Eine weitere Nothwendigkeit ist, daß unser ganzes Auftreten ein möglichst gerades, offenes, durchsichtiges sei. Das Volk versteht sich nicht auf diplo­matische Winkelzüge, Verdeckungen und Vertuschungen, sondern wird durch sie nur verwirrt und schließlich an uns und sich selbst irre. Eine sozialdemokratische Politik muß so beschaffen sein, daß fie in jeder ihrer Phasen und Handlungen der Masse verständlich bleibt. Darum gerade heraus und offen die offenen Spiele sind die starken Spiele! Verhüllen wir nicht unser Banner zaghaft oder überklug, sondern lassen wir es frei flattern, auf daß es alle Welt sehe. Bramarbafiren wir nicht, suchen wir uns aber ebensowenig als harmlos und ungefährlich hinzustellen. Lassen wir alles Verstecken, Vertuschen, Leugnen und Heucheln als unserer unwürdig und sagen wir offen und steifnackig unseren Feinden: Jawohl, wir sind, staatsgefährlich", denn wir wollen Euch vernichten! Jawohl, wir sind die Feinde Eures Eigenthums, Eurer Ehe, Eurer Re­ligion und Eurer ganzen Ordnung"! Jawohl, wir sind Re­volutionäre und Kommunisten! Jawohl, wir werden der Gewalt mit der Gewalt begegnen! Jawohl, wir glauben fest an eine baldige Umwälzung und Befreiung, wir hoffen auf sie und bereiten uns durch geheime Organisation und Agitation und Alles, was Eure Gesetze" verbieten und uns gut dünkt, auf dieselbe nach Kräften vor! Ihr habt die Machtfrage gestellt, gut, wir nehmen sie auf. Wir werden uns eines nicht fernen Tages schlagen, und der Sieger wird das Gesetz machen!...

"

"

Dies ist die einfachste, würdigste und einzig den Verhältnissen entsprechende Politik. Sie behütet uns vor falschen Hoffnungen und schwächlichen Zugeständnissen, verscheucht jede Zweideutigkeit und Schaukelei, verschafft uns die unwillkürliche Achtung der Gegner, sowie die Zuneigung und das Vertrauen des Volkes; fie bringt uns nach jeder Richtung in eine gerade, innerlich wahre und darum günstige Lage. Dabei schließt sie auch die sogenannte pofitive" Wirksamkeit, d. h. die Versuche zu augen­blicklichen kleinen Verbesserungen der wirthschaftlichen und sonstigen Lage des arbeitenden Volkes durch Ausnüßung aller parla­mentarischen und sonstigen gesetzlicheu" Mittel nicht aus, zieht aber deren Anwendung und Werthschätzung die nothwendigen Grenzen. Diese Politik muß in allen Parteihandlungen: in der Presse, in der Agitation, vor Gericht, im Parlament unsere un­wandelbare Nichtschnur sein. das im

"

Dann wird unsere Partei wieder aus einem Guß, underwund­bar und jeder Situation gewachsen sein, weil sie von keiner überrascht wird.

Sisyphusarbeit.

Die griechische Sage erzählt uns von einem Sisyphus, welcher eines Verrathes halber von Zeus   in den Tartarus geschleudert und zu einer schrecklichen Strafe verdammt wurde. Er mußte einen schweren Felsblock auf die Höhe eines steilen Berges wälzen; sobald aber der Stein den Gipfel erreicht hatte, rollte er unaufhaltsam, unter schrecklichem Getös, wieder in die Tiefe hinunter, so daß der Büßer gezwungen war, seine fruchtlose Arbeit ewig von Neuem zu beginnen. Daher schreibt sich das bekannte Wort: Sisyphi saxum volvere" den Stein des Sisy­phus wälzen, zur Bezeichnung für eine schwere, vergebliche Arbeit.

