228 Mitglieder im Hause waren, d. h. ein wenig mehr als die Hälfte. Eine in der vorhergehenden Sigung vorgenommene namentliche Abstim­mung ergab aber, daß von Volksparteilern und linken" Fortschrittlern allein vierzehn Abgeordnete fehlten, darunter 4, die ihren Wohnsitz in Berlin  haben, nämlich Dr. Eberty, Eysoldt, Munkel und Philipp 8. Da die Gesammtzahl der Anwesenden der von Tage zuvor gleichkommt, nämlich 220, so ist nicht anzunehmen, daß über Nacht diese 14 Fort schrittler und Volksparteiler plöglich angeflogen find. Herr Sonnemann mag somit, ehe er andere Leute antlagt, zunächst vor der eigenen Thüre tehren.

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Aus Leipzig  . Am 1. Februar starb hier an der Schwindsucht Ernst Künzel, einer unserer tüchtigsten Genoffen. Ein Proletarier­find, hatte er in seiner Jugend solche Entbehrungen zu erleiden, daß er, als endlich der Wolf Hunger" mit unsäglicher Mühe überwunden war, nicht mehr Kraft genug übrig hatte, fortzuleben. Wäre er ,, mit einem filbernen Löffel im Munde" geboren worden, hätte er sich als Kind und Jüngling satt essen können, er lebte heute, wäre gesund und eine Zierde der deutschen Schriftstellerwelt. Vor 10 Jahren, kaum 20 Jahre alt, trat er in unsere Reihen; von einem fast fieberhaften Wissensdrang beseelt, suchte er im Leipziger   Arbeiterbildungsverein das nachzuholen, was die gerühmte Volksschule" an ihm versäumt. Er zog durch seine schriftlichen Arbeiten in der deutschen   Unterrichtsstunde die Aufmerksamkeit auf sich, erlernte die Stenographie, in der er es bald zur Meisterschaft brachte, lieferte Beiträge zur sozialdemokratischen Presse und arbeitete sich in wenigen Jahren so empor, daß ihm 1877 die Re­daktion der hier erscheinenden Fackel" übertragen werden konnte. Das niederträchtige Prostriptionsgesetz, genannt, Sozialistengesetz", vernichtete die Existenz Künzel's, wie so vieler anderer braven Parteigenossen. Es gelang ihm aber, sich neue Erwerbsquellen zu öffnen. In der Genossen­schaftsbuchdruckerei fand er Beschäftigung, und als auch diese Schöpfung dem Schandgesetz und zahllosen Bolizeichikanen zum Opfer fiel, gründete er, unter Verwerthung seiner vorzüglichen Leistungsfähigkeit als Steno­graph und Berichterstatter, die ,, Reichsgerichtstorrespondenz", welche jede Konkurrenz besiegte und ihm ein vollauf genügendes Ein­kommen sicherte. Da ereilte den Dreißigjährigen der Tod: Sieger im Kampf um das Dasein, mußte der Proletarier im Moment des Siegs und an den Folgen des Siegs sterben. Eine Wittwe mit drei Kindern und alle Parteigenossen, die ihn gekannt, betrauern seinen Tod. Und wenn der Tag kommt, wo wir die Urheber und Mitschuldigen des So­zialistengesetzes für ihre Frevel verantwortlich machen werden, wird ihnen auch der Name Ernst Künzel's in die Ohren gellen.

Versammlungen gegen die Arbeitsbücher finden noch immer statt. Besondere Erwähnung verdient, daß im Wahlkreise des Herrn Ackermann( Plauenscher Grund bei Dresden  ) Vollmar mehrere sehr gut besuchte Protestversammlungen abgehalten hat. Ebenso sprach Vollmar in einer sehr gut besuchten Versammlung in Dorts mund. In Meerane   und an anderen Orten hat es die Polizei indeß für gerathen gefunden, den Arbeitern selbst die Besprechung der Frage der Arbeitsbücher zu verbieten, in der weisen Erwägung, daß solche Versammlungen doch nur kommunistischen, sozialistischen zc. auf den Umsturz der bestehenden Gesellschaftsordnung gerichteten Bestrebun­gen dienen. Ein Zeugniß, mit dem die Sozialdemokratie zufrieden sein tann, mit dem aber die Arbeiter sich nicht zufrieden zu geben brauchen.

