merkungen und Schlußfolgerungen geknüpft, da sehe man, wie die Sozialdemokratie die Brüderlichkeit und Humanität ansehe, selbst ein furchtbares Naturerreigniß, das Tausende in's Unglück gestürzt, werde von ihr zu Parteizwecken ausgenügt" u. s. w. In einer kurzen an die " Frankfurter Zeitung " gerichteten Erklärung Liebknecht's find diese Ver­fäumbungen zurückgewiesen worden. Jedenfalls sind die Sozialdemokraten bei Vertheilung der Ueberschwemmungsgelder praktischer und gerechter verfahren, als die Behörden und die Bourgeoiskomites, die vielfach zu lebhaften und zum Theil unzweifelhaft begründeten Klagen Anlaß gegeben haben, während gegen die sozialdemokratischen Komite's von keiner Seite her Beschwerde geführt worden ist. Und das ist es gerade, was unsere Gegner ärgert.

Uebrigens geben wir gerne zu, daß die Vertheilung der amerikanischen Gelder auch dem propogandistischen Interesse gedient hat. Die Sache der Humanität fällt eben mit der Sache des Sozialismus zusammen.

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Das Stegliger Eisenbahnunglüd, von dem unsere Leser in den Tageszeitungen gelesen haben werden, wird von den Bis­marc'schen Organen zu einer Sauhat" gegen die Liberalen und speziell die Fortschrittler benutzt: weil sie seiner Zeit der Regierung nicht das Geld für den Umbau des Bahnhofs bewilligten, sollen sie an der Kata­ftrophe schuld sein. Das ist nun dummes Zeug. Hätte der Herr Eisen­bahnminister seine Schuldigkeit gethan, und genügend Beamte angestellt wozu er befugt war so hätte das Unglück nicht vorkommen können. Und wäre damals( vorigen Sommer) die beantragte Summe auch votirt so wäre der Umbau doch bis zum 2. Sept. dem Tage des Unglücks­noch nicht erfolgt gewesen. Die Ursache liegt hier, wie bei fast allen Eisenbahnunglücken, in der Sparsamkeit" am unrechten Ort. Es sind zu wenig Beamte da, und diesen wenigen wird zu viel Arbeit aufgehalst. Der nimmersatte Militarismus frißt eben Alles. Für dieses System der falschen ,, Sparsamkeit" find die Herren Liberalen und Fortschrittler übrigens mit verantwortlich. Jedenfalls ist es hochkomisch, wenn die nationalliberale Preffe( s. 3. B. die Magde­burgische Zeitung" vom 5. ds.) den Regierungsorganen vorwirft, sie gingen darauf aus, die sattsam bekannte parteipolitische Fruktifizirung der Attentate auf den Kaiser, welche damals so schamlos betrieben ward, womöglich noch 3u berbieten. Die nationalliberale Preffe vergißt ganz, daß sie bei dieser so schamlos betriebenen Fruttifizirung" weiblich mit­geholfen hat, und daß ihre Partei für das aus dieser Fruktifizirung hervorgegangene Sozialistengeset gestimmt hat und für die Erneuerung desselben stimmen wird. Die Herren Natio­nalliberalen dürfen sich also nicht beklagen, wenn sie einmal das Opfer einer so schamlos betriebenen Fruftifizirung" werden.

Ein fröhlicher Streit in Aussicht. Die Norddeutsche" ift mit dem Ergebniß der Debatte über den spanischen Handelsvertrag noch nicht zufrieden. Es wurde ihr nämlich in derselben der Respekt vor dem Reichskanzler nicht genügend gewahrt und droht fie deshalb abwechs­lungshalber mit dem Rücktritt des Kaisers. Es könne, meint das Leiborgan Bismard's, wenn es so weiter geht, schließlich Wilhelm das Gefühl beikommen, daß seine Stellung im Reiche seiner Würde als König von Preußen nicht entspricht. Das Reich braucht den Kaiser, aber der Kaiser nicht das Reich."

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Das gäbe also einen Streit wegen unwürdiger Behandlung". Geldsammlungen sind einstweilen noch nicht nöthig, doch ist es rathsam 3uzug fernzuhalten.