Sisyphi saxum volvere, so kann man mit größtem Fug und Recht auch Denen zurufen, die im politischen Kampfe einer von ihnen selbst als nichtswürdig" deklarirten feindlichen Gewalt gegenüber, sich im Tone hohen fittlichen Geistes auf das Prinzip der Gesetz­lichkeit" berufen.

Diese Menschen gehen von dem ganz unverzeihlichen Irrthum aus, daß, wo sogenannte Gesetze sind, auch ein gesetzlicher Zustand eristire. Sie halten es, wenn auch nicht immer für ausreichend, so doch für ,, ehrenvoll", sich auf gesetzlichem Wege" für die Freiheit und Wohlfahrt des Volkes aufzuopfern, statt durch ungesetzliche Mittet" ihre guten Zwecke zu kompromittiren. modusdojantis alp

Es ist das, grad' herausgefagt, ein Theil derjenigen ,, Gewissenhaftigkeit", welche in die Kategorie der Thorheit gehört. Für meine lieben Landsleute, die Deutschen  , ja selbst für sehr viele meiner politischen Freunde, ist es hohe Zeit, daß sie über den Artikel, Gesetzlichkeit" ver­nünftigere und praktischere Ansichten gewinnen, daß fie aufhören, ihre Kräfte in politischer Sisyphusarbeit zu vergenden!

Meinen politischen Freunden, von denen ich hier spreche, muß ich zu­geben, daß sie allerdings das Rechtsbewußtsein des Volkes innerhalb einer engen Sphäre wach erhalten haben und das ist immerhin ein nicht zu unterschätzendes Verdienst. Was aber haben sie an realen Erfolgen, au Fortschritten im politischen Kampfe aufzuweisen? Nichts, rein gar nichts! Sie haben sich verhöhnen lassen über ihre Anstrengungen und sich strafen lassen für ihren guten Willen. Das ist es, was ihnen von Seiten der Gewalt zu Theil geworden. Und ist es denn wirklich genügend mit der bloßen Aufrechterhaltung des Rechtsbewußt­seins? Nein, es gilt jetzt, die Sphäre des Rechtsbewußtseins über den uns einengenden Kreis hinaus zu erweitern und der Zukunft durch ent­schiedenere Mittel vorzuarbeiten. alion

Blicke man auf Deutschland  . Welch entsetzliche Bedrückung des freien Geistes, welch furchtbares Chaos von Unrecht, welch vielfache Verwachsen­heit der Reaktion, welch ungeheure Differenzen zwischen dem Alten und dem Neuen, welche riesenhafte Ansammlung von Widerstandskräften gegen

"

Gesetzlichkeit" ist eine Schande; das Reich der Ungesetzlichkeit" hin­gegen muß für eine Ehre erklärt werden. Es ist schmachvoll, daß wir wirklich mit Satzungen der Gewalt rechnen müssen, doppelt schmachvoll aber ist, wenn wir diese Satzungen wirklich als Gesetz achten!

So wie die Gewalt, und für uns Deutsche besonders diejenige Gewalt, welche die freie Meinungs- und Willensbethätigung im Staate ausschließt, die Grenze bezeichnet, wo der Begriff und die Pflicht der Gesetzlichkeit aufhören, so bezeichnet sie auch die Grenze für den Begriff und die Pflicht der Moral. Wie sollte derjenige, welcher mir Gewalt anthut, mich ver­pflichten können, seiner Eigenmacht gegenüber meine Gesetzlichkeit und seiner Schlechtigkeit gegenüber meine Moral zu üben, sie zu üben zu seiner Unterstützung und zu meinem Verderben? Gesetzlichkeit und Moralität find nur möglich durch die Freiheit und können nur geübt werden in der Freiheit. Wer mir Gewalt anthut, mit Gewalt mein Recht vorenthält, mit Gewalt meine Freiheit raubt, der verzichtet dadurch von vornherein auf die Anwendung nur moralischer Mittel von meiner Seite, mich seiner Gewalt zu entziehen, es sei denn, daß er mich für einen Narren meiner Moralität halte. Und solcher Narren gibt es in Deutschland   leider noch gar viele! Sie sind im Stande mit dem Nachschlüssel in der Hand im Gefängniß zu vermodern, weil sie es für unmoralisch halten, den Büttel zu betrügen. Ja, fie gehen in ihrer Narrheit womöglich so weit, zu glauben, daß sie durch ihre gesetzmäßige Geduld die Büttel bestechen und veranlassen können, ihnen vor Freiheitsbegeisterung selbst die Thüre zu öffnen.

