Das damalige Oberhaupt, der provisorische Polizeinspektor Prange, ging allen Andern in dieser Kardinaltugend würdig voran. Beim letzten Schützenfest hatte der Betreffende ganz besonders auf Kosten mehrerer Bürger gekneipt, worauf ihn dann in seinem Suff" eine förmliche Verhaftungswuth packte. Unter Anderen ließ er in den Parkanlagen ein anständiges Mädchen von der Seite des Bräutigams weg nach dem Polizeibureau bringen, und nur dem energischen Protest des Letzteren und anderer Personen hatte es das Mädchen zu verdanken, daß es nicht wie eine feile Dirne über Nacht im Gewahrsam behalten wurde. Außerdem versuchte Prange noch mehrere Bürger zu arretiren; einer derselben bearbeitete ihn jedoch derartig mit dem Regenschirm, daß ihm die Luft zu weiteren Abenteuern verging; schließlich mußten ein paar mitleidige Seelen den Ordnungshelden nach Hause eskortiren, sonst wäre er be­soffen im Rinnstein liegen geblieben. Eine geziemende Strafe ist auf diese Rüpeleien natürlich nicht erfolgt, Prange mußte nur seinen Posten vor der festgesetzten Zeit seinem noch nicht wieder ganz genesenen Vor­gänger Kranz abtreten, welcher ausnahmsweise ein äußerst nüchterner Mann ist.

Der Polizeisergeant Wus chat, der eigentlich zu bedeutungslos ist, als daß sein Name an dieser Stelle erwähnt werden sollte, verklagte flirzlich eine Frau, welche öffentlich gesagt hatte, daß W. fast immer be­trunken ist; da dieselbe jedoch Beweise brachte, wurde sie vom Schöffen gericht freigesprochen.

Neulich hat ein anonymer Lump mehrere hiesige Genossen wegen an­geblichen Sammelns von Geldern zu sozialistischer Propaganda denunzirt und erfolgte darauf Haussuchung bei den Genossen Pöhle und Würfel, nachdem man sie vorher, unter dem Vorwande, ihnen eine Feuerwehr­tarte aushändigen zu müssen, auf das Polizeibüreau gelockt, dort besich­tigt und über persönliche Verhältnisse ausgefragt hatte. Gefunden wurde bei Würfel nichts, während bei Pöhle eine harmlose Stylübung, in welcher das schreckliche Wort Kasse enthalten war, tonfiszirt wurde.

Von Privatpersonen hat sich bei der Sozialistenhatz ein früherer Auch­sozialist, der sich Zigarrenfabrikant Schiemann schimpft, besonders hervorgethan; u. A. entließ er mehrere seiner Arbeiter wegen ihrer Ge­sinnung. Kenntniß davon verschaffte sich der Lump durch Horchen an der Thür der Arbeitsräume.

Die Flugblattvertheilung in Sommerfeld , aus Anlaß des 400­jährigen Jubiläums der Einverleibung der Stadt mit der Mark Branden­burg, konnte nach Meinung des dortigen Käseblattes nur von Forster Sozialdemokraten erfolgt sein. Beweise dafür wollte sich der Staats­anwalt durch die Forster Polizei verschaffen, und fand deshalb bei Gen. Zisowsky Forst Haussuchung statt, die natürlich erfolglos verlief.

In Sorau hat unter den Webern eine Lohnbewegung stattgefunden, dieselbe ist ohne Streit verlaufen und hat den Betheiligten ihre traurige materielle Lage um ein Geringes erträglicher gestaltet.