Schamlo 8. Verächtlicher als der schuftigste Ausbeuter sind jene Subjekte, welche sich Arbeiter nennen, aber in Wahrheit nichts anderes find als Ausbeuter ohne Geld. In gewöhnlichen Zeiten schmarozen fie in der Fabrit, bei Streiks aber thun sie alles Mögliche, die Arbeitersache zu verrathen, wenn nur sie einen Vortheil dabei erzielen. Bisher haben diese edlen Seelen es gewöhnlich vorgezogen, ihr Gebahren im Dunkeln zu betreiben, seitdem aber in Deutschland die Charakterlosigkeit zur Modesache geworden ist, ftreifen auch sie den letzten Rest von Scham ab und entblöden sich nicht, fich öffentlich mit den Erfolgen" ihrer nieder­trächtigen Handlungsweise zu brüsten. So veröffentlichen im Stutt garter ,, Neuen Tageblatt" eine Anzahl Schreiner, welche in der Schött­le'schen Fabrik, der einzigen, in der der Streit noch nicht beendigt ist, die Arbeit trotzdem wieder aufgenommen haben, folgende Aufforderung", die wir für unsere Pflicht halten, hier niedriger zu hängen:

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An die noch streikenden Arbeiter der Schöttle'schen Möbelfabrik! Kollegen! In Nr. 204a des Neuen Tageblatts" erläßt der Vorstand des Schreiner Fachvereins in Verbindung mit der hiesigen Streit­tommiffion eine Veröffentlichung, welche unter Anderem besagt, daß in der Schöttle'schen Fabrik noch kein Uebereinkommen ge­troffen worden wäre und der Streit in derselben noch fortdaure. Dem­gegenüber verweisen wir Euch darauf, daß wir, nachdem wir die Arbeit ohne erhaltene Zugeständnisse(!) aufgenommen hatten, von unfererem Fabrikdirektor, Herrn Sorge, aus freiem Antriebe(!) aufgefordert wurden, durch eine aus älteren Arbeitern unserer Fabrit bestehende Kommission die bisherigen Affordpreise einer Revision zu unterwerfen. Dies geschah, und wir haben die Preise da erhöht, wo es nöthig war, aber auch die früheren Löhne bestehen laffen, insoferne die­selben schon ohne dies hoch genug angefegt waren. Auf diese Weise haben wir Hand in Hand mit Herrn Sorge eine Grund­Tage geschaffen, die mit gegenseitig aufgezwungenen Zugeständnissen, deren Werth immer bezweifelt werden muß, nichts gemein hat, und wir haben damit in petuniärer Beziehung sowohl, als auch hinsichtlich der sozialen Stellung zu unserer Fabrik mehr gewonnen, als die Schreiner sämmt­licher übrigen Fabriken. Dieser Weg stand den Schöttle'schen Arbeitern schon bei Ausbruch des Streiks offen, es wurde aber von Seiten der Streiffommiffion leider nicht für nöthig erachtet, denselben zu betreten, und heute haben sämmtliche Schreiner Stuttgarts trop dem angeblichen Siege der Streitkommission nach verlorener neunwöchentlicher Arbeits­zeit und nachdem Tausende von Mark für Ausfall an Arbeitslohn ver­luftig gegangen sind, bei Licht besehen, nicht mehr profitirt, als den Schöttle'schen Arbeitern von Anfang an von Herrn Sorge proponirt wurde. Heute wollen wir dieserhalb Niemand mehr einen Vorwurf machen(!), aber wir halten es für unsere Pflicht, Euch zuzurufen: Kehrt zurück an Eure Werkbänke, ehe dieselben vollends besetzt sind und laßt uns in Frieden neben einander weiter arbeiten. Sämmtliche Schreiner der Schöttle'schen Fabrit, welche vor dem Streik in derselben arbeiteten. Georg Lizz. Gg. Rück. Rudolf Schreiter. M. Ehni. G. Breunle. Ch. Monn. A. Gokeler. Johs Bez. Karl Herold. F. Obermeier. B. Banzhaf. A. Göz. K. Kloz. H. Hirsch. H. Flögel. K. Schäfer. W. Schill. Fr. Hiltwein. J. P. Blesch. Const. Hagg. C. Ehninger. W. Bennert. K. Honstetter. Außerdem beschäftigt die Fabrik dermalen noch weitere 83 neueingestellte Schreiner."

