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dem polizeilichen, Schredens system" ift's vorbei. Die Parteigen offen haben sich daran gewöhnt, und statt Furcht wird durch die schmachvollen Verfolgungen nur Zorn und Ingrimm erzeugt. Unsere Abgeordneten hatten Gelegenheit, sich von den Fortschritten zu überzeugen, welche die Berliner Genossen in der revolutionären Erziehung gemacht haben und fortwährend machen. An Muth hat es den Berliner Genossen ja zu teiner Zeit gefehlt. Sofort nach Inkrafttreten des Sozialistengeſetzes begannen fie den Widerstand und haben denselben trotz Belagerungszustand und Spigelei von Tag zu Tag träftiger organisirt. Aber im Anfang das läßt sich nicht verkennen herrschte hier und da eine gewiffe Zaghaftigkeit oder Nervofitiät, wie sie junge Soldaten haben, wenn sie zum ersten Male in's Feuer kommen. Das hob sich indeß bald. Und wurde in den ersten Seffionen nach Erlaß des Sozialistengesetzes der Verkehr mit den sozialdemokratischen Abgeordneten aus Klugheitsrücksichten gemieden, so wurde in den letzten Seffionen durchaus teine Rücksicht mehr genommen. Man verkehrte ungenirt und in der öffentlichsten Weise mit den Abgeordneten, und wurde Dieser oder Jener zu größerer Vorsicht ermahnt, so war die Antwort regelmäßig:„ Es liegt uns nichts mehr daran! Mag die Polizei thun, was sie will, wir sind auf Alles gefaßt!"
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Die Demonstration, welche zu dem jetzigen Prozeß Anlaß gegeben hat, ist diesem Gefühl entsprungen.
Also Aufruhr war es, daß die acht Gefangenen sich durch das brutale Kommando der Polizei nicht von ihren Pflichten gegen die Partei, gegen den Freund und, wie Frau Hertel, gegen den atten haben abwendig machen und sich nicht wie Hunde haben behandeln laffen!
Es wird dafür gesorgt, daß die Brutalität der Polizei an den Pranger gestellt und die Rollen der Ankläger und Angeklagten vertauscht werden. Zahlreiche Zeugen jener Vorgänge werden erscheinen und das Publikum belehren, welche Begriffe die Polizei von ihrer Mission und auf welche Art fie die„ Ordnung" aufrecht erhalten hat.
Die acht Gefangenen, zu denen bisher der Zutritt nicht erlaubt war, werden, ihren Briefen zufolge, nicht schlecht behandelt. Die Freilassung gegen eine Raution von 1500 Mark ist bekanntlich angeboten worden, da sich aber die Kaution nicht für Alle beschaffen läßt, so hat man auch darauf verzichtet, für Einige die Kaution zu geben, zumal Fälle besonderer Nachtheile für Einzelne nicht vorliegen.
Außer den acht Jnhaftirten sind noch vier weitere Genossen, die sich auf freiem Fuß befinden, in den Prozeß verwickelt. Die Vertheidigung hat Rechtsanwalt und Reichstagsabgeordneter Munkel übernommen, mit dem feierlichen Versprechen, seine ganze Kraft an die Sache zu setzen. Nous verrons!( Warten wir ab!)
Wir werden die Genossen über den weiteren Gang des Prozesses auf dem Laufenden erhalten.