Spremberg hat jetzt ein Brachtexemplar von Stadttyrann aufzu weisen. Kaum hat er sich in seiner neuen Stellung bequem gemacht, so erscheint auch schon der Gerichtsvollzieher, um ihn wegen 2000 Mt., die er in der Eile der Abreise zu zahlen vergessen hat, auszupfänden. Jetzt wäre Holland in Noth gewesen, wenn der Wirth des Biedermannes nicht für diese Kleinigkeit Garantie geboten hätte. Als Gegenleistung für diesen Liebesdienst reitet der Bürgermeister, der nebenbei gesagt, Ritt­meister a. D. ist, seinem Wirth die Pferde zu. Um nun die Auf­merksamkeit von der hohen Person abzulenken, wurde in Sozialistenhazz gemacht, wobei ihm eine Nummer Sozialdemokrat" in die Hände fiel, in welcher 30 Mt. aus Spremberg für den Unterstützungsfond quittirt waren. Welch ein Standal, so viel Geld zu schicken, wo Er es so nöthig braucht! Wenn er wenigstens noch die Absender gekannt hätte! = trinken, sich Herr Georg Mittag, genannt der Speiser( einen speisen betrinken), war so freundlich, ihm in dieser Hinsicht behilflich zu sein, denn in Gesellschaft mit den Vätern der Stadt erzählte er, wie seine Tischler einem Verein, Tischlerbund genannt, angehören, welcher Geld nach der Schweiz liefert. Jetzt wissen wenigstens die Sozialdemokraten auch, an wen sie sich zu wenden haben, wenn sie einmal in Geldverlegen­heit sind.

Im Allgemeinen ist die Stimmung der Genoffen der Niederlausitz vorzüglich. Unsere unausgesetzte Thätigkeit für die Verbreitung unsrer Prinzipien ist vom besten Erfolg gekrönt. Jeder Tag führt uns neue Kämpfer zu und vermehrt damit den Muth und die Begeisterung für unsere Sache. Wenn es sich Jeder zur Pflicht macht, wie bisher bei jeder Gelegenheit zu agitiren, so wird die Niederlaufiz bald eine der mächtigsten Zitadellen im Befreiungskampfe des Proletariats sein. Mit sozialdemokratischen Gruß!

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Im Auftrage: G. F.

Zwickau , im Oktober. Seit Veröffentlichung des offiziellen Wahl­berichtes, in welchem wir mittheilen konnten, daß wir den Sieg in dem 18. sächsischen Wahlkreise wieder an die rothe Fahne gekettet, um ihn nie wieder derselben entreißen zu laffen, haben wir im Parteiorgan nichts wieder von uns hören lassen. Wenn nun die Genossen auswärts daraus schließen sollten, daß wir nun jetzt wieder auf der faulen Haut liegen, so will ich hiermit konstatiren, daß dem nicht so ist. Die Parteiverhält nisse sind bestens geregelt, die Verbindung unter den Genossen ist seit der legten Reichstagswahl, auch ohne polizeiliche Erlaubniß, eine gute und geschloffene geworden, desgleichen ist die Abonnentenzahl auf den Sozial­demokrat" in diesem Jahre um ein Bedeutendes gestiegen, kurz, der Geist der Zwickauer Bergarbeiter, sowie der Crimmitschauer und Werdauer Fabritarbeiter für unsere gerechte Sache ist ein guter, und der Haß der Arbeiter gegen die Tyrannei der Ausbeuter nimmt von Tag zu Tag zu. Wenn nun in den ersten Jahren des Bestehens der deutschen Unterdrück ungsbill bei der Agitation unter den Genossen eine gewisse Betlommenheit und Baghaftigkeit herrschte, so hat sich dies jetzt gänzlich geändert, man hat nach und nach gelernt, das Bubenstück von Sozialistengesetz unwirksam zu machen, ja, das Agitiren macht jetzt sogar öfters noch mehr Ver­gnügen als früher, weil man der Polizei dabei stets ein Schnippchen schlagen muß. Es ist ordentlich ergöglich zu sehen, wie tölpelhaft sich die Spitzel bei dem Auskundschaften unserer Unternehmen benehmen. Hatten wir da zum Beispiel diesen Sommer eine Waldpartie arrangirt und von Zwidau einen Wagen mit Munition, bestehend aus mehreren Fässern Bier, sowie Brod und Wurst, mitgenommen. Davon hatte nun die Be­hörde Lunte bekommen und so tam es, daß die Schandarmen, unterstützt von Zwickauer Spiteln, mehrere Stunden lang bei strömendem Regen im Walde suchten, ohne uns zu finden. Erst als wir am Abend mit leerem Wagen im Dorfe Weißenborn antamen, wurden wir von der heiligen Hermandad ermittelt. Nun ging das Notiren und Fragen los, welches mehrere Tage in Anspruch nahm; als das Ausschnüffeln beendet war, tonnte man jedoch beim besten Willen keine Verschwörung konstatiren. Es wird uns überhaupt seitens der Polizei eine Aufmerksamkeit ge­schenkt, die fast rührend ist, namentlich hat sich unser Vize- Wachtmeister Striegler die Ausrotiung der Sozialdemokraten zur Aufgabe gemacht, wobei er es an schurkischen Gemeinheiten nicht fehlen läßt; so hat er in Gemeinschaft mit einem seiner würdigen Kollegen bei Gelegenheit einer Haussuchung die Ehefrau des Bergarbeiters Schlosser in Abwesenheit ihres Mannes törperlich bis auf die nackten Brüste nach verbotenen Schriften untersucht.