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Die Ausweisungswuth scheint wieder einreißen zu wollen. In Hamburg   hat Madai's Beispiel schnell Nachahmung gefunden. Genosse Gewand, Tischler, ist, weil er der Verbreitung sozialistischer Druckschriften verdächtig" war, am 6. Februar ausgewiesen worden. Senat und Bürgerschaft sind, nachdem sie der Bevölkerung schnell noch die Laft von 120 Millionen für den Zollanschlußtanal auferlegt, ruhig.

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Hurrah, ein neues Gewehr! Im Kriegsministerium in Berlin   ist man, wie die Weser Zeitung" berichtet, bereits einig darüber, daß eine Umbewaffnung des deutschen   Heeres stattzufinden hat; und zwar soll dasselbe jetzt mit Repetiergewehren ausgestattet werden. Jetzt kann das deutsche   Volk wieder seinen Opfermuth für's Vaterland bekunden und verschiedene Millionen bewilligen. Dazu die Einziehung der Reserven zu Schießübungen und was sonst noch drum und dran hängt da kann man wirklich mit Eugen Richter   ausrufen: Herz, was verlangst Du noch mehr?

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-Genoffe Thieme in Chemnitz  , der seinerzeit Herrn Stöcker, um nicht mit der Klaque dieses Herrn verwechselt zu werden, nicht mit Klatschen und Hochrufen, sondern mit Pfeifen begrüßte, wurde wegen groben Unfug 8" zu vier Wochen Gefängniß verurtheilt. Klasseniustiz!

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Sozialistische Presse und Literatur. Unser Genosse A. Hepner gibt in Newyork   eine Deutsch  - Amerikanische Arbeiter Library"( Bibliothek) heraus, welche in Einzelheften zu 10 Cents( ca. 45 Pig.) erscheint. Das erste Heft derselben enthält Bebel's Unsere Ziele" und ist mit einem Bilde des Verfassers ver­sehen. Seit dem ersten Januar erscheint in Newyork   nun auch ein tägliches sozialistisches Organ in englischer Sprache:" The Voice of labour"( Die Arbeiterstimme). Glück auf! Die Newyorker Boltsztg." feierte am 28. Januar ihren fünfjährigen Bestand. Sie hat sich in dieser verhältnißmäßig furzen Zeit zu einem der anerkannt hervorragend­ften deutschen   Zeitungsunternehmen Nordamerika's   entwickelt und re­präsentirt heute einen ganz bedeutenden Werth. Aber die Ueberschüsse, welche sie macht, fließen weder in die Taschen ihrer Leiter und Hedakteure, noch ziehen die Aktionäre des Blattes, d. h. die Arbeiter, welche es vor fünf Jahren in's Leben riefen, persönlich Vortheil davon, dieselben werden vielmehr statutengemäß ausschließlich für technische Verbesserung des Blattes, sowie für Zwecke der Aufklärung und Agitation verwendet. Auf eine solche Gründung" können unsere Genossen drüben stolz sein. Aus Amerika   erhalten wir ferner die erste Nummer des ,, Möbel­Arbeiter Journals", Organ der Internationalen Möbelarbeiter­Union von Amerika  . Dasselbe erscheint alle 2 Wochen. Wir wünschen ihm und der Sache, die es vertritt, bestes Gedeihen. Ein uns aus Paris   zugehendes Zirkular kündigt das Wiedererscheinen der Egalité" vom 15. Februar ab an. Unseren besten Glückwunsch dem unermüdlichen Mitstreiter.

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-Frantoeich. Bei der Stichwahl im fünften Arrondissement siegte der Kandidat der Sozialradikalen", Herr Bourneville. Die Ar­beiterpartei verlor anscheinend an Stimmen; die Ursache ist, daß von gewiffer Seite her der Anarchist Gautier aufgestellt wurde und Alle­mane, um teine Zersplitterung herbeizuführen, zu Gunsten Gautiers zuritdtrat. Die Zwecklofigkeit derartiger Experimentirerei hat sich auf's Evidenteste dokumentirt. Allemane, als Sozialist, war so gut ein Pro­testkandidat als Gautier. Hoffentlich wird diese Erfahrung bei der Wahl im 20. Arrondissement berücksichtigt.

