. u. Schft. erh. Addr. geordnet. Mt. 6, Ab. 3. Qu. erh. Roland: Nachr. v. 22. am 26. erh. Ver Schorse: Bf. v. 21. am 26. spätung in Zwischenhand. Bf. folgt. erh. Verspätung durch Zwischenhand, da verreist war. Bf. folgt. Bremen : Daß der Seßerteufel" in den kaisertreuen ,, BremerNachrichten" den Kaiser„ den Uretel"( statt dem Urenkel) auf den Armen halten ließ, ist ein efliger Beweis dafür, daß dieser„ Schwarze" weder Potentaten noch andre Erdenwürmer menagirt.
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P.
K. F. B.:
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H. St. Za.