Die liebenswürdige Zusicherung ,,, Niemand heute einen Vorwurf machen 3u wollen", entspricht an Frechheit der unverfrorenen Behauptung, daß die Streitkommission, die bekanntlich nur die Beschlüsse der Arbeiter ausführte ,,, einen Weg verschmäht habe, der schon früher offen stand". Denn daß der freie Antrieb der Firma nur der Rücksicht auf den Streit seine Entstehung verdankt, ist doch sonnenklar. Die Herren Unter­zeichner haben sich aber beeilt, den Nutzen des Streiks für sich einzu­heimsen, und halten es nun für ihre ,, tollegialische Pflicht", die an den Grundsätzen der Solidarität festhaltenden Arbeiter zum Nachgeben auf zufordern. Welcher Lohn ihnen von Rechtswegen dafür gebührt, brauchen wir wohl nicht erst zu sagen, hoffentlich bleibt er ihnen nicht lange vorenthalten.

Beiläufig sei noch erwähnt, daß die Wiener Schreiner, welche sich die

Stuttgarter Fabrikanten kommen ließen, nach einer uns gewordenen Mittheilung, von einem sehr bekannten Wiener Anar­chist en geführt wurden, der von dem Str eit vorher Kenntniß gehagt und sein Verfahren mit dem albernen Satz entschuldigt habe, es müsse noch immer schlechter werden. Wir nennen vorläufig keinen Namen, weil uns die Sache schier unglaublich scheint und wir lieber annehmen wollen, unser Gewährsmann sei falsch unterrichtet, möchten jedoch unsere Genossen in Stuttgart ersuchen, uns über den Thatbestand Auskunft zu ertheilen.

Eine Massenausweisung auf Grund der infamen Ausnahmegesetzgebung wird aus Hamburg- Altona berichtet. Zehn Arbeiter, mit einer Ausnahme Zigarrenmacher, sind aus dem Gebiet Hamburg- Altona und Umgegend, außerdem neun unter ihnen, da sie Ausländer sind als acht Dänen und ein Belgier ,, läftig gefallen" aus dem preußischen Staatsgebiet ausgewiesen worden. Nun, hoffentlich kommt auch noch die Zeit, da das deutsche Volk ver­sehr läftig!- schiedene Leute, die ihm längst schon läftig fallen auf Reisen schickt.

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Genoffe Liebknecht befindet sich seit dem 3. September im Leipziger Gefängniß, um die wegen des bekannten Dresdener Wahl­flugblatts ihm zudiktirte" Strafe zu absolviren. Das ursprüngliche Er­tenntniß des Dresdener Landgerichts lautete auf 2 Monate, die aber da gleichzeitig noch eine andere Verurtheilung vorlag durch sogen. Nachtragserkenntniß auf 1 Monat reduzirt worden sind. Es fizzen" also jetzt zwei sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete: außer Liebknecht noch Kräcker, der seine 3 Monate nun bald abgeseffen" haben wird.

