ausspricht. Es heißt da:„Die Assoziation der besitzlosen Arbeit mit dem Kapital deS Staates oder der Geld» aristokratie oder vieler kleiner Besitzer ist das riazige Mittel, die sozialen Zustände zu bessern", und Birchow fügt hinzu, daß die Befitzloseu nur durch die Assoziation in die Reihe der Genießenden eintreten könnten und einmal aushörten,„bloße Maschinen Anderer zu sein". Auch sagt Virchow im selben Bericht und mit Bezug auf die Schlefier, daß e» eiu Fluch de« Menschengeschlechtes sei, daß e» durch Gewöhnung auch da« Schrecklichste ertragen lernt, daß es an der alltäglichen Schändlichkeit da« Schändlichste vergißt und Keiner begreisen kann, wenn Einzelne die Vernichtung desselben anstreben. ES scheint, als ob auch Herr Birchow sich an da« Schrecklichste ge» wöhnt hat, daß er„an der alltäglichen Schändlichkeit da« Schändlichste vergißt". Sonst würde er wohl nicht die Bestrebungen der Arbeiter schmähen, die ungefähr dasselbe verwirklichen wollen, was Herr Virchow als„einziges Mittel" zur Besserung der sozialen Verhältnisse empfahl: „Die Assoziation der besitzlosen Arbeit mit dem Kapital de« Staate«." — Loge« um sein Recht betrogen. Au« Hannover , 24. August, wird uns geschrieben: Ich kann Ihnen hente schon wieder von einem neuen Schurkenstreiche unserer sauberen Staatsanwalt- schaft berichten: Loge« ist, wie ich Hintennach erfahre, auch im zweiten Prozeß um sein Recht zur Revision geprellt worden. Die Sache verhält sich nämlich ander«, als ich Ihnen in meinem letzten Be- richte auf Grund meiner ersten, authentisch erscheinenden Information mittheilte. Am 17. Jnli wurde Loge« bekanntlich verurtheilt. Am 22. Juli meldete sein Rechtsanwalt die Revision an, ging am Nachmittag desselben Tage« dann in'S Zellengesängniß und schickte den Ans- seher mit einer von Loge« zu unterschreibenden Bollmacht in dessen Zelle. Der betr. Beamte kam zurück und meldete dem Anwalt, Loge« ver- weigere die Unterschrift, da er nicht wisse, was da« zu be- deuten habe. Der Anwalt ging hierauf unverrichteter Sache nach Hause, schrieb aber noch am selben Abend einen Brief an L o g e S, worin er ihm den Zweck der Vollmacht erklärte. Einige Tage später reiste er dann in'« Bad. Am 3. August erhält nun der Schreiber de« Anwalt» einen Brief von Loge«, worin dieser mittheilt, daß er den Brief de« Anwalt« vom 22. Juli erst am 27. Jnli(!!!) erhalten babe! Loge«' Brief ist d a t i r t vom 30. Juli(vermuthlich hat er nicht eher Briefpapier bekommen können, wa« ich allerdings nicht genau wissen kann, ich habe aber gehört, daß die Gefangenen nur Sonntag« Papier bekommen, und zwar müssen sie dasselbe am Sonnabend Verlan» gen; ob nun in solchen Fällen, wo e« sich um Revision handelt, eine Ausnahme gemacht wird, weiß ich nicht). In diesem Briese nun erklärt Loge«, er habe die Unterschrist au« dem Grunde abgelehnt, weil er zuvor mit dem Anwalt selbst sprechen wolle, und er ließe ihn bitten, zu ihm in seine Zelle zu kommen. Die« habe er dem betreffenden Beamten auch gesagt. Er sei auch für Revision, der Anwalt möge nur die Bollmachten schicken.