Plon Plon   ist also freigesprochen, und das von den Kammern be­schloffene, sehr zahme Prätendentengesetz vom Senat im Juteresse der " Freiheit und Gleichheit" verworfen worden. Das tennzeichnet diese hohen Körperschaften, Senat und Richterstand, zur Genüge und zeigt, welcher Geist in diesen Kreisen heute noch herrscht. Daß die Fürsorge des Sinats für die bürgerliche Freiheit eitel Flunkerei ist, bewies der Berichterstatter Allou, der sich in der Heuchelei bis zu dem Satz verstieg, daß die Republik   die Kommunebewegung mit dem gemeinen Recht, mit der ge­wöhnlichen Justiz" bekämpft habe! Die blutigen Massacres, die Füsil­laden, die schreienden Berditte der Kriegsgerichte bürgerliches Recht" fann man schamloser heucheln?

Einige aufrichtig demokratische Blätter in Deutschland   haben sich, wie wir zu unserem Bedauern ersehen, von ihrem Abscheu gegen Ausnahme­gesetze verleiten lassen, der Logik der Frankfurter Zeitung  " zuzustimmen und gleichfalls im Interesse der bürgerlichen Freiheit gegen die Prinzen­ausweisung Stellung zu nehmen. Sie vergessen dabei nur, daß die Prinzen eben teine Staatsbürger find sondern gerade heute eine Aus­nahmestellung einnehmen. Und die Behauptung, daß ein Prätendent im Auslande gefährlicher sei als im Inlande, wird durch die Thatsachen Lügen gestraft. Napoleon   hätte seinen Staatsstreich vom Auslande her nie zu Stande gebracht.

Die französische Republik   befindet sich zur Zeit den Prätendenten gegen­über im Stande der Nothwehr, und die Justice" hat ganz Recht, wenn sie schreibt: Heut ist Frankreich   nur nominell eine Republik  , haben wir erst wirklich republikanische Einrichtungen, eine dezentralisirte Ver­waltung, eine reorganisirte Justiz u. s. w., dann mögen die Prinzen tommen, sie werden dann in der That unschädlich sein. Freilich, mit den wirklich republikanischen Einrichtungen ist es eine eigene Sache, und auch das Register der Justice" hat da ein großes Loch: die fran­ zösische   Armeeorganisation ist nichts weniger als republikanisch.

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- Irland  . Wenn Spione und Polizeiagenten vollgültige Zeugen find, so hätte die englische   Regierung jetzt wirklich verschiedene der Theilnehmer an der Ermordung von Cavendish und Burke in der Hand, indeß geht aus den Berichten über den großen Monftreprozeß, der sich zur Zeit in Dublin   abspielt, bis jetzt noch nicht hervor, daß die Aus­sagen der Kronzeugen auch auf Wahrheit beruhen. Möglich ist es ja immerhin, wenn man den kolossalen Polizeiapparat berücksichtigt, den die englische   Regierung in Irland   unterhält, und die nun einmal nicht zu Für die irische Bewegung an sich ist leugnende Macht des Geldes. übrigens der Prozeß ziemlich bedeutungslos; nicht derartige Attentate wie das obenerwähnte, machen ihre Stärke aus. Ueber den Prozeß selbst zu berichten, fehlt uns der Raum, wir behalten uns aber vor, nach seiner Beendigung ein gedrängtes Resume zu geben.

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Korrespondenzen.

Erfurt  , 20. Januar. Fast flingt es wie ein Wundermärchen: in der urpreußischen Stadt Erfurt   hat eine sozialdemokratische Arbeiter­versammlung stattgefunden, ohne aufgelöst zu werden!

Auf den 10. Januar war eine öffentliche Arbeiterversammlung ein­berufen mit der Tagesordnung: Die Einführung der Arbeitsbücher für alle gewerblichen Arbeiter." Es hatten sich, berichten die hiesigen Zeitun gen, 3-400 Arbeiter eingefunden, was auch so ziemlich der Wahrheit entspricht. Nachdem das Bureau gewählt war, eröffnete der Vorsitzende mit einigen erläuternden Bemerkungen die Versammlung und stellte die Tagesordnung zur Diskussion, worauf sich der Reichstagsabgeordnete Kayser zum Worte meldete. Es war für die große Mehrzahl der Anwesenden von geradezu verblüffender Wirkung und am meisten war der Polizeikommissär, dem man natürlich vorher nichts von Kayser's Herkunft erzählt hatte, verblüfft.