Ich will unserem Striegler hiermit zu wissen thun, daß wir ihn bei dem nächsten Schurkenstreiche, den er begeht, zur Aufnahme in das vom Sozialdemokrat" eröffnete, Berbrecher Album" empfehlen werden.*)

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Mit Prozessen waren wir dieses Jahr reichlich gesegnet.§ 131­Prozesse hatten wir 4, denn gegen diesen Paragraph hatten die Wahl­aufrufe des 17., 18. und 19. Wahlkreises gesündigt, und wurden somit die Verleger und die geangelten Verbreiter unter Anklage gestellt. Das Urtheil, welches die 2. Straftammer des Landgerichts Zwidau zu sprechen hatte, war jedoch für sämmtliche Angeklagte ein freisprechendes, trotzdem der Herr Oberstaatsanwalt Cubasch in jeder Verhandlung die Ange­tlagten gehörig verdonnert wissen wollte.

Soeben erfahre ich, daß unser" Cubasch gegen das Erkenntniß betr. den Aufruf im 17. Kreise Revision eingelegt hatte, und daß das Urtheil vom Reichsgericht tajjirt und zur nochmaligen Erörterung an das Land­gericht Zwidau zurüdverwiesen wurde. In diesem Falle find angeklagt: der aus Leipzig ausgewiesene Genosse Mar Preißer als Verleger, sowie drei Genossen aus Glauchau als Verbreiter.

*) Und wenn er dafür nebenbei auch gemüthlich" gestriegelt würde, so dürfte das ihm und Seinesgleichen, die unter dem stillen Bei­jalle ihrer Oberen die bestehende Rechtslosigkeit unserer Genosse zu solchen und ähnlichen schamlosen Brutalitäten gegen sie mißbrauchen, nur heilsam sein und ihren Eiser zähmen im Interesse ihrer zarten Haut.

Bescheidene Segeranmerkung.