Der Gewalt gegenüber muß der Satz, daß der Zweck die Mittel hei­lige", ganz offen verthei digt werden. Mögen die Kreaturen der Gewalt über Jesuitismus schreien, was liegt daran? Sie aber sind ja die Jesuiten  . Ihnen gegenüber kann der Verfolgte und Bedrückte niemals zum Jesuiten   werden. Unser Zweck ist die Freiheit und Wohlfahrt des Volkes. Das ist ein guter Zweck und gewiß aller der Mittel werth, deren freie Wahl und Anwendung durch die Gewalt verhindert wird. Die Gewalt will nicht, daß wir diesem Zwecke offen zustreben, nun wohl, so streben wir ihm heimlich desto energischer zu. Verwirklicht werden muß und soll er!

Die Verwerflichkeit besteht nicht darin, einen guten Zwed durch un­erlaubte" Mittel zu erreichen, wenn die normalen unmöglich sind, son­dern die Verwerflichkeit besteht darin, auf den guten Zweck zu verzichten, weil der Feind desselben nicht die nor­ma len Mittel dazu gewähren will. Stlave zu sein, wenn es noch irgend ein Mittel gibt, frei zu werden, das ist die tiefste Tiefe der Erniedrigung des Menschen, und auf dieser Stufe wollen die Ge­waltmenschen das Volk festbannen durch die Kultivirung ihrer ligenhaften ,, Gesetzlichkeit" und ihrer lügenhaften Moral".

-

-

oder

Der Gewalt gegenüber gibt es allerdings keine andere Wahl, als ent­weder gesetzlich und moralisch" auf die Freiheit zu verzichten, und ,, unmoralisch" ,, ungesetzlich" und ,, nnmoralisch" die Freiheit zu erobern. Versuche Einer, ftreng gesetzlich und moralisch" die Gewalt zu bekämpfen! Er wäre reif für's Narrenhaus! Entweder würde er vor lauter Gesetzlichkeit" stumm sein müssen, und dann bliebe die Freiheit todt; oder er würde vor lauter ,, Moralität" dem Feinde offen seine Zwecke verrathen, und dann schickte man ihn zum Lohne dafür in's Zuchthaus.

Es liegt im Wesen der Gewalt, daß sie die offenen Wege verstopft und nur die heimlichen übrig läßt, daß sie die humanen Mittel unmög lich macht und die inhumanen gegen sich beschwört. Wer im Zustande wahrer Freiheit ungesetzlich handelt, ist ein Verbrecher, und wer als freier Mensch seine Nebenmenschen betrügt, ist ein Schurke; wer aber die Gesetze der Gewalt umstößt, der ist ein Befreier, und wer ihr durch Betrug" oder Gewalt" die Freiheit abringen kann, der er hält von der Partei wie von der Geschichte vollkommenen Ablaß. Wenn die Gewalt gefeßlich" das Essen verböte, würdet ihr der Ge­setzlichkeit zu lieb öffentlich verhungern, oder würdet ihr gegen das Gesetz heimlich euch satt effen? Die Antwort auf diese Frage ist die Erklärung der Pflicht, die Gewalt zur Ausübung der natürlichen und unveräußer lichen Menschenrechte auf jede Weise zu betrügen. Ein solcher Be­trug" ist kein Betrug. Ein Verbot der Gewalt kann kein Recht zum Unrecht machen, vielmehr ist die Gewalt felbft Unrecht und ihr Verbot ist es auch. Wie sollte die Mißachtung, die Uebertretung dieses Ver­botes ein Unrecht sein können?! Die Gewalt hat keinerlei Anspruch auf Ehrlichkeit. So gut ihr verpflichtet wäret, euch heimlich nach Ver­mögen satt zu essen, wenn man es mit einem Eßverbot auf euer Leben abgesehen hätte, so gut seid ihr verpflichtet, heimlich die freie Sprache zu verbreiten, wenn man es mit einem Sprachverbot auf eine Freiheit ab­gesehen hat. Das Recht auf die Freiheit ist eben so ausgemacht, wie das Recht auf's Leben, und die freie Sprache ist ebenso unentbehrlich, wie das Essen.