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Aus Sachsen wird uns unterm 7. Septbr. geschrieben: Wahr­haftig, wenn wir Sozialdemokraten nicht stolz und übermüthig werden, dann müssen wir bescheidene, nüchterne Leute sein. Haben die Gegner einen Respekt vor uns! Solchen Respekt hat noch keine andere Partei genoffen. Respekt und Furcht. Es ist in der That poffierlich, welche Angst man vor uns hat. Die erst bloß bang vermuthete, nun aber durch die Kundmachung des Sozialdemokrat" zur Gewißheit gewordene That­sache, daß die sächsische Sozialdemokratie sich mit aller Energie an den bevorstehenden Landtagswahlen betheiligen wird, hat auf unsere Gegner gewirkt, wie ein Reiter, der plötzlich in eine Heerde von Gänsen hinein­sprengt. Dieses ohrenzerreißende Geschnatter und verzweifelte, rathlose Geflatter! Es ist zum Todtlachen. Die Römer können nicht halb so arg erschrocken gewesen sein, als das Hannibal ante portas( Hannibal vor den Thoren) erscholl. Der Feind ist nicht bloß vor den Thoren, er ist innerhalb der Thore. Das Vaterland ist in Gefahr. Staat, Gesellschaft und die Existenz aller Ordnungsparteien mit sammt ihrer Ordnung" ist mit Einem Male in Frage gestellt, feine Partei ist im Stande, für sich allein, den bösen Feind zu überwinden. Da müssen sich sämmtliche Ordnungsparteien zu einem großen, gemeinsamen Kollektiv- Ordnungs­brei zusammenthun sonst ist's geschehen um Staat, Gesellschaft und sämmtliche Ordnungsparteien mit sammt ihrer Ordnung. Als vor 4 Jah­ren der Abgeordnete Liebknecht im sächsischen Landtag einmal die That­sache konstatirte, daß die sozialdemokratische Partei die stärkste des Landes sei, da erhob sich von allen Seiten heftiger Widerspruch; die Herren Ordnungsleute lügen ja das Blaue vom Himmel herunter, wenn's ihnen in den Kram paßt. Nun jezt in ihrer Herzensangst gestehen sie es unwillkürlich, was sie damals ableugneten: daß wir die stärkste Partei sind, und daß sie uns selber dafür halten. Jedenfalls können wir mit Genugthuung das Wort jenes römischen Cäsaren auf uns anwenden: oderint dum metuant: fie mögen uns haffen, wenn sie uns nur fürch­ten. An Furcht fehlt's nicht, und den Haß schenken wir ihnen. In den letzten Tagen das heißt Ende voriger und Anfangs dieser Woche war die Leipziger Polizei wieder einmal recht thätig es galt, die jämmerliche Inhaltlosigkeit der ,, Denkschrift" zu ver­decken, mit welcher die sächsische Regierung den verlängerten Belagerungs­zustand für Leipzig und Umgegend rechtfertigen will. Da mußten denn ein paar sog. geheime Versammlungen entdeckt, ein paar Haussuchungen vorgenommen und ein paar sozialdemokratische Uebelthäter sistirt" und verhaftet werden. Sonst hätte das Publikum über die Denkschrift" zu laut gelacht. Apropos, ob die Herren Bundesräthe nicht trotzdem über den Wisch gelacht haben? Man erzählt ja von den römischen Au­guren, diesen würdigen, für die Aufrechterhaltung der Staats- und Gesellschaftsordnung schwärmenden Erzschwindlern, sie hätten das Lachen nicht halten können, wenn sie einander angesehen natürlich nicht vor Zeugen. Ob die Herren Bundesräthe mitunter in ähnlicher Weise von dem Gefühl ihrer Lächerlichkeit überwältigt werden? So gewiß sie Ver­stand und Selbsterkenntniß haben, ohne Zweifel. Jebenfalls tann es tein lächerlicheres Schriftstück geben als diese Denkschrift". Daß ein paar Ausgewiesene sich an der Grenze des belagerten Gebietes" zeit­weilig niederlaffen, um ihren Familien und Geschäften nahe zu sein- diese bedrohliche" Thatsache, die schon voriges Jahr paradiren mußte, ist so ziemlich Alles, was die wohlweise sächsische Regierung zur Recht­fertigung ihres Handels anzuführen vermag. Es ist wirklich stark, und die sächsische Regierung wird keinem vernünftigen Menschen zumuthen können, daß er einen so blödsinnigen Grund für den Ernst nimmt. Und dann hat auch wieder der alte Revolutionswauwau herzuhalten: die Sozialisten wollen die Revolution, sie haben es gesagt( bei Schuster" ist's nachzulesen!) ergo Berlängerung des Belagerungszustandes. Daß aus der erstrebten und angesagten Revolution logisch viel mehr folgt, für Sachsen speziell die Ausdehnung des Belagerungszustandes auf das das ganze Land, das scheint die sächsische Negierung nicht zu begreifen - so weit reicht die Logit des geistreichen Herrn Noftiz- Wallwitz nicht. Damit auch für den Humor gesorgt werde, hat Herr von Noftiz- Wall­witz in die Denkschrift" einen Paffus gegen die bösen sozialdemokra­tischen Stribenten gebracht, die so rücksichtslos sind, über alle Vorgänge im Leipziger Belagerunge gebiet ,, ausführliche Berichte" an das Partei­organ zu schicken, und daran"( an die ,, Berichte"? Hr. von Nostiz !) Berdächtigungen und Verläumdungen der gehäßigsten Art zu knüpfen." Hrn. von Nostiz- Wallwitz wäre es lieber, wenn wir den Mund hübsch hielten, und alle Niederträchtigkeiten unserer Feinde geduldig und schwei­gend hinnähmen. Das wäre wenigstens gemüthlich" im Sinne de unfreiwillig wißigen( für seinen Namen kann er nichts) Hrn. von Noftiz Wallwiz. Um seinem Witz die Krone aufzusetzen, macht der Wallwitz selber( wiederum unfreiwillig) Reklame für diese Verdächtigungen und Verläumdungen gehässigster Art", indem er naiv eingesteht, dieselben ver­riethen eine Vertrautheit mit den Personen und Ver hältnissen des Bannbezirks, die nur durch weitver­zweigte, in die verschiedensten Bevölkerungsfreise sich erstreckende Verbindungen mit dem entfernten Parteiorgan ver­mittelt sein kann." Ja, ja, Hr. von Nostiz- Wallwitz, wir haben gute Verbindungen, find gut unterrichtet beffer als Sie, Hr. von Noftiz­