— Dieser Brief nun, der am 30. Juli(also noch rechtzeitig g e n u g) ge» schrieben war, trägt oben das Visum der Staatsanwaltschaft vom 1. August. Abgeschickt wurde der Brief aber von dem Staatsanwalt laut Poststempel erst am zweiten August, genau einen Tag nach Verlauf der vierzehntägigen Frist, innerhalb deren die Revision begründet sein mußte! Selbstverständlich ist da« nur ein„Zufall", wie e« deren im neuen preußisch-deutschen Reiche bekanntlich mehrere gibt. Eine Abschrist de« Erkenntnisse« im ersten Prozeß hat Loge« immer noch nicht erhalten. Auch ein zweiter Antrag ist ab- schlägig beschieden worden, unter dem geradezu lächerlichen, weil jeder, auch nur scheinbaren Begründung ermangelnden Vorwand, daß der An- walt, welcher die Abschrist fordert,„nicht zu den Akten legitimirt sei." Jetzt ist der Antrag zum dritten Male gestellt. Mit welchem Erfolge, bleibt abzuwarten. Der Staatsanwalt, dem die Hauptehre bei diesen Vorkommnissen gebührt, heißt von Krobitz ! ch. Die früher genannten Jsenbiel und Wilhelm find nur die Vertreter der Staat«- anwaltschast. — Ein Wunder! Au« Leipzig , Ende August, wird uns geschrieben:„Da« Oberlandesgericht hat in Sachen K ü n z e l'S wirklich da« frühere Erkenntniß ausgehoben und die Sache an die frühere Instanz zurückverwiesen. E« muß festgestellt werden, so führt da« Erkenntniß de» Lberlandesgerichte« au«, daß nicht nur die Empfänger das Geld für die Ausgewiesenen, statt für die Familien verwendet hätten, sondern daß auch die Geber von dieser beabsichtigten Verwendung gewußt hätten.— Weder das Eine noch da« Andere ist nachzuweisen und somit die Freisprechung sicher. Da« Erkenntniß de« Oberlandesgericht« gilt nicht blo» für Künzel, sondern auch für jeden der beiden Mitangeklagten, L a u s ch k e und A p i tz s ch, die e«, weil man sie in Untersuchungshast hielt, vorgezogen hatten, ihre Strafe sofort abzusitzen, und sie auch wirklich abgesessen haben! So befinden wir un« denn der Ungeheuerlichkeit gegenüber, daß zwei Angeklagte, deren juristische Unschuld nun zweisello« ist, vor Erlaß de« letztinstanzlichen Erkenntnisse« ihre erstinstanzlich verhängte Strafe ganz haben verbüßen müssen, während der dritte nur durch einen Zufall vor diesem Schicksal bewahrt wurde; und daß sämmtliche drei Angeklagte aus Grund de«»nun umgestoßenen erstinstanzlichen Erkenntnisse« au« Leipzig und Umgegend ausgewiesen worden sind und natürlich auch bleiben! Schöne„Rechtszustände" da«! — Oesterreich. Au» dem Lande der Korruption und Niedertracht liegt heute eine Nachricht vor, welche nur Den überraschen kann, der da« vergiftende Habsburg'sche Korruptionssystem noch nicht kennen gelernt. E« gehört eine so verpestete Atmosphäre dazu, wie sie die Wiener Hos- bürg aushaucht, um solche Dinge möglich zu machen. Wir meinen da« Raubattentat an dem Schuhwaarensabrikanten Mer- st a l l i n g e r. Unsere Leser werden durch die Zeitungen über da» Faktum selbst schon unterrichtet sein. Einige Leute, die sich theil« als vie revolutionärsten der Revolutionäre geriren, theil« sich für solche halten, Planen unter dem Eindruck der zum Diebstahl aufmunternden Artikel des "Doktor" Nathan-Ganz einen Einbruch„im Interesse der Revolution". Der Einbruch wird verübt, die erbeutete Summe vertheilt, die Sache der Revolution aber zunächst dadurch gefördert, daß der Eine der Ver- bündeten mit seinem Theile nach Amerika durchbrennt. Auch die Andern beschränken sich darauf, ihren Theil„im Interesse der Revolution" für ihre persönlichen Zwecke zu verautgaben. Die« der Hergang, soweit er bi» jetzt bekannt ist. AnerkennenSwerther