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Unser Verbrecher album hat gewirkt. Die Frank furter Zeitung " bringt in einer ihrer letzten Nummern folgende Einsendung ,, aus dem Wupperthale":
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,, Vor einiger Zeit brachte ein in Zürich erscheinendes sozialdemokratisches Blatt" ein Blatt, wie verschämt doch die„ Frkf. 3tg." plötzlich ist einen längeren Artikel über die Polizeiverhältnisse im Wupperthal. Ganz besonders wurde darin die Elberfelder Polizei mitgenommen. Unter Nennung der Namen einzelner Polizeikommissäre und Wachtmeister wurden gegen Beamten die ärgsten Beschuldigungen der Schmaroßerei 2c. 2c. erhoben. Exemplare des betreffenden Blattes sollen der Königl. Regierung in Düsseldorf eingesandt worden sein. Thatsache ist, daß eines Tags ein höherer Regierungsbeamter in Elberfeld erschien, unter die Beamten trat und ,, fürchterliche Musterung" hielt. Es sollen dabei ganz erbauliche Dinge zu Tage gekommen sein, besonders auch in Bezug auf die lage Kontrole der öffentlichen Häuser. Kurz darauf waltete in Elberfeld ein überaus strenges polizeiliches Regiment, und zwar ein so strenges, daß ein Kommissär sogar in einem Elberfelder Blatte unter voller Nennung seines Namens und unter eingehender Schilderung seines Auftretens des Hausfriedensbruchs angeklagt wurde. Zwei Tage später war dieser Kommissar aus seinem Dienst entlassen. Gestern ist ihm ein Polizeiwachtmeister in's Privatleben gefolgt und weitere Purifizirung soll in Aussicht stehen. In sozialdemokratischen Kreisen haben diese Vorgänge felbredend nicht wenig Genugthuung hervorgerufen." Das wollen wir meinen. Trotz Sozialistengesetz und trotz offizieller Postmarderei ist das Parteiorgan heute ein Schrecken für alle Verbrecher in Amt und Würden. Herr Fränzel ist übrigens nicht der erste Sittenwächter", den der Sozialdemokrat" unschädlich gemacht hat, und er wird nicht der letzte sein. Denn unser Verbrecheralbum wird fortgesetzt werden, und wir könnten speziell aus dem Wupperthal schon heute einen artigen Nachtrag bringen, wenn wir der purifizirenden" Thätigteit des Herrn Regierungsrath nennen wir ihn mit Rücksicht auf den Augiusstall, den er zu reinigen unternommen, Herkules nicht vorläufig das Feld überlassen wollten. Sobald er seine Arbeit aber verrichtet glaubt, werden wir uns das Vergnügen machen, ihm den Nachweis zu liefern, daß er fein Herkules ist.
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Stieber hat dem deutschen Volke nicht nur sein System, sondern auch seine„ Memoiren" hinterlassen, und„ König Moses" wird sich das Berdienst erwerben, dieses unschätzbare Bermächtniß demnächst in seinem Hofmoniteur, Berliner Tageblatt" genannt, zu veröffentlichen. Wie, bei den notorischen Beziehungen Moses ' zum Berliner Moltenmarkt, die " Frankfurter Zeitung " von diesen Memoiren ,, mancherlei sehr interessante Aufklärungen über gewiffe dunkle Punkte aus den letzten 30 Jahren unserer Geschichte erwarten" kann, ist uns unverständlich. Selbst wenn Stieber sein Fälscher handwerk vergl. Protokollbuch im Kölner Kommunistenprozeß nicht in denselben geübt hat, was doch nicht anzunehmen iſt, ſo dürfen wir sicher sein, Nichts der preußischen Regierung, d. h. dem System Stieber Nachtheiliges in ihnen vorzufinden. Die dunklen Punkte werden also vorläufig noch unaufgeklärt bleiben.
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Er weist noch immer aus, der„ liberale" Hamburger Senat . Der bereits früher aus Berlin ausgewiesene Genoffe Tigges hatte sich nach Hamburg gewendet, weil er dort Aussicht auf lohnende Arbeit hatte, und weil er, auf die Redensarten von der milden Praxis der Hamburger Polizei hin, sich zu der Annahme berechtigt hielt, dieselbe werde ihm leine Schwierigkeiten bereiten. Er hat sich darin gründlich getäuscht. Nach dreiwöchentlichem Aufenthalt, gerade als er endlich Arbeit gefunden, erhielt er die Ausweisungsordre.isdi
getaufcht.
histu ind daar
Der schwarz und weiße Vollblutstier" erlebt in neuerer Zeit viel Verdruß. Am 31. August, dem Todestage Ferdinand Laffalle's, wehte in Iserlohn von dem Thurm des städtischen Wasserwerkes herab die rothe Fahne. Die Thäter find unbekannt", fitgen die Blätter dieser Nachricht hinzu. Desto schlimmer für den Stier!