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Wallwitz! und vielleicht lernen Sie noch einmal, daß Berichte, welche eine so große ,, Vertrautheit mit den Personen und Verhältnissen" verrathen, nach gewöhnlichem Sprachgebrauch und Urtheil nicht in den Bereich der Verdächtigungen und Verläumdungen" gehören. Ja, ja, Hr. von Noftiz Wallwig, wir kennen die Personen und Verhältniffe" und hoffen, Ihnen und Ihren Mirmidonen noch manche unangenehme Probe davon ab­zulegen.

Der Leipziger Herr Polizeidirektor und Erstaatsanwalt Bretschneider hat richtig den Kleinparisern" eine Sedanfeftrede zum Besten gegeben. Gottes Fügung"," deutsches Vaterland"," vom Memet bis zum Rhein ", Hoch Kaiser "," Hoch Reich!" und ähnliche Wörter und das that er, und Schlagwörter kaleidoskopisch durcheinander geschüttelt das ist eine richtige Sedansfeftrede. Aber er that noch etwas mehr: er ein man höre und staune entdeckte, daß das neue Reich" ein

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freies Reich ift! Frei" für die Polizeidirektoren und Staatsanwälte ( Ex- und nicht Er) allerdings, um uns nicht im Dunkel zu lassen über die Freiheit, die er meint, der Polizeidirektor und Erftaatsanwalt sagte er uns zum Schluß: ,, der Kaiser und seine hohen Rathgeber wer­den niemals dulden, daß die Grundvesten des neuerrichteten Bauwerks erschüttert werden durch einen innern Feind( vorher war in Sedan­üblicher Weise vom äußern die Rede), und daß an Stelle fefter staat­licher Ordnung ein Zustand wüfter Anarchie trete, wie er leider von ge­wiffer Seite als das einzig erstrebenswerthe Ziel hingestellt wird". Unter ,, wüfter Anarchie" versteht der Herr Polizeidirektor und Erflaatsanwalt das Bestreben, den vornehmen und niederen Spitzbuben das Handwerk zu legen, dem Polizeiunfug und dem Spizelthum einen Damm zu setzen, und da die wüfte Anarchie" dem Herrn Bretschneider und seinen Consorten die Existenzbedingungen abschneiden würde, so kann man es ihm und seinen Consorten allerdings nicht verargen, daß sie sich aus Leibeskräften wie der Teufel gegen Weihwasser gegen die wüste Anarchie" fträuben, welche die Sozialdemokraten einführen wollen. Jedes Thierchen hat sein Plaifirchen, und jedes Menschchen hat sein Profitchen, das man ihm nicht stören darf denkt der brave Polizeidirektor und Exftaatsanwalt. Unter sozialdemokratischem Regiment würde er freilich tein Ministergehalt beziehen.