Weise gesteht die Presse, soweit sie nicht im Solde de» internationalen Stieberthums steht, daß derselbe mit den Prinzipien de« Sozialismus wie mit der Sozialdemokratie überhaupt nicht« zu thun habe. Daß e« einigen der Betheiligten gelang, sich in die Redaktion«- kommission der„radikal"-sozialistischeu„Zukunft" einzudrängen, daran sind lediglich die infamen Preß- und Polizeiverhältniffe Oesterreichs schuld, zu deren Kritik nur die eine Thatsache genügt, daß in R e i ch e n b e r g i» Böhmen in den letzten Wochen mehr als hundert Arbeiter verhaftet Warden und daß infolge der Polizeimaßregeln der nicht sozialrevolntio- näre Reichenberger„Arbeitersreund" sein Erscheinen einstellen mußte. Aber wir kehren den Spieß um und behaupten, die wahren Schul- digen in der Merstalliuger- Affäre, da« ist da« erzinsame Habsburgische RegierungSsystem, da« ist die niederttächtige Triukgeldermoral. wie sie schamloser selbst in Rußland nicht geübt wird. Die ganze Politik in Oesterreich ist von dieser Triukgeldermoral durchseucht, e« ist ein bcstän-
dige« Feilschen der Parteien mit und gegen einander, wer e» wagt, ernsthaft von Grundsätzen zu reden, wie jüngst einige bürgerliche Jdeo- logen der sog. Bolkspartei, wird einfach ausgelacht. Und dazu kommt noch als weitere« BerpestungSmittel de« öffentlichen Leben» da« ausgefeimteste Spionage- und Detektivsystem. Dasselbe ist in einer Weise verbreitet, von der man in Deutschland vor dem Sozialisten- gesetz keine Ahnung hatte und die seit dem Sozialistengesetz nur in Berlin ihre« Gleichen findet. Wenn aber Treu und Glauben derart aufhören, zu existiren, daß nicht fünf beisammen sein können, ohne daß ein Inda« unter ihnen fitzt, so darf man sich nicht wundern, daß schließlich der schlimmste Pessimismus um sich greift, von dem nur ein Schritt ist zum Verbrecher. Aber zum Verbrecher an welcher„Ordnung"! Die österreichische Polizei hat sich natürlich nicht damit begnügt, die schon korrupten Elemente unter den Arbeitern in ihre Dienste zu nehmen, sie hat vielmehr stet« daraus gesehen, die thätigen Elemente unter den Arbeitern selbst zu korrumpiren und so zu brauchbaren Subjekten zu ge- stalten. Einige Fälle, wo sie dabei falsch anlief, sind vor Gericht fest- gestellt worden, wir haben selbst schon Berichte darüber veröffentlicht, die meisten, namentlich die, wo sie reüssirt, bleiben solange unerörtert, bi« die betreffenden Opfer als Spitzel entlarvt werden. Uner.hört groß ist die Zahl Derer, welche als brave, rechtlicheGe- nassen in die Bewegung eingetreten sind und später, durch ein raffinirte« B e a r b e i t n n g» s y st e m mürbe gemacht, Spitzeldienste leisten. Bezeichnend ist es, aber auch erklärlich, daß all' diese Spitzel in'« „radikale" Lager spedirt wurden. Die lautesten Schreier, welche in den letzten Jahren in Wien über die„Feigheit" der Führer der deutschen Sozialdemokratie lospolterten, welche Bebel, Liebknecht, Auer u. s. w. al« von der Bourgeoisie gekaufte Subjekte hinstellten, find kurz nachher von ihren eigenen Genossen al« Spitzel entlarvt worden. I n's„r a d i- kale" Lager flössen auch im vorigen Frühjahre die 500 st. zu der berüchtigten Schwender-Bersammlung gegen dieBerfassungspartei, in der einSozialrevo- lutionär den Passus„Trennung der Schule von der Kirche" als„nicht zeitgemäß" au« der Resolution strich, gerade so wie man heute da« allgemeine Wahlrecht al«.Iber- wundenen Standpunkt" au« dem Programm hinauswirft.