Jeder Sozialdemokrat ist verpflichtet, diese Grundsätze mit allem Fanatismus, dessen er fähig ist, praktisch zu verwerthen. Der Fana tismus gegen die Gewalt ist ebenso nothwendig, wie gerechtfertigt. Der Fanatismus gegen bloße Ansichten mag unwürdig und unsinnig genannt werden; der Fanatismus gegen die Gewalt ist eine Konsequenz der Vernunft, wie der Gesinnung. Ansichten müssen und können durch vernünftigen Austausch geheilt, sie können berichtigt werden; an der Gewalt aber ist nichts zu heilen und zu berichtigen, sie muß ver­nichtet werden, vollends da, wo sie als Prinzip auftritt, wo sie als Autorität sich heiligt und von vornherein und für alle Zeiten die Frage nach der Rechtmäßigkeit ihrer Existenz absolut zum Verbrechen, wie den Gehorsam gegen ihre Befehle absolut zur Pflicht macht. at Wer anders denkt und anders handelt, wer mit gesetzlichen Mitteln die despotische Gewalt zu bekämpfen sucht, um dabei nach Absicht dieser Gewalt gesetzlich" zu Grunde zu gehen, dem gilt das Wort: Sisyphi saxum volvere." ids Fr. K. and molni? sun bilgilib

99

mäßigkeit der Petitionen und Proteftationen sprach, riß mir der Geduld­faden und ich schwang mich auf ein hohes umgestülptes( freilich aus­getrunkenes) Weinfaß neben der Rednerbühne, den Justemilieu- Apostel geradezu niederzuschreien. Unter rauschendem Applaus betonte ich vor Allem die Nothwendigkeit allgemeiner Volksbewaffnung, unter Anderem ſagend:

Hinter den Verordnungen der Regierungen stehen Kanonen und Bajonette, drum werden sie befolgt; hinter unsern Petitionen und Protestationen steht nichts, und darum bleiben sie auch in den Augen der Regierungen nur lächerliche Vorstellungen. Wollten wir daher, daß unsere Proteftationen Erfolg haben, so müssen wir auch Kanonen und Bajonette dahinter stellen. Also zur Volksbewaffnung!"

Außer dem stürmischen Beifall meiner erhitzten Zuhörer hatte ich auch noch später durch das nüchterne Urtheil eines königl. bayr. Untersuchungs­richters Genugthuung geerntet, indem er sagte: Sie allein haben in Hambach   eine praktische Rede gehalten."