Genosse Kayser führte in 1 ftündiger, flarer, gewandter und treffen­der, oft von stürmischer Heiterkeit und Beifall unterbrochener Rede ein recht drastisches Bild von dem Segen" der Arbeitsbücher vor. Nachdem er sein Referat beendet, wurde eine energische Protestresolution einstimmig angenommen sowie beschlossen, Unterschriften zur Beförderung an den Reichstag zu senden. Nach kurzer Diskussion wurde die Versammlung mit einem dreifachen Hoch auf Gen. Kayser geschlossen.

Die hiesigen Lokalblätter haben sich über Verlauf und Haltung der Versammlung sehi anerkennend ausgesprochen. Die Petition hätte freilich eine größere Zahl von Unterschriften ergeben können. Wir haben inner­halb 8 Tagen ca. 1700 Unterschriften gesammelt.

Im Allgemeinen ist unsere hiesige Bewegung im besten Gange und gewinnen wir täglich mehr an Boden. Nur unsere Genossen des Land. freises Erfurt   lassen fast nichts von sich hören. Hoffentlich wird dies anders, damit wir bei den nächsten Wahlen mehr Stimmen auf unseren Kandidaten vereinigen als das letztemal. Genossen im Landkreise Erfurt  und Umgegend, organisirt Euch! Nur durch die Organisation seid Ihr start und widerstandsfähig. Solltet Ihr nicht Bescheid wissen, so stehen wir Euch gerne mit Rath und That, soweit unsere Kräfte reichen, zur Seite. Adreffen könnt Ihr ja durch unser Parteiorgan erfahren. Mit sozialdemokratischem Gruße!

Lucius.

Schmidt Nachfolger und Genosse.

Vor einigen Tagen brachte der Stöcker'sche Reichsbote", und aus diesem eine Anzahl schweizerischer sozialistenhezzerischer Blätter, einen Schimpfartikel gegen unsern Genoffen Bollmar, der seine Spize in gehäffigster Form gegen unsere Partei kehrte. Dieser Schimpfartikel rührt eingestandenermaßen von Niemand Anderem her als von Herrn Moses Oppenheimer, den wir den Lesern hiermit als den würdigen Nachfolger des Spigels Schmidt vorstellen.

Von dem Wunsche durchdrungen, das Parteiorgan möglichst von per­sönlichen Streitigkeiten freizuhalten, haben wir lange zu der standalösen Aufführung dieses Herrn in Zürich   geschwiegen, nunmehr aber halten wir es für unsere Pflicht, einen Menschen zu brandmarken, der nur zu lange sich als Mitglied unserer Partei aufspielen durfte.

Auf die Vorgeschichte des Herrn Oppenheimer, sein Verhalten in Stuttgart  , Mannheim   und Barmen lassen wir uns vorderhand nicht ein. Herr Oppenheimer fam im vorigen Sommer nach Zürich  , um sich an­geblich hier eine Existenz zu suchen. Nachgewiesene kaufmännische Arbeit wies er indeß ab, weil er Journalist spielen wollte. Inzwischen lebte er von einer Geldsumme( 300 Mark), die ihm ein Fortschrittler, den er wegen Beleidigung verklagt hatte, gezahlt, damit er von der Klage zurück­trete. Seine Thätigkeit bestand fast ausschließlich darin, von Mittage an( Vormittags schlief der Herr) in der Wirthschaft des Herrn Obrist Karten 2c. zu spielen. In der Obrist'schen Kneipe verkehrte damals auch der Spigel Schmidt. Vom ersten Tag der Ankunft Schmidt's an war Herr Obrist, bei dem damals fast nur Sozialisten verkehrten, und der sich selbst für einen Sozialisten deklarirte, vor Schmidt gewarnt wor den. Nichts desto weniger hatte er geduldet, daß dieser Mensch tagaus, tagein in seiner Wirthschaft sich aufhielt, und ihm sogar schließlich, da Schmidt anfangs viel Geld hatte, ein Zimmer vermiethet. Daß ver­schiedene Genoffen unter diesen Umständen das Obrist'sche Lokal mieden, wurde von Obrist und seinen Freunden sehr unliebsam vermerkt; und am Stammtisch, dessen Zierde Herr Schmidt war, wurde über den Olymp" die Zürcher   Vertrauensmänner fräftig hergezogen.