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Anßerdem wurden gegen eine Anzahl Genossen 5 Prozesse wegen Ver breitung verbotener Druckschriften erhoben, 2 davon endeten mit Frei sprechung, weil den Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnte, daß die Schriften auch an dritte Personen gelangen sollten. Verurtheilt wur­den dagegen je 3 Mann zu je 50 Mark Geldbuße, eventuell 14 Tagen Gefängniß, und in die Kosten, einer zu 30 M. Geldstrafe und Tragung der Kosten, sowie Genosse Hoch in Planiz zu 14 Tagen Gefängniß und in die Kosten, weil er eine Rede des Reichstagsabgeordneten Voll­mar verbreitet hatte. Der Gerichtshof nahm an", daß Hoch als eifriger Anhänger der Sozialdemokratie noch mehr solcher Reden verbreitet habe. Auch wurde dem Genossen Herwig, dem die Verbreitung von Druck schriften verboten war, der Prozeß gemacht, weil er es sich nicht hatte versagen können, noch etwas Gedrucktes weiterzugeben. Herwig zog es jedoch vor, die Verhandlung nicht abzuwarten, weil er hier eristenzlos geworden war, sondern ging außer Schußweite. Das höchste Strafmaß tam hier in Anwendung: 6 Monate Gefängniß. Ferner hatte sich Genosse Rein! wegen öffentlichen Sammelns zu sozialistischen Zwecken zu verantworten, die Verhandlung wurde jedoch vertagt, um weitere Belastungsmomente herbeizuschaffen, und ist das Resultat demnach noch abzuwarten. Ob nun die Polizei nicht noch Neues in diesem Jahre gegen uns ausbrütet, läßt sich nicht bestimmen, denn jeder Kampf fordert seine Opfer. Die Ver­breitung von Druckschriften wurde bis jetzt in Zwickau neun Personen verboten; es ist jedoch anzunehmen, daß bis zur nächsten Wahl noch mehr Genossen mit dieser Maßregel beglückt werden. Daß dies aber den ge planten Erfolg, welchen die Behörde damit im Auge hat, nicht haben wird, dafür werden wir zu sorgen wissen.

Noch Eines will ich heute in Erwähnung bringen, nämlich die Aus­wanderung. Dieselbe ist in hiesiger Gegend zu einer förmlichen Epidemie geworden, tagtäglich hört man, daß der oder jener Bekannte theils mit, theils vorläufig ohne Familie auswandert, um sich jenseits des Ozeans eine sorgenfreiere Existenz zu schaffen; schon so mancher brave Genoffe, den wir in der Agitation sehr vermissen, sagte uns Lebewohl! War nun die Abreise unseres Genossen Christian Pommer nach Brasilien für uns, speziell für unseren Nachbarort Schedewitz, ein er­heblicher Verluft, so haben wir durch die Abreise unseres Freundes Gustav Reinecke aus Werdau nach Philadelphia abermals einen der tüchtigsten Genossen verloren, denn derselbe ließ sich weder Mühe noch Opfer verdrießen, für die Bewegung einzutreten. Wir wünschen ihm bei unseren überseeischen Freunden eine gute Aufnahme, denn obgleich wir ihn ungerne scheiden sahen, so müssen wir doch seinen Entschluß der ein­getretenen Familienverhältnisse halber voll und ganz billigen.

An die hiesigen Genossen richte ich aber die Aufforderung, dafür Sorge zu tragen, daß überall, wo uns eine Lücke entstanden, dieselbe sofort wieder ausgefüllt werde. Seid unermüdlich in der Verbreitung unserer Ideen, werbt stets neue Genoffen, bedenkt bei jeder sich darbietenden Gelegenheit unseren Unterstützungsfond, denn der Kampf erfordert Mittel, und kämpfen wollen unter oder ohne Ausnahmegesetz, denn wir wollen und müssen durch den Kampf zum Sieg!

Sch

Plauen, 22. Oktober. Ich hatte Ihnen versprochen, gleich nach Beendigung des Weberstreits Bericht erstatten zu wollen, und komme hiemit dem Versprechen nach.