Müßte ich unter bewandten Umständen in Deutschland   nicht ganz ähnlich reden und würde dies nicht, ohne der Sache viel zu nüßen, noch schlimmere Folgen als vor fünfzig Jahren für mich haben? Wohl weiß ich jetzt, daß die gemäßigte Haltung der meisten der damaligen Wort­führer viel Berechtigung hatte, denn sie wußten, daß das übrige Deutsch­ land   bei Weitem nicht so revolutionsbereit war, wie die Pfalz  . Nun, ich meinerseits habe eben der Stimmung der nothleidenden Volksklaffe Ausdruck verliehen. Ueberhaupt versteht sich das Volk nur auf Grund­sätze und denselben entsprechendes Handeln und nicht auf politische Bedenken und diplomatische Rücksichten. Auch ich begriff damals noch nicht, daß sich Revolutionen weder herdekretiren, noch wegdisputiren lassen, sondern daß sie eben aus dem Schooß der geschichtlich wirkenden Thatsachen unaufhaltsam herauswachsen und sich, wenn sie reif, gleichsam von selbst erfüllen. Auch ist zu bedenken, daß es in den dreißiger Jahren, wie 1848 und 49, zunächst galt, die Herrschaft der Bourgeoisie zum Durchbruch zu bringen, was jedoch bis heute noch nicht gelungen ist, da sie, namentlich in Deutschland  , dem monarchischen Staat, besonders in politischer Beziehung, den Löwen­antheil der Macht überlassen und dann sich für die von demselben aller­gnädigst erhaltenen Fußtritte unterthänigst bedanken muß. Es geschieht ihr recht!

Inzwischen ist eine neue Bewegung auf dem kulturgeschichtlichen Schauplatz erschienen, geleitet und behütet von der allein allmächtigen Vorsehung, die den großen Vorzug hat, nicht göttlich, sondern nur rein weltlich zu sein. Diese Allmacht heißt: Gewalt der Umstände Logit der Thatsachen und das von ihr getragene und aus dem Gedanken­reich in Wirklichkeit übergegangene, zu Fleisch und Blut gewordene Be­wegungselement: Sozialdemokratie".

"

Die Signatur der Zeit ist Klaffenkampf: hie Kapitalismus   und Bour­geoisie, hie Sozialismus und Proletariat; hie eine herrschende und aus­beutende, hie eine unterdrückte und ausgebeutete Klasse; hie eine in Ueberfluß schwelgende, täglich winziger werdende Minorität und hie eine in Elend schmachtende, täglich größer werdende Majorität; kurz: hie ein im Absterben und hie ein im Aufleben begriffenes kulturgeschichtliches Produkt; die eine will ihre bevorzugte Stelle behaupten, ihre Herrschaft monopolifiren und unter dem Deckmantel der individuellen Freiheit die persönliche Willkür verewigen; die andere will jede Borberechtigung und alle Klassenherrschaft abschaffen, die Gleichberechtigung am Lebensgenuß erringen und die Freiheit zum Gemeingut machen; jene hat die Reaktion zu ihrem Schiboleth und diese die Revolution zu ihrem Losungswort. Das ist daher ein Kampf, der keine Kompromisse zuläßt, der aus­gefochten sein muß auf Leben und Tod. Sein Ausgang fann nicht zweifelhaft sein, denn mag er noch so lange hin und her schwanken, so muß schließlich der Sieg ganz und voll der, ob ihres allgemeinnützigen Zweckes durchfitteten Sozialdemokratie dem Sozialismus dem Sozialismus- gehören, da der aller sittlichen Grundlage baar gewordene Kapitalismus an sich selbst zu Grunde gehen und bei seinem Sturze sowohl die Bourgeois­als jede dynastische Herrschaft sammt dem Ungeheuer des Militarismus, dieser zum Schooßfind gewordenen Ausgeburt des Klaffenstaats, unauf­haltsam mit hinabreißen wird.

-

Die Sozialdemokratie, so jung sie noch ist, nimmt schon eine impo­nirende Stellung ein, und seitdem sie mannbar geworden, machen ihr nach einander alle Herrschaften die Kur; der Fürsten  - und der Geld­herrenstaat, die alleinseligmachende Kirche, arbeiterfreundliche Bourgeois­gruppen, alle möchten sie gerne heimführen und in die Haushaltung schlachten. Sie wird sich aber weder durch Schmeicheleien fangen, noch durch Bedrohungen einschüchtern lassen, sondern grundsaztren und ledig bleiben. Darum wird sie auch nichts mehr auf die, wenn auch noch so ernstlich und wohlgemeinten Reformen halten, weil, bis deren gute" Wirkungen fühlbar werden, die kapitalistische Furie inzwischen im Schooße der Gesellschaft wieder so große Verwüstungen angerichtet, daß der Reformsegen immer und immer zu spät kommt.