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Au waih geschrieen! Dem Leipziger Tageblatt " ist ein schweres Mal­heur passirt. Während der Redakteur schlief, hat die verteufelte Redak­tionsscheere den Artikel des Sozialdemokrat" über die sächsischen Land­tagswahlen ausgeschnitten, und beim Erwachen fand dann der unglückliche Uhse, daß er sich einen Prozeß wegen Uebertretung des Sozialistengesetzes angeschlafen hat. Er soll über diese grausame Fronie des Schicksals und der Weltgeschichte ganz melancholisch geworden sein. Beiläufig find auch andere sächsische Blätter auf den nämlichen Artikel hereingefallen", der für die Sozialistenfresser zu einer wahren Mauſefalle geworden ist. Apropos, haben Sie nicht noch mehr auf Lager?

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Die armen Nationalliberalen! In ihrer ,, Hochburg" Leipzig können fte nicht einmal einen Kandidaten für den Landtag bekommen. Der un­vermeidliche Stephani, der bisher das Mandat hatte, will partout nicht mehr der verkrachte Bennigsen, dessen Schildknappe er war, ist ihm in die Glieder gefahren, und kein anderer will anbeißen. So ver­kracht die ganze nationalliberale Sippe. O jerum, jerum, jerum, o quae mutatio rerum!( In ihrer höchsten Noth haben sie in letzter Stunde glücklich noch einen in der Wolle gefärbten Konservativen gefun den, der so gut war, sich unter nationalliberaler Flagge wählen zu lassen. Der Tapfere, dem darob die Bürgerkrone gebührt, heißt Schill.)

In Bezug auf das Befinden unseres alten Jo h. Phil. Becker in Genf erhalten wir von der Familie desselben die erfreuliche Anzeige, daß der Erkrankte ,, nach vier wöchentlicher peinlicher Krant­heit jetzt endlich wieder zum Bewußtsein seines Daseins gekommen ist, womit die Hauptgefahr überwunden zu sein scheint."

Unsern herzlichsten Glückwunsch dem greisen Veteran der Volkssache. Möge sein Wunsch, die Republik in Deutschland noch zu erleben, nun doch in Erfüllung gehen!

Ganz wie bei uns. Diese Wilden lassen weder Himmel noch Erde gelten, fie ehren Vater und Mutter nicht, noch respektiren sie ihre Vorfahren; die Heiligkeit der Familie ist ihnen unbekannt. Sie sind wie eine Heerde von Schweinen, sie sprechen nur von Gleichheit, sie haben feine Idee von einer sozialen Hierarchie und machen keinen Unterschied zwischen Vater und Sohn, zwischen König und Unterthan."

Sollte man nicht meinen, ein ordnungsparteiliches Flugblatt Wider die Sozialdemokratie" zu lesen? Fehlgeschossen! es ist eine Stelle aus einem chinesischen Flugblatt, welches, wie die Londoner Pall Mall Gazette " mittheilt, jüngst unter die Einwohner von Yunnam vertheilt Europäer, von den Chinesen wurde und gerichtet ist gegen die ,, rothe Teufel" genannt. Wenn die Chinesen wüßten, wie viel Geistesverwandte sie in Europa haben!

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Desterreich. Die Freude der Wiener über die Geburt einer neuen Prinzessin aus dem Stamm der Habsburger wurde in der Stadt Wien durch eine große Feuersbrunst beleuchtet, welche man, geftitut auf ein provokatorisches Flugblatt, den Anarchisten in die Schuhe schiebt. Wir vermögen einer derartigen ,, Demonstration" absolut keinen Geschmack abzugewinnen, ftellen fie vielmehr auf dieselbe Stufe mit der barbarischen Kriegführung unserer hochzivilifirten Kulturstaaten. Außerdem können wir beim besten Willen nicht absehen, welcher Nutzen für die Arbeiter aus einem solchen Vorgehen herausschauen könnte.