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Aus Leipzig , 8. September, wird uns geschrieben: Der Tod Richter's hat unsere Polizisten und sonstigen berufenen und unberufenen Staats- und Gesellschaftsretter arg tonfternirt und fast die Wirkung eines Bottesgerichtes" gehabt. Das böse Gewissen erzeugt betanntlich der Regel nach Angst, und ärgere Angstmichel als unsere Boliziften und sonstigen berufenen und unberufenen Staats- und Gesellschaftsretter gibt's nicht auf Erden, zumal von Berlin aus beständig die Angst genährt wird. Neuerdings kam eine Botschaft hierher und nach Dresden mit der gruseligen Mittheilung, daß für den bevorstehenden Manöveraufenthalt des„ Helbenkaisers" in Sachsen ein Attentat geplant werde. In Folge dieser Bolizeinotiz haben in Dresden und andernorts
bereits Vernehmungen und andere lächerliche Vorsichtsmaßregeln"| überlassen werder. So werde der arbeitenden Klasse der volle Ertrag stattgefunden. ihrer Arbeit garantirt.
Auf Anordnung des Polizeiarzts bleibt Bebel noch bis nächsten Montag in Leipzig . Er kann wieder ausgehen.
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Das Sedans fest" ist in Sachsen wie überall sonst in Deutsch land jämmerlich in's Wasser gefallen. Da und dort offizielle Feier der Servilen und Mordspatrioten, deren Zahl glücklicherweise immer fleiner wird, nirgends Betheiligung des Volkes. Soweit es gefeiert wird, ein Bedientenfest, tein Volksfest.
Sozialistische Presse. Das vor einiger Zeit von uns angekündigte Organ der New- Yorker Cigarrenmacher, die„ Wahrheit", ist eingegangen; dafür erscheint jest, nach Vereinigung der ,, Union der vereinigten Cigarrenarbeiter Amerika's " und der ,, Progressiv- Union", in englischer, deutscher und czechischer Sprache der Progreß, offizielles Organ der„ Cigarmakers Progressiv- Union von Amerika ".
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Wir heißen den neuen Mitstreiter, der die Internationalität der Arbeiterfache würdig repräsentirt, bestens willkommen.
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Oesterreich. Es steht jetzt ziemlich fest, daß das Raub- Attentat an Merstallinger von der Polizei angezettelt worden ist, jedenfalls aber ist sicher, daß die Polizei von Anfang an darum gewußt hat. Sehr verdächtig, ihr als bewußter Agent Provokateur behilflich gewesen zu sein, ist der mit einem Theile des geraubten Geldes nach Amerika durchgebrannte Redakteur der Zukunft", Hozze. Ist es schon sonderbar, daß die Polizei mit den Verhaftungen wartete, bis Hote in Sicherheit war, so gewinnt die Sache noch einen ganz besonderen Anstrich dadurch, daß Hotze noch wenige Tage vor seiner Abreise sich in öffentlicher Versammlung beim Zobel in die Brust werfen und wörtlich erklären durfte:„ Wir sind Sozialrevolutionäre. Wir fürchten weder Kerker noch Tod, wir wissen, daß uns nur Eines hilft, die Revolution. Wir haben, um mit Freiligrath zu reden, nur mehr mit einer Feder zu schreiben, nämlich mit ,, bleiernen Kugeln". Der Polizeikommissär, der sonst mit Auflösung so bald bei der Hand ist, saß ruhig dabei, ohne Hotze auch nur zur Mäßigung zu ermahnen. Hätte ein„ Gemäßigter" so gesprochen, er wäre sofort verhaftet worden; nur ein gedungener Agent Provokateur durfte ungestraft sich einen solchen Ausfall erlauben. Wenige Tage darauf brannte der muthige Sozialrevolutionär", vor dem wir unsere amerikanischen Genossen hiemit warnen, durch.