„Radikale" Elemente riefen noch vor Kurzem Bravo ! al« die Polizei eine von den „Gemäßigten" einberufene Versammlung auflöste. Unter solchen Umständen wird jeder vernünftig Denkende un« zustimmen, wenn wir die Polizei und zwar ausschließlich die Polizei, für die Assaire Merstalliuger verantwortlich machen. Man könnte noch von einer moralischen Mitschuld der Verkündiger der Spitzbubenmoral sprechen, aber soweit bei diesen Leuten von moralischer Verantwortlichkeit die Rede sein kann, ist es für un« außer Zweifel, daß dieselben im Dienste und Solde der internationalen Stieberfippschaft handeln. Wer diesen Ausspruch zu hart findet, den fragen wir, wa« er von Leuten hält, die den Beschluß fassen, Uberall, wo noch ein Asyl« recht besteht, dahin zu wirken, daß e« ausgehoben werde, umso die Sache der Revolution zu fördern! Wir werden ihnen dann sagen, wann und wo dieser„Beschluß" gefaßt wurde. — Schweiz . Da« Arbeitersest aus Schloß Wyden, welche» zur Erinnerung an den Wydener Kongreß vergangenen Sonntag stattfand, nahm einen durchaus günstigen Verlauf. Au« Zürich, Winter- thur, Frauenfeld , Schasshausen, Einmishofen, St. Gallen , Thalweil, Bendlikon w. waren zahlreiche Genossen, zum Theil auch Schweizer und Russen, wehende rothe Fahnen voran, zum Feste erschienen und von der einheimischen Bevölkerung mit lebhafter Sympathie empfangen wor- den. Zwar machte der Himmel ein recht trübe« Gesicht, wa« aber der gehobenen Stimmung keinen Abbruch thun konnte. Gegen 11 Uhr eröffnete Genosse B o l l m a r da« Fest mit einer An spräche, darauf hinweisend, daß die deutsche sozialdemokratische Partei, verfolgt und geächtet in ihrem sogenannten Vaterlande, vor zwei Jahren in den Räumen des halbverfallenen Schlosse« Wyden ihren ersten Kon- greß unter dem infamen Ausnahmegesetz abgehalten, um die inneren Parteifragen zu besprechen. Bon diesem Ereigniß datire ein mächtiger Aufschwung der Bewegung, den die letzten Wahlen zum Schrecken der Gegner vor aller Welt bekundeten. Alsdann sprachen die Genossen K a y s e r und Grillenberge r. Ersterer über die Ziele des Sozialismus, Letzterer über die Aufgaben der Sozialdemokratie in Deutschland , beide trotz Unterbrechung durch Regenschauer mit großer Aufmerksamkeit auch von den anwesenden schweizer Gästen angehört. Der Haupttheil des Feste« war jedoch auf den Nachmittag verlegt. Außerordentlich zahlreich hatte sich die bäuerliche Bevölkerung von Osfingen, Andelfingen und den übrigen benachbarten Orten eingefunden, so daß der Feflplatz die Menge der Männer, Frauen und Kinder nicht zu fassen vermochte. Aber die musterhafteste Ordnung herrschte, nicht der leiseste Mißton trübte das Fest. Und al« Genosse Grillen- b e r g e r nach einigen vorausgegangenen Gesängen und Deklamationen da« Wort ergriff zur Festrede Uber „Die alten und die neuen R a u b r i t t e r", da machte er durch seine volksthümliche klare Sprech- weise und seine zutreffenden Ausführungen einen so gewaltigen Eindruck auch aus die Schweizer , daß er oft durch mächtige Bravo'« unterbrochen, am Schlüsse aber mit rauschendem Beifall überschüttet wurde.