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Der Streit in den beiden letzten Fabriken dauerte acht Tage. Mit List und Niedertracht, unterstützt durch die Hungerpeitsche, suchten die Fabrikanten die Arbeiter zu zersplittern, und das ist ihnen leider gelungen. Die beiden Fabrikanten erließen Annoncen im hiesigen Tageblatt", in welchen sie sämmtliche Arbeiter als entlassen erklärten und gleichzeitig andere Arbeiter zu den von den Fabrikanten vereinbarten, um 10, resp. 12 Prozent erhöhten Löhnen suchten; dadurch wurden viele von den Arbeitern wantelmüthig, da sie fürchteten, ihre Plätze zu verlieren, wenn andere Arbeiter eingestellt würden, was auch in einigen Fällen bereits geschehen war. Ferner sandte die Ausbeuterbande ihre Spürhunde, genannt Werkmeister, aus, welche unter den indifferentesten Arbeitern das Gerücht verbreiten mußten, daß der Streif beendet sei und daß, wer nicht wieder eintrete, von der Straße weg verhaftet würde. Anderseits war wieder das Gerücht verbreitet, die Streifenden würden vom Staate unterstützt werden; dasselbe verdankt seine Entstehung einer Aeußerung des hiesigen Polizeistadtrathes Wagner. Derselbe hatte nämlich in einer der ersten Versammlungen die Forderung der Arbeiter als gerechtfertigt anerkannt und erklärt, für die Arbeiter thun zu wollen, was er thun könne nämlich nichts. Auf diese Worte: was er thun könne", legten die Leute viel Gewicht; als sie ihn ernstlich beim Wort nahmen, da zog er den Kopf aus der Schlinge und verwies sie an die Amts­hauptmannschaft; von dort aus wurden sie an die Kreishauptmannschaft verwiesen, und so von Pontins zu Pilatus geschickt, bis Alle den Muth verloren hatten.

Wenn man nun als prüfender Beobachter die ganze Bewegung unter den hiesigen Webern überblickt, so findet man, daß dieselben noch auf einer sehr niedrigen Kulturstufe stehen. Es ist dies aber hier bei fast allen Arbeitern so, wofür man natürlich die Leute nicht selbst verantwortlich machen kann; die Ursachen liegen in den allgemeinen schlechten Lohn- und Arbeitsverhältnissen, in schlechter Nahrung und ungenügender und falscher Schulbildung. Das sind nach meiner Ansicht die Faktoren, die allein verantwortlich zu machen sind. Das Eine aber ist nicht zu verkennen: die Leute haben durch den Mißerfolg, der eine Folge ihres unplanmäßigen Vorgehens ist, begreifen gelernt, daß ohne Organisation und ohne Mittel nichts auszuführen ist und daß die ganze Stärke in der Einigkeit der be­treffenden Arbeiter selbst liegt. Wie ich gehört habe, soll die Gründung eines Fach vereins der Weber im Gange sein. Rthr. Vlr.

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Ohlau, 12. Oftober. Am 30. April d. J. tagte hier eine öffent­liche Versammlung sämmtlicher Tabakinteressenten, welche von 300-400 Personen besucht war. Referent war Genosse Feltenberg aus Breslau . Er kritisirte die Monopolvorlage in schärfster Weise. Hier noch einmal wiederzugeben, was Alles gesprochen worden ist, halte ich für unnütz, es handelt sich doch nur um die Worte, welche gegen den famosen§ 131 des Reichsstrafgesetzbuches verstoßen haben sollen. Diese lauten: Die Monopolvorlage sei wieder so ein politisches Steuererperi­ment, seine Parole sei, der heutigen Regierung feinen Pfennig neuer Steuern, denn die Regierung verwende die Steuern doch nur zur An­schaffung von Puppen und Kanonen. Wegen dieser Aeußerungen wurde Anklage erhoben, jedoch nicht auf Bericht der Polizei hin, sondern der Posttelegraphist Menzel ist der saubere Denunziant. Am 8. September stand vor dem Landgericht zu Brieg Termin an. Belastungs­zeugen waren Menzel und Polizeisekretär Clemens. Entlastungs­zeugen waren die drei Parteigenossen Meißner, Frost und Bries­Alle Zeugen wurden vereidet. Feltenberg bestritt auf das Entschiedenste, die ihm unterstellten Aeußerungen gethan zu haben, wäh rend Menzel die Denunziation aufrecht erhielt und noch hinzufügte, daß bei den in der Anklage angegebenen Worten ein schallendes Gelächter ausgebrochen sei, und daß Feltenberg ganz ruhig gesprochen habe. Clemens wollte ebenfalls die Worte gehört haben, worauf ihn Feltenberg fragte, warum er als überwachender Polizist denn die Versammlung, als er diese Worte gehört, nicht aufgelöst habe. Clemens gab teine Antwort, denn das versteht er leider nicht, aber da erschien als rettender Engel der Staatsanwalt und verbot Feltenberg das Juterpelliren, da hier nicht der Ort dazu ift." Meißner, welcher als Vorsitzender der Versamm

ner.