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Jmmer wärmer nahm Herr Obrist den Schmidt unter seinen Schutz, anfangs als guten Kunden, später als Kneipschuldner. Als die ,, Arbeiter­stimme" gegen Schmidt losschlug, gab Obrist ihm die Mittel an, das Schandblatt" zu verklagen; als Obrist durch Verrath erfuhr, daß einige Genossen Herru Schmidt persönlich züchtigen wollten, drohte er, Jeden, der diesem in seiner Wirthschaft zu nahe trete, mit dem Vetterligewehr niederzuschießen.

Schmidt's Kneipschuld wurde immer größer, die Arbeiter aber blieben schließlich ganz aus, so daß endlich Oppenheimer und Schmidt die einzigen Gäfte Obrist's waren. Da endlich erfolgte, nicht im Intereffe der Partei, sondern um ein Mittel gegen Schmidt, der einen fälligen Wechsel nicht zahlen konnte, zu haben, die Haussuchung bei diesem und die Entlarvung.

Und was war die erste Idee Moses Oppenheimers, als er die Briefe Weller's und Kaltenbach's vor sich sah? Ein Geschäft damit zu machen. Von ihm ging der Plan aus, die Briefe nach vorgenommener Abschrift an Kaltenbach zurückzuverkaufen. Die Mehrzahl der hiesigen Genossen aber wollten von solchem Handel nichts wissen. Vor allen Dingen waren fie der Ansicht, daß diese politischen Dokumente Niemand anders gehören als der Partei, die einzig und allein zu entscheiden habe, was mit ihnen geschehen solle. Obrist und Oppenheimer aber sträubten fich energisch, die Briefe die natürlich nur im Original Werth haben herauszugeben, und zwar ging der größere Widerstand von Moses Oppenheimer aus, der immer wieder der Partei gegenüber das juristische Eigenthumsrecht geltend machte. Nach langen und

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heftigen Verhandlungen kam endlich ein Vergleich zu Stande, nach welchem Obrist mehrere minderwerthige Briefe Kaltenbach's zu seinem " Experiment" überlassen wurden, denn Obrist hatte durch Schmidt materiellen Schaden erlitten, und Oppenheimer die Abfaffung der Broschüre, worauf er bestand, überlassen wurde. Die Vertreter der Partei mußten den Beiden, die bis dahin sich zwar wenig parteigenössisch aber doch nicht direkt feindlich gegen die Partei benommen haben, diese Konzession machen, um wenigstens die wichtigsten Briefe für die Partei zu retten.

Hier ist auch der Ort, das Verdienst" der Entlarvung Schmidts's in's rechte Licht zu stellen. Wenn Obrist das Interesse der Partei wahren wollte, dann hätte er Schmidt, der bei ihm wohnte, schon Monate lang früher entlarven können und müssen. Denn daß Schmidt am 15. November den Brief Kaltenbach's vom 14. November erhalten hatte und infolgedessen die ganze Korrespondenz mit sich herumtrug, lag außer halb jeder Berechnung. Hätte er z. B. nur einige Briefe bei fich gehabt, so war ihm gerade durch Obrist und Oppenheimer Gelegen­heit gegeben, diese vollständig zu vernichten. Und daß man einem Ber­dächtigen, um ihn zu entlarven, fünf Monate Gelegenheit geben muß, zu spioniren und zu denunziren, verräth eine ebenso große Naivetät als die Anschauung, daß ein Anderer einen Spigel zu entlarven habe, als Der­jenige, bei dem derselbe Obdach und Schutz gefunden. Die Züricher Genoffen ziehen das Herausschmeißen von Spizeln dem Entlarven post festum vor. Obrist's Verdienst ist es nicht, daß Schmidt nur Gleich­gültiges oder Erlogenes nach Deutschland   berichten konnte, und deshalb kein Geld mehr bekam.