„Da« ist ein Mann, vor dem man Respekt haben muß; der kennt unsere Sachen besser, al« wir selber", meinte in seinem Schwyzerdütsch ein alter Bauer gegenüber Schreiber diese«. Nun folgten abwechselnd Gesänge und Deklamationen. Aber die Schweizer au« der Umgegend, welche Vormittag» noch nicht dagewesen, gaben dem Festkomite den Wunsch kund, noch einige Redner zu hören, worauf dann noch die Genossen M o t t e l e r und Oppenheimer da« Wort ergriffen und mit gespannter Aufmerksamkeit angehört wurden. Viel zu früh mußte da« Fest um 5 Uhr beendet und der Rückmarsch angetreten werden. Derselbe erfolgte wie der Hinmarsch über das, eine Stunde von Wyden entfernte Audelfingen, woselbst, sowie Vormittags auch Nachmittag«, ein kurzer Halt gemacht wurde. Erwähnt sei noch, daß Begrüßungstelegramme au« Genf , Neuen- bürg und Chauxdesond« einliefen, während die Sozialdemokraten deutscher Zunge in Pari«, sowie der internattonale Studienklub des 5. Pariser Arrondissement« durch einen russischen Genossen eine Adresse überreichen ließen. Wie sehr die Bauern unsere Auseinandersetzungen darüber, daß die Interessen der kleinbäuerlichen und Arbeiterbevölkerung identisch seien, einleuchtend fanden, geht schon daraus hervor, daß über 400 Exemplare der Agitationsbrofchllre:„Wa« die Sozialdemokraten find und was sie wollen", sowie viele Parteiprogramme und sonstige Agitationsschriften von ihnen gekauft wurden. Noch sei hervorgehoben, daß unsere Gäste trotz mehrfacher Regenschauer mauersest auf dem Festplatze ausharrten bi» zum Ende. Der Eindruck de« Festes war ein durchschlagender. In gehobener Stimmung kehrten die Theilnehmer heim, fest entschlossen, ein Jeder nach seinen Kräften und in seinem Kreise weiter zu wirken für unsere große Sache, für die völkerbefreienden und völkerverbrüdernden Prinzipien der Sozialdemokratie. — Der„konservative Hauch", der nach Bismarck « Ansicht durch Europa zieht, hat sich letzten Sonntag bei der Nachwahl zum Regierungsrath im Kanton Zürich ausgezeichnet bewährt. Der Kandidat der demokratischen Partei siegte mit 27,000 Stimmen über den Kandidaten der liberalen Partei, der nur 24,000 Stimmen erhielt. Durch diese Wahl hat die Demokratie im Züricher Regierungsrath wiederum die entschiedene Mehrheit erlangt.
— Frankreich . Die Unruhen, welche sich kürzlich inMonceau- l e«- M i n e s(Departement Saone et Loire ) abspielten, und über welche auch in der deutschen Presse berichtet wurde, sind in mehr als einer Be- ziehung interessant. Sehr bemerkenswerth ist zunächst da» Faktum, welches auch bei den Unruhen in Grand-Combe und Bessege« zu Tage getreten ist, daß gerade die großindustrielle Bourgeoisie heute weder republikanisch noch religiös freisinnig ist. Die Herren Ausbeuter oder richtiger Au«- hungerer brauchen die Kirche, damit die Massen sich um so williger au«- beuten lassen, und eine starke Regierung, damit die Kanaille, wenn sie sich zn widersetzen wägt, prompt zur Raison gebracht werde. In Preußen- Deutschland zeigt sich da« nicht so klar, weil da in Folge der protestau- tischen Spitze der Fabrikant in katholischen Distrikten vor eine böse Alternative gestellt wird— zwei Seelen streiten, ach! in seiner Brust— in Ländern dagegen, wo diese« Mißverhältniß nicht besteht, wie in Oesterreich , England und Frankreich , protegirr die Bourgeoisie die himmlische wie die irdische Gensdarmerie, schwärmt sie wie für den konstitutionellen König, so auch für den