bin ich wegen dieser Rede angeklagt, warum werden nicht auch Stöder, Henrici 2c. wegen Aufreizung zum Klassenbaß angeklagt? Dieselben predigen dem Volte ganz frei und offen Klaffenhaß! Er beweist dieses durch mehrere Zeitungsausschnitte. Ich will hier nur die Worte erwähnen, welche Henrici gesprochen hat:" Ich werde nicht eher ruhen, bis sämmt­liche Juden aus Deutschland heraus find!"( Feltenberg ist auch Jude.) Ist dies fein Vergehen gegen§ 130? Ich habe aber noch nicht gehört oder gelesen, daß Diejenigen, die so sprachen, bestraft oder unter Anklage gestellt worden wären. Ich fühle mich nicht schuldig, deshalb erwarte ich meine Freisprechung."( Obgleich der Hinweis auf die Duldung der Juden­hezen nicht zur Sache gehörte, sagte weder der Staatsanwalt noch der Gerichtshof ein Wort gegen die bezgl. Ausführungen Feltenbergs.) Nach un­gefähr viertelstündiger Berathung verkündete der Vorsitzende( der Gerichts­hof ist liberal!) das Urtheil: 100 Mark Geldstrafe, event. 20 Tage Gefängniß und Tragung der Kosten. Die Strafe von 2 Monaten kann F. nicht angerechnet werden, da dieselbe noch nicht rechtskräftig geworden. ( Bekanntlich ist die Strafverfolgung gegen Kräcker und Genossen auf 1 Jahr eingestellt.) Die Namen des Gerichtshofes resp. Staatsanwaltes find mir noch nicht bekannt; wenn ich dieselben erfahren habe, werde ich darüber berichten.- Feltenberg hat die Kostennote erhalten: 166 M. 10 Pf. Schftle. Mit sozialdemokratischem Gruß!

Nachruf.

Meran in Tirol. Am 13. Oktober entriß uns der Tod einen der wackersten Kämpfer für die Volksrechte, der auch weit über unser Städtchen hinaus bei den Genoffen bekannt war. Der langjährige Vorsitzende des Arbeiterbildungsvereins,

Genosse Josef Lechleitner,

deffen nicht genug zu rühmende Opferwilligkeit für unsere große Sache ihm im Freundeskreise den Scherznamen ,, Unser liebes Blech" eingetragen, hat in der Blüthe seiner Jahre die Augen für immer geschlossen.

Sein Begräbniß fand am 15. Oktober statt. Den Sarg trugen Mit­glieder des Arbeiterbildungsvereins, dann folgten im Zuge die Ge­noffen und Freunde des Verstorbenen. Viele Kränze, u. a. einer vom Arbeiterbildungsverein Innsbrud, schmückten das Grab unseres Freundes. Am Grab hielt der Obmann- Stellvertreter des Arbeiterbildungs­vereins, Genosse Jos. Veith, eine ergreifende Ansprache.

Uns wird der Verstorbene unvergeßlich bleiben, wir werden sein An­Probus. denken stets in Ehren halten.

Warnung.

Die Augsburger Genossen ersuchen uns, die Parteigen offen allerorts vor einem gewissen Neumeier, Schuhmacher, zu warnen. Derselbe soll sich jetzt im Schwäbischen befinden.

Neumeier hat sich als Verräther schlimmster Sorte erwiesen. Er hat von Augsburger Polizisten mehrmals Gratifitationen bis zu 50 Mt. für seine geleisteten Spizeldienste erhalten und trat im Prozeß Merkel und Genossen als öffentlicher Zeuge wider unsere Freunde auf. Also aufgepaßt!