Die Broschüre, welche Oppenheimer unter Benutzung der Spigel- Briefe und des ihm gelieferten Materials schrieb, amfaßt 64 Seiten im Sedez­format( halb Ottav), darunter nahmen die Briefe 24 Seiten ein. Für diese, in sechs Arbeitstagen bequem zu verrichtende Arbeit verlangte der Herr, gestützt auf einige beiläufig gefallene Aeußerungen 500 Fr. Natürlich wurde ihm diese ungeheuerliche Summe nicht gezahlt, sondern, wiederum nach langen Unterhandlungen, ihm 14 tägige Arbeitszeit zu dem üblichen Redaktionsgehalt in Anrechnung gebracht, d. h. 112 Fr. 50 Cts. Diese, gewiß sehr hohe Arbeitsentschädigung aber genügte dem Herrn nicht, er drohte, wenn man auf seine Forderung nicht eingehe, mit Krieg". Eine Konferenz, in der er aufgefordert wurde, zu erklären, was er unter dem Krieg" verstehe, verlief resultatlos, da Herr Oppen­heimer sich zu derselben im trunkenen Zustande eingefunden hatte. Er versprach zwar, wiederzukommen, tam aber nicht. 90 Franken Vorschuß hatte er bereits in der Tasche.

Der Krieg" wurde nun von O. in der Weise inszenirt, daß er Obrist zunächst veranlaßte, die Käufer der Vereinsbuchdruckerei zu verklagen und selbst an gegnerische Blätter tendenziöse Berichte über den Prozeß veröffentlichte, in welchen er deutsche Genossen der Undankbarkeit, des Wortbruchs u. s. w. beschuldigte. War der Prozeß bereits in sich eine Denunziation, da Dinge erörtert werden mußten, welche gewiffe Herren nicht zu wissen brauchten, so wurde durch die Zeitungsartikel dafür gesorgt, die schweize­rische Bevölkerung gegen die deutschen   Sozialisten, ins­besondere gegen die Beamten des Parteiorgans feindlich zu stimmen. Dieser Absicht entstammt auch der Artikel des Reichsboten", der u. A. absichtlich an ein hiesiges Sklandalblatt, das unausgesetzt Aufhebung des Asylrechts verlangt, und gegen welches gerade Herr Oppenheimer im Sommer in der Arbeiter­stimme" allerhand Verse 2c. geschmiedet, gesandt wurde. Die edle Absicht liegt auf der Hand: Denunziation aus Rachsucht.

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Alle diese Machinationen sind indeß bis jetzt erfolglos geblieben, in der hiesigen Arbeiterschaft herrscht nur eine Stimme, die der Erbit­terung gegen die Faullenzergesellschaft der Wirthschaft zum Thaleckt. Die gegnerische Preffe freut sich natürlich des Standals, benutzt ihn aber doch nicht im Sinne des Revolverjournalisten Oppenheimer. Die For­derungen, welche Obrist im Prozeßwege erhoben, charakterisiren sich da durch, daß der Herr u. A. Herausgabe der Spigelbriefe oder 500 Franten Entschädigung verlangt, während er sich seinerzeit schriftlich hat bezeugen lassen und ein derartiges Dokument unsern Vertrauensleuten eingehändigt hat, daß er für die der Partei übergebenen Briefe feinerlei Entschädigung erhält. Ueber ein die sonstigen Forderungen, die sich auf der gleichen Höhe befinden, andermal.

Am letzten Montag wurde Herr Oppenheimer vom Genossen Fischer, der ihm begegnete und den der Zorn übermannte, gehörig durchgebläut. Das hat natürlich dem feigen Burschen willkommene Veranlassung zu neuen Lügen und Denunziationen gegeben. Mit einer Broschüre, die fich nicht nur gegen die hiesigen Genossen, sondern auch gegen diejenigen in Deutschland  , mit denen er in Konflikt gerathen, richten soll, haufirt Herr Oppenheimer jetzt von Buchhändler zu Buchhändler, denn der Mensch ist so baar jeden Ehrgefühls, daß er seine Nache sogar in Geld umzu­setzen sucht.

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Jm vorigen Sommer war in liberalen Blättern ein Artikel zu lesen, wonach zu den preußischen Landtagswahlen die Sozialdemokraten mit den Konservativen, die ihnen dafür einen Sitz im Landtag einräumen würden, ein Kompromiß geschlossen hätten. Auch diese Lügennachricht entstammt der Feder des Herrn Oppenheimer, der mit diesem Wize" Zeilen riß Bei der letzten Anwesenheit unserer Abgeordneten in Zürich   wurde ihm dieser Unfug gehörig verwiesen. So sagte ihm Genosse Bebel: Hören Sie, Oppenheimer, wenn so Etwas noch einmal passirt, dann hört der Spaß auf, dann fliegen Sie mit Eklat aus der Partei hinaus! Damit und mit dem Vers, den O. selbst seinem jezigen Genoffen Attenhofer gewidmet, wollen wir heute schließen:

Spione und Verräther Verdienen einen Strick!