Ueber die systematisch inszenirten" Straßentrawalle in nächster Nummer.

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Desterreich Ungarn. Ueber die Aufstände in Kroatien entnehmen wir unserem Wiener Bruderorgan Wahrheit" folgende Mittheilungen: Weder die Wappenfrage noch die nationalen Differenzen haben die Hand im Spiele. Diese sind dazu künstlich oder absichtlich herangezogen, oder es ist die Sachlage durch übertriebene und willkürlich ausgelegte Darstellungen entstellt worden. Trotz der Menge Klagen über die politischen oder die Gemeindebeamten hat die Regierung nie Abhilfe geschafft, weil sie den betreffenden Bericht stets von den ge­tlagten Beamten abverlangte, welche sich natürlich nicht selbst anklagten, des sondern gerade umgekehrt die Bauern der Renitenz, Geseglosigkeit, Starrfinns u. s. w. beschuldigten, in Folge dessen die Regierung ohne weitere Untersuchung die Kläger abwies. Als Entschuldigung der Placke­reien seitens der politischen Organe oder der grausamen Blackereien sei­tens der Steuereretutions Organe Lettere meistens übel beleumdete Individuen gegen die Bauern diente beinahe

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in allen Fällen der Hinweis auf das magyarische Gesetz", manchmal nicht einmal diese Entschuldigung, sondern einfach das brutal ausgestoßene Machtgebot der Dorftyrannen. Es äußerte sich selbst der hiesige Referent der Landesregierung betreffs der wahren Sachlage und deren Ursachen: ,, Ja, wenn wir Dies gewußt hätten". Jn Wirklichkeit, wie gesagt, ist also der ungeheure Steuerdruck Schuld, der die kroatischen Bauern empört. So erklären die Bauern von Zlatar, wo der Leiter der Vizegespannschaft fich beinahe verschanzt hält, sie wollen nicht eher ruhen, bis man ihnen den willkürlich auferlegten Ersatz der von den Steuer­beamten defraudirten 17,000 fl. abschreibt. Ferner hatten Bauern in Krapina vernommen, daß Tafeln an dem Gemeindeamte angebracht wer­den sollen, welche für jedes Stück Vieh und selbst für die Thüren und Fenster der Wohnhäuser und Ställe Abgaben von 1-5 fl. bestimmen. Die Bauern rotteten sich demnach vor dem Gemeindeamte zusammen, um die Anbringung dieser Tafeln zu verhindern. Von beglaubigten Fällen über die Bedrückung der Bauern seien bloß folgende zwei hier erwähnt: In Nacsa hat man einem Bauern wegen eines Steuerrückstandes von 4 fl. die Kuh weggetrieben, trotzdem der Bauer angeboten habe, die Kuh dem benachbarten Fleischhauer zu verkaufen, der ihm 50 fl. für dieselbe zugesagt hat. Nach einigen Tagen wurde derselbe Bauer wegen derselben 4 fl. wieder gepfändet und ihm lachend gesagt, daß der Erlös der ver­In Brabec tauften Ruh für die Exekutionskosten aufgegangen sei. bei Agram wurden einem Häusler in seiner Abwesenheit die Thüren und Fenster erbrochen und das Bettzeug weggeschleppt, in welchem das arme Bauenweib 45 fl. verborgen hielt, um damit die Steuer zu zahlen. Das Bettzeug wurde verkauft und das Geld ging verloren oder wurde geftoh len. Solche Fälle von unsäglicher Grausamkeit seitens des Gemeinde­notars oder der Exekutionsorgane gibt es in Menge."

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Frankreich . Die Thatsache, daß die Frankfurter Zeitg.", die man in Frankreich immer noch für ein demokratisches Blatt hält, in die Franzosenhetze der Norddeutschen Allgemeinen" luftig miteinstimmte, hat teineswegs dazu beigetragen, der Antipathie der französischen Bevölkerung