Briefkasten

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der Expedition: Kümmeltürte: Fr. 3.50 durch Mz. erh. Bezahlt war bis Ende Nov. hier Fr. 1,30. Preis pr. 4. Qu. Bf. Fr. 3,75. Also Fr. 1,05 d. Ufd. dkd. zugew. Elberfeld : Bf. mit Korr. v. 27/10. foftet 50 Cts. Strafporto, da über 15 Gramm. Je 15 Gr Dtsch. tosten 20 Pfg., wie oft sollen wir das noch ausposaunen!? Verein Winterthur : Fr. 15,- Extrabeitrag d. Ufds. dkd. zugew., desgl. W. S. Wthr.: Fr. 12,20 f. d. streikenden Weber in Greiz besorgt. Dtd.: Mt. 18,- Ab. 3. Qu. Fr. 3,75. Bf. ab 4. Qu. f. P. erh. erh. Adr. geordnet. Schft. mit 45. E. V. E.: Mt. 3,- A6. 4. Qu. erh. Mt. 5, d. Ufds. dfd. zugew. Rother Hans: Mt. 19,80 Ab. Ott. erh. Bfl. betr Flgbl. Näheres. Von durstigen Kehlen Uebrig­Catilina: Fr.-, 70 für gelassenes: Fr.-, 50 d. Ufd. dfd. zugew. Ppr. erh. Grachus W.: Mt. 35,-. Ab. 4. Qu. 2c. erh. Auszug folgt. G. D. Lyon : Fr. 2,50 Ab. 4. Qu. erh.( 500): Mt. 3,- Ab. 4. Qu. und Mt.-, 50 p. Ufd. dkd. erh.(-1): 0. fl. 4,- Ab. 4. Qu. f. H. u. Schft. erh. Haben Sie 10 Kr. gut auf Schftnota mit 44. T. Liège: Fr. 25,50 Ab. Sept. u. Okt. nebst Ldrb. erh. Recht so. Schft. gebacht. Carl Horn: Mt. 27,90. Ab.- Cto. u. Ggrchng. gutgebr. Alles beachtet. Nachliefrg. folgt. Zürich : Fr. 20,21 v. d. öffentl. Sozial.­Vers. im Schth. für die streitenden Crimmitschauer dkd. erh. und besorgt. D. F.: Wir haben Alles erh. Gew. wird bes. Naso: Fr.-, 70 f. 7 Sozd. 44 erh. G. O. Salzstadt: Mt. 12,- Ab. 4. u. erh. u. Adr. geordnet. Rosa Beck: Mt. 50,- à Cto. Ab. 3. Qu. erh. Gewünschtes folgt. Marat: ö. fl. 3,40 Ab. 4. Qu. erh. Erfragtes siehe Bft. 30. Weiteres vorgem.-r: Fr. 8, à Cto. Ab.