konstitutionelle» Gott . In Monceau-leS-Mine« nun haben die Herren Bergwerks- Barone die himmlische Gensdarmerie ganz besonder« ihren Ausbeuter- zwecken dienstbar gemacht oder, um im katholisch- sozialen Jargon zu reden, sie haben sich nach dem Rezept de«„christlichen Arbeitersreunde«" Le Play auch um das Seelenheil ihrer Arbeiter gekümmert. E« wimmelte im ganzen Distrikte, bis in die Wohnungen und Werkräume hinein, von Kapellen, Marienbildery, Kruzifixen, blutigen Herzen und ähnlichen „Heiligthümern", vor denen die Arbeiter hübsch fromm ihre Kreuze zu schlagen und Vaterunser zu beten halten, damit sie sich in der christlichen Demuth übten. Ein Heer von Schwarzröcken leistete die infamsten Spio- nendienste. Wehe dem Arbeiter, der nicht seine ganze freie Zeit mit An- dachtsübungen, Beichten k. zubrachte! Er wurde unfehlbar entlassen, d. h. dem Hungertode überliefert. Ein einziger Pfaffe, der Priester von Bois-du-Berne, soll allein Hunderle von Entlassungen aus dem Gewissen haben. Auch bei den Wahlen wurden die Arbeiter durch die„GotteSmänner" in der schamlosesten Weise überwacht, und gerade von den letzten Wahlen her datirt der Haß der Arbeiter gegen die schändliche Tyrannei, christliche Fürsorge betitelt. Anderseits trieben e« die Pfaffen immer übermüthiger, bei dem Begräbniß eines verunglückten Arbeiters ttug der den Zug be- gleitende Pfaffe seine Mißachtung vor dem Verstorbenen— weil es ja nur ein Arbeiter war!— so offen zur Schau, daß ihn die entrüsteten Kameraden desselben allerdings etwas unsanft an das, was Anstand ist, zu ermahnen sich veranlaßt sahen, wofür sie auch sofort au« der Arbeit kamen. Ebenso wurden Arbeiter entlassen, bezw. mit Entlassung bedroht, weil sie einem Verein für konfessionslosen Unterricht beige- treten waren. Ist es da ein Wunder, wenn die Entrüstung sich in Gewaltthätigkeitm Lust machte? Und noch dazu in was für Gewaltthätigkeiten? Die Arbeiter zerstörten die Götzenbilder, rissen die Kreuze nieder, sprengten die Thüre einer Kirche mittel« Dynamit, um auch dort die Bilder, vor welchen zu knieen man sie gezwungen, zu vernichten. Sie hatten auch zwei Pfaffen in ihre Gewalt bekommen, ließen sie aber sofort wieder unbehelligt lausen. Selbstverständlich wurde schleunigst Militär in Masse requirirt, Verhastun ge» über Verhaftungen, Haussuchungen über Haussuchungen vorgenom- men. In der Presse wurden die albernsten Märchen kolportirt, die aber ebenso schnell dementirt wurden. Nach und nach hatte sich da» große Publikum beruhigt: 24 Ruhestörer sitzen in Untersuchungshaft hinter Schloß und Riegel; sie werden abgeurtheilt und verurtheilt werden, aber die Ursachen des Aufruhrs zu beseitigen, daran denkt Niemand, dazu ist die bürgerliche Republik auch unfähig, das kann und wird erst die sozia- listische thun.— Das neue Ministerium, dessen Seele der durch seine Verbindung mit der Spekulationswelt berüchtigte Gambettist Duclerc ist, hat als erste seiner Heldenthaten die Ausweisung de« italienischen Sozialisten Z a n a r- delli verfügt. Letzterer hat das große Verbrechen begangen, in einer Versammlung italienischer Sozialisten in Pari« die Verurtheilung und Deportirung de« tapferen Volkskämpfers Hamilicr Cipriani zu brand- marken. Nachträglich heißt es, die italienische Regierung habe die Au«- Weisung Zaruadelli'S verlangt, was, wenn