Briefkasten

der Expedition. N. 1315: Mt. 3,- Ab. 1. Qu. erh.

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O. Paris  : Fr. 2,50 Ab. 1. Qu. erh. Sozialisten von Montmartre  : Fr. 5, per Ufds. dkd. erh. R. H. Halifax  : Fr. 2,50 Ab. 1. Qu. 83 erh. M. Elpidine Genf  : Fr. 1,50 Ab. Jan. u. Remittenda erh.­Nbg. a. S.: Mt. 3,- Ab. 1. Du. für Ser. K. erh. Soz. allemande Vevey   Fr. 7,20 erh. Wofür? Morig: Mt. 18,- Ab. 4. Qu. erh. Ww. notirt. Lüneburger   Haide: Mt. 15,- à Cto. Ab. erh. Weiteres notirt und nach Wunsch besorgt. A. G. H. a. N: Mt. 5, für Schft. erh. Sdg. mit 7 abgg. M. E. 2. Mt.-, 50 für 1 Sppbr. erh. Adr. notirt. Reklamirtes ging an C. Tm. Berlin  : Die Mt. 4 80 haben d. Ujds. dkd. zugewiesen. F. F. Wien  : öwfl. 3, Ab.- Rest 1. Qu. u. á Cto. 2. Qu. erh. Droffelbruder: mit. 60,- eingetr.

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Bf. erwartet. Bali.: Fr. 2,65 f. Schft. v. d. Vers. am 10. ds. erh.. Khr. 3.: Fr. 2, Ab. 1. Qu. erh. J. Rtb. Ostr.: Fr. 3,07 für Schft. erh. A. R. Aarau  : Fr. 2, für 1 Mt. Ab. u. Schft. erh. Rothe Faust: Alles längst besorgt. F. hat leider Adr. undeutlich geschr. F. S. Zug: Fr. 18,- Ab. 1. Qu., Fr. 7, á Cto. Schft. u. 1 Fr. per Ufds. dkd. erh. Beleg über Fr. 4, für Kf. eingereiht. Fr. 5,- an Krgr. ausgefolgt. Republ. Ladewig: Mt. 3, Ab. bis Mitte April erh. K. Wermfer: Mt. 120,- à Cto. erh. Anszg. 2c. brfl. Alte Flagge: Mt. 6,- Ab. 4 hat Berzögerung in Zwischenhand. 1. Qu. erh. Ww. notirt. F. W. Fische Phildlph.: Fr. 138,- per Ab. 1. Qu. u. hievon Fr. 77,11 f. d. im Verein versteigerte Weihnachts­brezel( Doll. 15,30) F.'s dto. erh. Gilt für genoffen. Differenz geordnet, Rebus: Mt. 6, Ab. pr. Februar tam vom Cours her. Gruß! erh. Lüttich   W.: Fr. 5,50 Ab. 5 Expl. Febr. u. März, sowie Porto erh. War Alles pünktlichst besorgt. J. B. Basel  : Fr. 20,- erh. Bf. erwartet. Beter: Mt. 20,- Ab. pr. Dez. 82 erh. Mehrbestllg. folgt. Weiteres siehe Bft. 6. D. F. u. C. 3.: Fr. 60 f. Schft. Schwf. Liege: Fr. 10,50 Ab. pr. Ende April erh. Verspätung Bruno Bf. v. 11. erh. Nachbftllg. be­durch Annonce Antwerpen  . forgt. Rother ram  : Fr. 12,- per Ufds., Fr.-, 65 Cto. M., Fr.-, 65 alter Rest, Fr. 4,50 Ab. 1. Qu. 1. Fr. 1,70 à Cto. 2. Qu. eth. Adr. nach Vorschrift.

erh.

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Reichsmaulwurf in R.: Warum keine Antwort auf Bf. bom Nov.? Nicht erhalten? is Rchsmwf. 3.

Auf mehrseitige Anfrage zur Nachricht, daß Genosse Karf Pfund, früher in Stuttgart  , nicht nach Amerika  , sondern nach Mannheim   übergesiedelt ist, wo er ein Geschäft etablirt hat. R. W. T.

Schweizerische Genossenschaftsbuchdruckerei Hottingen  - Zürich  .