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Und die erste, die ein belastendes Geständniß ablegte, war Hotze's Frau. Das„ Abwarten" hatte für die Polizei noch einen Vortheil: sie gewann Zeit ,,, Mitschuldige" je mehr desto besser zu fabriziren, bezw. von ihren Subjekten fabriziren zu lassen. So schlug sie zwei Fliegen mit einer Klappe.
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Ueber die in den letzten Tagen vorgenommene Massenverhaftung von Anhängern der sogenannten ,, radikalen Arbeiterpartei" wegen angeblich gesezwidriger agitatorischer Thätigkeit enthalten wir uns vorderhand jeder Bemerkung, überzeugt, daß die Prozeßverhandlung, die nach einer offiziösen Mittheilung eine öffentliche sein wird, die Infamie der österreichischen Polizei, insbesondere aber das schmachvolle Spionagesystem, zur Genüge blosstellen wird. Die Verhafteten selbst find ,, Binder Franz, Buchbinder; Tom poß Johann, Tischler; Franz Karl , Tischler; Führer Wenzel, Tischler; Gröbner Franz, Kellner; Kodidek August, Futteralmacher; Krebs Joseph, Tischler; Krondorfer Robert, Geschäftsdiener; Mazinger Georg, Privatlehrer; Mazur Karl, Schuhmacher; Mot Franz, Maschinist; Proturat Joseph, Schuhmacher; Schaffhauser Ferdinand, Fabrikarbeiter; Schent Anton, Sattler ; Scheu Joseph, Musiker und Klavierschul- Inhaber, Bruder des bekannten Andreas Scheu, des in London lebenden Sozialisten; Schott Friedrich, Tischler; Slesat Johann, Tischler; Sloup Adam, Tischler; Spiegel Berthold, Handschuhmacher ; Stiasny Joseph, Stahlarbeiter; Wagner Theodor, Tischler; Weich Franz, Tischler; Winter Joseph, Metall gießer ; Word at Anton, Geschäftsdiener; Würges Karl, Buchbinder, und dessen Sohn Würges Jakob, Anstreicher."
Auch in der Provinz werden Verhaftungen über Verhaftungen vorgenommen. Ganz besonders rücksichtslos müthet die Polizei in Reich enberg( Noidböhmen), dort find alle nur einigermaßen bekannten Genossen, im Ganzen über hundert Personen, verhaftet worden. Und die Reichenberger sind durchaus keine Sozialrevolutionäre.
Und während so Hunderte von braven Arbeitern hinter Schloß und Riegel schmachten, weil sie es gewagt, für die Befreiung ihrer Brüder vom Doppeljoch der politisch- sozialen Sklaverei einzustehen, reist der„ gute" Kaiser Franz Joseph im Lande herum, angehocht von gemietheten Statisten und beschränkten Spießbürgern. Die bürgerlichen Parteien überbieten fich fieberhaft in Ergebenheitsbezeugungen, je mehr sie triechen, um so glänzender dokumentiren sie ja damit ihre Regierungsfähigkeit. Eine elende Gesellschaft!
Schweiz . Die Konferenz des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes in Olten war von 14 Delegirten aus Basel , Bern , Chauxdefonds, Frauenfeld , Genf , Olten , Winterthur und Zürich besucht. Die Gründung einer Wanderunterstützungskaffe wurde im Prinzip angenommen und die Ausarbeitung eines dahingehenden Entwurfs dem GewerkschaftsKomite in Genf übertragen. Letzteres erhielt ein einstimmiges Vertrauensvotum. Ferner wurde beschlossen, energisch für die Erhaltung der Arbeiterstimme" zu wirken, und die Erklärung des Genossen Conzett, daß er dieselbe solange unentgeltlich redigiren werde, bis sie sich deckt, mit Dank zur Kenntniß genommen. Mit dem Versprechen, rüftig weiterzuwirken für die Organisation der Arbeiter, trennten sich die Delegirten.