Nur Radikalturen können helfen!

Nicht nur politische Freiheit und Gleichheit vor Gott  " und dem Gesetz sind hinreichend, sondern auch die ökonomische Unab­hängigkeit die Gleichheit vor den Menschen missen wir haben. bislas un

Wenn es in den 20er und 40er Jahren noch längerhin unter der Gemeinverbindlichkeit aller Stammverwandtschaften der Wiedergeburt Deutschlands   galt, so gilt es heutzutage unter der Solidarität und Ver­brüderung aller Kulturvölker die Wiedergeburt der Mensch heit wobei die Sozialdemokratie Geburtshilfe leiften und, wenn es Noth thut, auch den Kaiserschnitt nicht scheuen wird.

So schafft die Geschichtsvorsehung fort und fort an der Vollbringung des Erlösungswerkes, wobei jedoch die von ihr an die Spitze gestellte Sozialdemokratie weniger schiebt als geschoben wird.

eine beſſere Zukunft, welche wahnsinnige Hartnätigkeit der Gewalt gegen Ein Hambacher über das Hambacher Fest.and nicht vor versammeltem Bolke besprochen werden dürfen, so

das Recht! Wenn dieser schauderhafte Zustand mit den sogenannten gesetzlichen" Mitteln, also mit den Mitteln, welche die Gewalt selbst erlaubt, geändert werden kann, dann, wahrlich, ist es Zeit, wieder an Wunder und an göttliche Gnade zu glauben!

sidan

Gewalt und Gesetz find Gegensätze. Wo Gewalt herrscht, da gibt es kein Gesez, da ist das Gesetz ebenfalls Gewalt, es ist nur eine geschriebene Gewalt, welche den Bewaffneten zur Maske und Er­gänzung dient. Wo die Gewalt einmal herrschendes System ist, da weicht sie auch nur der Gewalt. Die Gewalt des Volkes muß die Gewalt der Reaktion zu Boden schlagen; nur dieser Weg führt es zu einem Zustande, wo das wirkliche Gesetz zur Herrschaft gelangt. Gesetz muß der Rechtsausspruch aller derer sein, die sich ihm unterwerfen. Gesetz ist der als allgemeine Richtschnur ausgesprochene Wille freier Staatsbürger, welche ihm freiwillig gehorchen. Das nur allein ist Gesetz! Nun fragt euch in Deutschland  , ob ihr Gesetze habt? Geht alle als Geseze" euch aufoktroirte Sagungen der Gewalt durch und laßt jeden aus dem Volke seine Stimme darüber abgeben ihr werdet vielleicht nicht zehn Paragraphen finden, welche von denen, die nicht Anhänger der Gewalt sind, als Aus­sprüche ihres Rechtswillens anerkannt werden könnten.

Die Gewalt diktirt euch ihren Willen, beziehungsweise läßt euch denselben durch eine feile und servile Parlaments majorität diktiren, und das nennt sie Gesetz". Sie macht Recht zu Unrecht und Unrecht zu Recht; sie macht gerade trumm und frumm gerade; sie macht weiß schwarz und schwarz weiß Alles durch das Gesetz". Und solch schuöde Rechts­verhunzung, solch schreiende Gewaltthat, sollte man, sobald sie schwarz und weiß zur Norm gemacht ist, Gesetzlichkeit" nennen und als solche respektiren? Die das thun, machen sich zu Feinden des wahren Rechts, zu Dienern der Gewalt, zu Gegnern der Vernunft. Das Reich solcher

"

"

Unser braver Genosse Johann Philipp Beder hat bekanntlich das Hambacher Fest   mitgemacht, und feierte an dessen fünfzigjährigem Gedenktage sein eigenes fünfzigjähriges Revolutionsjubiläum. In Ant­wort auf zahlreiche Einladungen zur Jubelfeier veröffentlichte der Veteran der deutschen Sozialdemokratie einen Offenen Brief an die deutschen Parteigenossen bei Gelegenheit der fünfzigjährigen Gedenkfeier des Ham­bacher Festes."