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3. u. 4. Qu. erh. Der alte Rothe P.: Mt. 13,20 Ab. Aug. u. Sept. -h. Mehrbestllg. folgt, haben nebst Adr. erh. Weiteres geordnet. Serlow: betr. Bspost nur eine Notiz gegeben, die dorten anfam. " Für den Ort im Kreise": Mt. 3,- Fr. 14,65 pr. Schft.- Cto. erh. Ab. Rest 3. Qu.-, 30 f. Progr., sowie für Serie F. T. W. Mt. 3,- Ab. 4. Qu. zugl. erh. Von Weiterem teine Spur. Bestllg. besorgt. Glühwurm Rßw.: Mt. 6,- Ab. 4. Ou. f. 2 Erpl. erh. K. H. Mhm.: Hier nichts eingetr., fann also unterlassen oder gestiebert sein. Der Bekannte: 100 Mehrbestellg. folgen ab 44, da allseits viel Bestllg. mit Nachliefrg. G. hat von sich hören lassen. Ferd.: Waren schon benachr. Weiteres vom 28/10. besorgt. F- g. P.: Bf. v. 24/10. erh. Adr. geordnet. Raft: Bf. v. 28/10. 2c. hier. Ebenso Mt. 60,- Ab. 3. Qu. u. Mt. 30- Ab. 4. Qu. Quittiren stets nach Vorschr. Also genaue Angabe Eurerseits Vorbedingung. Bstllg. folgt. Bfl. mehr.-M. H. Bereits quittirt, fiehe Or., Bfl. am 31/10. mehr.- Peter: Bf. v. 24. am 31/10. beantw. Droffelbruder: Folgen 96. Nachlfrg. fragl. Schorse: Alles hier. Mehrbestllg. folgt, ebenso 1-44. Hh. muß jedes Qu. zur Fortsßg. rechtztg. signalisirt werden. Liefrg. fort. Tfld.: 35 Cts. Strafporto, falsche Adresse und richtiger Eingang des Bfs v. 25/10., das nennt man Turkel". Lucius: Bf. v. 26. am V. 31/10. beantw. Gracchus F.: Bf. v. 25/10. erh. u. beachtet. Sp. Lbg.: Mt. 2, f. Schft. erh. T. v. Main : Mt. 12, Ab. Sept. erh. Gewünschtes kommt. F. G. Bukarest : Mt. 1,20 f. Chiffrstbe. u. Mt. 3,80 pr. Ufds. dkd. erh. Betr. Anliegen ist bereits erledigt. Besten Dank! B. u. T. Paris: Fr. 5,40 Ab. 4. Qu. u. Rst., sowie Fr. 10,- pr. Ufds. dkd. erh. Siehe später Fosqttg.

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J. Oppold, Schuhm. bei Herz, Haustonftr. 175, New- York : Ist J. Unsinn am 13. Sept. dorten angekommen? Antwort u. Brief für Bommertsweiler umgehend hierher erbeten. Eltern sehr be Albert. forgt.

Soeben ist erschienen und durch die Unterzeichnete zu beziehen: I. Flugschrift der auswärtigen Propaganda.

lung fungirte, sagte aus, daß er die betreffenden Theile der Rede gleich Aufhebung des Sozialistengesetzes?

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falls gehört habe, als er indeß weiter sprechen wollte, fragte ihn der Staatsanwalt, in welcher Entfernung er vom Redner gesessen habe, und als konstatirt wurde, daß der Redner direkt bei ihm geftanden, wurde er mit kurzen Worten entlassen. Frost war bei den in Rede stehenden Worten nicht im Saale anwesend. Briesner war in der Versammlung Schriftführer, die qu. Worte hat er nicht gehört, da er schreiben mußte. Der Staatsanwalt ein junger Mann, welcher wahr­scheinlich als solcher erst einlernt, wie man aus seiner Rede, die gar nicht zusammenhängend war und von vielen hm und äh unterbrochen wurde, schließen muß- sagte: Ich werde mich kurz faffen. Es ist von 3 Zeugen bestätigt worden, daß der Angeklagte Feltenberg die in der Anklage ent­haltenen Worte gebraucht hat. Hätte er auch nicht Puppen, sondern wie er behauptet, Truppen gefagt, so sind die anderen Worte doch eine Verächtlichmachung staatlicher Einrichtungen, da die Regierung nicht mehr für Militärzwecke ausgibt, als was ihr auf Grund der Verfassung zusteht, und was vom Reichstage bewilligt wird. Da Feltenberg, wie Menzel zugab, ganz ruhig gesprochen hat", so hat er diese Verlegung gegen § 131 vollständig wissentlich gethan: da er schon mit 2 Monaten wegen Vergehen gegen denselben Paragraphen vorbestraft ist, so beantrage ich 3 Monate Gefängniß. Feltenberg's Vertheidigung war kurz und bindig. Er bestreitet auf das Entschiedenste, die inkriminirte Aeußerung gethan zu haben, und behauptet, Truppen gesagt zu haben. Warum, fragt er,

Ein Wort zur Taktik der deutschen Sozialdemokratie. Bon Surtur.

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