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Urabstimmung über die Wahl von Redakteur und Drucker des„ GrittJm Schweizerischen Grütliverein fand vor wenigen Tagen die lianer" statt. Der bisherige bewährte Redakteur desselben, Vogelsanger, wurde einstimmig wiedergewählt, ebenso erhielt auch Genosse Conzett wiederum den Druck des Grütlianer mit 2456 gegen 562 Stimmen, welche auf zwei seiner Konkurrenten fielen, und zwar auf weitere vier Jahre. Wir begrüßen diese Wahl mit Freude, denn sie ist uns ein Zeichen, daß der Geist des entschiedenen politischen und sozialen Fortschritte im Grütlivereine vorherrscht.
Spanien . Auch in Spanien ist, wie leider in mehreren anderen Ländern, die Arbeiterbewegung in zwei große Lager gespalten. Auf der einen Seite stehen die sogenannten Anarchisten, die lediglich die gewerkschaftliche Organisation, d. h. nicht etwa im Sinn der englischen Gewerkschaften, und den reinen ökonomischen Kampf predigen und jede Theilnahme der Arbeiter am politischen Kampfe verwerfen; sie sind, so weit wir es beurtheilen können, die stärkere Richtung, wenigstens der Zahl der ihnen anhängenden Gewerkschaften nach. Es ist dies angesichts ihres ziemlich dehnbaren Programms auch sehr begreiflich. Ihr Organ ist die„ Revista sozial "(„ Soziale Rundschau") in Madrid . Auf der andern Seite steht die spanische sozialdemokratische Arbeiterpartei mit einem dem deutschen , französischen, italienischen 2c. entsprechendem Programm und dem Organ„ El Obrero"( der Arbeiter) in Barcelona . Von dieser Partei einberufen, tagte am 13., 14., 15. und 16. August in der letzteren Stadt ein allgemeiner spanischer Arbeiterkongreß. Auf demselben waren 152 Vereine durch 123( nach der„ Plebe" 224) Delegirte vertreten, der Kongreß entschied sich für die Theilnahme der Arbeiter am politischen Kampf und die Eroberung der politischen Macht, als Mittel, den Staat aus einem politischen in einen ökonomischen um
zuwandeln, in welchem die Arbeitsmittel der gesammten Gesellschaft
gehören und von dieser den produzirenden Verbänden zum Gebrauch
Die Anarchisten, welche aufgefordert worden waren, auf dem Kongreß ihre Ideen zu entwickeln, hatten zum Schluß nur noch die Stimmen der von vornherein mit imperativem Mandat versehenen Delegirten von vier anarchistischen Vereinen für sich.
Wir begrüßen das Ergebniß dieses Kongreffes mit Freuden und rufen unsern Genossen in Spanien ein herzliches Glück auf! zu. Der Kongreß der Anarchisten findet am 25. September in Sevilla statt.
Korrespondenzen.
Dresden , im Auguft. Seit langer Zeit ist im Sozialdemokrat kein Bericht mehr von hier erschienen, und die auswärtigen Genossen könnten glauben, in Dresden legen die Genossen die Hände in den Schooß. Es ist dies jedoch nicht der Fall. Die hiesigen Parteiangelegenheiten sind für die nächste Zeit aufs Beste geregelt, und wir fahren fort, in der Agitation für unsere große Sache thätig zu sein, unbekümmert um das infame Ausnahmegesetz und das Spizelthum, welches hier in ganzen Haufen die Straßen unsicher macht und nach neuen Opfern auf der Suche ist. Die Dresdner Zwingburgen sind nämlich jetzt leer, deshalb gehen die 40 NeuAngestellten immer mit einem älteren bewährten Spürhund, damit sie auch Routine bekommen. Aber, ach! trotz dieser weisen Maßregel haben wir im vergangenen Monat eine Konferenz abgehalten, ohne von ungeladenen Gästen belästigt zu werden, und die Dresdner Genossen haben für die baldige Abhaltung eines Kongresses gestimmt. Was die Kaffenverhältnisse anbetrifft, so haben die Einnahmen mit denen der vorigen Jahre ziemlich gleichen Schritt gehalten, es müßte freilich besser sein, damit wir auch einmal einen größeren Posten an den Unterstützungsfond abliefern können; jedoch haben wir zu viel Ausgaben für Inhaftirte und daher die Lokalkasse sehr in Anspruch nehmen müssen.