wirklich wahr, noch keine Rechtfertigung des Verfahrens der republikanischen Regierung Frankreichs ist. Auch ein Gesinnungsgenosse Zanardelli's , Namens O l d r i n i, soll eine AuSweisungsordre erhalten haben. Der neue Minister de« In- nern', Herr von F a i l l i ö r e S hat erklärt, er werde sich jeder Reform de» bestehenden Gesetze« über die Ausländer— da« heißt jeder Aenderung des Gesetzes gegen die Ausländer— energisch wider- setzen. Damit wäre da« in der letzten Session von der Deputirten- kammer berathene Gesetz, da« den politischen Flüchtlingen eine wenigstens leidliche Sicherheit gewährte, unter den Tisch gefallen, denn der hohe Senat der französischen Republik wird dem Minister nicht mehr wie gern den Gefallen thun, demselben gleichfalls feine Zustimmung„energisch" zu verweigern.<c Eine saubere Gesellschaft, diese«„BersöhnungSministerium". Freilich, wa« kann man von einer Gesellschaft Gute« erwarten, deren Mission darin besteht, die Abenteuerer und Spekulanten mit den Spießbürgern zu versöhnen! Denn da« ist die Existenzberechtigung diese« älixtum compositum von Gambettisten, mittel- und wie sonst noch„mäßigen" Republikanern. Die Freycinet'fche Angstmeierei in allen Fragen der au«- wärtigen Politik paßte den Freunden der an allen Börsenplätzen speku- lirenden und die ganze Welt nach Ausbeutungsobjekten durchschnüffelnden Finanzgrößen Rothschild und Kompagnie nicht, sie wollen mit Gewalt eine auswärtige Politik haben, d. h., wo es nur etwas zu stänkern gibt, mitstäukern. Deshalb auch ihr Widerwille gegen ein Gesetz, welche« die reaktionären Regierungen in Europa möglicherweise verschnupfen könnte, deshalb die Borliebe für ein Gesetz, welches die französische Repu- blik zwingt, die gehorsame Dienerin der monarchischen und despotischen Staaten zu sein. Fürwahr, eine nette Sorte von Republikanern I In B o r d e a u x ist ein großer Schreiuerstreik ausgebrochen, oder vielmehr ein allgemeiner Arbeitsausschluß in der Schremerbranche. Die Herren Arbeitgeber haben nämlich die Forderung der Gehülsen nach Lohnerhöhung mit der Erklärung beantwortet, daß sie sämmtlich ihre Werkstätten schließen werden, bis die Gehilfen zu den alten Bedingungen arbeiten werden. Recht so! In Bordeaux war e« bisher der sozia listischen Agitation nicht gelungen, festen Fuß zu fasse», die dortigen Arbeiter gefielen sich vielmehr in einer Art Hirsch'schen Harmonie- oder SelbsthUsSduselei. Da« freundliche Entgegenkommen ihrer Arbeitgeber wird ihnen die Augen, denken wir, ein wenig öffnen. In Marseille haben die Frachtsuhrleute einen erfolgreichen Streik durchgeführt. Trotz der bedauerlichen Zwistigkeiten unter den französischen Genossen nimmt die Agitation für die Ausbreitung unserer Grundsätze ihren leb- hasten Fortgang. Mit jeder Woche schließen sich neue Arbeiterorganisa- tionen der Partei an, und der im nächsten Monat in St. E t i e n n e zusammentretende Parteikongreß wird einen beträchtlichen Zuwachs konsta- tiren können. Möge e« ihm auch gelingen, die Zwistigkeiten beizulegen und ein einheitliches Vorgehen zu erzielen!
Korrespondenzen. — NowaweS, 14. August. Bei uns spuckt e« von Nihi- listen! Am 14. Juli und 3. August wurde Genosse Stuckenbruck wegen einer„Landesherren-Beleidigung" vor Gericht ge- laden. Daselbst wurde ihm ein an den Landrath H a n d j e r y gerichteter