,, Wie gerne", schreibt er darin ,,, würde ich den freundlichen Rufen Folge geleistet haben, wären die Volkswünsche des Mai 1832 im abgelan­fenen halben Jahrhundert nur halbwegs in Erfüllung gegangen und der süße Traum von Deutschlands   Freiheit und( soweit deutsche   Zunge flingt) Einheit zur Wirklichkeit geworden. Jetzt gibt es ja nur ein Dreiviertel- Deutschland unter preußischem und ein Viertels- Deutschland unter österreichischem Säbelregiment mit Ausnahmsgesetzen, Belagerungs­zuständen, der Freiheit, zu gehorchen und zu schweigen, und mit der Einheit der Kaserne. Es ist ja dort nicht einmal erlaubt, was nicht verboten, sondern nur was hochobrigkeitlich befohlen ist. Die Freiheit kann eben kein Gnadengeschenk sein, sie muß von unten herauf tommen, denn von oben herunter tommt immer nur Drud und Despotismus. Was soll ich aber in einem solchen Deutschland   machen, mit welchen Gefühlen und Gesinnungen des weiland auf Hambachs Ruinen erwachten Freiheitsgeists gedenken, wo mir nur die Wahl zwischen Schweigfreiheit und Polizeiartigkeit übrig bliebe? ,,

Nachdem Becker erzählt, wie er am Tag des Hambacher Festes mit naiver Zuversicht den Ausbruch der Revolution erwartet, fährt er fort: Als aber dort Nachmittags 4 Uhr die Revolution immer noch nicht verkündet war und eben ein Redner lang und breit über die Zwed­

Da nun alle diese, wie noch viele andere ebenso wichtige Punkte in Deutschland  

wird wohl die gute Sache keinen Abbruch erleiden, wenn ich der Gedenk­feier des mir ohnehin unvergeßlichen Hambacher Festes nicht beiwohne, also nicht tomme, um auf freiem" deutschen Boden gleich allen meinen Parteigenoffen vogelfrei zu sein.

Freilich könnte ich, wäre ich geschäftstreibender Bourgeois, mich dort entweder auf eigne Rechnung oder, mich an ein Unternehmer- Konsortium vermiethend, gleichsam als eine Museumsrarität sehen lassen, da ich ja von allen Hambacher Rednern und allen wegen des Festes des Hochver­raths angeklagten Rebellen allein nur übrig geblieben bin. Und das wäre doch wahrlich für meine Parteigenossen sehr unerbaulich, mich auf dem Hambacher Schloß als lebendiges Ausstellungsmöbel verwendet zu sehen.

Weit lieber komme ich in Eure Mitte, wenn ich, wie 1848 und 49 nicht bloß mitrathen, sondern auch mitthaten kann. Inzwischen werdet nicht müde, zu belehren und zu organisiren und empfanget meinen Brudergruß!"

-

So der alte Johann Philipp, der sich trotz seiner 75 Jahre jung und frisch erhalten hat, und noch heut an der Spitze der Bewegung steht, mitrathend und mitthatend ein erhebendes Vorbild für unsere Parteigenossen, ein beschämendes Bild für die um eine Generation jüngeren Achtundvierziger", die entweder feige die Flinte ins Korn geworfen haben, oder, Verräther an der Sache des Voltes, zu dem Feind übergelaufen find.

"