Um auch wieder einmal den auswärtigen Genossen ein Bild sächsischer Gerechtigkeit zu geben, weisen wir auf die vor einiger Zeit erlaffene ministerielle Bekanntmachung hin, welche die Ausweisungen regeln sollten, der aber nebenbei eine geheime Instruktion beigefügt war, damit die Herren den Schein des Rechtes wahren. Der Arbeiter Krügel, welcher in der Druckerei der verbotenen Abendzeitung" thätig war, war das erste Opfer dieser famosen Bekanntmachung, dann folgte der Sattler Weiß, als angeblicher„ Leiter"- weil er mit Bebel, Liebknecht und verschiedenen anderen Genossen gesehen worden war und als Ausländer,
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welche nach dem Aussprüche Nostiz Wallwitz's im Landtage, beim Kapitel Polizei- Schweinerei", blos geduldet werden. Weiter wurde der Schuhmacher Franz Schreiber, welcher wegen angeblicher Verbreitung verbotener Schriften trotz des Fehlens jeder Beweise verurtheilt worden war, ausgewiesen.
Es bestehen hier ein tschechischer Verein, welcher sich mit Nationalitätsduselei befaßt, und ein Verein tschechischer Parteigenossen. Leptere wurden von Ersterem denunzirt. Es fanden wiederholt Haussuchungen statt, bei denen indeß weiter nichts gefunden wurde als einige verbotene Bücher. Dies genügte, über fünf brave Genossen, darunter der Genoffe Kalba mit Familie, die Ausweisung zu verhängen. Schmach über die Verräther!
Ein weiterer Beitrag zum Kapitel der sächsischen Beamtenfrechheit ist folgender. Den Genossen Hünig, Roth und Pflaum, die legten, welche Neukaledonien auf der Pillnizerstraße verließen, wurde von den Staatsrettern eine Verwahrung ertheilt, nicht respektwidrig gegen die Polizei zu sein und nicht fechten zu gehen. Als ob die Burschen Rekruten vor sich hätten! Die Fesselung Pflaums ist schon im Parteiorgan mitgetheilt, es kann jedoch nicht oft genug auf diese Schandthat der sächsischen Regierung hingewiesen werden.
Als Gegenstück zu den obigen Akten sächsischer Rechtspflege diene folgender Fall. Hat da so ein Ordnungsmann, Hausbesizer und Schlossermeister, Namens Staubel, ein fünfjähriges Mädchen viermal genothzüchtigt und auch das Kind seiner eigenen Tochter mißbraucht. Die ganze Lumpenpresse beobachtete rücksichtsvolle Verschwiegenheit, und der Kerl wurde nicht einmal in Untersuchungshaft genommen, bis zwei Tage vor der Verhandlung, wo ihm zwei Jahre Zuchthaus zuerkannt wurden, während unsere Genossen bei der geringfügigsten Sache Monate lang in Untersuchungshaft schmachten müssen. Der sächsische Strelnikow, von Mangold , aber erklärte den Richtern bei Schluß der Schwurgerichtsperiode:" Wohl dem Lande, wo noch Recht und Gerechtigkeit waltet! Möchte es immer so bleiben!" Der Kert fürchtet nämlich die Strafe für seine Schandthaten; es ist dies derselbe, welcher am 1. Pfingsttag Genosse Bebel wegfangen ließ. Einen weiteren Beleg für die Unfehlbarkeit der Richter liefert der Justiz mord des Bandweber Böhme, 1863 in Baußen. Der vorige König, der gute" Johann, erklärte bei der Bestättigung des Todesurtheils, der Mann sei nicht die Gefängnißtoft werth. Johann war auch von Gottes Gnaden! Dieser Fall hat eine große Aufregung hervorgerufen.
Ein Polizeißtückchen von dem bekannten Polizeispürhund Fichtner möge den Genossen noch mitgetheilt werden. Fichtner ging zu dem Genossen Albrecht, zu einer Zeit, wo dieser nicht zu Hause war, und gab sich für einen Freund von ihm aus. Er müffe abreisen, es thue ihm herzlich leid, seinen Freund Albrecht nicht sprechen zu können, er wolle nur seine demselben geliehenen Bücher holen 2c. Aber die Frauen tannten den Hallunken schon, und freuten sich über feine abgebrauchten Mittel, die Ende 1878 vielleicht verfangen hätten, heute aber nicht mehr ziehen. Mehr Glück scheint Fichtner bei den Gastwirthen zu haben; es gelang ihm, dem Volksbildungsverein, der ein Sommerfest abhalten wollte, zwei Lokale zu hintertreiben, was die Suche nach einem dritten nöthig machte. Aber dort wurde wieder von den Regimentskommandeuren der Militärmufit das Spielen verboten. Wenn die Kommandeure wüßten, wie viel Sozialdemokraten unter den Soldaten wären, dann müßten sie auch dort das Spielen verbieten.*)
Auch in Oesterreich sind die Zustände nicht besser. Ein hiesiger Genosse, Kommernisty, ging, gezwungen durch Denunziation eines Frauenzimmers, nach Prag , und trat dort in den Boltsbildungsverein ein. Dort wurde er mit noch 17 Genoffen verhaftet wegen„ Geheimbündelei, Störung der öffentlichen Ordnung und Singen aufreizender Lieder", vom 18. Dezember 1881 bis 18. April 1882 in Untersuchung gehalten, dann auf die Aussage des Zeugen Palecet, welchen der eigene Vater als ein arbeitsscheues Subjekt bezeichnete, das für Geld zu jeder Schlechtigkeit fähig sei, zu sechs Wochen Gefängniß verurtheilt, weil in einigen Punkten Nachdem deffen Aussagen mit denen der Polizei übereinstimmten. Kommernisky seine Strafe verbüßt hatte, wurde er in Ketten gefesselt nach Dresden gebracht und dort acht Tage im Gefängniß gehalten. Man konnte zwar keine Anklage gegen ihn fabrizieren, aber er hatte doch noch ein großes Sündenregister auszugleichen, nämlich das Tragen einer rothen Blume. Deshalb war eine Kette nöthig, so will es die Ordnung" in Deutschland und Destereich! Am Auftrag der Dresdner Genossen.
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Vorwärts!
Löbtau - Dresden , im Auguft. Post- Stieber hat unzweifelhaft meine Korrespondenz, welche ich im Laufe des Monats April an die Redaktion des Sozialdem." über hiesige Verhältnisse und Vorkommnisse einsandte, gefunden", sonst müßte dieselbe längst im Parteiorgan erschienen sein. Ich hoffe, daß diese nun doch, freilich in verlängerter Form, erscheinen wird, da fich inzwischen noch so manches ereignet hat, was viele Freunde und Anhänger unserer Sache intereffiren dürfte.
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Zunächst sei angeführt, daß die Wahl des Genoffen Horn zum Ausschußmitgliede der hiesigen Gemeindeverwaltung von der Königl. Amtshauptmannschaft nicht bestätigt wurde. Genosse Horn hat hiegegen Returs eingelegt, derselbe wurde jedoch ebenfalls für„ unbegründet" erklärt, weil ein überaus dürfnun weil Horn nicht in der Wählerliste stand tiger Vorwand, da es nicht Horn's Schuld war, daß die Eintragung unterblieb, sondern jenes ehr- und pflichtvergessenen Gemeindebeamten Reinhardt, welcher die hiesige Gemeindekasse bestahl und sonstigen Schwindel verübte, wofür derselbe- allerdings erst nach Interpellation von Seiten unserer sozialdemokratischen Gemeinderathsmitglieder 2% 21 Jahre Zwickau " erhielt. Jahre Zwickau " erhielt.„ Verklage den Teufel bei seiner Großmutter und Du wirst gewiß kein Recht finden", dieses Sprichwort kann man
*) Sehr gut!
Anm. des Segers.